BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10540 21. Wahlperiode 06.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 29.09.17 und Antwort des Senats Betr.: Nordafrikanische Intensivtäter („Nafri“) in Hamburg – Wie ist die Lage im September 2017? Nach den Vorfällen des Kölner Silvesterabends 2015/2016 ist in den deutschen Medien der Begriff „Nafri“ (nordafrikanischer Intensivtäter) bekannt geworden und wird seither kontrovers diskutiert. Der Kölner Polizeipräsidenten Jürgen Mathies erklärte gegenüber der Presse, dass dieser Begriff bereits seit 2013 von der Polizei Nordrhein-Westfalen für Straftäter aus den Maghreb-Staaten verwendet werde und synonym für das Täterprofil des „nordafrikanischen Intensivtäters“ stehe. Das Landeskriminalamt Nordrhein- Westfalen definiert „Nafri“ als potenziellen Angehörigen von Tätergruppen, die aus Ägypten, Algerien, Libanon, Libyen, Marokko und Tunesien stammen , zwischen 15 und 25 Jahre alt sind, in erster Linie Raub-, Körperverletzungs -, BtM- und Taschendiebstahldelikte begehen sowie vermehrt in belebten Innenstadtbereichen operieren. Ferner wird „Nafris“ von der Kölner Polizei eine erhöhte Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamten sowie das Mitführen von Stichwaffen zugeschrieben.1 Typischerweise handelt es sich bei „Nafris“ oft um unbegleitete minderjährige Migranten, für die beim BAMF kein Asylverfahren anhängig ist, sondern die unter der Obhut eines Jugendamtes stehen. Da in der Vergangenheit auch in Hamburg einzelne Fälle von Personen aus diesem Täterprofil bekannt wurden2, soll nun eine ganzheitliche Abfrage erfolgen. Da nach Aussage des Senats weder die Polizei Hamburg noch die Staatsanwaltschaft den Begriff „Nafri“ verwenden3, beziehen sich die nachfolgenden Fragen auf Personen, die gemäß der oben stehenden Definition aus Ägypten, Algerien, Libanon, Libyen, Marokko und Tunesien stammen, zwischen 15 und 35 Jahre alt sind, in erster Linie Raub,- Körperverletzungs -, BtM- und Taschendiebstahldelikte begehen sowie vermehrt in belebten Innenstadtbereichen operieren. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1) Wie viele Tatverdächtige, die dem oben beschriebenen Täterprofil des „Nafri“ entsprechen, sind zum 1. September 2017 Beschuldigte von Strafverfahren in Hamburg? Bitte jeweils auch den zugrunde liegenden Sachverhalt, die Staatsangehörigkeit, das Alter, den aufenthaltsrechtlichen Status, die Unterbringung sowie den erstmaligen Einreisezeitpunkt nach Deutschland der Beschuldigten nennen. 1 Confer „Jung und aggressiv“? Was hinter dem Wort „Nafri“ steckt. „Die Welt“ online. 2. Januar 2017. 2 Confer Drs. 21/5624. 3 Confer Drs. 21/8257. Drucksache 21/10540 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2) Gegen wie viele Personen, die dem obigen Täterprofil entsprechen, ist bereits in der Vergangenheit strafrechtlich ermittelt worden? Bitte ebenfalls den zugrunde liegenden Sachverhalt, die Staatsangehörigkeit, das Alter, den aufenthaltsrechtlichen Status, die Unterbringung sowie den erstmaligen Einreisezeitpunkt nach Deutschland der Beschuldigten nennen . Statistische Daten im Sinne der Fragestellung werden bei der Polizei nicht erhoben. Die Polizei registriert Straften in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). In der PKS wird bei der Erfassung der Daten von Tatverdächtigen unter anderem die Nationalität, der Aufenthaltsstatus sowie das Alter erhoben; ein Merkmal „Nafri“ wird nicht erfasst. In den standardisierten Tatverdächtigen-Tabellen der PKS werden Merkmale von Tatverdächtigen, zum Beispiel Nationalität, in einer von dem Alter der Tatverdächtigen oder dem aufenthaltsrechtlichen Status getrennt erhoben; Recherchen durch Verknüpfungen dieser Merkmale sind in der PKS nicht möglich. Für die Beantwortung der Fragestellung wäre eine händische Durchsicht sämtlicher Hand- und Ermittlungsakten der letzten fünf Jahre erforderlich. Die Auswertung mehrerer Hunderttausend Vorgänge ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3) Wie viele Personen des obigen Täterprofils sind bereits zu Gefängnisstrafen verurteilt worden? Bitte die Urteile jeweils gesondert aufschlüsseln . Da das in der Anfrage beschriebene Personenprofil nicht im Vorgangsverwaltungssystem MESTA erfasst wird, wären für eine Beantwortung dieser Fragen sämtliche Verfahren der Staatsanwaltschaft Hamburg auszuwerten. Dies ist im Rahmen einer Parlamentarischen Anfrage nicht möglich. 4) Sind die in Drs. 21/5624 als Person A, B, C geführten Tatverdächtigen seit August 2016 erneut straffällig geworden? Falls ja, bitte ausführlich Stellung nehmen. Die zur Beantwortung erforderlichen Daten, insbesondere die konkreten Tatdaten und Tatvorwürfe, werden im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem der Staatsanwaltschaft Hamburg MESTA nicht verlässlich erfasst. Es wird lediglich das führende Delikt sowie – bei mehreren Taten – das früheste Tatdatum registriert. Da möglicherweise von der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft auch mehrere Tatvorwürfe mit unterschiedlichen Delikten und Tatzeiten in einer Verfahrensakte zusammengeführt worden sein können, hat eine Auskunft anhand der MESTA-Daten daher – unter dem weiteren Vorbehalt der zutreffenden und vollständigen Erfassung – einen nur sehr beschränkten Aussagewert. Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat davon ab, etwaige Ermittlungsverfahren mitzuteilen, die durch einen Freispruch oder eine Einstellung beendet worden sind. Dasselbe gilt für Ermittlungsverfahren , die zu einem Abschluss geführt haben, der entweder nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen oder nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nicht mehr zu berücksichtigen ist. Dies vorausgeschickt, wird Folgendes mitgeteilt: Person A: Es wurden keine weiteren Strafverfahren eingeleitet. Wegen folgender Tatvorwürfe seit August 2016 wurden gegen die Personen B und C Strafverfahren eingeleitet: Person B: - Verfahren 1: Ermittlungsverfahren wegen Wohnungseinbruchdiebstahls; Tatzeit 13. Februar 2017; Anklage wurde erhoben - Verfahren 2: Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls in zwei Fällen, Beleidigung, räuberischen Diebstahls, gefährlicher Körperverletzung und schweren Raubes; Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10540 3 Tatzeiten 23. Januar 2017, 5. Februar 2017, 10. Februar 2017, 12. Februar 2017 und 13. Februar 2017; Verurteilung zu einer Jugendstrafe ohne Bewährung - Verfahren 3: Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls; Tatzeit 6. Januar 2017; Verurteilung zu einer Jugendstrafe ohne Bewährung Person C: - Verfahren 1: Ermittlungsverfahren wegen schweren Raubes; Tatzeit 21. Januar 2017; Anklage wurde zum Jugendschöffengericht erhoben - Verfahren 2: Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung; Tatzeit 2. Oktober 2016; Anklage wurde zum Jugendrichter erhoben a) Wo sind diese Personen gegenwärtig untergebracht? Die Betroffenen A und B befinden sich in der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand. Person C befindet sich derzeit nicht in Haft. b) Sind womöglich bereits Abschiebungen erfolgt? Nein. Die zuständige ausländische Vertretung hat die erforderlichen Passersatzpapiere noch nicht ausgestellt.