BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10450 21. Wahlperiode 26.09.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 20.09.17 und Antwort des Senats Betr.: Barrikaden bei Veranstaltungen Seit dem Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt ist nunmehr zu beobachten, dass die jeweiligen Veranstalter größerer Events bemüht sind, die betreffenden Flächen gegen derartige Angriffe mit Lkws oder Ähnlichem abzusichern. Dabei kommen je nach den örtlichen Gegebenheiten große Betonquader, Wassertanks auf Paletten oder gemietete Lieferwagen und Transporter zum Einsatz. Dies vorausgeschickt, frage ich den Senat: 1. Welche Behörde überwacht die Aufstellung der oben erwähnten Absperrungen ? Bei Großveranstaltungen wird regelhaft ein umfassendes und individuelles Sicherheitskonzept mit dem Veranstalter abgestimmt, bei dessen Erstellung die Polizei und Bezirksämter mitwirken. Verantwortlich für die Erstellung eines Sicherheitskonzeptes ist der Veranstalter; er trägt auch die entstandenen Kosten. Bei Großveranstaltungen privater Träger erfolgt eine polizeiliche Überprüfung des abgestimmten Sicherheitskonzeptes und damit auch der aufgestellten Absperrungen im Rahmen des Einsatzgeschehens. Soweit eine behördliche Aufstellung erfolgt, wird diese durch die Behörde für Inneres und Sport beziehungsweise durch die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) als Ausrichter überwacht. 2. Unterliegen die Maßnahmen Genehmigungsverpflichtungen? Wenn ja: welcher? Die Aufstellung im öffentlichen Verkehrsraum stellt in der Regel eine Sondernutzung dar, die einer Erlaubnis des jeweils zuständigen Bezirksamts bedarf. 3. Seit wann werden die beschriebenen Absperrungen eingesetzt und bei welchen Veranstaltungen war dies in welchem Umfang der Fall? Bitte auch jeweils die Art und Anzahl der verwandten Barrikade angeben. In Rede stehende technische Absperrungen werden auf allen größeren Veranstaltungen seit Dezember 2016 eingesetzt. Je nach gefährdeten Zufahrtsmöglichkeiten und Anforderungen an die Zugänglichkeit werden bewegliche Barrieren unter anderem in Form von Fahrzeugen, gefüllten Wassertanks, Big Bags (Schwerlast-Gewebesäcke mit 1m³ Fassungsvermögen), stationäre Betonquader (sogenannte Betonschweine), oder Betonquader, die mit abnehmbaren, schweren Drahtseilen verbunden sind, eingesetzt . Zu Art und Anzahl der verwendeten Elemente liegen keine Statistiken vor. Derartige Informationen werden nicht in jedem Einzelfall festgehalten, weil vielfach Umsetzun- Drucksache 21/10450 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gen in Absprache zwischen Polizei, Feuerwehr und Veranstalter unmittelbar vor Beginn der Veranstaltungen stattfinden. Zur Erstellung einer genauen Auflistung müssten die Unterlagen sämtlicher seit Dezember 2016 stattgefundenen Veranstaltungen händisch ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die vorliegenden Daten sind nachstehender Tabelle zu entnehmen: Veranstaltung Anzahl/Art Techno-Veranstaltung Entenwerder 2 Veranstaltungen, jeweils 1 Lkw Harley Days 4 Lkw Musikfest Elbriot 6 Wassertanks Straßenfest Klaus-Groth-Straße 4 Wassertanks Stadtteilfest Rothenburgsorter Marktplatz 1 Lkw Stadteilfest Löschplatz 2 Lkw Stadtfest Bergedorf Lkw und Container* Wutzrock-Festival 2 Lkw, Findlinge NDR-Sommertour Bergedorf Betonstein-Drahtseil-Kombination* Uhlenfest 6 Lkw Moto-Revival 2 Lkw, 2 Gabelstapler Konzert Rolling Stones 27 Lkw, 11 Gabelstapler Mühlenkamp-Straßenfest 12 Wassertanks Stadtteilfest Altonale 8 Betonblöcke NDR-Sommertour Osdorf Betonsperren-Drahtseil-Kombination* Weihnachtsmärkte Innenstadt 4 Weihnachtsmärkte mit insgesamt 260 Betonblöcken.ne Silvester-Feierlichkeiten Innenstadt An 5 Örtlichkeiten insgesamt 218 Betonblöcke , 1 Sonderwagen, 1 Unimog, Gruppenkraftwagen Polizei Alsterlauf Lkw, Wassertanks* Alstervergnügen Betonblöcke, Big Packs, Lkw, Gabelstapler * Christopher Street Day Lkw, Wassertanks* Deutscher Radiopreis Lkw Duckstein-Festival Betonblöcke** Harley Days Ride'n'Bike Show Lkw * Freiluftkino, Rathausmarkt Lkw, Wassertanks* Oster-Hit-Marathon Lkw, Betonblöcke* Rockspektakel Lkw, Wassertanks* Stadtteilfest St. Georg Lkw, Wassertanks* Frühjahrs- u. Sommerdom Lkw, Wassertanks, 96 Betonblöcke (Frühjahr) 84 Betonblöcke (Sommer) Schlagermove Hamburg 2017 Betonblöcke, 4 Big Packs, Lkw, Sattelschlepper Reeperbahn-Festival Lkw, Betonblöcke, Metallcontainer* Eurovision Song Contest (ESC) 11 Betonblöcke Dockville-Festival 4 Betonblöcke Karkmess 5 Paletten mit Steinen Weihnachtsmarkt Wandsbek 16 Betonsteine NDR Sommertour Wandsbek 2 Lkw, 2 Betonstein-Drahtseil- Kombinationen Wandsbeker Halbmarathon 3 Lkw Wandsbeker Wiesn 10 Big Packs Hamburg-Marathon Lkw, Betonblöcke* Motorrad-Gottesdienst Lkw * Ironman Lkw, Betonblöcke* Triathlon Lkw, Betonblöcke* Cyclassics Lkw, Betonblöcke, Wassertanks* Weihnachtsmarkt Fanny-Mendelsohn- Platz Umzäunung* Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10450 3 Veranstaltung Anzahl/Art Weihnachtsmarkt Marie-Jonas-Platz 2 Lkw Stadtpark Revival Lkw, Wassertanks* Eppendorfer Landstraßenfest 7 Lkw, 4 Wassertanks Osterstraßenfest 5 Lkw, 30 Betonblöcke Tibargfest 5 Lkw Weinfest Tibarg 5 Lkw Hafengeburtstag Lkw, 262 Betonblöcke Disco-Move 5 Lkw Winterhuder Stadtfest Lkw, Wassertanks* Cruise Days 1 Lkw, Betonblöcke, 7 Wassertanks, mobile zaunartige Fahrzeugbarrieren Weihnachtsmarkt Allendeplatz Betonschweine (Konzept ist noch nicht endgültig abgestimmt) * Soweit zur Anzahl der Absperrmittel keine Angaben gemacht wurden, wurden die Veranstalter im Rahmen der kooperierten Sicherheitsmaßnahmen eigenverantwortlich tätig. Eine Vorgabe zur Anzahl oder eine nachträgliche Erhebung fand nicht statt. 4. Werden die Barrikaden von staatlicher Stelle aufgestellt oder ist dies Sache des jeweiligen Veranstalters? Die Aufstellung obliegt dem Veranstalter. Tritt die Freie und Hansestadt Hamburg, wie beispielsweise im Falle des Hamburger DOM und HAFENGEBURTSTAG HAMBURG selbst als Veranstalter auf, wurde die Dienstleistung des Aufstellens der Betonblocksteine an einen privaten Unternehmer vergeben. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 5. Auf welchen Flächen (zum Beispiel Fahrbahnflächen, Radwegen, Gehwegen , Grünflächen und so weiter) dürfen die Absperrungen aufgestellt werden? Grundsätzlich auf allen, wenn die Verkehrsteilnahme für jedermann ungefährdet gewährleistet ist und erforderliche Genehmigungen vorliegen. Sämtliche Sicherungsmaßnahmen im Rahmen von Veranstaltungen, darunter auch Konzepte zur Aufstellung technischer Sperren, basieren auf Abstimmungen mit der Polizei und dem Flächengeber. Dabei stehen Sicherheitsaspekte im Vordergrund. In erster Linie sollen die Barrieren Beschleunigungsmöglichkeiten für Fahrzeuge in Richtung auf die Veranstaltungsfläche unterbinden beziehungsweise deutlich reduzieren. Ergänzend werden unter anderem in Absprache mit dem jeweilig zuständigen Bezirksamt technische Belange (zum Beispiel die Tragfähigkeit des Untergrundes) sowie in Absprache mit der Feuerwehr die Zugänglichkeit für Rettungsfahrzeuge in die Konzepte einbezogen. 6. Anhand welcher Kriterien wird entschieden, welche Art der Absperrung jeweils zum Einsatz kommt? Der Einsatz „Technischer Sperren“ ist nur ein Modul in einem umfassenden Gesamtkonzept zum Schutz einer Veranstaltung und wird durch weitere Maßnahmen ergänzt. Darüber hinaus betrifft die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, zu der seitens des Senats aus grundsätzlichen Erwägungen keine Angaben gemacht werden. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. 7. Wie beurteilt der Senat die gestalterischen Auswirkungen der Absperrungen auf das Stadtbild? Bei Weihnachtsmärkten oder auch beim Dom wird ja einiger Aufwand betrieben, um dem Besucher eine angenehme Umgebung zu schaffen, gewissermaßen eine Wohlfühlatmosphäre zu erzeugen. Wie verträglich sind die oben erwähnten Absperrungen mit diesem Ziel? Primär überwiegen Anforderungen der Sicherheit für Besucher vor gestalterischen Aspekten, die beeinträchtigende Wirkung der Absperrelemente auf das Stadtbild ist angesichts des befristeten Einsatzes grundsätzlich zu tolerieren. Drucksache 21/10450 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Soweit möglich, werden Absperrmaßnahmen in etwaige Veranstaltungsdekorationen eingebunden. So sind beispielsweise durch den Bezirk Wandsbek für die kommende Veranstaltung „Winterzauber“ Ausgestaltungen von Big Bags mit kleineren Weihnachtsbäumen und weihnachtlicher Deko vorgesehen. 8. Wer trägt die Kosten der Sicherungsmaßnahmen? Die Kosten der Sicherungsmaßnahmen trägt der Veranstalter. Soweit die Stadt Hamburg als Veranstalter auftritt, sind die entstehenden Kosten von der Stadt zu tragen. 9. Befinden sich die Absperrelemente im Eigentum der Stadt? Wenn nein: aufgrund welcher rechtlicher Grundlagen erfolgt die Nutzung ? Die Polizei Hamburg verfügt über 39 eigene Betonblöcke. Darüber hinaus können Dienststellen der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) Betonblöcke zu Sicherungszwecken aus einem Dienstleistungsvertrag, den die Polizei Hamburg für die FHH abgeschlossen hat, abrufen und installieren lassen. Je nach Veranstaltungsfläche wird nach § 19 HWG beziehungsweise § 4 GrAnlG die Genehmigung der Veranstaltung unter den Vorbehalt gestellt, dass vorab mit der Polizei und der Feuerwehr sicherheitsrelevante Aspekte abgestimmt werden. Dies kann die Verwendung von geeigneten Elementen einschließen. 10. Die Wassertanks werden ja sinnvollerweise nach Aufstellung befüllt und vor dem Abtransport wieder entleert: erfolgt die Befüllung mit Trinkwasser aus dem Netz der Hamburger Wasserwerke? 11. Wie erfolgt die Abrechnung des benutzten Wassers und wie wird es nach Gebrauch weiter verwendet? Dazu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 12. Hält der Senat die Sicherheitsproblematik bei größeren Veranstaltungen aufgrund der mittlerweile geübten Praxis für gelöst oder wird daran noch weiterhin gearbeitet? Welche Behörden sind damit beschäftigt und gibt es gegebenenfalls eine Arbeitsgruppe oder ein ähnliches Gremium, das sich mit dieser Frage beschäftigt? Wenn ja: mit welcher Zielsetzung? Die Entwicklung der Sicherheitslage stellt einen dynamischen, sich ständig verändernden Prozess dar, und muss unter Einbeziehung aktueller Lageerkenntnisse regelmäßig neu bewertet und fortgeschrieben werden. Sicherheitskonzepte für öffentliche Veranstaltungen unterliegen immer einer Einzelfallbetrachtung unter Einbeziehung aktueller Lageerkenntnisse und bedürfen damit in jedem Fall einer individuellen Prüfung. Im Übrigen siehe Drs. 21/9945. Die Polizei Hamburg ist weiterhin bei der Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages der Gefahrenabwehr mit der Thematik „Technische Sperren“ beschäftigt. Derzeit befasst sich auf Bundesebene eine länderübergreifende Arbeitsgruppe mit dem Themenfeld „Technische/bauliche Systeme zur Sicherung von Veranstaltungsund /oder Einsatzräumen vor durchbrechenden Fahrzeugen“. Die Befassung ist noch nicht abgeschlossen. 13. Hält es der Senat für sinnvoll, Fußgängerzonen, Plätze und sonstige Veranstaltungsflächen (zum Beispiel die Zuwegungen zum Volksparkstation oder Ähnliches) durch dauerhafte Barrikaden so zu gestalten, dass die Nutzer vor derartigen Übergriffen geschützt sind? Für Hamburg besteht eine anhaltend hohe abstrakte Gefahr terroristischer Anschläge, die sich jederzeit konkretisieren kann, dabei kann jeder Ort, an dem Menschen in größerer Anzahl anzutreffen sind, potenzielles Ziel eines Anschlages sein. Eine Sicherung mit festen Schutzvorkehrungen ist aufgrund der Vielzahl und der Heterogenität potenzieller Anschlagsorte nicht realisierbar. Für den stark frequentieren Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10450 5 Veranstaltungsraum Heiligengeistfeld prüft die BWVI aktuell den Einsatz hydraulischer Polleranlagen. Um den Transportaufwand und die Kosten zu verringern, wird derzeit geprüft, an welchen Stellen eine dauerhafte Installation von technischen Sperren möglich und sinnvoll ist.