BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10794 21. Wahlperiode 03.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 27.10.17 und Antwort des Senats Betr.: Vorführungen zu Gerichtsterminen Seit Monaten steigen die Belegungszahlen in Hamburgs Justizvollzugsanstalten . Am 31. August 2017 befanden sich von 2.108 Insassen insgesamt 604 Personen in Untersuchungshaft, siehe Drs. 21/10363. Mit dem Anstieg der Zahl der Untersuchungshaftgefangenen steigt zwangsläufig die Anzahl der Begleitungen zu Gerichtsterminen, die sowohl im Strafjustizgebäude als auch in den Außengerichten stattfinden. Im Regelfall erfolgt die Vorführung durch einen Vorführungsbeamten, der auch während der Verhandlung stets anwesend ist, teilweise sind zwei Vorführungsbeamte zugegen. In der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/7815 gab der Senat an, dass in der Vorführungsabteilung Personal im Umfang von 56 Vollzeitäquivalenten eingesetzt sei. Aufgrund der Vielzahl an Gerichtsterminen reicht das nicht, sodass immer wieder weiteres Personal hinzugezogen werden muss, um die Begleitung der Gefangenen zu Gericht zu gewährleisten. Dies ist in Anbetracht des ohnehin massiven Personalmangels in den Justizvollzugsanstalten ein untragbarer Zustand. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die jeweilige Auslastung des Gerichtsservice hängt von der individuellen Terminplanung der Gerichte ab. Aufgrund der unabhängigen Entscheidung der Richterinnen und Richter kann es zwangsläufig an bestimmten Tagen zu einer vollständigen Auslastung des Gerichtsservice kommen. Im Rahmen der Terminplanungen gibt es eine intensive Abstimmung zwischen den Gerichten und der Vorführungsabteilung. Mit Blick auf die angespannte Personalsituation wird die Vorführungsabteilung zurzeit durch Bedienstete der Anstalten unterstützt. Die Planungen der Termine für Gerichtsvorführungen haben regelhaft einen Vorlauf von zwei Tagen bis sechs Wochen. Hinzu kommen kurzfristige Terminverschiebungen beziehungsweise die Anberaumung weiterer Verhandlungstermine , auf die jeweils entsprechend mit zusätzlichem Personal reagiert werden muss. Das Tagesgeschäft des Gerichtsservices ist dabei geprägt von kurzfristen – teilweise aber auch längerfristigen – Spitzenbelastungen. Es kommt hinzu, dass die Dauer der Gerichtsverhandlungen nicht immer prognostizierbar ist und laufend kurzfristige Haftprüfungstermine und Vorführungen zu Haftbefehlsverkündungen auch in den Stadtteilgerichten zu erfolgen haben. Die zuständige Behörde reagiert mit ihren aktuellen Planungen auf die Personalsituation im Gerichtsservice. Die bestehenden Vakanzen sollen im Wege der Zuteilung der Absolventinnen und Absolventen des Lehrgangs, der zum März 2018 seine Ausbildung beendet, ausgeglichen werden. Die zuständige Behörde trägt dem prognostizierten Personalbedarf im Justizvollzug durch eine breit angelegte Ausbildungsinitiative Rechnung. Seit 2013 werden jährlich sukzessive mehr Ausbildungsplätze angeboten. Im laufenden sowie im kommenden Drucksache 21/10794 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Jahr ist die Einrichtung von jährlich bis zu fünf Lehrgängen mit jeweils bis zu 20 Ausbildungsplätzen geplant. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Stellen sind der Vorführungsabteilung der Untersuchungshaftanstalt zugewiesen und wie viele sind aktuell besetzt (VZÄ)? Der Vorführungsabteilung sind insgesamt 69 Stellen zugewiesen. Davon sind aktuell 56,5 VZÄ besetzt. 2. Können alle Vorführungen von Gefangenen zu Gerichtsterminen durch Beamte der Vorführungsabteilung durchgeführt werden? Falls nein, wie viele Vorführungen zu Gerichtsterminen mussten exemplarisch im September 2017 von Bediensteten aus anderen Abteilungen/ Justizvollzugsanstalten durchgeführt werden? Bitte pro Woche unter Angabe der Abteilungen/JVAs darstellen. 35. KW 36. KW 37. KW 38. KW 39 KW. Durchführungen von Vorführungen durch Bedienstete anderer Abteilungen und Anstalten 1 x BW 4 x BW 24 x BW 27 x BW 10 x BW 1 x SH 8 x HS 11 x UH 14 x UH 8 x UH - 3 x SH 7 x FB 10 x FB 11 x FB - 15 x UH 2 x SH 2 x SH 3 x SH - 2 x GM 2 x GM 3 x GM 2 x GM - 1 x BW+GM 2 x HS 2 x HS 4 x HS - 1 x UH+HS - - - BW = JVA Billwerder; UH = Untersuchungshaftanstalt; FB = Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel ; SH = Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg; GM = JVA Glasmoor; HS = JVA Hahnöfersand . Bei drei Terminen in der 35. KW, bei 16 Terminen in der 36. KW, bei 28 Terminen in der 37. KW, bei 30 Terminen in der 38. KW und bei 26 Terminen in der 39. KW fand die Vorführung durch Bedienstete des Gerichtsservice in Begleitung von Bediensteten anderer Anstalten statt. 3. Wie hat sich die Anzahl der Mehrarbeitsstunden insgesamt und in den einzelnen Justizvollzugsanstalten zum 30. September 2017 entwickelt? JVA Billwerder 6.082,57 Std. JVA Fuhlsbüttel 9.573,18 Std. JVA Glasmoor 4.050,87 Std. JVA Hahnöfersand 3.513,52 Std. Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg 4.655,63 Std. Untersuchungshaftanstalt 31.852,68 Std. 4. Aus welchem Grund wurden bis Ende August 2017 bei einem Stand von insgesamt 58.518,16 Mehrarbeitsstunden lediglich 686 Stunden an Bedienstete des Justizvollzugs ausgezahlt? a. Wie stellt sich das Auszahlungsverfahren aktuell dar? b. Wie soll nach Ansicht der zuständigen Behörde insbesondere vor dem Hintergrund der dünnen Personaldecke beim AVD ein zeitnaher Abbau der rund 60.000 Mehrarbeitsstunden erfolgen? c. Ist seitens der zuständigen Behörde eine Vereinfachung des Auszahlungsverfahrens geplant? Falls ja, zu wann? Falls nein, weshalb nicht? Die Auszahlung von 686 Stunden wurde von Bediensteten beantragt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10794 3 Die Voraussetzungen zur Auszahlung von Mehrstunden sind in der Hamburgischen Mehrarbeitsvergütungsordnung geregelt und sind auch im Justizvollzug regelmäßig Grundlage für die Auszahlung auf Antrag einzelner Bediensteter. Parallel zu diesem weiterhin möglichen Verfahren hat die zuständige Behörde die Grundlage geschaffen, neben den Regelungen der Verordnung in einem abgekürzten Verfahren weitere vereinfachte Auszahlungsmöglichkeiten zu schaffen. Diese sind zeitlich befristet, derzeit bis 31. Mai 2018. Der wesentliche Unterschied zu dem regulären Verfahren ist, dass die Jahresfrist nicht abgewartet werden muss, sondern eine Auszahlung von Mehrstunden umgehend nach Anfallen der Stunden erfolgen kann. Dabei ist die Anzahl der Stunden pro Anstalt und Bediensteter beziehungsweise Bedienstetem monatlich gedeckelt. Pro Person können neben dem regulär weiterhin möglichen Verfahren bis zu 20 Stunden monatlich – angefallen im festgelegten Zeitraum – kurzfristig ausgezahlt werden. Ein Abbau von Mehrarbeitsstunden erfolgt auf Antrag der Bediensteten beziehungsweise des Bediensteten und in der Regel durch Freizeitausgleich, welcher dienstplanmäßig leistbar sein muss. Auch ein finanzieller Ausgleich setzt den Antrag der Bediensteten beziehungsweise des Bediensteten voraus. 5. Justizwachtmeister absolvieren eine sechsmonatige Ausbildung und werden vornehmlich für die Tätigkeiten beim Amtsgericht, Landgericht, dem Hanseatischen Oberlandesgericht und der Staatsanwaltschaft ausgebildet . Im Flyer der Justizbehörde zur Ausbildung heißt es: „Justizwachtmeister /-innen können im Sicherheits-, Sitzungs- und Ordnungsdienst , im Innen- oder Außendienst eingesetzt werden. Ihre Aufgabe ist es dabei, Sitzungsräume für Gerichtsverhandlungen herzurichten und während der Sitzungen und Termine Gefangene vorzuführen.“ (http://www.hamburg.de/contentblob/3748434/3c3d79f371d96a75b6c6df 2b9856a715/data/justizwachtmeister-ausbildung-flyer.pdf.) a. Wie viele Justizwachtmeister wurden im Jahre 2016 sowie in diesem Jahr bereits ausgebildet und wie viele befinden sich aktuell in der Ausbildung? b. In welchem Umfang werden diese aktuell zur Vorführung von Gefangenen zu Gerichtsterminen herangezogen? c. Ist insbesondere vor dem Hintergrund der äußerst angespannten Situation im Justizvollzug eine Ausweitung des Einsatzes von Justizwachtmeistern bei der Vorführung von Gefangenen zu Gerichtsterminen geplant? Falls ja, wann? Falls nein, weshalb nicht? d. Wie viele sollen im Jahre 2018 ausgebildet werden? Im Jahr 2016 haben 14 Justizwachtmeister die Ausbildung beendet. Im Jahr 2017 haben 29 Justizwachtmeister die Ausbildung aufgenommen. Die in den Gerichten und Staatsanwaltschaften tätigen Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister werden nicht im Justizvollzug/Gerichtsservice eingesetzt, da ihnen die notwendigen Ausbildungsinhalte nicht vermittelt werden. Es handelt sich um Bedienstete der Gerichte und Staatsanwaltschaften und nicht des Justizvollzuges. Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister im Sinne der Fragestellung werden in der Vorführungsabteilung nicht eingesetzt. Ein Einsatz ist auch nicht geplant. 2018 werden voraussichtlich 29 Justizwachtmeister die Ausbildung beenden. Die Ausbildung der Justizwachtmeister erfolgt in einem gemeinsamen Lehrgang mit Mecklenburg -Vorpommern und Bremen. Nach dem zugrunde liegende Staatsvertrag wird alle zwei Jahre ein gemeinsamer Lehrgang eingerichtet.