BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10422 21. Wahlperiode 26.09.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Mehmet Yildiz (DIE LINKE) vom 18.09.17 und Antwort des Senats Betr.: Stand der EM – Bewerbung 2024 Der rot-grüne Senat scheint das „NEIN“ zum Olympia-Referendum nicht richtig verstanden zu haben. Die Sportinfrastruktur wird nach wie vor nur halbherzig mit „Kleckersummen“ gefördert, alleine für Bewerbungskosten für Sportgroßevents werden 9,6 Millionen Euro bereitgestellt (siehe Schriftliche Kleine Anfrage 21/9631). Hier sieht man den völlig falschen Fokus des Senates , der sich nicht mit nachhaltiger Politik einen Namen machen will, sondern mit seinen Großevents. Dabei ist die Kernkritik an der UEFA und damit der EM als solches, dieselbe wie beim IOC. Viele Funktionäre stehen unter Korruptionsverdacht, Infantino herrscht quasi allein über die UEFA und auch bei der EM ist es üblich, sogenannte City-Host-Verträge abzuschließen. Diese sind für ihre Einseitigkeit berühmt und es entsteht der Verdacht, dass es wie immer läuft bei solchen Events, die Funktionäre und Sponsoren kassieren ab, die Steuerzahler/- innen zahlen. Dabei waren die Gesamtkosten der EM in der Ukraine und Polen bei offiziell 12 Milliarden Euro. Dabei mussten die Steuerzahler circa 5 Milliarden Euro bezahlen (https://www.welt.de/sport/article13922745/Aerger-um-Kosten-fuerdie -EM-2012.html). Die nötigen Stadiensanierungen, die in Frankreich im Rahmen der EM 2016 durchgeführt worden sind, lagen dabei im Schnitt bei knapp 150 Millionen Euro (Gesamtsumme 1,65 Milliarden). Dabei werden die Stadien auch in Deutschland saniert werden müssen, da bis 2024 ein anderer Standard als heute verbreitet sein wird. In Frankreich ist dabei noch immer nicht ganz klar, wer die Sanierungen bezahlen soll (Kommune, die Stadt, das Land oder die Vereine) (http://www.stadionwelt.de/sw_stadien/index.php?head=UEFA- EURO-2016-Keine-Rekordkulisse-bei-groesster-EM&folder=sites&site= news_detail&news_id=14376). Die WM 2006 in Deutschland wiederum zeigte, dass diese großen Turniere keinen oder nur einen sehr geringen positiven Einfluss auf die Wirtschaft haben, denn das Wirtschaftswachstum durch die WM wurde auf 0,02 Prozent beziffert. Die Summe, die für die Austragung aufgebracht werden muss, steht also in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis dazu (http://www.zeit.de/ sport/2013-06/rueckblick-polen-ukraine-em/komplettansicht). Die Meldung, dass Hamburg als Standort für die EM ausgewählt wurde, kam doch überraschend, da der Senat die Öffentlichkeit oder die Bürgerschaft in keinster Weise informiert hat. Diese „Verschwiegenheit“ ist nicht nachzuvoll- Drucksache 21/10422 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ziehen, bei einem derart großen Projekt hätten die Hamburger/-innen im Vorfeld informiert werden müssen, anstatt vor vollendeten Tatsachen gestellt zu werden. Ich frage den Senat: Hamburg gehört zu den sportlichsten Metropolen Deutschlands. Sport leistet einen entscheidenden Beitrag für eine lebenswerte und wirtschaftlich erfolgreiche Stadt. Deshalb macht sich Hamburg stark für den Sport – durch hohe Investitionen in den Ausbau und die Modernisierung der Sportinfrastruktur, in Sportanlagen und Sporthallen (siehe Drs. 21/3659). Hamburg ist eine internationale Stadt, die auch im Zusammenhang mit hochattraktiven , ausstrahlungsstarken Sportveranstaltungen europa- und weltweit zunehmend wahrgenommen wird. Sportgroßveranstaltungen im Herzen der Stadt sind ein Markenzeichen Hamburgs. Vor diesem Hintergrund, mit Blick auf die große Fußballbegeisterung in der Stadt, die moderne Sport-Infrastruktur und die Erfahrungen der Verantwortlichen hat sich Hamburg gemeinsam mit dem Hamburger Sportverein als Austragungsort für Spiele der UEFA EURO 2024 beworben und dies auch öffentlich kommuniziert. Zwischen der für den Sport verantwortlichen Behörde, der HSV Fußball AG und dem Hamburger Fußball -Verband e.V. besteht bezüglich der möglichen Ausrichtung von Spielen im Zusammenhang mit der UEFA EURO 2024 ein enger Austausch. Der Bewerbungsprozess begann am 13. Februar 2017 zunächst mit der unverbindlichen Interessenbekundung Hamburgs, sich als Spielort für die Austragung von Spielen der UEFA EURO 2024 beim DFB zu bewerben und wurde mit der Einreichung der vollständigen Unterlagen am 12. Juli 2017 abgeschlossen. Am 15. September 2017 hat der DFB Hamburg – neben Berlin, München, Düsseldorf, Stuttgart, Köln, Leipzig, Dortmund, Gelsenkirchen und Frankfurt am Main – als potenzielle Spielorte für Spiele der UEFA EURO 2024 benannt. Voraussichtlich im September 2018 wird die UEFA entscheiden, in welchem Land Europas die Spiele der UEFA EURO 2024 ausgetragen werden. Einziges Bewerberland neben Deutschland ist die Türkei. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Seit wann führte Hamburg Verhandlungen darüber, ob sie als Gaststadt der EM fungieren wollen? 2. Wo, wann und von wem wurden die Verhandlungen für Hamburg geführt? Der Deutsche Fußball Bund (DFB) hat im Rahmen einer Präsidiumssitzung am 7. April 2017 das nationale Bewerbungsverfahren um die Austragung der UEFA EURO 2024 eröffnet und als Bewerbungsunterlagen das Bewerbungsformular, das Bewerbungsreglement sowie den Code of Conduct verabschiedet. Die zuständige Behörde hat die Bewerbungsunterlagen am 25. April 2017 an den DFB gesandt. Damit hat die Freie und Hansestadt Hamburg gegenüber dem DFB das verbindliche Interesse bekundet, am nationalen Bewerbungsverfahren um die Austragung der UEFA Euro 2024 teilzunehmen . 3. Welche Gremien in Hamburg haben über eine mögliche EM-Bewerbung entschieden? Die für den Sport zuständige Behörde hat sich in Abstimmung mit der Senatskanzlei darauf verständigt, sich beim DFB um die Ausrichtung von Spielen der UEFA Euro 2024 zu bewerben. 4. Wie weit sind die Verhandlungen zwischen der Hansestadt Hamburg und der UEFA fortgeschritten? Seit wann wurden diese überhaupt geführt? Siehe Antworten zu 1. und 2. sowie zu 3. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10422 3 5. Wie hoch werden die Bewerbungskosten für die EM sein? Woraus werden diese bezahlt? 6. Wer ist an diesen Bewerbungskosten finanziell beteiligt? Der Bund, Hamburg, der DFB und/oder die Sponsoren? Der Senat hat sich neben den oben genannten anderen neun Städten bisher nur im nationalen Auswahlverfahren um die Austragung von Spielen der UEFA EURO 2024 befunden. Die Entscheidung über das Ausrichtungsland des Turniers steht noch aus. Sowohl die Kosten für die Bewerbung als auch die Kosten einer möglichen Ausrichtung der UEFA EURO 2024 können vor diesem Hintergrund noch nicht beziffert werden . Gleiches gilt für eine Festlegung der Kostenträger. 7. Gibt es schon die genauen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Städten und der UEFA? Falls ja, wo sind diese einzusehen? Der Senat hat mit der UEFA keine vertraglichen Vereinbarungen geschlossen. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 8. Wie sieht im Falle einer Austragung der finanzielle Beitrag Hamburgs aus? Siehe Antwort zu 5. und 6. 9. Sieht die Austragung auch einen Host-City-Contract vor? Wenn ja, ist dieser bereits in seinen Details bekannt und in Deutsch verfügbar ? Plant der Senat im Sinne der Transparenz diese zeitnah zu veröffentlichen ? Ja, für die Austragung von Spielen der UEFA EURO 2024 ist der Abschluss eines Host-City-Vertrages zwischen DFB und allen Austragungsstädten vorgesehen. Dieser liegt dem Senat derzeit noch nicht vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. und Vorbemerkung . 10. Wie viele Stadien werden in Hamburg für die Austragung benötigt? Für die Austragung von Spielen ist ausschließlich das Volksparkstadion vorgesehen. 11. Wie wird die finanzielle Beteiligung des Bundes, der Stadt, des DFB oder der UEFA bei nötigen Neubauten oder Sanierungsarbeiten der Stadien und Verkehrsinfrastruktur aussehen? 12. Werden die Sponsoren, der DFB oder die UEFA an den Kosten für Austragung , Sicherheit und der Fanzonen beteiligt? Siehe Antwort zu 5. und 6. 13. Denkt der Senat, dass neue Infrastrukturen im Bereich Verkehr und Sicherheit nötig sein werden? Die UEFA EURO 2024 löst nach derzeitiger Einschätzung keinen zusätzlichen verkehrlichen Infrastrukturbedarf aus. Im Übrigen siehe Antwort zu 14. 14. Denkt der Senat, dass er bei den Fanzonen über ausreichend Erfahrung besitzt, ein funktionieren Sicherheitskonzept vorzulegen? Siehe Drs. 21/9158. Im Übrigen ist die Bewertung der Sicherheitslage ein dynamischer , sich ständig verändernder Prozess. Dabei müssen aktuelle Lageerkenntnisse regelmäßig neu bewertet und fortgeschrieben werden. Vor diesem Hintergrund ist eine Prognose, wie sich die Sicherheitslage im Jahr 2024 darstellen wird und welche konkreten Anforderungen daraus abzuleiten sind, zum jetzigen Zeitpunkt weder möglich noch zielführend. 15. Für die Fanzonen in Frankreich wurden an die 25 Millionen Euro alleine für die Sicherung der Fanzonen ausgegeben. Wer soll alles für die Kosten der Fanzonen hier in Hamburg aufkommen? Der Steuerzahler, die Drucksache 21/10422 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Sponsoren oder der Bund beziehungsweise der DFB und oder die UEFA? Siehe Drs. 21/9158. 16. Bei der EM 2016 in Frankreich mussten die Stadien im Schnitt für 155 Millionen Euro saniert werden, wer soll für diese Kosten aufkommen? Der Bund, die Hansestadt, der DFB beziehungsweise die UEFA? Siehe Antwort zu 5. und 6. 17. Hat die Stadt Hamburg schon irgendwelche spezifischen Garantien und oder Zusicherungen im Sinne des Bewerbungsreglements der EURO 2024 hinterlassen (siehe Seite 10, Artikel 2 beziehungsweise S. 13 Artikel 8)? Die Freie und Hansestadt Hamburg hat folgende Garantien im Rahmen des nationalen Bewerbungsverfahrens eingereicht: Verpflichtung zur Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards der UEFA und zur Beteiligung an der Entwicklung eines Nachhaltigkeitskonzepts des DFB für die UEFA EURO 2024 Gewährleistungen zur Austragung der Spiele am Spielort inklusive Planung, Vorbereitung , Austragung und Rückbau Uneingeschränkte Erlaubnis für die UEFA und ihre Partner der Nutzung von Symbolelementen und Darstellung von Wahrzeichen der Gastgeberstadt im Zusammenhang mit der UEFA EURO 2024 Garantien zur Vermeidung und Unterbindung des sogenannten Ambush Marketings und der Produktpiraterie sowie zum Schutz des geistigen Eigentums und der Markenrechte der UEFA Verpflichtung der Gastgeberstädte zur Abgabe weiterer Erklärungen nach Abschluss des nationalen Auswahlverfahrens, zum Beispiel für den Abschluss separater Host-City-Agreements Verpflichtungen zum Abschluss von Vereinbarungen zur Abwicklung des Flugverkehrs , inklusive Lande- und Starterlaubnisse Verpflichtungen des Flughafenbetreibers bezüglich Flughafenbetrieb mit der Option , dass der DFB ein separates Airport-Agreement abschließt Selbstverpflichtung der von den Gastgeberstädten beauftragten Stellen zur Mitwirkung , zum Beispiel öffentliche Unternehmen, inklusive Tochterorganisationen Garantien zur Gewährleistung der Sicherheit und des Einsatzes von Hilfsdiensten Darlegung von Verträgen mit Dritten, die sich auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gastgeberstädte zur Durchführung der UEFA EURO 2024 auswirken