BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10716 21. Wahlperiode 27.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 19.10.17 und Antwort des Senats Betr.: Ausbau der Elektromobilität  Es ist erklärtes Ziel der Bundesregierung und des Hamburger Senats, die Elektromobilität zu fördern. Gleichwohl nimmt die Anzahl von Elektrofahrzeugen trotz finanzieller staatlicher Anreize nur sehr schleppend zu. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: Der Senat sieht in diesem Zusammenhang seine öffentliche Aufgabe darin, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Infrastruktur für den angestrebten Durchbruch der Elektromobilität durch ein umfangreiches Ladeangebot zusätzlich unterstützt wird. Die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) betreibt ein Grundkontingent an Ladepunkten und nimmt die operative Verantwortung durch die stadteigene Stromnetz Hamburg GmbH wahr, einem im Strommarkt erfahrenen, aber als Verteilnetzbetreiber neutralen Akteur, der aufgrund des „unbundling“-Grundsatzes im Energiewirtschaftsrecht nicht selbst als Anbieter von Stromprodukten am Markt auftritt und deshalb mit privatwirtschaftlichen Stromanbietern nicht im Wettbewerb steht. Bereits heute hat die Privatwirtschaft auch in Hamburg die Möglichkeit, sich beim Aufbau von Ladeinfrastruktur zu betätigen. Insgesamt stehen laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in Hamburg (Stichtag 30.6.2017) 774 öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektro-Fahrzeuge zur Verfügung. Damit liegt Hamburg unter den deutschen Städten beim Ausbau der Infrastruktur an erster Stelle. Hamburgs Anspruch, ein von den Nutzerinnen und Nutzern gut angenommenes Ladeinfrastrukturangebot zu schaffen, zielt darauf, eine regelmäßige und hohe Nutzung zu erreichen und weitere relevante Nutzergruppen über den Nachweis einer wachsenden Infrastrukturversorgung gewinnen zu können. Auf konkrete Kaufentscheidungen – insbesondere privater Nutzer – hat der Senat allerdings keinen Einfluss. Für die Auswahl der potentiellen öffentlichen Standorte wurde in Zusammenarbeit mit einem Verkehrsplanungsbüro ein beispielhaftes Verfahren entwickelt, bei dem unter anderem die Nähe zum ÖPNV, die Umgebung mit potenziell interessanten Zielen mit entsprechender Verweildauer (Geschäfte, Kinos et cetera) eine entscheidende Rolle spielen. In Hamburg wird über ein an den Ladesäulen eingesetztes Grünstromprodukt von HAMBURG ENERGIE sichergestellt, dass dort nur Strom aus erneuerbaren Energiequellen bezogen werden kann. Bereits heute sind 33 Schnellladestationen im Einsatz, an denen Fahrzeuge alternativ nach dem europäisch-amerikanischen Standard (CCS – combined charging system) als auch nach asiatischem Standard (CHAdeMO – Abkürzung hergeleitet aus dem Japanischen) mit 50 kW Gleichstrom geladen werden können und somit innerhalb von 30 Minuten mindestens 80 Prozent ihrer Batteriekapazität wieder vollständig herstellen können. Darüber hinaus hat sich Hamburg durch entsprechende Bundesratsinitiativen maßgeblich an der Gestaltung eines wirksamen Rechtsrahmens zur Elektromobilität im Drucksache 21/10716 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Straßenverkehr (KFZ-Beschilderung sowie rechtssichere Beschilderung der Ladeplätze ) beteiligt. Im Übrigen sind alle Informationen zu öffentlichen Ladeplätzen unter www.e-charginghamburg .de zu finden. Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Stromnetz Hamburg GmbH (SNH) sowie der hySOLUTIONS GmbH wie folgt: Zum Stichtag 30.09.2017: 1. Wie viele rein elektrisch betriebene Fahrzeuge gab es in Hamburg? Bitte die einzelnen Fahrzeuge mit Fabrikat, Typenbezeichnung, und Anzahl gemäß Zulassungsstatistik aufführen. Als Vergleich bitte auch jeweils die Zahlen vom 31.12.2016 und 2015 angeben. Stichtag 30.09.2017 31.12.2016 31.12.2015 Anzahl 1.523 1.271 1.155 Quelle: Landesbetrieb Verkehr (LBV) Darüber hinaus kann innerhalb der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit eine Differenzierung nach Fabrikat, Typenbezeichnung und Anzahl nicht durchgeführt werden. 2. Wie viele Ladesäulen welcher technischen Bauarten waren am Stichtag in Betrieb? Normalladen (<= 22 kW): 564 wechselstromgeführte öffentlich zugängliche (AC) Ladepunkte an circa 300 Ladesäulen, Schnellladen (>22 kW): 32 gleichstromgeführte (DC) öffentlich zugängliche Ladepunkte an 32 Ladesäulen. 3. Wie viele Parkplätze fallen dabei durch die Ladesäulen aus der öffentlichen Verfügbarkeit für die Nutzer herkömmlicher Kraftfahrzeuge heraus? 486 Stellplätze an Ladesäulen im öffentlichen Straßenraum waren zum Stichtag für die Nutzung von E-Fahrzeugen ausgewiesen. 4. Welche Betreiber (öffentlich/privat) von Lademöglichkeiten gibt es in Hamburg und wie viele Ladesäulen betreiben diese jeweils? Siehe Vorbemerkung und Drs. 21/10707. 5. Was kostet eine Kilowattstunde an den Ladesäulen durchschnittlich und welche Prognose besteht für die zukünftige Preisentwicklung? Hierüber liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor, da die von den Lieferantinnen und Lieferanten und Dienstleisterinnen und Dienstleistern der Fahrzeugnutzerinnen und -nutzer festgelegten Tarife der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) nicht angezeigt oder mitgeteilt werden müssen. 6. Werden bei der Preisfindung für die Kilowattstunde auch die Kosten für die Errichtung und den Betrieb der Ladesäule sowie gegebenenfalls die entfallenden Parkgebühren miteinberechnet? Nein, denn die Betreiberin oder der Betreiber legt die Tarife nicht fest. Vielmehr liegt die Preisfindung allein in der Entscheidungshoheit der vertraglichen Lieferantinnen und Lieferanten und Strom-Dienstleisterinnen und -Dienstleister der Fahrzeugnutzerinnen und -nutzer. Sofern eine Fahrzeugnutzerin oder ein Fahrzeugnutzer ohne ein zuvor bestehendes Vertragsverhältnis die Möglichkeit des Spontanzugangs (sogenanntes Ad-hoc-Laden) nutzt, bezieht er in Hamburg ein Grünstromprodukt von der HAMBURG ENERGIE GmbH, für das er zurzeit 27 Cent je kWh sowie einen einmaligen Direct-Pay-Zuschlag von 1,73 Euro zuzüglich 19 Prozent entrichtet. Eine anteilige Umlage der in der Fragestellung genannten Kosten ist hierin nicht enthalten. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10716 3 7. Gibt es technische Möglichkeiten (zum Beispiel durch „Apps“) für den potenziellen Nutzer, um zu erkennen, wo sich die nächste freie Ladesäule befindet, und sind diese gegebenenfalls in Hamburg auch nutzbar? Die Nutzerin oder der Nutzer kann unter anderem unter der App E-Charging Hamburg oder in gängigen Navigationssystemen erkennen, wo sich Ladestandorte befinden und ob dort gerade (in Echtzeit) durch andere Nutzerinnen und Nutzer geladen wird. Nicht erkennbar ist, ob ohne Ladevorgang der zugehörige Stellplatz belegt ist oder nicht. 8. Gibt es dementsprechend auch technische Möglichkeiten, bei Abwesenheit vom Fahrzeug, zu überwachen, wann der Ladevorgang abgeschlossen ist und der Ladeparkplatz geräumt werden muss? Eine solche Überwachungsmöglichkeit besteht gegenwärtig nicht. Die Höchstparkzeiten an den Ladesäulen sind unabhängig vom Ladevorgang. Während der ausgewiesenen Bewirtschaftungszeit können E-Fahrzeuge an den Ladepunkten gebührenfrei bis zu zwei Stunden parken. Außerhalb der Bewirtschaftungszeit (in der Regel zwischen 20.00 und 9.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen) ist das Parken dort für gekennzeichnete E-Fahrzeuge zeitlich unbegrenzt möglich. 9. Nach Medienberichten standen den aktuell vorhandenen 600 Ladesäulen monatlich etwa 6.000 Ladevorgänge gegenüber, das heißt, jede Ladesäule wurde durchschnittlich zehn Mal genutzt. Damit sind die betreffenden, durch die Ladesäulen blockierten Parkplätze zu 95 Prozent der Zeit ungenutzt. Wie bewertet der Senat diesem Umstand und welche Prognosen bestehen diesbezüglich für die Zukunft? Es handelt sich um 600 Ladepunkte – nicht Ladesäulen –, die an den jeweiligen Standorten in unterschiedlicher Intensität genutzt werden. Das Hamburger Ladesystem ist ausgerichtet auf einen deutlichen Zuwachs an E-Fahrzeugen. Der Senat beabsichtigt , mit dem Vorhalten eines gut verfügbaren und auch in der Fläche auffindbaren Ladeangebots einen nachhaltigen Anreiz zum Umstieg auf Elektroautos zu geben. Mit weitergehenden Annahmen hat sich der Senat bislang nicht befasst. 10. Die Ladetechnologie wird sich nach Meinung von Fachleuten rasant weiterentwickeln und daher stellt sich die Frage, mit welcher Lebensdauer der heutigen Ladesäulen gerechnet wird? In Förderprojekten des Bundes wird bei Ladeinfrastruktur grundsätzlich eine sechsjährige Abschreibungsdauer angesetzt. 11. Welche Auslastung der Ladesäulen wäre somit über die erwartete Lebensdauer wirtschaftlich geboten? Da die FHH die Ladepunkte zwar über die städtische Stromnetz Hamburg GmbH betreibt, in der Regel jedoch nicht der einzelnen Nutzerin oder dem einzelnen Nutzer Strom verkauft, erzielt die FHH hier keine Deckungsbeiträge. Vielmehr steht die Anreizwirkung zum Umstieg auf Elektromobilität im Vordergrund. Im Übrigen siehe Antwort zu 9. 12. Wie soll sich die Entwicklung in den folgenden Jahren gestalten? Versteht es der Senat als öffentliche Aufgabe, Ladesäulen zu errichten und zu betreiben oder plant man, dies, ähnlich wie es bei den Tankstellen heute der Fall ist, perspektivisch dann privaten Gesellschaften zu überlassen ? Siehe Vorbemerkung und Drs. 21/10707. 13. Wie viele Ladesäulen soll es aus der Sicht des Senats jeweils am 31.12.2017, 2018 und 2019 geben und wie wird sich die Zahl der Elektrofahrzeuge bis dahin entwickelt haben? Mit Drs. 21/10349 hat der Senat konkretisiert, dass die Anzahl der unter städtischer Regie betriebenen öffentlich zugänglichen Ladepunkte bis Anfang 2019 kontinuierlich auf 1.000 erhöht werden soll und zugleich für elektrisch betriebene Carsharing- Fahrzeuge auf switchh-Flächen insgesamt 150 Ladepunkte installiert werden sollen. Drucksache 21/10716 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Zwei große Carsharing-Unternehmen haben gegenüber der FHH vertraglich zugesagt, 2019 bis zu 1.000 Elektrofahrzeuge im Carsharing in Hamburg einzusetzen. Mit darüber hinausgehenden Prognosen zur Entwicklung der Fahrzeugzahlen zu bestimmten Stichtagen und einem damit verbundenen Ladeinfrastrukturbedarf hat sich der Senat nicht befasst.