BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10461 21. Wahlperiode 29.09.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 21.09.17 und Antwort des Senats Betr.: Umsetzung § 16h SGB II in Hamburg Mit dem § 16h SGB II ist ein neuer Fördertatbestand im SGB II aufgenommen , der sich an die Zielgruppe der schwer zu erreichenden jungen Menschen unter 25 Jahre wendet. Diesen jungen Menschen sollen passgenaue Betreuungs- und Unterstützungsleistungen angeboten werden. Es soll mit dieser Förderung gelingen, die in der individuellen Situation der (potenziellen ) Leistungsberechtigten bestehenden Schwierigkeiten zu überwinden, eine schulische und/oder berufliche Qualifikation abzuschließen beziehungsweise in das Arbeitsleben einzumünden und/oder Sozialleistungen zu beantragen oder anzunehmen. Diese Leistungen des § 16h SGB II sind sowohl eine Ermessensleistung als auch nachrangig gegenüber den Angeboten des § 13 SGB VIII (Jugendsozialarbeit ). Es müsste also vom Senat beziehungsweise der Fachbehörde und dem Jobcenter (JC) beziehungsweise der Agentur für Arbeit (AA) geprüft werden, ob in Hamburg nicht schon gleichgerichtete Angebote der Jugendsozialarbeit bestehen. Wenn diese bestehen, gilt Nachrangigkeit. Die Zielgruppe des § 16h SGB II ist eine klassische Zielgruppe der Jugendsozialarbeit . Ich frage den Senat: Mit der Einführung des § 16h im Sozialgesetzbuch II sollen der Zielgruppe schwer zu erreichender junger Menschen niedrigschwellige Angebote für die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt gemacht werden. Es handelt sich dabei insofern nicht um Maßnahmen der Jugendhilfe, sondern um ein arbeitsmarktpolitisches Angebot. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die beschriebene Zielgruppe zum größten Teil auch Jugendhilfe-Angebote in Anspruch nimmt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen zum Teil auf der Grundlage von Auskünften des Jobcenters team.arbeit.hamburg (Jobcenter) wie folgt: 1. Welche Planungen verfolgt der Senat beziehungsweise die Fachbehörde bei der Umsetzung des §16h SGB II in Hamburg? Die Bestimmungen des SGB II werden in Hamburg durch Jobcenter umgesetzt. Gemäß Absatz 3 des § 16h beteiligt JC den örtlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Dies sind die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) sowie als Vertreterin der bezirklichen Jugendämter das Bezirksamt Hamburg- Nord. Der Senat setzt sich dafür ein, dass dieses Förderinstrument genutzt wird, um junge Erwachsene (wieder) in die Regelstrukturen zu integrieren und dadurch bei der arbeitsmarktpolitischen Integration zu unterstützen. Jugendliche bis 18 Jahre unterlie- Drucksache 21/10461 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gen in Hamburg in der Regel noch der Schulpflicht und werden insofern von diesem Angebot nicht angesprochen. 2. Welche Gründe gibt es für den Senat beziehungsweise die Fachbehörde , hier in Kooperation mit Jobcenter (JC) beziehungsweise der Agentur für Arbeit (AA) neue Angebote zu machen? Die bisherigen, durch die BASFI und den Europäischen Sozialfonds finanzierten Angebote „Jugend aktiv plus“ und „Come in“, die sich ebenfalls an die Zielgruppe der schwer erreichbaren jungen Menschen unter 25 Jahre richten, werden sehr gut in Anspruch genommen. Der Senat begrüßt daher die Möglichkeit, mit dem Instrument des § 16h junge Erwachsene noch besser zu unterstützen. Dazu gehört auch die Unterstützung bei der Beantragung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts , die es der Zielgruppe überhaupt erst ermöglichen, sich auf ihren beruflichen Werdegang zu konzentrieren. 3. Was soll der zusätzliche Nutzen dieses neuen Angebotes sein? 4. Welche Folgen hat das für bestehende Angebote der Jugendsozialarbeit ? 5. Kann der Senat beziehungsweise die Fachbehörde durch die Kooperation mit JC beziehungsweise AA über den § 16h SGB II Angebote finanzieren , die sie sonst nicht finanzieren würde? 6. Beabsichtigt der Senat beziehungsweise die Fachbehörde durch die Kooperation mit JC beziehungsweise AA im § 16h Kosten für die Jugendsozialarbeit einzusparen oder die bestehende Jugendsozialarbeit umzusteuern? Welche Konsequenzen sind damit verbunden? Junge Erwachsene können wesentlich umfassender unterstützt werden, als dies die Regelinstitutionen in Standard-Beratungsgesprächen leisten können, da intensiver auf die jeweils individuellen Ausgangsbedingungen eingegangen werden kann. Gemäß der Zielsetzung „Niemand soll verloren gehen“ werden so weitere Menschen in das Regelsystem integriert. Maßnahmen gemäß § 16h SGB II können deshalb das vorhandene Angebot (siehe hierzu auch Antwort zu 2.) zielgruppenspezifisch ergänzen und weiterentwickeln. Die Angebote der Jugendsozialarbeit werden bei Bedarf im Rahmen der bezirklichen oder fachbehördlichen Jugendhilfeplanung auf neue Angebote gemäß § 16h SGB II abgestimmt. Eine Reduzierung oder Schließung von Angeboten ist nicht geplant. 7. Träger und Maßnahmen im Rahmen des § 16h müssen zum einen zertifiziert sein nach Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) und zum anderen müssen die Träger zugelassen sein für bestimmte Bereiche des SGB III wie §45er-Maßnahmen der beruflichen Aktivierung und Vermittlung oder Maßnahmen der Berufswahl und beruflichen Ausbildung. Diese Zertifizierungen und Zulassungen sind bei den bisherigen Trägern der Jugendsozialarbeit nicht vorhanden. Welche Kriterien werden darüber hinaus bei der Auswahl von Trägern zugrunde gelegt, zum Beispiel fachliche Erfahrungen mit der Zielgruppe und dem Sozialraum? Die Zertifizierung beziehungsweise Zulassung eines Trägers ist eine zwingende Voraussetzung. Somit müssten die Träger der Jugendsozialarbeit bei einer Beteiligung im Vergabeverfahren nach VOL/A eine Zertifizierung und Zulassung bei einer fachkundigen Stelle im Sinne des SGB III beantragen. Die Abstimmungsgespräche zwischen den Partnern sind noch nicht abgeschlossen. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass bei der Auswahl geeigneter Maßnahmeträger die einschlägigen Erfahrungen eine wichtige Rolle spielen werden. 8. Wie will der Senat beziehungsweise die Fachbehörde die Finanzierung gestalten bei Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10461 3 a) Zuwendungen/Projektfinanzierung nach Bundeshaushaltsordnung (BHO) und/oder b) Vergabe nach Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen, Teil A (VOL/A), c) anderen Formen der Finanzierung? Die Gespräche zwischen Jobcenter, BASFI und dem federführenden Bezirksamt sind noch nicht abgeschlossen, die Partner haben sich aber darauf verständigt, die Mittel auf der Grundlage eines Wettbewerbsverfahrens mit einem Zuwendungsbescheid zu vergeben. 9. Nach § 17 SGB II sollen die Träger der Grundsicherung keine eigenen Einrichtungen schaffen, wenn Dritte diese anbieten oder in Kürze anbieten können. Die zuständigen Träger der Freien Wohlfahrtspflege sollen angemessen unterstützt werden und wenn dann Leistungen von Dritten erbracht werden, sollen darüber Vereinbarungen geschlossen werden. Auch in § 18 SGB II (Örtliche Zusammenarbeit) ist die Kooperation mit den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege (in Absatz (1) Nummer 7) als Aufgabe benannt. Wie wird die Freie Wohlfahrtspflege einbezogen? Die Bedingungen, unter denen die Maßnahme nach dem § 16h SGB II umgesetzt werden sollen, werden im geplanten Wettbewerbsverfahren dargestellt. Die Träger der Freien Wohlfahrtspflege werden aufgefordert, sich am Vergabeverfahren zu beteiligen. Eine vorherige Einbeziehung und Abstimmung der Rahmenbedingungen hätte zur Folge, dass sie im anschließenden Wettbewerbsverfahren ausgeschlossen werden müssten.