BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10533 21. Wahlperiode 06.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 29.09.17 und Antwort des Senats Betr.: Sicherheitspersonal in Hamburger Flüchtlingsunterkünften. Abfrage im September 2017 In den Flüchtlingsunterkünften Hamburgs treffen Menschen aufeinander, die sich in Hinblick auf ihre Ethnie, Sprache und Religion fundamental voneinander unterscheiden. Da Konflikte unter diesen Bedingungen zu erwarten sind, ist gut ausgebildetes Sicherheitspersonal unabdingbar. Wie man weiß, kommt es auch in Hamburger Erst- und Folgeunterbringungen regelmäßig zu gewaltsamen Konflikten, die nicht selten infolge von religiösem Hass entstehen . Da die überwiegende Mehrheit der Asylsuchenden aus Muslimen besteht, richtet sich die Gewalt häufig gegen Christen sowie Angehörige anderer Konfessionen. Dabei handelt es sich um eine Erscheinung, die bundesweit bekannt ist und immer wieder für Aufsehen gesorgt hat. Obwohl mittlerweile unterschiedliche Studien vorliegen1, die das Phänomen der religiös motivierten Gewalt näher untersuchen, streitet der Senat dessen Existenz für Hamburg vehement ab.2 Die erwähnten Untersuchungen zeigen das Problem auf, dem zufolge religiös motivierte Gewalt oftmals gar nicht als solche erkannt wird. Dazu konstatiert das Innenministerium des Landes Brandenburg: „Es fällt auf, dass in den Befragungen religiös und kulturell bedingte Konflikte als mögliche Ursache der gewalttätigen Vorkommnisse selten direkt benannt wurden. Dennoch führen fast alle Befragten die genannten bzw. beobachteten Auseinandersetzungen auf Unverständnis in Bezug auf die Lebensweise der anderen Gruppen und wenig gegenseitige Rücksichtnahme zurück. Immer wieder wurde Hass zwischen unterschiedlichen Nationalitäten oder Religionen als letztliche Ursache benannt.“3 Eine von Open Doors in Auftrag gegebene Studie zu religiös motivierter Gewalt in deutschen Flüchtlingsunterkünften konnte zeigen , dass christliche Flüchtlinge in 49 Prozent der fixierten Fälle zusätzlich auch von Mitarbeitern diskriminiert oder verfolgt wurden; in Berlin belief sich dieser Anteil gar auf 69 Prozent.4 1 Hierzu siehe: Gewalt in den Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende im Land Brandenburg . Situationsanalyse. Herausgegeben vom Fachberatungsdienst Zuwanderung, Integration und Toleranz im Land Brandenburg (Im Folgenden Situationsanalyse 2015); Mangelnder Schutz religiöser Minderheiten in Deutschland. Religiös motivierte Übergriffe auf 743 christliche Flüchtlinge in deutschen Asylunterkünften. Eine Erhebung von Open Doors Deutschland (im Folgenden Open Doors). 2 Confer Drs. 21/3921. Seite 2. 3 Confer Situationsanalyse. Seite 16. 4 Siehe Open Doors. Seite 12. Drucksache 21/10533 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dieser Befund lässt den Schluss zu, dass sich eingesetztes Sicherheitspersonal offensichtlich an der Diskriminierung nicht muslimischer Bewohner beteiligt. Tatsächlich ist auch für Hamburg ein solcher Fall verbürgt. So wurde im November 2013 der für die Erstaufnahmeeinrichtung Schnackenburgallee zuständigen Sicherheitsfirma die Zusammenarbeit aufgekündigt, nachdem bekannt geworden war, dass deren Personal christliche Asylsuchende im täglichen Umgang gegenüber Muslimen benachteiligt hatte.5 Obwohl bislang keine Daten über die Herkunft des eingesetzten Wachpersonals, sondern nur über die Voraussetzungen für deren Diensttauglichkeit vorliegen, kann man erkennen, dass ein Teil von ihm offenbar selbst aus muslimischen Kulturkontexten stammt. So erwartet etwa die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH), dass immer auch Sicherheitskräfte mit arabischen Sprachkenntnissen beziehungsweise Kentnissen in Dari/Farsi verfügbar sind.6 Erklärungen des Senats zufolge muss das eingesetzte Personal grundsätzlich dazu in der Lage sein, „mit den Betreuten des Auftraggebers sowie Besuchern sprachlich differenziert zu kommunizieren.“7 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Betreiber f & w fördern und wohnen AöR (f & w), Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Hamburg e.V. (DRK HH), Kreisverband Hamburg Harburg e.V. (DRK Harburg) und Kreisverband Hamburg Altona und Mitte e.V. (DRK Altona), ASB Flüchtlingshilfe Hamburg GmbH (ASB), Arbeiterwohlfahrt (AWO), Malteser Hilfsdienst gemeinnützige GmbH (Malteser) und Johanniter-Unfall-Hilfe e.V (JUH) wie folgt: 1. Wie viele der in Drs. 21/4686 genannten Sicherheitsdienste werden gegenwärtig von „f & w fördern und wohnen AöR“ in Hamburger Erstund Folgeunterkünften eingesetzt? f & w setzt in Erstaufnahmeeinrichtungen aktuell die Sicherheitsdienste WEKO Sicherheitsdienste GmbH und Sicherheit Nord GmbH & Co. KG ein. 2. Da der Senat jede einzelne Person, die als Wachmann zum Einsatz kommt, anhand eines erweiterten Führungszeugnisses vor Dienstantritt prüfen lässt, geht der Fragesteller davon aus, dass der Senat auch Angaben zum ethnischen Hintergrund dieser Leute machen kann. Wie hoch ist demnach der prozentuelle Anteil von Wachleuten, die aus muslimischen Kulturkontexten stammen? 3. Wie viele der in Hamburger Erst- und Folgeunterbringungen eingesetzten Wachleute verfügen nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit? 4. Wie viele von ihnen sind im Besitz der doppelten Staatsangehörigkeit? Siehe Drs. 21/8234. 5. Wie hoch beläuft sich der prozentuelle Anteil von Personen am Wachpersonal , die Kenntnisse der folgenden Sprachen nachweisen können: Bei folgenden Betreibern ergibt sich die prozentuale Verteilung der Sprachkenntnisse wie folgt: a) Arabisch; DRK Harburg: 10 Prozent AWO: 25 Prozent ASB: 20 Prozent 5 Confer Drs. 21/4216. Seite 4. 6 Confer Drs. 21/4686. Seite 2. 7 Confer Drs. 21/3278. Seite 3. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10533 3 b) Farsi/Darsi; DRK Harburg: 10 Prozent AWO: 25 Prozent ASB: 20 Prozent c) Paschtu; DRK Harburg: 0 Prozent AWO: 6,25 Prozent ASB: 10 Prozent d) afrikanische Sprachen? DRK-Kreisverband Hamburg-Harburg: 0,5 Prozent AWO: 6,25 Prozent ASB: 1 Prozent Im Übrigen siehe Drs. 21/8234. 6. Wie wird die Fremdsprachenkompetenz des eingesetzten Personals ermittelt? 7. Werden außer nativen Sprechern auch Fremdsprachler eingesetzt? 8. Wie ist die ethnische Struktur der in Hamburg untergebrachten Asylsuchenden zum 1. September 2017 beschaffen? 9. Hat dies Auswirkungen für die Auswahl des in den jeweiligen Unterbringungen eingesetzten Wachpersonals? Falls nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/8234.