BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10647 21. Wahlperiode 17.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 11.10.17 und Antwort des Senats Betr.: „Freiwillige“ Ausreisen und Abschiebungen aus Hamburg im 3. Quartal 2017 Aus Hamburg werden im Durchschnitt täglich mehrere Menschen abgeschoben . Allein im Mai 2017 wurden 111 Menschen aus Hamburg von den Behörden gezwungen, Deutschland zu verlassen. Die Behörden unterscheiden dabei zwischen der sogenannten freiwilligen Ausreise, bei der die Betroffenen der Aufforderung auszureisen unter der Drohung der Abschiebung nachkommen, und der Abschiebung, bei der die Betroffenen unter direktem Zwang von Polizei und Behörde ausreisen. In den vergangenen zwei Quartalen lag die Zahl der Abschiebungen über der Zahl der sogenannten freiwilligen Ausreisen (vergleiche Drs. 21/8682 und 21/10201). Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Ausländische Staatsangehörige sind nach Maßgabe von § 50 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ausreisepflichtig. Unter den Voraussetzungen des § 58 Absatz 2 AufenthG ist die Ausreisepflicht vollziehbar mit der Folge, dass die betroffenen Ausländerinnen oder Ausländer nach § 58 Absatz 1 AufenthG abzuschieben sind. Bei Vorliegen der in § 60a AufenthG genannten Gründe kommt eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) in Betracht. Auf die Ausreisepflicht wird sowohl in den Asylverfahren durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als auch in den sonstigen Verfahren durch die Ausländerbehörden hingewiesen und es werden die bundesgesetzlich vorgegebenen Ausreisefristen gewährt. Der freiwilligen Ausreise wird dabei von der zuständigen Behörde Priorität eingeräumt. Nur bei Personen , die ihrer gesetzlichen Pflicht zur Ausreise nicht Folge leisten, kommen Abschiebungen zum Tragen. Dies gilt auch gegenüber Eltern. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Menschen mussten im letzten Quartal aus Hamburg ausreisen ? Bitte aufschlüsseln nach a. sogenannter freiwilliger Ausreise, 143 Personen sind freiwillig ausgereist. b. Abschiebung, 90 ausreisepflichtige Personen wurden in ihre Herkunftsländer abgeschoben. 42 Personen wurden in Drittländer überstellt. c. Alter (in Sechsjahresschritten, null – sechs, sechs – zwölf Jahre et cetera), Drucksache 21/10647 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Altersangaben zu den abgeschobenen/überstellten/freiwillig ausgereisten Personen sind der folgenden Übersicht zu entnehmen. Um Doppelnennungen von Personen zu vermeiden, wurden die Altersschritte entsprechend angepasst: Alter abgeschobene/überstellte/freiwillig ausgereiste Personen 0-5 25 6-11 9 12-17 10 18-23 49 24-29 62 30-35 36 36-41 23 42-47 26 48-53 20 54-59 5 60-65 8 über 65 2 Im Übrigen siehe Drs. 21/2763. d. Länge des Aufenthalts in Deutschland (unter einem Jahr, ein Jahr – fünf Jahre, fünf – zehn Jahre, über zehn Jahre), Bei den abgeschobenen Personen wird dieses Merkmal regelhaft nicht erfasst, siehe Drs. 21/2763. Eine Einzelfallauswertung aller 132 Ausländerakten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Angaben zu den freiwillig ausgereisten Personen sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Aufenthaltsdauer Personen < 1 Jahr 76 1 bis 5 Jahre 50 5 bis 10 Jahre 9 > 10 Jahre 8 e. gegebenenfalls Anzahl der Tage in Abschiebungshaftanstalt oder Abschiebgewahrsam, Siehe Drs. 21/10645 und 21/10648. f. Staatsangehörigkeit, g. Land, in das abgeschoben wurde. Bei Abschiebungen ins Herkunftsland entspricht die Staatsangehörigkeit in aller Regel dem Zielstaat: Staatsangehörigkeit Abschiebungen Afghanistan 1 Ägypten 2 Albanien 19 Algerien 7 Armenien 2 Bosnien und Herzegowina 2 Bulgarien 2 Dominikanische Republik 1 Estland 1 Ghana 3 Guinea 1 Lettland 1 Litauen 3 Marokko 12 Mazedonien, ehem. jugosl. 5 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10647 3 Staatsangehörigkeit Abschiebungen Rep. Montenegro 1 Paraguay 1 Polen 5 Portugal 1 Rumänien 5 Serbien 6 Sierra-Leone 1 Tunesien 3 Türkei 4 Vietnam 1 2. Wie viele sogenannte Überstellungen im Rahmen der Dublin- Verordnung fanden im vergangenen Quartal statt? Bitte aufschlüsseln nach Es wurden 34 Personen gemäß der Dublin-III-Verordnung in Drittstaaten überstellt. a. Staatsangehörigkeit der ausreisenden Personen, Die Angaben sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Staatsangehörigkeit Abschiebungen Afghanistan 4 Algerien 1 Eritrea 2 Guinea 1 Irak 9 Marokko 3 Somalia 9 Sonstige asiatische Staaten 1 Syrien 4 b. Alter der ausreisenden Personen (in Sechsjahresschritten, null – sechs, sechs – zwölf Jahre et cetera), Die Angaben sind der folgenden Übersicht zu entnehmen. Diese Personen sind zudem in der Antwort zu 1. c. enthalten. Alter abgeschobene/überstellte/freiwillig ausgereiste Personen 0-5 1 6-11 2 12-17 2 18-23 9 24-29 9 30-35 3 36-41 1 42-47 5 48-53 2 c. Zeitpunkt der Ausreise, Die Überstellungen erfolgten in den folgenden Monaten: Monat Überstellungen Juli 2017 12 August 2017 11 September 2017 11 d. Zielland der ausreisenden Personen, Eine statistische Erfassung der Zielstaaten erfolgt nicht. Drucksache 21/10647 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 3. Zu wie vielen Trennungen des Familienverband kam es bei 1. und 2. im letzten Quartal, zum Beispiel, weil das 18-jährige Kind abgeschoben wurde, die Eltern aber in Deutschland blieben, oder weil der Vater aus Krankheitsgründen in Deutschland bleiben durfte, die Mutter mit Kindern aber abgeschoben wurde und so weiter und so fort? Wenn nötig, bitte schätzen. a. In wie vielen Fällen wurde eine entsprechende Zustimmung der Amtsleitung zur Familientrennung eingeholt? Es wurden keine Familientrennungen durchgeführt. 4. Wie viele Zurückweisungen und Zurückschiebungen fanden im Jahr 2016 und (aufgeschlüsselt nach Quartalen) im Jahr 2017 in Hamburg statt? Bitte nach Herkunftsländern und Zielländern aufschlüsseln. Die Ausländerbehörde hat keine Zurückweisungen oder Zurückschiebungen durchgeführt . Diese erfolgen in der Regel durch die Bundespolizei unmittelbar an der Grenze oder am Flughafen. 5. Wie viele der unter 1. genannten Abschiebungen gingen vom Flughafen Hamburg aus, wie viele von Flughäfen aus welchen anderen Städten und wie viele mit welchen anderen Verkehrsmitteln? Wie viele waren Sammelabschiebungen? Bitte mit Angabe des Ankunftsortes. Die Zahl der Abschiebungen (inklusive Überstellungen in Drittländer) nach Flughafen ist der folgenden Übersicht zu entnehmen: Flughafen Abschiebungen Hamburg 63 Berlin (Schönefeld und Tegel) 23 Frankfurt/Main 19 Hannover 7 Düsseldorf 6 Leipzig 3 Köln 1 Insgesamt wurden 33 Personen im Rahmen von Chartermaßnahmen abgeschoben. Die Zielländer waren Albanien, Afghanistan, Ägypten, Armenien, Bosnien und Herzegowina , Bulgarien, Serbien und Tunesien. Darüber hinaus wurden zehn Personen über den Landweg mit Bussen oder Dienstfahrzeugen beziehungsweise mittels Fähre abgeschoben. 6. Wie viele Menschen erhalten derzeit eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz? Im August 2017 waren 587 Menschen von Leistungseinschränkungen nach § 1a AsylbLG betroffen. a. Wie viele davon sind Minderjährige? Bitte Gründe für Einschränkung der Leistungen angeben. b. Wie viele der Minderjährigen sind unter 16 Jahren? Bitte Gründe für Einschränkung der Leistungen angeben. Keine. Im Übrigen: entfällt. 7. Inwiefern hat der Senat die Förderung und Beratung zur freiwilligen Rückkehr eingeschränkt oder Einzelheiten abgeschafft? Wenn nein, wie erklärt der Senat die Umkehr des Verhältnisses freiwillige Ausreisen/Abschiebungen? Das Beratungsangebot zur freiwilligen Rückkehr wurde weiter gestärkt. Das Flüchtlingszentrum bietet allen Flüchtlingen weiterhin eine umfängliche Beratung als unabhängige Beratungsstelle an, wenn diese sich entsprechend über Möglichkeiten der Unterstützung bei einer freiwilligen Ausreise informieren möchten. Das Einwohner- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10647 5 Zentralamt berät anlässlich ausländerrechtlich erforderlicher Vorsprachen von ausreisepflichtigen Personen über die Möglichkeiten zur Unterstützung bei einer freiwilligen Ausreise. Im Übrigen siehe Drs. 21/10179, 21/8436 und 21/5547. Der Entscheidung zur freiwilligen Ausreise liegt in jedem Einzelfall eine Vielzahl von Motiven und Faktoren zugrunde, in welche die zuständigen Behörden und Beratungsstellen nicht beziehungsweise auch nach Vornahme von Beratungen nur teilweise Einblick haben können und die auch nur begrenzt beeinflussbar sind. Der Senat hat deshalb keine gesicherten Erkenntnisse über die Gründe für diese Entwicklung, die im Übrigen auch in anderen Ländern festzustellen ist. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.