BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10668 21. Wahlperiode 20.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 13.10.17 und Antwort des Senats Betr.: Große Anfrage „Hamburgs (post-)koloniales Erinnerungskonzept – Ergebnisse und Perspektiven“ (Drs. 21/9672) – Nachfragen Zu den Antworten des Senats auf die Große Anfrage „Hamburgs (post-) koloniales Erinnerungskonzept – Ergebnisse und Perspektiven“ (Drs. 21/9672) ergeben sich einige Nachfragen. Ich frage den Senat: Mit der Einrichtung der Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe/Hamburg und die frühe Globalisierung“ beim Arbeitsbereich Außereuropa am Historischen Seminar der Universität Hamburg nimmt die Stadt ihre besondere Verantwortung für die Schaffung nachhaltiger Strukturen zur postkolonialen Erinnerungskultur wahr. Die Forschungsstelle leistet seit 2014 eine herausragende Arbeit und wird national wie international wahrgenommen. Hamburg übernimmt in der Bearbeitung des Themas damit eine führende Rolle, die weit über Deutschland hinausreicht. Der Senat wird die Arbeit der Forschungsstelle auch zukünftig unterstützen und verstetigen , um eine nahtlose Fortsetzung der begonnenen Projekte zu gewährleisten. Derzeit werden die Finanzierungsmöglichkeiten geprüft. Die Planungen der zuständigen Behörden sind insoweit noch nicht abgeschlossen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Stiftung Historische Museen Hamburg wie folgt: 1. Auf die Frage I. 1. gibt der Senat im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Forschungsstelle „Hamburgs (post)koloniales Erbe/Hamburg und die frühe Globalisierung“ auf Seite 4 an: „Die Erstellung einer Bibliographie zum kolonialen Erbe Hamburgs befindet sich in Arbeit, ebenso wie die Erstellung und Veröffentlichung eines Sammelbandes zum Thema „Hamburg und die frühe Globalisierung, koloniale Erinnerungsorte der Hansestadt“. Eine Webpräsentation mit Blog und Podcast zum Thema wurde entwickelt (https://www.kolonialismus.uni-hamburg.de/) und wird bis zum 31. März 2018 fortgeführt.“ Aus welchem Grund wird die „Webpräsentation“ lediglich bis zum 31. März 2018 fortgeführt? 2. Auf die Fragen zur „Weiterführung der Forschungsstelle“ (I. 4., Seiten 4 – 5) gibt der Senat an: „Die Überlegungen der Zuständigen Behörden sind noch nicht abgeschlossen.“ Wie ist der aktuelle Stand hinsichtlich einer fortgesetzten Förderung der Forschungsstelle mit öffentlichen Mitteln über März 2018 hinaus? Drucksache 21/10668 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Webpräsentation wird bis zum 31. März 2018 fortgeführt, da die aktuelle Finanzierung der Forschungsstelle am 31. März 2018 ausläuft. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 3. In seiner Antwort auf die Fragen III. 2. d) – g) (Seite 10.) gibt der Senat im Zusammenhang mit Tätigkeiten des Museums der Arbeit sowie des Museums für Hamburgische Geschichte an: „Parallel erarbeitet das Museum der Arbeit in Kooperation mit der Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ einen Drittmittelantrag im Rahmen des Programms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung „Sprache der Objekte“. Der Antrag für ein vierjähriges Forschungsprojekt (Arbeitstitel „Produzierte Ungleichheiten. Hamburg und die (post-)kolonialen Warenketten von Kautschuk und Palmöl“) wird im September 2017 eingereicht werden.“ (Seite 10, unten.) Und weiter: „Das Museum für Hamburgische Geschichte strebt bei den konzeptionellen Vorarbeiten und der künftigen Ausstellungsrealisation eine enge Kooperation mit der Forschungsstelle „Hamburgs (post-) koloniales Erbe“ an. (Seite 11., zweiter Absatz.) a) Wurde mittlerweile der Antrag für das vierjährige Forschungsprojekt eingereicht? Wenn ja, wann genau und mit welchem Ergebnis? Die Abgabefrist beim Bundesministerium für Bildung und Forschung war am 20. September 2017. Der Antrag wurde am 13. September 2017 eingereicht. Mit einem Ergebnis ist im Frühjahr 2018 zu rechnen. b) Sofern die öffentliche Förderung der Forschungsstelle ab März 2018 nicht fortgesetzt wird: Welche Auswirkungen hat dies, nach Einschätzung des Senats, auf die Kooperation zwischen dem Museum der Arbeit und der Forschungsstelle, insbesondere bezüglich des „vierjährige(n) Forschungsprojekts“? c) Sofern die öffentliche Förderung der Forschungsstelle ab März 2018 nicht fortgesetzt wird: Welche Auswirkungen hat dies, nach Einschätzung des Senats, auf die „enge Kooperation“ zwischen dem Museum für Hamburgische Geschichte und der Forschungsstelle? Die Forschungsstelle hat das Thema „(Post-)Kolonialismus“ auf die Agenda des Historischen Seminars der Universität Hamburg gebracht, sodass Museen und Universität im Dialog bleiben. Bei dem Projekt des Museums der Arbeit handelt es sich um ein typisches Drittmittelprojekt , das unabhängig von der öffentlichen Förderung der Forschungsstelle durchgeführt werden kann. Das Projekt wird fortgesetzt. Bereits in den vergangenen drei Jahren hat die Forschungsstelle vergleichbare Projekte mit initiiert, die sie aktuell unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Museum für Völkerkunde Hamburg und dem Übersee-Museum Bremen durchführt. Auch das Museum für Hamburgische Geschichte wird das Thema weiterverfolgen. Im Falle einer Einstellung der öffentlichen Förderung könnten sich jeweils zumindest Verzögerungen im Projektverlauf ergeben. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Auf die Fragen IV. 1. a), b) (Seite 15 fortfolgende) gibt der Senat im Kontext der „Einbeziehung von Initiativen und zivilgesellschaftlichen Gruppen “ an: „Die zuständige Behörde wird zu einem zweiten Runden Tisch ins Museum für Völkerkunde einladen, der als Auftakt zu einem kontinuierlichen Austauschprozess dienen soll. Ziel ist, eine enge Vernetzung der unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen und öffentlichen Akteure zu erreichen, um projektbezogen zu einer engen und nachhaltigen Zusammenarbeit zu gelangen.“ Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10668 3 a) Wann soll dieser „zweite Runde Tisch“ tagen? b) Wer wird zu diesem „zweiten Runden Tisch“ einladen? c) Wer wird künftig zum „Runden Tisch“ einladen? d) Wer wird zu dem „Zweiten Runden Tisch“ eingeladen? e) Was versteht der Senat in diesem Fall konkret unter einem „kontinuierlichen Austauschprozess“? Wie oft soll dieser „Runde Tisch“ künftig tagen? f) Welche Funktionen, Kompetenzen und Möglichkeiten der Mitsprache an der Weiterentwicklung des (post)kolonialen Erinnerungskonzeptes ergeben sich für das Instrument des „Rundes Tisches“ im Rahmen der vom Senat angekündigten „engen und nachhaltigen Zusammenarbeit“? Der Runde Tisch „Koloniales Erbe“ soll unterschiedliche Akteure aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Verwaltung, Kultur, Religion und Politik an einen Tisch bringen und gemeinsam die Weiterentwicklung des (post-)kolonialen Erinnerungskonzepts konstruktiv mit Beratung und Empfehlung begleiten. Struktur, Organisationsform und Bedarfe des „Runden Tischs“ werden gemeinsam mit den Beteiligten erarbeitet. Zum zweiten Runden Tisch wurden Vertreterinnen und Vertreter von rund 80 zivilgesellschaftlichen Initiativen, diasporisch-migrantischen Gruppen und Vereinen, Kirchen und Religionsgemeinschaften aus den Bereichen Universitäten, Museen, Archive und Geschichtswerkstätten sowie von Behörden, Wirtschaft und Politik vom für Kultur und Medien zuständigen Senator eingeladen. Er findet statt am 29. November 2017 im Museum für Völkerkunde. 5. Auf die Frage IV. 1. e), „plant der Senat, sich im Zuge der Umsetzung des (post-)kolonialen Erinnerungskonzeptes mit der Aufarbeitung des Völkermordes an den Ovaherero und Nama zu befassen?“, antwortet der Senat: „Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen.“ a) Auf welche laufenden Planungen bezieht sich der Senat hier? b) Wer ist an diesen Planungen beteiligt? c) Wann rechnet der Senat mit einem Ergebnis? Die Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ wird 2018 die Ergebnisse ihrer Forschungstätigkeit vorstellen. Auf dieser Grundlage wird sich der Senat mit den erforderlichen weiteren Schritten der Umsetzung und insbesondere der Weiterentwicklung des (post-)kolonialen Erinnerungskonzepts befassen. Die Aufarbeitung des Völkermordes an den Ovaherero und Nama ist hier ein zentrales Thema. Als ersten Schritt koordiniert die zuständige Behörde derzeit die Erstellung und Anbringung einer Informationstafel über den Kolonialoffizier Lothar von Trotha, die am „Trotha-Haus“ der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne angebracht werden wird. Trotha war einer der Hauptverantwortlichen für den Genozid an den Ovaherero und Nama in den Jahren 1904 – 1908. 6. Zum Fragekomplex „Straßennamen“ gibt der Senat auf die Frage IV. 7. an: „Konkrete Umbenennungsanträge liegen nicht vor, eine Aufstellung von Straßennamen mit kolonialhistorischem Bezug in Hamburg existiert derzeit nicht und kann im Rahmen der für die Bearbeitung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht erstellt werden .“ a) Bei welcher konkreten Stelle liegen derzeit keine konkreten Umbenennungsanträge vor beziehungsweise wo können, entsprechend dieser Angabe des Senats „Umbenennungsanträge“ vorgelegt werden ? Beim Staatsarchiv. Anträge können nach den Bestimmungen über die Benennung von Verkehrsflächen von den Bezirken eingereicht werden (siehe dazu http://www.hamburg.de/contentblob/2713728/624d1442da67e708056e5de53fb43e82/ Drucksache 21/10668 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 data/verkehrsflaechen-benennungsbestimmungen.pdf;jsessionid= 4C118F9CE15F0BD85329364837C1ECA1.liveWorker2). b) Inwiefern wurde bezüglich der „Aufstellung von Straßennamen mit kolonialhistorischen Bezug“ die Übersicht des 2013 von der Kulturbehörde geförderten Projekts freedom roads! (http://www.freedomroads .de/) berücksichtigt? Falls nein, warum nicht? 2015 erschienen unter dem Titel „Koloniale Straßennamen, Kolonialakteure.“ von Dr. Rita Bake 23 Biografien von Kolonialakteuren, nach denen in Hamburg Straßen benannt sind, siehe auch http://www.hamburg.de/kolonialakteure/. Die dort veröffentlichten Biografien finden sich auch in Dr. Rita Bakes Publikation „Ein Gedächtnis der Stadt. Nach Männern benannte Straßen in Hamburg, Hamburg 2015“, siehe auch http://www.hamburg.de/politische-bildung/4461534/publikation-gedaechtnis-der-stadt/. Erkenntnisse aus dem Projekt Freedom Roads wurden hier berücksichtigt.