BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10571 21. Wahlperiode 10.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Carl-Edgar Jarchow und Jennyfer Dutschke (FDP) vom 04.10.17 und Antwort des Senats Betr.: Drs. 21/10110 Halbjahresbericht 2017 i.V.m. Drs. 21/4443 – Errichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums Telekommunikationsüberwachung im Nordverbund Im Teil des Halbjahresberichtes zum EP 8.1 berichtete der Senat in der Anlage 1 zur PG 275.12 über die geringe Mittelabforderung des Finanzierungsbeitrages für die Errichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums Telekommunikationsüberwachung im Nordverbund (vergleiche Drs. 21/4443). Auf die Frage in der Beratung der Drs. 21/10100 im Innenausschuss zu den Gründen dieser Verzögerung und dem Sachstand führte der Senat mündlich aus, dass die nicht oder nur verzögert erfolgte Besetzung von Projektstellen ursächlich war und das Projekt trotz dieser Vakanzen bei den Projektstellen die Umsetzung und auch die Lastenhefterstellung und die Ausschreibung selber planmäßig umgesetzt werden würden. Diese Darstellung wirft bei näherer Betrachtung weitere Detailfragen auf. Daher fragen wir den Senat: 1. Welche Auswirkungen haben die verzögerten Mittelabforderungen auf weitere Finanzierung des Projektes? Werden notwendige Gelder rechtzeitig und vollumfänglich eingeworben werden können? Die verzögerten Mittelabforderungen haben keine Auswirkungen auf die Finanzierung des Projekts. Die notwendigen Ermächtigungen Hamburgs sind im Haushaltsplan 2017/2018 veranschlagt. 2. Wurden oder werden in diesem Zusammenhang und im Hinblick auf den weiteren Projektverlauf bei avisierter Inbetriebnahme im Jahr 2020 Änderungen des diesbezüglichen Staatsvertrages notwendig und falls ja, welche und wann? Hinsichtlich der vorgesehenen Inbetriebnahme des Rechen- und Dienstleistungszentrums (RDZ) im Jahr 2020 ist keine Anpassung des Staatsvertrages erforderlich. 3. Ist nach aktuellem Sachstand bereits ein Erreichen oder Überschreiten der Im Staatsvertrag festgelegten Kostengrenze zu erwarten? Ab welcher Kostengrenzenüberschreitung würde die Freie und Hansestadt Hamburg aus dem Staatsvertrag aussteigen und welche Ausstiegsszenarien wurden dafür vorbereitet? Nein. Der Senat geht von der Erreichung der Projektziele aus. Gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Staatsvertrages ist für die Erstbeschaffung der gemeinsamen Telekommunikationsüberwachungsanlage (TKÜ-Anlage) und der weiteren Drucksache 21/10571 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 technischen Komponenten des RDZ eine Obergrenze in Höhe von 18,3 Millionen Euro festgesetzt. Bei Überschreitung dieses Betrages können die Vertragspartner von ihrem Kündigungsrecht gemäß Artikel 10 Absatz 2 des Staatsvertrages Gebrauch machen. Vor einer Kündigung des Staatsvertrages wäre zunächst eine erneute Wirtschaftlichkeitsbetrachtung erforderlich. Bei einer zeitlichen Verzögerung der Inbetriebnahme des RDZ, einer Kündigung des Staatsvertrages oder im Falle eines Projektabbruchs ist bei der Polizei Hamburg ein weiterer Betrieb der eigenen TKÜ-Anlage gewährleistet. 4. Ist die Ausschreibung für die Beschaffung der technischen Anlagen mittlerweile erfolgt? Wenn ja, wann? Wenn nein, wann wird sie erfolgen? Nach Auskunft der Projektleitung: nein. Nach aktueller Projektplanung ist die Ausschreibung jedoch noch in diesem Jahr vorgesehen. 5. Wird die verbliebene Zeit für die Erreichung eines Wirkbetriebes für den Bereich der Freien und Hansestadt Hamburg bis Ende 2020 ausreichend sein? Nach derzeitigem Planungsstand: ja. 6. Strebt das Projekt bereits noch die ehemals vereinbarten Umsetzungsziele (keiner der beteiligten Partner verschlechtert sich) an oder wird aufgrund des noch bestehenden Zeitrahmens eine Kompromisslösung angestrebt? Siehe Antwort zu 3. 7. Gibt es ein externes Controlling, das aussagefähig über den jetzigen Projektstand ist und den weiteren Verlauf überwacht? Es wird ein kontinuierliches projektinternes Controlling durchgeführt, das den Projektstand und den weiteren Verlauf überwacht. Darüber hinaus ist die Projektleitung gegenüber der Lenkungsgruppe berichtspflichtig. 8. Wie viele Anbieter gibt es nach Erkenntnislage des Senates gegenwärtig auf dem Weltmarkt, die bereit und in der Lage sind, eine den Anforderungen entsprechende TKÜ-Anlage binnen einer Frist zu liefern, die einen Wirkbetrieb bis Ende 2020 ermöglichen würde? Die Anzahl der Anbieter auf dem Weltmarkt ist dem Senat nicht bekannt. Nach Auskunft der Projektleitung konnten im Zuge der durchgeführten Marktsichtung mehrere potenzielle Anbieter festgestellt werden. Welche Anbieter die für das RDZ aufgestellten Anforderungen erfüllen, wird sich im Rahmen der vorzunehmenden Ausschreibung ergeben. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 9. Trifft es zu, dass im Vorgriff auf eine Inbetriebnahme des neuen RDZ beim LKA 252 bereits jetzt eine Nichtwiederbesetzung von zwei Technikerstellen bei der TKÜ angeordnet wurde, die dem LKA erst im Rahmen des vom Senat medial umfangreich vermarkteten Maßnahmenpaketes „Cybercrime“ aus dem Sommer 2013 zugewiesen worden waren? Wenn ja, ist bis auf Weiteres der Betrieb der Bestandsanlage mit den verbliebenen drei Technikern zu gewährleisten? Ist dieses auch unter Beachtung der gleichzeitigen Bedarfe für die Bedienung von anderen IT- Aufgaben in der Art von Datenbanken wie zum Beispiel LUNA gewährleistet ? Nein. 10. Welche kurzfristig auslösbaren Szenarienpläne hat der Senat für den Fall vorgesehen, dass in Hamburg durch zu wenig verfügbare Techniker (zum Beispiel infolge kurzfristiger Kündigungen) der Betrieb gefährdet wird und dadurch die Abschaltung der TKÜ-Anlage droht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10571 3 Die Polizei Hamburg beschäftigt in unterschiedlichen Bereichen technisch ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach Prüfung der Relevanz bei der TKÜ- Fachdienststelle eingesetzt werden können. Darüber hinaus wird, wie bisher bei technischen Ausfällen oder Wartungsarbeiten auch, auf die bewährte Unterstützung der Polizeien im Nordverbund zurückgegriffen. 11. Was bedeutet der heutige Sachstand für die weitere strategische Ausrichtung der Arbeit der Kriminalpolizei? Das in Aufbau befindliche RDZ soll Effizienz- und Effektivitätssteigerungen durch Zentralisierung für die angeschlossenen Bundesländer bei der Umsetzung von Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung ermöglichen. Das RDZ setzt künftig lediglich angeordnete Überwachungsmaßnahmen technisch um, wie dies derzeit auch die dezentralen Anlagen der Länder ermöglichen. Die strategische Ausrichtung der Kriminalpolizei Hamburg ist somit unabhängig vom einsetzenden Wirkbetrieb des RDZ. 12. Wie sieht die Strategie des Senates für den Fall aus, dass das RDZ nicht zeitgerecht umgesetzt werden kann oder die Errichtung erfolglos abgebrochen werden muss? Welche validen „Fallback-Szenarien“ hat der Senat für diesen Fall vorbereitet? Siehe Antwort zu 3.