BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10664 21. Wahlperiode 20.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Dolzer (DIE LINKE) vom 13.10.17 und Antwort des Senats Betr.: Überwachung von Telefonaten von Gefangenen aus Hamburger Vollzugsanstalten Das Strafvollzugsgesetz in Hamburg eröffnet in § 32 die Möglichkeit, dass eine Überwachung des Telefonverkehrs aus der Anstalt angeordnet werden kann, zum Beispiel zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt. Bei Untersuchungsgefangenen ist die Möglichkeit der Überwachung des Telefonverkehrs gemäß § 27 HmbUVollzG geregelt. Dort ist als Eingriffsschwelle von der „Erforderlichkeit der Maßnahme“ die Rede. In beiden Gesetzen findet sich keine Rechtsgrundlage für Mitschnitte von Telefonaten. Wiederholt wird von Strafgefangenen und Untersuchungshaftgefangenen sowie ihren Verteidigern/-innen darüber berichtet, dass Telefonate, die über das Unternehmen Telio aus den Haftanstalten heraus durch Gefangene geführt werden, abgehört beziehungsweise möglicherweise sogar mitgeschnitten werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die hamburgischen Gesetze über den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe, der Untersuchungshaft und der Sicherungsverwahrung (§ 32 HmbStVollzG, § 32 HmbJStVollzG, § 27 HmbUVollzG und § 32 HmbSVVollzG) ermöglichen die Überwachung von Telefongesprächen, die Gefangene beziehungsweise Sicherungsverwahrte aus den Justizvollzugsanstalten beziehungsweise der Untersuchungshaftanstalt führen . Von den Möglichkeiten wird aktuell kein Gebrauch gemacht. Jedoch ist sichergestellt , dass bei Bedarf und Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eine Überwachung jederzeit möglich ist. Daneben ordnen die zuständigen Gerichte gemäß § 119 Absatz 1 Nummer 2 Alt. 2 der Strafprozessordnung (StPO) die Überwachung der Telekommunikation von Untersuchungshaftgefangenen an, soweit es zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr erforderlich ist. Eine Aufzeichnung der Gespräche erfolgt in diesen Fällen nicht. Schließlich ist grundsätzlich auch die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur Aufklärung der in § 100a Absatz 2 StPO genannten Straftaten möglich, unabhängig davon, ob sich der Betroffene in Haft befindet oder nicht. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Werden Telefongespräche von Gefangenen aus der Untersuchungshaftanstalt oder den Hamburger Justizvollzugsanstalten überwacht? 2. Werden Telefonate von Gefangenen der Untersuchungshaftanstalt oder der Justizvollzugsanstalten in Hamburg mitgeschnitten? Siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/10664 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Wenn zu einer der beiden Fragen 1. und 2. die Antwort ja ist, a. in welchen Hamburger JVAen? (Bitte einzeln und nach Anzahl der Maßnahmen aufführen.) Bezüglich etwaiger Überwachungsmaßnahmen gemäß § 100a StPO in den Justizvollzugsanstalten wären die erfragten Informationen geeignet, den Untersuchungszweck zu vereiteln, sodass aus diesem Grund auf eine Antwort verzichtet wird. Die Anzahl der auf § 119 StPO basierenden Anordnungen von Untersuchungshaft wird statistisch nicht erfasst. Für eine Beantwortung der Frage wäre erforderlich, sämtliche Verfahren, in denen aktuell Untersuchungshaft vollzogen wird, zu identifizieren und danach durchzusehen, ob Maßnahmen gemäß § 119 Absatz 1 Nummer 2 StPO gerichtlich angeordnet worden sind. Im Rahmen der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit ist diese händische Verfahrensauswertung nicht möglich. Hinzu kommt, dass die entsprechenden Vorgänge sowohl bei den Gerichten als auch – sofern das jeweilige Gericht von der Übertragungsmöglichkeit des § 119 Absatz 2 Satz 2 StPO Gebrauch gemacht hat – bei der Staatsanwaltschaft Hamburg geführt sein können. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. b. durch wen erfolgt das Abhören beziehungsweise Mitschneiden dieser Telefonate? Die Ausführung der vorbezeichneten strafprozessualen Anordnungen erfolgt regelmäßig durch die sachbearbeitenden Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Dolmetschers. c. wie und wo erfolgt die Speicherung der erhobenen Daten? d. wird dem Gefangenen anschließend über die Durchführung der Maßnahme berichtet? Maßgebliche Verfahrensregelungen für Anordnungen gemäß § 119 beziehungsweise 100a StPO ergeben sich insbesondere aus §§ 100e, 101 beziehungsweise 119 StPO. In der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand telefonieren Untersuchungshaftgefangene im Fall angeordneter Überwachung im Beisein einer Überwachungsperson. Im Übrigen wird zu Anfang des Gesprächs wie folgt durch eine automatisierte Sprachansage informiert: „Dieser Anruf erfolgt aus einer öffentlichen Einrichtung und kann im Rahmen gesetzlicher Regelungen mitgehört werden.“ 4. Gibt es eine vertragliche Vereinbarung zwischen der Justizbehörde und dem privaten Telefonanbieter „Telio“ über die Anordnung und Durchführung derartiger Überwachungsmaßnahmen? Es gibt unter anderem mit dem Anbieter „Telio“ vertragliche Vereinbarungen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.