BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10710 21. Wahlperiode 27.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 19.10.17 und Antwort des Senats Betr.: Anhebung der Maut für Binnenschiffe – Stärkt der Senat so die Binnenschifffahrt im Hamburger Hafen? Nach aktuellem Medienbericht plant die HPA, ein neues Tarifsystem beim Hafengeld für Hafen- und Binnenschiffe ab Januar 2018 einzuführen. Die Unternehmensverbände haben deswegen einen Brandbrief an den Wirtschaftssenator verfasst, verbunden mit der Aufforderung, diese Gebührenerhöhung zu stoppen. Kleinere Schiffe würden gegenüber größeren Schiffen stärker belastet werden. Zudem wiederspricht die neue Gebühr der Vereinbarung im rot-grünen Koalitionsvertrag, wonach die Binnenschifffahrt gestärkt werden solle. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Hamburger Hafen ist zweitgrößter Binnenhafen Deutschlands. Insgesamt wurden im Jahr 2016 über 20.000 Schiffsbewegungen verzeichnet und rund 11,5 Millionen t umgeschlagen. Die Überlegungen zur Überarbeitung von Tarifsystemen gehören zu den kontinuierlichen Aufgaben der Hamburg Port Authority AöR (HPA). Im Vergleich zu relevanten Wettbewerbsseehäfen in der Nordrange (zum Beispiel Rotterdam, Antwerpen, Bremerhaven) und zu den großen Binnenhäfen (zum Beispiel Duisburg, Köln, Düsseldorf) sowie zu den unmittelbaren Nachbarhäfen auf der Elbe (zum Beispiel Cuxhaven, Stade, Brunsbüttel) erhebt Hamburg als einziger Hafen bislang kein Hafengeld oder vergleichbare Entgelte für die Binnenschifffahrt. Weiterhin gibt es im Bereich der Hafenschifffahrt nennenswerte Segmente, wie zum Beispiel unmotorisierte Einheiten, für die ebenfalls bislang kaum oder gar keine Entgelte erhoben werden, obwohl die Hafeninfrastruktur auch von dieser Nutzergruppe genutzt wird. Auch dafür werden in anderen Häfen üblicherweise Hafennutzungsentgelte erhoben. Die derzeitige Tarifsystematik wurde im Jahr 2014 aus der Hafengebührenordnung übernommen und in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Hafennutzungsentgelte überführt. Da die Systematik zuvor nur wenig angepasst wurde, ist sie nicht mehr zeitgemäß. Grundsätzlich haben die Hafenkundinnen und -kunden keinen Anspruch, die Hafeninfrastruktur kostenfrei zu nutzen. Weiterhin ist die Hamburg Port Authority AöR (HPA) zu wirtschaftlichem Handeln verpflichtet und muss daher für ihre Dienstleistungen eine Refinanzierung erwirtschaften. Der Einstieg in die Tarifierung von Binnenschiffen soll deutlich unter den Preisen erfolgen, welche seit Jahren in den genannten Westhäfen quotiert werden. Weiterhin sehen die geplanten Änderungen eine Vereinheitlichung und Vereinfachung des derzeitigen Tarifsystems vor. Im Rahmen der Überlegungen zur Ausgestaltung des neuen Tarifs, ist auch eine Folgenabschätzung durch die HPA Drucksache 21/10710 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 erfolgt, insbesondere auch zur wirtschaftlichen Situation der Binnenschifffahrt. Danach werden keine Verlagerungseffekte vom Wasser auf die Straße erwartet. Die HPA hat am 29. September 2017 die Überlegungen zum künftigen Tarifsystem den Vertreterinnen und Vertretern der Hafenwirtschaft vorgestellt. Darüber hinaus sind im laufenden Prozess weitere Gespräche der zuständigen Behörde sowie der HPA mit Kundinnen und Kunden der betroffenen Marktsegmente (unter anderem mit dem UVHH) bereits erfolgt beziehungsweise vorgesehen. Derzeit haben die Betroffenen die Möglichkeit zur Stellungnahme. Die HPA wird am Ende dieser Phase die Stellungnahmen der Hafenkundinnen und -kunden auswerten und gesammelt dem Aufsichtsrat zur abschließenden Entscheidung zur Verfügung stellen. Es handelt sich bei dieser Thematik um einen privatrechtlich geregelten Bereich. Daher ist keine Befassung der Hamburgischen Bürgerschaft erforderlich. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der HPA wie folgt: 1. Wie passt die geplante Gebühr im neuen Tarifsystem beim Hafengeld für Binnenschiffe mit der Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag zusammen , den Wasserweg verstärkt zu fördern, um Straße und Schiene zu entlasten? a. Durch welche Maßnahmen wird der Senat die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag erfüllen und die Binnenschifffahrtsbetriebe, insbesondere diejenigen, die in Direktverkehren die Hamburger Industrieund Logistikbetriebe anfahren, stärken und deren Rahmenbedingungen verbessern? 2. Seit wann plant die HPA beziehungsweise die zuständige Behörde, ein neues Tarifsystem beim Hafengeld für die Hafen – und die Binnenschiffe einzuführen? 3. Was genau wird sich dazu im Vergleich zur bisherigen Abgaben- und Gebührenregelung für die Binnenschiffe ändern? a. Sind damit erhebliche Entgelterhöhungen verbunden? b. Wenn ja, in welcher Höhe? c. Inwieweit gibt es vergleichbare Regelungen in anderen Bundesländern ? Inwieweit gibt es vergleichbare Regelungen in anderen europäischen Ländern? 4. Was sind die genauen Gründe für die geplante Einführung eines neuen Tarifsystems beim Hafengeld für die Binnenschiffe? a. Welche jährlichen Kosten der „nutzerspezifischen Infrastruktur“ sollen mit der neuen Gebühr in welcher Höhe gedeckt werden und auf welche rechtlichen Grundlagen insbesondere Europarecht ist dies zurückzuführen? b. Inwieweit wird der neue Tarif erforderlich, um die Kosten für das Ausbaggern der Sedimente im Hafen zu bezahlen? c. Wenn nein, welche weiteren/anderen Gründe sind ausschlaggebend ? d. Welche Vorteile und welche Nachteile sind sich für die Binnenschifffahrtbetriebe durch das neu geplante Tarifsystem verbunden? e. Welche Nachteile wird es durch das neu geplante Entgeltsystem für die Hamburger Industrie und die Logistikkunden geben, die auf Verkehr über Wasserwege mit Binnenschiffe angewiesen sind? 5. Inwieweit plant Senator Horch, mit dem Unternehmensverband Hafen Hamburg, dem Hafenschifffahrtsverband, Vertretern aus der Binnenschifffahrt , mit betroffenen Unternehmen et cetera weitere Gespräche über das neu geplante Tarifsystem zu führen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10710 3 a. Wenn ja, wann beziehungsweise in welchem Zeitraum und mit welchen Beteiligten? b. Wenn nein, warum nicht? 6. Hat der Senat oder wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde eine unabhängige Folgenabschätzung zu dem geplanten neuen Entgeltssystem für Hafen- und Binnenschiffe vornehmen, um die Tragweite und die Auswirkungen auf die Binnenschifffahrt genau zu überprüfen ? a. Wenn ja, wann hat er diese Folgenabschätzung durch wen und mit welchen Ergebnissen vorgenommen beziehungsweise wird diese vornehmen? b. Wenn nein, warum nicht? 7. Wie hat Senator Horch auf den Brandbrief zum neuen Entgeltsystem für Hafen- und Binnenschiffe reagiert? a. Nimmt Senator Horch dies nun zum Anlass, um Änderungen anhand der Argumente der Unternehmensverbände vorzunehmen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? b. Plant Senator Horch, gegebenenfalls Anpassungen/Änderungen vorzunehmen? Wenn ja, welche und in welchem Zeitraum? Wenn nein, warum nicht? c. Wann werden der Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien und die Bürgerschaft über das neue Entgeltsystem informiert werden ? 8. In welcher Sitzung des Aufsichtsrates der HPA ist geplant, den neuen Gebührenkatalog zu verabschieden? Siehe Vorbemerkung sowie Drs. 21/8731.