BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10645 21. Wahlperiode 17.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 11.10.17 und Antwort des Senats Betr.: Abschiebehaft in Hamburg im 3. Quartal 2017 Die Zahl der Personen, die durch die Freie und Hansestadt Hamburg in Abschiebhaft genommen werden, nimmt seit Monaten dramatisch zu. Während im 1. Quartal 2016 sechs Menschen in Abschiebehaft genommen wurden (Drs. 21/3982), waren es im 1. Quartal 2017 bereits 42 Personen (Drs. 21/8681). Festzuhalten ist, dass in Abschiebehaft keine Straftäter/-innen genommen werden, sondern die Freiheitsentziehung lediglich der Sicherung der Abschiebung dient. Sie ist nur dann zulässig, wenn mildere Mittel nicht möglich oder zielführend sind. Laut EU-Rückführungsrichtlinie ist „eine Inhaftnahme nur gerechtfertigt, um die Rückkehr vorzubereiten oder die Abschiebung durchzuführen und wenn weniger intensive Zwangsmaßnahmen ihren Zweck nicht erfüllen.“ Demgemäß wird die Abschiebehaft im Koalitionsvertrag von rot-grün auch als „Ultima Ratio“ bezeichnet. Mit dem „Ziel einer einheitlichen Anwendungspraxis“ sollten „Fortbildungen bzw. Schulungen“ für Richter/-innen und Behördenpersonal angeboten werden, so die Vereinbarung. In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass die Zahl derjenigen, die aus der Abschiebhaft nicht abgeschoben, sondern wieder frei gelassen werden, ebenfalls signifikant steigt. Seit dem vergangenen Quartal wird Abschiebehaft auch im Ausreisegewahrsam am Hamburger Flughafen vollzogen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Menschen befanden sich im letzten Quartal in Abschiebehaft? Bitte aufschlüsseln nach Im 3. Quartal befanden sich 44 Personen in Abschiebungshaft. a. Alter der Person, Die Personen waren 19 (drei Personen), 20, 21 (zwei Personen), 22 (drei Personen), 23 (sechs Personen), 24, 25 (drei Personen), 26 (vier Personen), 27 (zwei Personen), 28 (zwei Personen), 29 (drei Personen), 30, 31 (zwei Personen), 33, 34, 35, 37, 39, 43, 44, 46, 47 (zwei Personen) und 54 Jahre alt. b. Geschlecht, 41 Personen waren männlich, drei Personen weiblich. Drucksache 21/10645 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 c. Staatsangehörigkeit, Die Personen hatten folgende Staatsangehörigkeiten: ägyptisch (zwei Personen), albanisch (sieben Personen), algerisch (drei Personen), bosnisch, eritreisch (fünf Personen ), ghanaisch, irakisch (zwei Personen), lettisch, marokkanisch (acht Personen), polnisch, russisch, somalisch (fünf Personen), sonstige asiatische Staatsangehörigkeit (zwei Personen), syrisch (zwei Personen), tunesisch (drei Personen). d. Anfangs- und Enddatum der Abschiebehaft, Die Daten sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Haftbeginn Haftende 08.07.2017 10.07.2017 10.07.2017 24.07.2017 13.07.2017 14.07.2017 13.07.2017 20.07.2017 14.07.2017 17.07.2017 15.07.2017 01.09.2017 17.07.2017 24.07.2017 18.07.2017 20.07.2017 18.07.2017 19.07.2017 18.07.2017 20.07.2017 18.07.2017 20.07.2017 25.07.2017 Haft dauert an 27.07.2017 07.08.2017 27.07.2017 17.08.2017 27.07.2017 16.08.2017 29.07.2017 22.08.2017 31.07.2017 08.08.2017 01.08.2017 04.09.2017 01.08.2017 16.08.2017 03.08.2017 10.08.2017 03.08.2017 11.08.2017 10.08.2017 13.09.2017 10.08.2017 13.09.2017 17.08.2017 28.08.2017 18.08.2017 12.09.2017 18.08.2017 31.08.2017 22.08.2017 06.09.2017 24.08.2017 25.08.2017 24.08.2017 01.09.2017 25.08.2017 14.09.2017 25.08.2017 28.08.2017 28.08.2017 04.10.2017 28.08.2017 26.09.2017 28.08.2017 04.10.2017 28.08.2017 29.08.2017 30.08.2017 14.09.2017 30.08.2017 13.09.2014 04.09.2017 06.10.2017 04.09.2017 29.09.2017 07.09.2017 12.09.2017 12.09.2017 09.10.2017 14.09.2017 Haft dauert an 26.09.2017 Haft dauert an 28.09.2017 Haft dauert an e. Grund für die Freiheitsentziehung, Der Grund war in allen Fällen die Sicherung der Abschiebung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10645 3 f. Zielland der Abschiebung, Die vorgesehenen Zielstaaten waren Ägypten (zwei Personen), Albanien (sieben Personen ), Algerien (drei Personen), Bosnien und Herzegowina, Bulgarien (drei Personen ), Finnland, Ghana, Italien (sechs Personen), Lettland, Marokko (acht Personen), Norwegen, Polen (zwei Personen), Schweden (fünf Personen) und Tunesien (drei Personen). g. Haftanstalt. Die Personen waren in folgenden Einrichtungen untergebracht: Ausreisegewahrsam Hamburg (23 Personen), Langenhagen (elf Personen), Ingelheim (sieben Personen), Bremen, Büren und Pforzheim. 2. Wie viele Menschen befanden sich im letzten Quartal in Vorführhaft? Bitte aufschlüsseln nach a. Geschlecht, b. Alter, c. Staatsangehörigkeit, d. Anfangs- und Enddatum der Vorführhaft, e. Ort der Vorführung, f. Zielland der Abschiebung, g. Haftanstalt. Es befanden sich keine Personen in Vorführhaft. 3. Wie viele Menschen wurden durch die Freie und Hansestadt Hamburg im vergangenen Quartal aus der Abschiebehaft abgeschoben beziehungsweise entlassen? Bitte angeben, wie viel Prozent der Inhaftierten jeweils Im 3. Quartal wurden 33 Personen aus Abschiebungshaft abgeschoben. a. in Dublin-Länder abgeschoben wurden, 27 Prozent aller aus Abschiebehaft abgeschobenen Personen wurden gemäß der Dublin-III-Verordnung überstellt. b. in Drittländer abgeschoben wurden, Drei Prozent aller aus Abschiebehaft abgeschobenen Personen wurden außerhalb der Dublin-III-Verordnung in Drittländer abgeschoben. c. entlassen wurden. 16 Prozent aller in Abschiebehaft befindlichen Personen wurden vor Vollzug der Maßnahme entlassen. 4. Bitte die Entlassungen aus 3. c. nach Gründen aufschlüsseln: a. Abschiebung nicht möglich. Vier Fälle. b. Haftanordnung nicht rechtmäßig. c. medizinische Gründe. d. mögliche Haftdauer überschritten. Kein Fall. e. sonstige Gründe. Drei Fälle. Drucksache 21/10645 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 5. Wie viele Fälle von Suiziden, Suizidversuchen und/oder Suizidandrohungen gab es im vergangenen Quartal durch Abschiebehäftlinge der Freien und Hansestadt Hamburg? Bitte aufschlüsseln nach a. Alter der Person, b. Geschlecht, c. Staatsangehörigkeit, d. Zielland der Abschiebung, e. Haftanstalt. Es gab keine Suizide oder Suizidversuche von Abschiebehäftlingen. Eine statistische Erfassung von Suizidandrohungen erfolgt nicht. 6. Seit wann und auf welcher rechtlichen Grundlage und mit welchen Beschränkungen wird der Hamburger Ausreisegewahrsam als Abschiebehaftanstalt genutzt? Seit Februar 2017. Im Übrigen siehe Drs. 21/9975. a. Welche anderen Bundesländer nutzen diese Einrichtung als Abschiebehaft? Schleswig-Holstein nutzt die Einrichtung im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung als Ausreisegewahrsam und unter den zu 6. genannten Voraussetzungen auch für Abschiebungshaft. b. Welche Besuchsrechte gelten für die Abschiebehaft im Ausreisgewahrsam hinsichtlich Angehörigen, Freunden, Anwälten/-innen, Seelsorgern und NGOs? Besuche durch Familienangehörige, Verwandte, Freunde und Bekannte sind täglich zwischen 10.00 Uhr und 12.00 Uhr sowie zwischen 15.30 Uhr und 18.00 Uhr möglich. Besuche von Rechtsbeiständen sind zwischen 08.00 Uhr und 20.00 Uhr möglich. c. Inwiefern haben die in Gewahrsam Genommenen Zugänge zum Internet? Die Betroffenen haben jederzeit Zugang zum WLAN und können dafür ihre eigenen Mobilgeräte verwenden. 7. Wie viele Fortbildungen beziehungsweise Schulungen zur Anwendungspraxis von Abschiebehaft für Richter/-innen, wie viele für Behördenpersonal wurden seit Abschluss des Koalitionsvertrags angeboten? Wie viele Teilnehmende gab es jeweils von welcher Berufsgruppe? Die Justizbehörde organisiert einen großen Teil der richterlichen Fortbildung im überregionalen Verbund. In diesem Zusammenhang konnten den Richterinnen und Richtern und den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten seit 2015 acht Fortbildungsveranstaltungen zu diesem Themenkomplex angeboten werden, die von insgesamt 38 Richterinnen und Richtern und einem Teilnehmenden der Staatsanwaltschaft genutzt wurden. Im Einzelnen verteilt sich die Teilnahme wie folgt: 2015 eine Veranstaltung mit einem Teilnehmenden aus der Richterschaft eine Veranstaltung mit zwei Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Richterschaft 2016 eine Veranstaltung mit einem Teilnehmenden aus der Staatsanwaltschaft eine Veranstaltung mit zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Richterschaft eine Veranstaltung ohne Anmeldungen aus Hamburg. 2017 eine Veranstaltung mit einem Teilnehmenden aus der Richterschaft eine Veranstaltung mit zwei Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Richterschaft eine Veranstaltung mit 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Richterschaft