BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10438 21. Wahlperiode 26.09.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 19.09.17 und Antwort des Senats Betr.: Bald 30 Jahre rechtsfreier Raum auf Steuerkosten – Ein Trauerspiel der SPD Seit 1989 wird das Restgebäude des ehemaligen Flora-Theaters am Schulterblatt illegal genutzt. Unmittelbar zuvor hatte der SPD-geführte Senat die späteren Besetzer selbst zur Nutzung der Räumlichkeiten mit einem Vertrag eingeladen. Nach Ablauf des Vertrages erklärten die Nutzer die Flora am 1.11.1989 für besetzt. Anstatt dagegen vorzugehen und gesetzmäßige Zustände herzustellen, verzichtete der zuständige Altonaer Bezirksamtsleiter (SPD) aus unerklärlichen Gründen auf eine Räumung. Stattdessen gründete der rot-geführte Senat die steg Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft Hamburg mbH (steg) mit dem Auftrag, auf Steuerkosten alles und jeden zu integrieren und zu befrieden. Eben jener SPD-Bezirksamtsleiter räumte 2001 das Wahlthema „rechtsfreier Räume Rote Flora“ ab, indem er den Verkauf für umgerechnet 190.000 Euro an eine Privatperson einfädelte. Gleichwohl verlor der SPD-geführte Senat seine Mehrheit beim Wähler. Mit dem Übergang in Privatbesitz hatte allerdings die SPD den CDU-geführten Senaten den Zugriff auf die Liegenschaft in der Schanze genommen. Erst 2014 kaufte die städtische Johann Daniel Lawaetz-Stiftung im Auftrag des mittlerweile wieder SPD-geführten Senats die Rote Flora in Höhe von 820.000 Euro aus der Insolvenzmasse des Privateigentümers zurück. Die Privatisierung durch die SPD 13 Jahre zuvor hatte nichts an den illegalen Verhältnissen geändert; stattdessen zahlten die Stadt und damit der Steuerzahler den vierfachen Preis, um die Immobilie zurückzukaufen. Seitdem gewährt die Stadt der Lawaetz-Stiftung im Rahmen eines Treuhandvertrages zur Fortführung des bestehenden Nutzungsverhältnisses eine Zuwendung, die im Jahr 2015 26.500 Euro und im Jahr 2016 sowie im laufenden Jahr jeweils 24.000 Euro betrug. Bei der Roten Flora handelt es sich um einen rechtsfreien Raum, der staatlicher Kontrolle entzogen zu sein scheint. Die Rote Flora ist seit 1989 der bedeutendste politische Treff- und Veranstaltungsort der autonomen Szene in Hamburg. Im Jahr 2015 wurden umfangreiche Renovierungs- und Umbaumaßnahmen vollzogen. Seitdem ist nach Angaben des LfV festzustellen , dass die Räumlichkeiten von unterschiedlichsten Gruppierungen, auch der linksextremistischen Szene, verstärkt genutzt werden. Auch im Vorfeld des G20-Gipfels spielte die Rote Flora bei der internationalen Mobilisierung der gewaltbereiten Linksextremen eine große Rolle. Unter anderem wurde die G20 „Welcome to hell“-Demonstration vom Sprecher der Roten Flora, Andreas Blechschmidt, angemeldet. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/10438 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Auf welcher rechtlichen Grundlage basiert die Nutzung der Roten Flora durch die autonome Szene? Siehe Drs. 21/9793. 2. Wie ist der bauliche Zustand der Roten Flora? Es sind keine Mängel bekannt, die einen Einfluss auf die Gebäudesubstanz haben könnten. 3. Welche umfangreichen Renovierungs- und Umbaumaßnahmen wurden im Jahre 2015 vollzogen und wer hat die Kosten hierfür in welcher Höhe getragen? Bitte auflisten. Soweit Renovierungs- und Umbaumaßnahmen durchgeführt wurden, wurden diese vom Nutzer finanziert. Detaillierte Kenntnisse liegen hierzu nicht vor. 4. Welche öffentliche Stelle hat sich wann zuletzt einen Überblick über den baulichen Zustand des Gebäudes verschafft? 5. Über wie viele sanitäre Anlagen verfügt das Gebäude? 6. Wann fand die letzte Brandschau im Gebäude mit welchem Ergebnis statt? Der zuständigen Behörde liegen keine Informationen zu den Sanitäreinrichtungen vor. Einen Überblick hat sich zuletzt die Feuerwehr im Rahmen einer Brandverhütungsschau Ende 2015 verschafft. Die hierbei aufgezeigten Mängel waren bei einer Nachschau im Februar 2016 weitgehend behoben. Hinsichtlich der Restbeanstandungen ist das Verfahren nicht abgeschlossen. 7. Wer haftet, wenn im Gebäude Schulterblatt 71 Menschen zu Schaden kommen oder benachbarte Gebäude, beispielsweise durch Brand beschädigt werden sollten? Der Eigentümer unterhält eine Versicherung, die Brandschäden abdeckt. Im Übrigen gelten in Haftungsfragen die gesetzlichen Regelungen. 8. Welche Konzerte und Veranstaltungen wurden dort seit 2014 durchgeführt ? Bitte auflisten. 9. Welche dieser Konzerte und Veranstaltungen waren bei der Freien und Hansestadt Hamburg anmeldepflichtig und für gegebenenfalls welche wurde eine Genehmigung erteilt? Bitte detailliert auflisten. 10. Welche Konzessionen/Auflagen et cetera sind für diese Konzerte und Veranstaltungen erforderlich? Welche davon wurden erteilt beziehungsweise erfüllt? Das Kulturzentrum entscheidet eigenständig über sein Veranstaltungsprogramm. Alle mit der Durchführung verbundenen Pflichten liegen regelmäßig in der Verantwortung des Veranstalters. 11. Für wie viele Besucher ist das Gebäude zugelassen? Die zulässige Personenanzahl hängt von der konkreten Ausgestaltung der Veranstaltungen ab (zum Beispiel dem Bestuhlungsplan) und richtet sich nach der Versammlungsstättenverordnung auf Grundlage von § 51 Hamburgischen Bauordnung. 12. Wie viele Besucher wurden jeweils zu Konzerten und Veranstaltungen zugelassen? Wie wurde dies städtischerseits kontrolliert? Bitte einzeln aufführen. Der zuständigen Behörde liegen hierzu keine Informationen vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 8. bis 10. 13. Wurden für die Konzerte und Veranstaltungen Steuern und Abgaben, zum Beispiel GEMA et cetera abgeführt? Wenn ja, in jeweils welcher Höhe? Bitte einzeln auflisten. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10438 3 Wenn nein, wieso nicht und welche Beträge wurden den Steuerzahlern und Rechteinhabern et cetera dadurch jeweils vorenthalten? Der Senat ist im Hinblick auf das Steuergeheimnis nach § 30 Abgabenordnung gehindert , diese Frage zu beantworten. Im Übrigen siehe Antwort zu 8. bis 10. 14. Wie viel hat das ehemalige Flora-Theater seit seiner Besetzung im Jahre 1989 die Stadt Hamburg beziehungsweise den Steuerzahler insgesamt gekostet? Wie groß (in m2) ist das Flurstück 2250, Gemarkung Altona- Nord, auf dem sich das Gebäude Schulterblatt 71 befindet? Welchen Verkehrswert hat die Immobilie aktuell? Die Aufbewahrungsfrist beträgt regelhaft zehn Jahre. Daten aus den Jahren 1989 bis 2001 liegen der zuständigen Behörde nicht mehr vor, sodass keine Gesamtkosten für den erfragten Zeitraum mehr ermittelt werden können. Die Flurstückgröße beträgt 1.780 m². Im Übrigen sieht der Senat zur Wahrung seiner künftigen Verhandlungsposition in ständiger Praxis grundsätzlich davon ab, konkrete Buch- oder Verkehrswerte einzelner Immobilien zu veröffentlichen.