BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10387 21. Wahlperiode 22.09.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 14.09.17 und Antwort des Senats Betr.: Verfahren im sogenannten Ankunftszentrum Meiendorf Am Standort Bargkoppelstieg betreibt die Freie und Hansestadt Hamburg eine zentrale Erstaufnahmeeinrichtung, auch „Ankunftszentrum“ genannt. Hier sollen die Registrierung, erste ärztliche Untersuchung, Asylantragstellung beim BAMF, die Verteilungsentscheidung und vieles mehr von neu in Hamburg ankommenden Asylsuchenden erfolgen. Dabei kommt das sogenannte Heidelberger Modell zum Einsatz, wonach Geflüchtete gemäß dem vermuteten Aufwand ihres Asylverfahrens in Cluster eingeteilt und entsprechend behandelt werden. Für circa 70 Prozent der Ankommenden (jene mit vermuteter guter oder schlechter Bleibeperspektive) soll vor Ort eine Anhörung im Asylverfahren stattfinden und innerhalb weniger Tage eine Asylentscheidung getroffen werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) führt die Asylverfahren in alleiniger Zuständigkeit durch (§ 5 Asylgesetz (AsylG)). Das BAMF hat mitgeteilt, es sei grundsätzlich nicht verpflichtet, und auf freiwilliger Grundlage aufgrund der anhaltenden Arbeitsbelastung aktuell nicht in der Lage, Parlamentarische Anfragen aus Hamburg zu beantworten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Inwiefern werden neu ankommende Asylsuchende im Ankunftszentrum in welche Cluster eingeteilt? a. Wie viel Prozent der Ankommenden fielen in den vergangenen sechs Monaten jeweils in welche Cluster? Die Einteilung in die jeweiligen Cluster erfolgt durch das BAMF, siehe Vorbemerkung. b. Inwiefern gestaltet sich das Verteilungs-Prozedere für die Menschen der jeweiligen Cluster unterschiedlich? Die Verteilung von Asylsuchenden richtet sich nicht nach der Einteilung in Cluster, sondern nach § 46 AsylG. c. Existiert eine besondere EAE für Antragstellende aus Cluster B? Nein. d. Wie stellt sich die durchschnittliche Verfahrensdauer für die unterschiedlichen Cluster dar? e. Wenn das nicht angegeben werden kann: Wird in der Anfrage „Integrationsmonitoring“ immer der Durchschnitt neuer Verfahren aller Cluster angegeben? Drucksache 21/10387 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Über die durchschnittliche Verfahrensdauer für die unterschiedlichen Cluster liegen den Hamburger Behörden keine Informationen vor, siehe Vorbemerkung und Antworten zu 1. Zur durchschnittlichen Verfahrensdauer, differenziert nach „Neufällen“ und „Altfällen“, siehe die Antworten des Senats auf die monatlichen Schriftlichen Kleinen Anfragen zum Flüchtlingsmonitoring, zuletzt Drs. 21/10092. 2. Inwiefern wird durch das Ankunftszentrum sichergestellt, dass neu ankommende Asylsuchende über das Verfahren informiert und rechtzeitig eine juristische Beratung erhalten können? Bitte detailliert darlegen unter Umständen mit Anlage der Informationsbroschüre. Gemäß § 24 Absatz 1 Satz 2 AsylG unterrichtet das BAMF bei der Asylantragstellung die Asylsuchenden „in der einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens und über die Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere auch über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung “. 3. Wie ist sichergestellt, dass neu ankommende Asylsuchende, die nicht über die ökonomischen Mittel für eine/n Anwalt/Anwältin verfügen, beraten werden? Falls die ÖRA und das Flüchtlingszentrum genannt werden, bitte darstellen, wie viele ausländerrechtliche Beratungsstunden für alle Hamburger/-innen dort vorgehalten werden. Asylsuchende werden gegebenenfalls an die ÖRA und das Flüchtlingszentrum verwiesen . Die ÖRA hält täglich von 8 Uhr bis 13 Uhr Beratung im Migrationsrecht mit jeweils planmäßig drei Beratern und Beraterinnen vor. Ab dem 1. Oktober 2017 wird die ÖRA zusätzlich an zwei Nachmittagen, in einem Zeitraum von jeweils vier Stunden mit jeweils zwei Beratern und Beraterinnen, schwerpunktmäßig Termine für Ratsuchende anbieten, die vormittags in der Schule oder in anderen Maßnahmen sind. Zu den Besuchszeiten des Flüchtlingszentrums siehe http://www. fluechtlingszentrum.org/download/Flyer_Fluechtlingszentrum-Hamburg_V1501_ DE+EN. 4. Besteht für alle Antragstellenden die Möglichkeit einer Anhörungs- und Verfahrensberatung vor Ort? a. Wenn ja, was sind deren Inhalte? b. Wer stellt das Personal? c. Über welche Qualifikationen verfügen die Beratenden? Siehe Antwort zu 3. und Vorbemerkung. 5. Bekommen externe Berater des Flüchtlingszentrums, zum Beispiel Wohlfahrtsverbände oder die Refugee Law Clinic, Zugang zum Ankunftszentrum , um dort zu informieren und zu beraten? Wenn ja, welche? Nein. Die Beratungen werden von den im Ankunftszentrum beteiligten Behörden und Organisationen vor Ort durchgeführt. 6. Werden Geflüchtete, deren Bescheid abgelehnt wurde, grundsätzlich darauf hingewiesen, dass, wo und wie sie eine/n Rechtsanwalt/-anwältin oder andere Beratungsstellen konsultieren können? a. Wenn nein, warum nicht? b. Wenn ja: Ist standardisiert sichergestellt, dass die Rechtsmittelfristen eingehalten werden können? Ja. Im Rahmen der persönlichen Aushändigung des Bescheides im Ankunftszentrum werden Asylsuchende über die Möglichkeit der Beratung durch die ÖRA und durch das Flüchtlingszentrum hingewiesen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10387 3 7. Wie wird besonderer Schutzbedarf von Geflüchteten (zum Beispiel Ältere , Schwangere, psychisch Kranke oder andere) festgestellt und wie wird mit den Betroffenen jeweils verfahren? a. Inwiefern ist das Personal, das den Schutzbedarf feststellt, medizinisch (insbesondere psychologisch) ausgebildet? Bitte genau darstellen . b. Inwiefern ist das Verfahren für welche Personengruppe standardisiert ? Sofern im Rahmen der im Ankunftszentrum gemäß § 62 AsylG durchgeführten Erstuntersuchung Anzeichen auf behandlungsbedürftige Erkrankungen festgestellt werden, werden die Betroffenen gegebenenfalls an entsprechende Ärzte und Krankenhäuser überwiesen. Hinsichtlich der besonderen Anforderungen an die Unterbringung von Geflüchteten, die aus ärztlicher Sicht einen besonderen Schutzplatz benötigen, wurde von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, dem Gesundheitsamt Altona und dem Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge ein entsprechendes Konzept entwickelt . Besondere Schutzbedarfe können sich darüber hinaus auch aus der gemäß § 24 Absatz 1 AsylG vom BAMF durchzuführenden Sachverhaltsermittlung ergeben, siehe im Übrigen Vorbemerkung. 8. Bei wie viel Prozent der neu Ankommenden wurde in den vergangenen sechs Monaten jeweils besonderer Schutzbedarf festgestellt? Hierüber liegen keine statistisch auswertbaren Informationen vor, siehe im Übrigen Antwort zu 7. bis 7.b. und Vorbemerkung.