BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/105 21. Wahlperiode 27.03.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 19.03.15 und Antwort des Senats Betr.: Grundberührung des Frachtschiffs „Choapa Trader“ Übereinstimmenden Presseberichten zufolge gab es beim Auslaufen des Frachters „Choapa Trader“ am 19. März 2015 Bodenkontakt in der Elbe. Außerdem soll sich das Schiff in erheblicher Schieflage befunden haben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority (HPA) wie folgt: 1. Wie viele Grundberührungen von Schiffen gab es in den Jahren 2010 – 2015 in der Elbe beziehungsweise im Hamburger Hafen? (Bitte nach Jahren sortiert darstellen.) Der Hamburger Wasserschutzpolizei ist innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches (Hamburger Hafen und Unterelbe) die nachfolgende Anzahl von Grundberührungen durch Seeschiffe bekannt: Jahr Hamburger Hafen Unterelbe Gesamtanzahl 2010 5 4 9 2011 1 4 5 2012 1 7 8 2013 5 7 12 2014 6 6 12 bis 20.3.2015 2 3 5 2. Was waren jeweils die Ursachen für die Grundberührungen? Jahr Technisches Versagen von Einrichtungen an Bord Menschliches Versagen der Schiffsführung basierend auf Unkenntnis oder Fehleinschätzungen Wetter und Strömung Erkrankung des Schiffs- führers 2010 3 4 1 1 2011 3 2 2012 3 4 1 2013 3 9 2014 2 10 bis 20.3.2015 1 3 1 Drucksache 21/105 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Welche Konsequenzen hat die HPA aus den jeweiligen Grundberührungen gezogen? Nach Auswertung der jeweiligen Unfallursachen wurde geprüft, ob Änderungen der schifffahrtpolizeilichen Auflagen für die betroffenen Schiffe notwendig waren. Hierzu gehörten zum Beispiel die Anpassung von Tidefenstern, Vorgaben zu zulässigen Wind- und Strömungsverhältnissen, Schleppereinsatz oder der Lotsbesetzung. So wurden beispielsweise Auslaufmodalitäten für Schiffstypen verändert, bei denen sich konstruktive Defizite an den Manövriereinrichtungen gezeigt hatten. Diese Schiffstypen sind inzwischen umgebaut und unterliegen wieder den normalen Verkehrsabläufen . 4. Was unternimmt die HPA, um Grundberührungen von Schiffen zu verhindern ? Durch die Nautische Zentrale, eine der weltweit modernsten Verkehrsleitzentralen, wird der gesamte Schiffsverkehr im Hafen überwacht und koordiniert, um geordnete Verkehrsabläufe zu gewährleisten und gefahrengeneigte Situationen zu vermeiden. Dazu gehört der Einsatz von modernen Arbeitsmitteln und Techniken, wie das Automatische Identifikationssystem (AIS), Radar und speziell für die Verkehrsablaufplanung entwickelte IT-Systeme ebenso wie die laufende Fortbildung des Personals. Als Aufsichtsbehörde über das Hafenlotswesen gehört dazu aber auch die Ausrüstung der Lotsen mit modernen und innovativen technischen Systemen wie Portable Pilot Units (PPU´s) und kontinuierliche Fortbildungsverpflichtungen. 5. Was ist nach derzeitigem Stand die Ursache für die Grundberührung des Frachters „Choapa Trader“ gewesen? 6. Was sind die genauen Umstände der Grundberührung gewesen? 7. Wie kam es zu der Schieflage des Schiffes auf der Elbe? Die Ermittlungen der Polizei sind hierzu noch nicht abgeschlossen. 8. Welches Zeitfenster wurde dem Frachter seitens der HPA zum Auslaufen zugewiesen? Wurde das Zeitfenster eingehalten? Wenn nein, warum nicht? Das Zeitfenster zum Auslaufen des Schiffes lag in der Zeit von 45 Minuten vor Niedrigwasser bis zwei Stunden zehn Minuten nach Niedrigwasser. Das Niedrigwasser St. Pauli am 19. März 2015 war um 10.42 Uhr. Das Schiff verließ den Liegeplatz Predöhl 6 im Waltershofer Hafen um 10.30 Uhr. Das Zeitfenster wurde eingehalten. 9. Welche behördliche Stelle wurde wann über den Vorfall informiert? Der beratende Hafenlotse meldete die Grundberührung in der Nautischen Zentrale am 19. März 2015 um 11.36 Uhr. Die Wasserschutzpolizei (WSP) erhielt sodann von der Hamburg Port Authority (HPA) Kenntnis über den Vorfall. Die WSP hat die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr – Abteilung Schiffssicherheit ) und die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) am gleichen Tag um 13.30 Uhr informiert. 10. Welche Kommunikationsmaßnahmen müssen seitens der Behörde wann ergriffen werden für den Fall a. einer Grundberührung, b. der Schieflage eines Schiffes, c. einer Schiffshavarie im Hamburger Hafen? Wenn die Nautische Zentrale, als Schifffahrtpolizeibehörde für den Hamburger Hafen, über einen der genannten Fälle informiert wird, werden erste Maßnahmen zur Schadensminimierung ergriffen. Parallel erfolgt im Bedarfsfall die Benachrichtigung weiterer behördlicher sowie vorgesetzter Dienststellen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/105 3 Die WSP wird über Schiffsunfälle einschließlich einer Schieflage eines Schiffes im Regelfall von den Nautischen Zentralen als zuständiger Behörde (in Hamburg die HPA, auf der Unterelbe die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt) benachrichtigt . Erhält die WSP vor den genannten zuständigen Behörden Kenntnis über einen Schiffsunfall, werden diese umgehend durch die Wasserschutzpolizei informiert. Darüber hinaus werden aufgrund eigener Meldeverpflichtungen der WSP die Behörden , Ämter, Dienststellen oder Institutionen informiert, deren Erscheinen am Unfallort erforderlich sind oder die über den Unfall Kenntnis haben müssen. Bei Grundberührungen und Schiffshavarien sind dies: - die Berufsgenossenschaft für Transport- und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr ), - die zuständige Staatsanwaltschaft beim Vorliegen einer Straftat, - die WSP Leitstelle/das Havariekommando in Cuxhaven (lageabhängig), - die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung, wenn die Grundberührung von einem Schiff verursacht wurde, für welches das Seeunfalluntersuchungsgesetz gilt, - sowie bei Grundberührungen mit Austritt von Betriebsstoffen, die am Schadensort zuständige Umweltbehörde. 11. Waren Lotsen an Bord des Frachters „Choapa Trader“ zum Zeitpunkt der Grundberührung und zum Zeitpunkt der Schieflage? a. Wenn ja: Was haben die Lotsen unternommen, um eine Gefahr abzuwenden? b. Wenn nein, warum nicht? Während des Auslaufens wurde das Schiff von zwei Hafenlotsen beraten. Zu den Aktivitäten der Lotsen liegen im Detail keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. bis 7. 12. Welche Ladung befand sich zum Zeitpunkt des Auslaufens an Bord des „Choapa Traders“? War Gefahrengut geladen? Bestand zu einem Zeitpunkt eine Gefahr für die Bevölkerung? Nach Erkenntnissen der Wasserschutzpolizei hatte das Schiff verschiedenartige Stückgüter sowie Gefahrgüter in Containern geladen. Nach Auffassung der WSP bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Bevölkerung. 13. Wie alt ist das Schiff „Choapa Trader“? Das Schiff ist sechs Jahre alt (Baujahr 2009). 14. Welche Reederei hat den Frachter „Choapa Trader“ gechartert? Charterer des Schiffes ist MSC. 15. Welche Reedereien hatten den Frachter „Choapa Trader“ bereits gechartert? Was war gegebenenfalls Ursache des Verkaufs? Das Schiff war nach Informationen aus dem Internet früher an die Reederei CSAV verchartert. Zu einem Verkauf des Schiffes liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse vor. 16. Hatte der Frachter „Choapa Trader“ bereits anderweitige Grundberührungen ? Im Zuständigkeitsbereich der WSP Hamburg hatte der Frachter keine anderweitigen Grundberührungen.