BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10666 21. Wahlperiode 20.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 13.10.17 und Antwort des Senats Betr.: Senator Rabes Versprechen zur Verbesserung des Schulschwimmkonzepts – Aktuelle Belege? Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Hildegard Jürgens nahm zur Plenarsitzung des Hamburgischen Parlamentes am 27.9.2017 zum von meiner Fraktion eigebrachten Antrag „Das Hamburger Schulschwimmkonzept endlich bedarfsgerecht überarbeiten“ (Drs. 21/10375) folgendermaßen Stellung: „(…) Mit Ablauf des Schuljahres 16/17 ist eine beträchtliche Verbesserung erzielt worden. Am Ende dieser Grundschulzeit haben 87 Prozent das Seepferdchen und 64 Prozent Bronze und besser erreicht. Eine Rückführung in die schulische Zuständigkeit, so wie Sie das fordern, ist weder geplant noch empfehlenswert (…) Der Schwimmunterricht wird inklusiv erteilt, das bedeutet in besonderen Fällen werden Schulbegleitungen eingesetzt. Die Inklusion genießt einen hohen Stellenwert im Schwimmunterricht und im Fortbildungskonzept der Schulbehörde (…) Ab diesem Schuljahr erhalten alle Grundschulen für die Schulschwimmbegleitung für die erste Phase einen Erzieherstellenanteil in Höhe von 2 Stunden pro Schwimmeinheit. Die Schulen haben die Möglichkeit, diese Mittel im Rahmen der bestehenden Verfahren in Sachmittel oder Personalmittel für andere Professionen umzuwandeln, z.B. für den Einsatz von Ehrenamtlichen oder Umwandlung in WAZ (Wochenarbeitszeitstunden ), um Lehrkräfte zu entsenden. (…) Das Förderschwimmprogramm wurde zum Schuljahr 17/18, also in diesem Schuljahr, überarbeitet. Das neue Verfahren erlaubt unter anderem den Förderbedarf von schwimmschwachen Schülerinnen und Schülern genau festzustellen – leichter, schwerer Förderbedarf , um so eine bessere Binnendifferenzierung vorzunehmen. In Basisund Internationalen Vorbereitungsklassen erfolgt kein verpflichtender Schwimmunterricht. (…) Die schnellstmögliche Erlernung der deutschen Sprache (…) genießt allerhöchste Priorität.“ Zwei Tage später wurden die vorgetragenen Schulschwimmzahlen dann offiziell im Newsletter der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) vom 29.9.2017 (http://www.bsb-hamburg.de/newsletter-schulbehoerde-29- september-2017.html#Schulschwimmen) bestätigt, in dem es zudem heißt: „(…) Dennoch sind die bislang noch nie erreichten Zielwerte von 95 Prozent (Seepferdchen) und 66 Prozent (Schwimmabzeichen Bronze) auch diesmal nicht erreicht worden. Waren im Schuljahr 2007/08 noch 4.970 Schülerinnen und Schüler (39,5 Prozent) eines Jahrgangs zu Beginn des Schwimmunterrichts Nichtschwimmer , stieg deren Zahl im Schuljahr 2016/17 auf 5.711 Schüler (46,5 Prozent). Drucksache 21/10666 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Hinzu kommt, dass immer mehr Kinder offensichtlich kaum an Wasser gewöhnt sind. (…).“ Bildungssenator Ties Rabe wird danach zitiert: „(…) Dennoch stimmt es nachdenklich, dass auch mit dem doppelten Einsatz an Lernstunden und Personal die Zielzahlen nicht erreicht wurden, weil immer weniger Kinder zu Beginn des Schwimmunterrichts an Wasser gewöhnt sind.“ Und weiter im Newsletter: „Auch wenn diese Ziele bislang noch nie erreicht wurden, steht Hamburg im Bundesvergleich schon jetzt gut da: Laut einer aktuellen DLRG-Studie besitzen deutschlandweit 77 Prozent der Kinder am Ende der Grundschulzeit das „Seepferdchen“ (Hamburg: 87 Prozent), und lediglich 40 Prozent das Jugendschwimmabzeichen Bronze (Hamburg: 64 Prozent).“ Ich frage den Senat: Mit dem Ziel, dass mehr Kinder bis zum Verlassen der Grundschule schwimmen lernen , wurde mit dem Schuljahr 2014/2015 ein neues Schulschwimmkonzept eingeführt (siehe Drs. 20/8276). Seitdem haben Schülerinnen und Schüler während der Grundschulzeit zwei halbe Jahre (= zwei Schwimmlernphasen), davor hatten diese nur ein Halbjahr Schwimmunterricht. Diese Ausweitung des Schwimmunterrichts in der Grundschule wurde durch eine bessere Personalausstattung ergänzt. Während der Schwimmunterricht in den Jahrgangsstufen 5 beziehungsweise 6 von einer Fachkraft pro Lerngruppe erteilt wurde, werden in der Grundschulzeit jeweils zwei Lerngruppen von drei und teilweise vier Fachkräften unterrichtet. Die Entwicklung der Abzeichenquoten seit dem Schuljahr 2006/2007 belegt, dass die Optimierung des Konzepts für das Schulschwimmen nicht nur fachlich geboten, sondern erfolgreich umgesetzt wird. So erreichten am Ende der zweiten Schwimmlernphase im Schuljahr 2016/2017 insgesamt 87 Prozent aller Grundschüler das Frühschwimmerabzeichen Seepferdchen (2015/2016: 87 Prozent) und 64,0 Prozent sogar das Deutsche Jungendschwimmabzeichen Bronze oder besser (2015/2016: 57,2 Prozent ). Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der Bäderland Hamburg GmbH (BLH) und des Vereins Aktive Freizeit e.V. (VAF) wie folgt: 1. Aus welcher Quelle stammen die von der Abgeordneten H. Jürgens im Parlament am 27.9. geäußerten und im Newsletter der BSB am 29.9. bestätigten verbindlichen Erfolgsmeldungen zu den Schulschwimmergebnissen nach dem Schwimmunterricht im Schuljahr 2016/2017? a. Wo genau sind diese Ergebnisse verfügbar? (Bitte mit Fundort und als Datei anfügen.) b. Sind diese Ergebnisse bereits insofern bereinigt, als dass darin nicht allein die Ergebnisse nach Klasse 4, sondern auch die der dritten Jahrgangsstufen, in denen der Schwimmunterricht komplett absolviert wurde, beinhaltet sind? c. Wenn nein, wie ist die reale Erreichungsquote bei Seepferdchen sowie Bronze und besser in 2016/2017 gewesen? d. Wie sehen die Gesamtzahlen nach Jahrgangsstufe und Schwimmerfolg an allen staatlichen Grundschulen aus? e. Wo und wann genau sind sämtliche Ergebnisse des Schwimmunterrichts im Schuljahr 2016/2017 in Hamburg abruf beziehungsweise einsehbar? (Bitte Datum und Fundort angeben.) Bei den Ergebnissen handelt es sich um Daten der für Bildung zuständigen Behörde, die nicht regelhaft veröffentlicht werden. Für die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10666 3 die im Schuljahr 2016/2017 am Schwimmunterricht in den Jahrgangsstufen 3 und 4 (zweite Schwimmlernphase) der staatlichen Grundschulen teilgenommen haben, und deren Qualifikationen siehe folgende Tabelle: Klassenstufe Schülerzahl * Seepferdchen u. besser absolut Seepferdchen u. besser in % Bronze u. besser absolut Bronze und besser in % 3 2.427 2.096 86,4 1.492 61,5% 4 10.654 9.286 87,2 6.876 64,5% gesamt 13.081 11.382 87,0 8.368 64,0% Quelle: BLH und VAF (Stand 02.10.2017) * Gesamtzahl aller am obligatorischen Schulschwimmen teilnehmenden Schülerinnen und Schüler in der zweiten Schwimmlernphase. Im Schuljahr 2016/2017 schwammen drei Grundschulen in anderen Bädern in eigener Verantwortung und mit eigenen Schwimmlehrerinnen und -lehrern. Dies waren die Klassen der Grundschule Neuland (Bezirk Harburg) im Hallenbad Over, der Schule Jenfelder Allee (Bezirk Wandsbek) in der Schwimmhalle Barsbüttel sowie die Schule Surenland (Bezirk Wandsbek) im Farmsener Turnverein v. 1926 e.V. Diese Schülerinnen und Schüler wurden in der Auswertung nicht berücksichtigt. Im Übrigen siehe Drs. 21/6796. 2. Es wurde von der Abgeordneten H. Jürgens behauptet, der Schwimmunterricht werde inklusiv erteilt; wie genau sieht das fachlich und sachlich aus? (Bitte jeweils im Einzelnen erläutern.) Siehe Drs. 21/4918. a. Der Verweis auf eine gegebenenfalls erfolgende Schulbegleitung, der dabei von ihr angebracht wurde, kann ja wohl kaum eine Inklusionsberücksichtigung mit angemessenem Konzept und Personalausstattung meinen, denn die Schulbegleiter/-innen sind im Normalfall weder zwingend ausgebildete Sonderpädagogen/-innen noch Sonderpädagogen/-innen im Spezialbereich Sport- und Bewegungspädagogik , oder? Siehe Drs. 21/5088. b. Wie viele spezielle Sonderpädagogen/-innen mit nachgewiesener Sport- und Bewegungspädagogischer beziehungsweise Sport- und Bewegungstherapeutischer Qualifikation kommen beziehungsweise kamen seit 2016/2017 bis heute (Stand Oktober 2017) im Rahmen des Schulschwimmens zum Einsatz? (Bitte für jedes Schuljahr gesondert in absoluten Zahlen und in Prozent in einer Excel-Tabelle angeben.) Die erfragten Daten werden durch die für Bildung zuständige Behörde nicht zentral erhoben. 3. Im Redebeitrag der Abgeordneten H. Jürgens wurde zudem darauf verwiesen , dass die zuständige Fachbehörde den hohen Stellenwert der Inklusion im Fortbildungskonzept für das Schulschwimmen berücksichtige , wie genau sah/sieht dieses Fortbildungskonzept sieht 2016/2017 bis heute (Stand Oktober 2017) aus? a. Wie viele Schwimmlehrkräfte wurden/werden im betreffenden Zeitraum inklusiv fortgebildet? b. Durch wen genau geschah/ geschieht diese Fortbildung und wie waren/sind die Durchführenden dafür qualifiziert? c. Welche jeweiligen inklusiven Schwerpunktkurse wurden/werden angeboten und wie viele Teilnehmer/-innen haben sie erfolgreich Drucksache 21/10666 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 absolviert/absolvieren sie gegenwärtig? (Bitte für jedes Schuljahr einzeln mit Angabe des Kurses in absoluten Zahlen und in Prozent in einer Excel-Tabelle angeben.) d. Wie und durch wen genau wurde/wird diese Fortbildungstätigkeit kontrolliert und dokumentiert? Nach Auskünften der BLH beinhalten alle Schulungen der Bäderland Schwimmakademie für die Schwimmlehrerinnen- und -lehrer stets Elemente des inklusiven Schwimmunterrichts. Die Schulungen wurden durch eine DSV-Trainerin, eine Diplom- Sportlehrerin und eine ausgebildete Gymnasiallehrerin mit der Fakultas im Fach Sport durchgeführt. Die Kontrolle der Fortbildungstätigkeit obliegt dem Personalmanagement von BLH. Zu den Fortbildungen der BLH der Kalenderjahre 2016 und 2017 mit Titel, Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Dauer in Tagen siehe folgenden Tabellen: Titel der Veranstaltung/Lehrgang 2016 Anzahl Teilnehmerinnen und Teilnehmer Umfang in Tagen Angstbewältigung im Schwimmunterricht 19 1 Erstschwimmart Kraul & Rücken 4 1 Inhalte der Pinguin Schwimmschule 7 1 Junior Pinguin 1 – 3 7 1 Pinguin 1 – 3 6 1 Schwimmen lernen 6 4 fünftägig, 2 sechstägig Techniktraining Freistil und Rücken 12 1 Unterrichtsaufbau 9 1 Titel der Veranstaltung/Lehrgang 2017 Anzahl Teilnehmerinnen und Teilnehmer Umfang in Tagen Umgang mit Hilfsmitteln 20 1 Angstbewältigung im Anfängerschwimmen 4 1 Erstschwimmart Kraul und Rücken 13 1 Schwimmen lernen 6 6 Quelle: BLH (Stand 17.10.2017) Nach Auskünften des VAF haben zwei ihrer Schwimmlehrerinnen im Schuljahr 2016/2017 an der Fachtagung der DSV Jugend zu den Themen „Flüchtlingskinder im Schwimmen lernen“ und „Jungs im Wasser“ teilgenommen. Auch diese Fortbildungen erfolgten unter Berücksichtigung inklusionsspezifischer Themen. Im Übrigen siehe Drs. 21/5088. 4. Die Abgeordnete H. Jürgens bekräftigte zudem, dass eine Rückführung des Schulschwimmens in die Verantwortung der Schulen nicht empfehlenswert und nicht geplant sei, mit welcher fachlichen und sachlichen Begründung abseits finanzieller Erwägungen ist das laut Senat und zuständiger Fachbehörde der Fall? (Bitte jeweils erläutern.) a. Wie wird die erwiesene positive Beeinflussung der Lernstandsentwicklung von Schülern/-innen bei Unterricht durch fachlich versierte und ihnen täglich vertraute Pädagogen/-innen in diesem Zusammenhang beurteilt, wo doch gerade bei der steigenden Zahl wasserunerfahrener Schüler/-innen hier ein großer Vorteil liegt? (Bitte sachlich und fachlich erläutern.) Noch im Schuljahr 2005/2006 betrug die Abzeichenquote am Ende der Primarstufe (ein Schuljahr Schwimmunterricht, Wasserzeit 30 Minuten) 75,4 Prozent Seepferdchen und 53,8 Prozent Bronze. Seit dem Schuljahr 2006/2007 basiert der durch Lehrkräfte der BLH und des VAF erteilte Schwimmunterricht auf einem durch die für Bildung zuständige Behörde in Kooperation mit Fachleuten der BLH und des VAF erarbeiteten fachlichen Rahmenkonzept. Das Lehrpersonal ist fachlich qualifiziert und wird Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10666 5 beständig fortgebildet. Dazu werden Erfolg und Effizienz des Schulschwimmunterrichtes innerhalb der AG Schulschwimmen beständig ausgewertet, evaluiert und optimiert. Die aktuelle Auswertung der Ergebnisse des Schulschwimmens bestätigt die fachliche Expertise des bestehenden Konzepts. Im Übrigen siehe Drs. 21/9895. 5. Laut der Abgeordneten H. Jürgens zur Schulschwimmwegebegleitung (siehe Einleitung) erhalten alle Grundschulen ab diesem Schuljahr (2017/2018) für die erste Phase des Schwimmunterrichts einen Erzieher -/-innenstellenanteil, der von der Schule in Sach – oder Personalmittel für andere Professionen, auch für Ehrenamtliche, umgewandelt werden kann, ist das korrekt? a. Wenn ja, inwiefern stellt das aus Sicht des Senats im Generellen keinen Bruch der Beschlussfassung der Bürgerschaft gemäß Drs. 21/6984 und der darin gegebenen Verpflichtung zur Umsetzung dar? b. Inwiefern stellt das im Speziellen keinen Bruch in der Zusage der Schulschwimmwegebegleitung zur gesamten Schulschwimmunterrichtszeit (und nicht nur in der ersten Phase) laut Drs. 21/6984 dar? c. Inwiefern stellt das im Speziellen keinen Bruch in der Zusage der Schulschwimmwegebegleitung zum Schulschwimmunterricht durch explizit schulisches Personal laut Drs. 21/6984 dar? d. Mit welcher fachlichen Rechtfertigung und auf welcher rechtlichen Grundlage setzt sich der Senat beziehungsweise die zuständige Fachbehörde über den in Drs. 21/6984 gefassten Beschluss der Bürgerschaft hinweg? (Bitte erläutern und Rechtsgrundlage anfügen .) e. Inwiefern ist die freie Verfügung über die zugeteilten Erzieher-/ -innenstellen und deren pauschale Umwandelbarkeit in andere schulische Bedarfe vor dem Hintergrund der ja gerade wegen der fehlenden erzieherischen Begleitung für die Schüler/-innen auf dem Weg zum Schulschwimmen erfolgten Zuteilung sachlich und fachlich vertretbar und förderlich? (Bitte jeweils erläutern.) Siehe Drs. 21/9233 und 21/10477. 6. Die Abgeordnete H. Jürgens gab in ihrer Rede ebenfalls an, dass mit dem laufenden Schuljahr 2017/2018 entscheidende Innovationen beim Schwimmförderprogramm erfolgen würden, die den individuellen Einzelbedarf der Schüler/-innen genau feststellen würden. Wie genau sehen diese Innovationen aus? a. Nach welchen Kriterien sind sie wie genau gestaltet? (Bitte einzeln erläutern.) b. Welche genauen Abläufe kennzeichnen sie? c. Welche individuellen Schwimmförderungsdifferenzierungen werden dabei vorgenommen? (Bitte einzeln erläutern.) d. Welche konkreten Maßnahmen lösen diese Differenzierungen jeweils aus? e. Wie ist dieses Innovationsprogramm finanziell und in der Personalressource ausgestattet? f. Durch wen genau, mit welcher Qualifikation werden diese Differenzierungen des Schwimmförderbedarfes vorgenommen und dokumentiert ? Ein Screeningverfahren zur Ermittlung des Förderschwimmbedarfs wurde entwickelt und wird seit dem Schuljahr 2017/2018 eingesetzt, siehe auch Drs. 21/9895. Die Umsetzung der Maßnahme erfolgt kostenneutral. Ergebnisse für das erste Halbjahr 2017/2018 werden voraussichtlich im ersten Halbjahr 2018 vorliegen. Drucksache 21/10666 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 7. Die Abgeordnete H. Jürgens stellte in ihrem Redebeitrag fest, dass IVund Basisklassen auch weiterhin keinen obligatorischen Schwimmunterricht erhalten. Wie ist das aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Fachbehörde angesichts deren teils mehrjähriger Verweildauer in diesen Vorbereitungsbeschulungen gegenüber dem gesundheitlichen Wohl und gegebenenfalls dem Überleben dieser Schüler/ -innen zu rechtfertigen? Das schnellstmögliche Erlernen der deutschen Sprache steht in Basis- und IV-Klassen im Vordergrund, siehe auch Drs. 21/4793. Zudem sind alle geflüchteten Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Zugezogenenregelung gutscheinberechtigt, siehe Drs. 20/8276. Die Leitung des Referats Sport der für Bildung zuständigen Behörde hat die Schulleitungen von Stadtteilschulen und Gymnasien am 20.02.2017 schriftlich dazu aufgefordert, von dieser Möglichkeit, wie auch der Buchung fakultativer Schwimmzeiten bei BLH oder VAF Gebrauch zu machen. Die Referatsleitung Übergangsmanagement und berufliche Qualifizierung des Hamburger Instituts für Berufliche Bildung (HIBB) informierte am 07.06.2017 alle Lehrerinnen und Lehrer von AvM-Dual-Klassen an berufsbildenden Schulen schriftlich über diese Möglichkeit. Zwischen dem 19.01. und 10.10.2017 wurden 995 Gutscheine für Schülerinnen und Schüler in IV-Klassen vergeben. Zwischen 15.06. und 10.10.2017 wurden 525 Gutscheine für Schülerinnen und Schüler in AvM-Dual-Klassen ausgestellt. 8. Im Newsletter der BSB (siehe oben) wird die steigende Nichtschwimmer -/-innenquoten bei Schulschwimmunterrichtsbeginn bedauert und als Erfolgshindernis dargestellt – genauso wie die weiter klare Nichterreichung der eigenen Schulschwimmerfolgsmarken eingeräumt wird. Welche konkreten Maßnahmen sieht der Senat beziehungsweise die zuständige Fachbehörde in 2017/2018 vor, um insbesondere die wasserfremden Schüler/-innen besser als bisher beim Erlernen des Schwimmens zu unterstützen und die Erfolgsmarken endlich zu erreichen? (Bitte jeweils einzeln erläutern.) Siehe Antwort zu 6.a. bis f. Optimierungsmaßnahmen im Bereich des obligatorischen Schulschwimmens werden durch die AG Schulschwimmen weiterentwickelt, im Bereich des Förderschwimmens erfolgt dies durch die AG Förderschwimmen. 9. Der Newsletter der BSB (siehe oben) behauptet weiter, es würde eine doppelte Aufwendung bei Stundenzahl und Personal im Schulschwimmen geben. Diese Behauptung ist so doch nicht haltbar, denn die früheren Schwimmstunden und das dafür notwendige Personal wurden ja lediglich vollständig in die Grundschuljahrgangsstufen umgelagert, wodurch aber de facto insgesamt für das Schulschwimmen nicht mehr Kapazitäten vorherrschen, korrekt? a. Wenn ja, weshalb wird angesichts der dennoch unzureichenden Schwimmerfolgsquoten bei Ende des Schulschwimmunterrichts nicht endlich tatsächlich mehr an Schwimmstunden und Personal eingesetzt, um diese Missstände abzustellen, sondern weiterhin versucht, lediglich den Eindruck eines erhöhten Engagements zu erwecken? Die Ziele der „Optimierung des Konzepts für das Schulschwimmen“ sind in Drs. 20/8276 benannt und wurden im Schuljahr 2016/2017 für das DJSA Bronze nahezu erreicht. Die AG Schulschwimmen verfolgt das Ziel, über eine kontinuierliche Evaluation Best-practice-Modelle für die Optimierung des Schulschwimmens zu identifizieren und damit das Schulschwimmen weiterzuentwickeln. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 10. Im Newsletter (siehe oben) wird ferner behauptet, dass die Erfolgsbilanz Hamburgs im Schulschwimmen am Bundesdurchschnitt gemessen gut aussähe, bezogen wird sich dabei auf eine DLRG-Umfrage, korrekt? a. Wenn ja, inwiefern ist diese Interpretation fachlich und sachlich zulässig und dem Ernst des Themas hinreichend angemessen, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10666 7 wenn hier lediglich die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage abgebildet werden, die man den tatsächlichen Datensätzen einer statistischen Gesamterhebung gegenüberstellt? (Bitte sachlich und fachlich Stellung nehmen.) Die Umfrage wurde von der forsa Politik- und Sozialforschung GmbH durchgeführt und ist repräsentativ. Eine repräsentative Umfrage liefert ein hinreichend genaues Abbild für die gesamte Population (so die Idee des methodischen Vorgehens), sodass auch Vergleiche mit anderen Gruppen, für die vollständige Datensätze vorliegen, zulässig sind. Innerhalb der universitären Forschung wird das Thema Definition der Schwimmfähigkeit und ihre Validierung momentan mit erhöhter Aufmerksamkeit behandelt. Prof. Dr. Theodor Stemper von der Uni Wuppertal führt in Stemper, T. & Kels, M. (2016), Schwimmfähigkeit in den Lehrplänen der Grundschulen, Sportunterricht , 65 Heft 3, Seite 76 zur Valenz der bundesweiten Gütekriterien wie auch ihrer empirischen Erhebung im Sinne der Fragestellung aus: „Fragwürdig ist hier aber die Tatsache, dass lediglich drei der 16 Bundesländer (BW, HE, HH) das Schwimmabzeichen Bronze explizit als konkretes Ziel des Schwimmunterrichts nennen. (…) Wie sich das zukünftig einheitlicher darstellen könnte, zeigt das Beispiel Hamburg. Realistisch und gut nachvollziehbar wurde dort als Ziel für den Schwimmunterricht am Ende der Grundschulzeit, und als Indikator für die Schwimmfähigkeit, eine Quote von 95 % aller Kinder genannt, die die Bedingungen des „Seepferdchen“-Abzeichens erfüllen können sollen, von denen dann wiederum 75 % (Anmerkung der für Bildung zuständigen Behörde: Tatsächlich sind es 70 %) auch zusätzlich noch die Bedingungen des „Bronze “-Abzeichens schaffen sollen. So klar und einfach könnte – und sollte – das in Zukunft sein.“ 11. Da der Senat beziehungsweise die zuständige Fachbehörde sich einerseits zur Milderung des Anscheins der eigenen Schulschwimmdefizite auf die DLRG-Umfrage beruft, mit welcher sachlichen und fachlichen Begründung wird andererseits die seit Jahren eindeutige Forderung der DLRG, das Deutsche Jugendschwimmabzeichen in Bronze als Mindestmaß der Schwimmfähigkeit im Schwimmunterricht einzuführen, ignoriert und gegen ausdrücklichen DLRG-Kindeswohlapell am Seepferdchen als erster Schulschwimmstufe festgehalten? (Bitte jeweils erläutern.) Die für Bildung zuständige Behörde folgt der DLRG in dieser Frage und bezieht sich wie die DLRG auf die Deutsche Prüfungsordnung „Schwimmen – Retten – Tauchen“ zur Funktion des Seepferdchens. Hierin wird ausgeführt, dass das Zeugnis Frühschwimmen -Seepferdchen eine wichtige Funktion der Motivation erfüllt, um zum sicheren Schwimmen hinzuführen. Der in der Frage suggerierte Dissens bezüglich der Valenz des Abzeichens Seepferdchen trifft deshalb nicht zu.