BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10762 21. Wahlperiode 30.10.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 24.10.17 und Antwort des Senats Betr.: Tötung einer Zweijährigen in Hamburg Medienberichten zufolge soll ein zweijähriges Mädchen am Montagabend in Neugraben-Fischbek getötet worden sein, der Vater soll in dringendem Tatverdacht stehen und nun auf der Flucht sein (vergleiche https://www.ndr.de/ nachrichten/hamburg/Zweijaehrige-getoetet-Polizei-sucht- Vater,verbrechen184.html). Auch heißt es, die Familie sei zuvor vom Jugendamt betreut worden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bei einem Teil der erfragten Informationen handelt es sich um personenbezogene Daten aus dem Bereich der Jugendhilfe. Damit handelt es sich um Sozialdaten (§ 67 Absatz 1 S. 1 SGB X), die der Senat gemäß § 67 d Absatz 1 SGB X nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Übermittlungsbefugnis im SGB oder gemäß § 67 b Absatz 1 S. 1 SGB X mit Einwilligung der Betroffenen weitergeben darf. Das SGB enthält keine Übermittlungsbefugnis zugunsten der Beantwortung von Parlamentarischen Anfragen. Einwilligungen zur Datenübermittlung liegen nicht vor. Hinsichtlich der erfragten Informationen , die personenbezogene Daten aus dem Bereich der Jugendhilfe betreffen, ist der Senat daher aus Gründen des Sozialdatenschutzes nach § 35 SGB I, §§ 61 ff SGB VIII, §§ 67 ff SGB X an der Beantwortung der Fragen gehindert. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Stellen über die Umstände der Tötung des Mädchens vor? Siehe Drs. 21/10755. 2. Wann wurde das Mädchen wo geboren und wer hatte das Sorgerecht zu welcher Zeit für das Kind? Das Mädchen wurde am 30. April 2015 in Hamburg geboren. Nach polizeilichen Erkenntnissen sind beide leiblichen Eltern sorgeberechtigt. Im Übrigen Siehe Vorbemerkung . 3. Welcher Nationalität gehört die Familie an? Die Familienangehörigen sind pakistanischer Staatsangehörigkeit. 4. Seit wann und wie lange waren jeweils welche staatlichen Stellen mit dem zwei Jahre alten Mädchen beschäftigt? 5. Sind Mutter oder Vater des Mädchens polizeibekannt? Wenn ja, aus welchen Gründen? Kam es in der Wohnung der Familie oder wegen der Familie seit Geburt des Mädchens zu Einsätzen von Polizei- oder Rettungskräften? Drucksache 21/10762 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 6. Welche weiteren Informationen liegen dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde über den mutmaßlichen Täter (Kindsvater) vor? War er der Behörde bereits durch andere Vorkommnisse bekannt? Wenn ja, durch welche? Zu den erfragten Sachverhalten bestehen im Übrigen bei den zuständigen Behörden nach gegenwärtigem Sachstand folgende Erkenntnisse: Polizei: Polizeilich wurde die Familie erstmalig am 1. März 2017 bekannt. Die Kindsmutter zeigte den Beschuldigten wegen körperlicher Übergriffe und Bedrohungen zu ihrem und zum Nachteil ihres sechsjährigen Sohnes aus einer früheren Beziehung an. Am 26. Mai 2017 wurde der Beschuldigte von dem Bruder der Kindsmutter wegen einer Bedrohung angezeigt. Aufgrund des Verhaltens des Beschuldigten wurde in dieser Sache unmittelbar am 2. März 2017 und am 26. Juni 2017 ein Bericht an das Jugendamt gefertigt. In den oben genannten Berichten sind jeweils auch die Personalien der zweijährigen Tochter erfasst. Hinweise, die strafbare Handlungen zum Nachteil der zweijährigen Tochter vermuten ließen, wurden jedoch nicht bekannt. Im Rahmen dieser Anzeigenaufnahme am 1. März 2017 wurde die Wohnung der Familie durch die Polizei aufgesucht. Bei dem Einsatz am 1. März 2017 handelt es sich um einen Reviereinsatz des Polizeikommissariats 47 unter dem Rubrum „Streit, Bedrohung und Körperverletzung“ zum Nachteil der Kindsmutter. Der Beschuldigte wurde seinerzeit aus der Wohnung verwiesen. Aufgrund des Verdachts der Kindeswohlgefährdung wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens am 2. März 2017 ein Bericht an das Jugendamt gesandt. Entsprechend einer Auswertung des Einsatzleitsystems HELS erfolgten keine weiteren Einsätze der Polizei an der Wohnadresse. Rettungskräfte (Feuerwehr): Seit der Geburt des Mädchens am 30. April 2015 kam es nur am 14. September 2016 zu einem Rettungseinsatz in der Wohnung der Familie. Damals wurde der Vater und Beschuldigte mit einem Rettungswagen (RTW) in das Krankenhaus Harburg befördert . Im Rettungsdienstprotokoll für den Einsatz am 14. September 2016 wurde als Grund eine leichte neurologische Erkrankung (Kopfschmerz) angegeben. Der Einsatzbericht für den 23. Oktober 2017 ist noch nicht fertig gestellt. Im Abrechnungssystem der Feuerwehr fanden sich zwei weitere Einsätze unter dieser Adresse für die Kindsmutter unmittelbar vor Geburt ihrer Tochter. Staatsanwaltschaft: In dem Verfahren 4001 Js 1079/17 wird dem Beschuldigten eine Körperverletzung zum Nachteil des Sohnes der Kindsmutter vorgeworfen. Im September 2016 soll er das Kind im Rahmen eines Streits gewürgt, außerdem soll er den Jungen zu anderen Tatzeitpunkten geschlagen haben. Ihm wird weiter zur Last gelegt, am 21. Februar 2017 eine Körperverletzung sowie am 1. März 2017 eine Bedrohung und Beleidigung zum Nachteil der Kindsmutter begangen zu haben. Im dem Verfahren 2072 Js 417/17 wird er beschuldigt, im Mai 2017 und bereits zuvor den Schwager der Kindsmutter und dessen Kinder bedroht zu haben. Hinweise auf strafbare Handlungen zum Nachteil der gemeinsamen Tochter vor der hier in Rede stehenden Tat sind der Polizei nicht bekannt. Hinsichtlich der Mutter des getöteten Kindes ist im Vorgangsverwaltungs- und -bearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg kein Verfahren wegen des Vorwurfs von Gewalttaten zum Nachteil von Kindern registriert. Die Angaben stehen unter dem Vorbehalt der vollständigen und richtigen Erfassung in MESTA (Auswertungstag : 25. Oktober 2017). Ausländerbehörde: Dem Mädchen wurde zunächst am 21.September 2015 von der Ausländerbehörde eine Fiktionsbescheinigung und am 22. August 2016 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10762 3 Der Betroffene reist nach eigenen Angaben am 16. Dezember 2011 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 3. Januar 2012 einen Asylantrag in Gießen (Hessen). Mit Bescheid vom 18. Januar 2012 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag als offensichtlich unbegründet ab. Der Bescheid wurde am 11. Juli 2012 bestandskräftig. Seit dem 19. Juli 2012 wurde der Betroffene gemäß § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) im Bundesgebiet geduldet. Nach der Geburt der gemeinsamen Tochter mit der in Hamburg lebenden Frau wurde dem Zuzug von Hessen nach Hamburg am 27. November 2015 zur Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft (Ausübung der gemeinsamen Sorge für das Kind) zugestimmt. Am 8. Januar 2016 ging die ausländerbehördliche Zuständigkeit von Hessen auf Hamburg über. Hier stellte der Betroffene am 17. Februar 2016 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Mit Verfügung vom 9. März 2017 wurde dieser Antrag abgelehnt . Der Betroffene legte dagegen am 10. April 2017 Widerspruch ein und stellte am 24. April 2017 einen Antrag nach § 123 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Am 13. Juni 2017 untersagte das Verwaltungsgericht Hamburg der zuständigen Behörde, aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen den Betroffenen zu ergreifen , bis das Gericht abschließend im vorliegenden Eilverfahren über den Antrag nach § 123 Absatz 1 VwGO entschieden hat. Am 24. Oktober 2017 lehnte das Gericht den Antrag ab. Jugendhilfe: Das Bezirksamt Harburg war seit dem 1.September 2016 bis zu dessen Tod für das Mädchen zuständig. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Drs. 21/10755. 7. Welche Maßnahmen werden aktuell durchgeführt, um den Aufenthaltsort des Vaters zu bestimmen? Der Beschuldigte wurde gefasst. Aus kriminaltaktischen Gründen wird von weiteren Angaben dazu abgesehen.