BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10457 21. Wahlperiode 29.09.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Jörn Kruse (AfD) vom 21.09.17 und Antwort des Senats Betr.: Wohngemeinschaften für LSBTI*-Geflüchtete Ende Juli 2017 waren nach Auskunft des Senats insgesamt 54.932 Migranten in Hamburg untergebracht.1 Man darf annehmen, dass sich unter diesen vereinzelt auch Menschen befinden, die dem Spektrum LSBTI* angehören. Dieses umfasst Personen, die entweder lesbisch, schwul, bisexuell, transoder intersexuell sind. Da es sich bei den genannten sexuellen Randgruppen jeweils um kleine Minderheiten handelt, werden diese vom Senat als „besonders schutzbedürftig“2 eingestuft. Obwohl Fälle von gewalttätigen Übergriffen gegen LSBTI*-Migranten nicht statistisch erfasst werden3, hat der Senat im Rahmen neuer Schutzkonzepte 2016 erstmals spezielle Wohngemeinschaften ins Leben gerufen. Zu diesem Zweck wurden außerhalb der Erst- und Folgeunterbringungen Appartements angemietet, in denen die Betroffenen dann unter sich blieben. Dies ist jedoch insofern problematisch, als der Senat erklärt hat, keine Informationen darüber zu haben, wie hoch der Anteil der LSBTI* an der Gesamtzahl der Migranten ausfällt.4 Nichtsdestoweniger verfolgt der Senat das Ziel, sämtliche LSBTI*-Migranten komplett aus den Folgeunterkünften in sicheren Wohnraum zu vermitteln, um ein Zwangsouting zu verhindern.5 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, der Schutzbedürftigkeit aller von Gewalt betroffenen beziehungsweise bedrohten Personen Rechnung zu tragen (siehe Drs. 20/10994, Drs. 21/4174, Drs. 21/5581, 21/6163, Drs. 21/6891, 21/7485, 21/10281). Die besondere Schutzbedürftigkeit einzelner Personengruppen ergibt sich dabei aufgrund von Erfahrungen aus der Beratungspraxis, wissenschaftlichen Untersuchungen , internationalem Recht (wie zum Beispiel der Genfer Flüchtlingskonvention ; EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU) sowie aufgrund diskriminierender Gesetzgebung in verschiedenen Herkunftsländern. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Hat der Senat mittlerweile Kenntnis davon, wie groß der Anteil von LSBTI* an der Gruppe der in Hamburg lebenden Migranten ausfällt? Falls ja, wie viele Personen sind dem Senat gegenwärtig als LSBTI* bekannt? Bitte jeweils Alter und biologisches Geschlecht angeben. 1 Confer Drs. 21/10092. Seiten 1 – 3. 2 Confer Drs. 21/7993. Seite 1. 3 Confer Drs 21/5581. Seite 3. 4 Confer ibidem. 5 Confer Drs. 21/7993. Seite 2. Drucksache 21/10457 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Falls nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/3649 und Drs. 21/4569. 2. Auf der Grundlage welcher gesicherten Informationen (denn weder die Größe der LSBTI*-Gruppe unter den Migranten noch die Anzahl von Fällen transphober Gewalt wurden nach Aussage des Senats statistisch erfasst) hat sich der Senat 2016 im Rahmen neuer Schutzkonzepte dazu entschlossen, LSBTI*-Migranten als „besonders schutzbedürftig“ einzustufen ? Siehe Vorbemerkung. 3. Wie viele Wohnprojekte für LSBTI*-Migranten sind gegenwärtig in Hamburg vorhanden? Bitte jeweils Adresse, Typ der Immobilie (Häuser oder Wohnungen), Aufnahmekapazität sowie Belegung nennen. Der Betreiber f & w fördern und wohnen AöR (f & w) bietet in jedem Hamburger Bezirk Plätze in öffentlich-rechtlicher Unterbringung (örU) in extra hierfür reserviertem abgeschlossenem Wohnraum für LSBTI*-Geflüchtete an. Die Platzkapazität und aktuelle Belegung (Stand 25. September 2017) in diesen sieben Appartements stellt sich wie folgt dar: Wohnung Anzahl der Plätze Belegung 1 4 alle frei 2 6 alle belegt 3 5 alle belegt 4 2 alle frei 5 2 alle belegt 6 2 alle belegt 7 6 alle belegt Gesamtzahl der Plätze 27 davon 21 Plätze belegt Aus Schutzgründen erfolgen hierzu keinen genaueren örtlichen Angaben. Daneben gibt es in Abhängigkeit des Bedarfes in verschiedenen Einrichtungen der örU integrierte Schutzplätze, die auch LSBTI*-Geflüchteten zur Verfügung und oftmals im Verbund, zum Beispiel als Wohngemeinschaft oder abgeschlossene Bereiche, vergeben werden. Die aktuelle Anzahl und die Belegung der individuellen Plätze kann angesichts von über 100 Einrichtungen der örU in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden, da dafür eine Abfrage aller belegten Plätze in allen örU erforderlich ist. Im Übrigen siehe Drs. 21/6891. 4. In wie vielen Fällen wurden Immobilien angemietet beziehungsweise neu gebaut? In keinem Fall. 5. Wie viel Geld hat der Senat 2016 und 2017 für die „besondere Schutzbedürftigkeit “ von LSBTI*-Migranten ausgegeben? Im Zeitraum vom 1. April 2017 bis 25. September 2017 (letztes Buchunsdatum) wurde das Projekt ABRIGO mit 17.472 Euro gefördert. Darüber hinaus wurden für den Zeitraum 17. Juli 2017 bis 31. Dezember 2018 insgesamt 60.000 Euro für die Arbeit mit LSBTI*-Geflüchteten aus dem Integrationsfonds zur Verfügung gestellt (siehe hierzu Drs. 21/7993). Im Übrigen siehe Drs. 21/8279. 6. In wie vielen Fällen hat der Magnus-Hirschfeld-Centrum e.V. LSBTI*- Migranten in privaten Wohnraum vermittelt? In keinem Fall. Die Vermittlung von LSBTI*-Flüchtlingen in privaten Wohnraum erfolgt über das von der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) geförderte Projekt „Abrigo“. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10457 3 7. In wie vielen Fällen hat f & w fördern und wohnen AöR bislang dabei mitgeholfen, LSBTI*-Migranten in privaten (sicheren) Wohnraum zu überführen? Die einzelnen Maßnahmen bitte im Sinne der in Frage 1. enthaltenen Spezifizierungen beantworten. Siehe Drs. 21/4569. 8. In wie vielen Fällen hat das Projekt Abrigo der Lawaetz-Stiftung, die seit Ende 2016 für die „sichere“ Unterbringung von LSBTI*-Migranten zuständig ist, bis heute in entsprechender Weise gewirkt? Bislang wurden 21 Personen in das Projekt aufgenommen. Diese Personen wurden – analog zu dem Projekt vivienda (siehe Drs. 21/5584) – in einer Anbahnungsphase, in der die wesentlichen Rahmenbedingungen für die Wohungsfindung klärt und gegebenenfalls Besichtigungen und Begleitungen zu potenziellen Vermietern durchgeführt werden, intensiv beraten. Von den 21 Personen konnten neun Personen bereits in Mietverhältnisse vermittelt werden. Für drei weitere Personen liegen Mietangebote vor (Stand 25. September 2017). Von der Möglichkeit der bedarfsbezogenen Unterstützung zur Einhaltung von Rechten und Pflichten während des Mieverhältnisses haben bislang drei Personen Gebrauch gemacht. 9. Wie rechtfertigt der Senat die Notwendigkeit von gesonderten Wohnprojekten für LSBTI*-Migranten, deren Anzahl und Bedrohungslage er nach eignen Angaben gar nicht kennt? Siehe Vorbemerkung. 10. Was ist aus den angemieteten Appartements für LSBTI*-Migranten geworden, über die die Pressestelle des Senats am 4. August 2016 berichtete? Siehe Antwort zu 3. 11. Ist gegenwärtig geplant, in Zukunft Wohnprojekte für LSBTI*-Migranten zu schaffen? Falls ja, welche und wie hoch belaufen sich die dafür anfallenden Kosten ? Falls nein, warum nicht? Nein. Im Übrigen siehe Antwort zu 3.