BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10826 21. Wahlperiode 07.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 01.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Nachfragen zu Standsicherheit und Sanierung der Kaimauern der historischen Speicherstadt Das „Hamburger Abendblatt“ meldete am 28.10.17, die Ottenser Elbuferpromenade sei zwischen Fischmarkt und Neumühlen abgesackt, tiefe Senken hätten sich in der Pflasterung gebildet. Diese Promenade nutze die alte Kaianlage des früheren Altonaer Fischereihafens. Diese bestehe aus einer Art Gewölbekonstruktion. Fachleute rätselten nun, ob es unter der Elbpromenade Unterspülungen gegeben habe. Dieser Vorgang könnte mit in der Drs. 21/10548 nachgefragten Problemen in der Speicherstadt zusammenhängen und macht Nachfragen zu dieser nötig. In Beantwortung meiner Anfrage teilte der Senat im letzten Monat (vergleiche Drs. 21/10548) zum Erhaltungszustand der Speicherstadt, vor allem ihrer Standsicherheit, mit: „…eine Gefährdung der Standsicherheit ist auf Grundlage bisher vorliegender Gutachten nicht erkennbar“. Eine umfassendere Prüfung des Bauwerkzustands erfolge derzeit. In Bezug auf den Trockenfall der Speicherstadt wird ausgeführt: „Die Standpfähle der Uferwände weisen altersentsprechende biologische Schädigungen auf. Holzzerstörende Pilze oder Moderfäule wurden nur in einem so geringen Umfang festgestellt, dass diese für die weiteren Betrachtungen nicht relevant sind.“ Im Konzept des 1. Scholz-Senates für die künftige Entwicklung der Speicherstadt wurde zum Thema Kaimauern schon im Mai 2012 (vergleiche 20/4388, Seite 4 folgende) ausgeführt, dass „sowohl im wasserseitigen als auch im Bereich der Speichergebäude – insbesondere den Speicherkellern – Schäden festgestellt worden (seien)“. 2008 waren zwei Gutachten zum Themenkomplex beauftragt worden. Folgerte das eine, „dass die Kaimauern infolge der erhöhten Wasserdruckbelastung ihre Funktion zukünftig nicht mehr erfüllen werden“ und eine Sanierung „zwingend erforderlich“ sei und darüber hinaus „der Boden unterhalb der Sohlplatten (hinter den Kaimauern, N.H.) durch Sandauspülungen infolge der undichten Holzspundwände abgesackt , … die teilweise nicht bewehrten Sohlplatten nicht mehr tragfähig“ seien , kam das andere Gutachten hingegen zum Ergebnis, „dass die beobachteten Schäden eher lokale Beeinträchtigungen der Dauerhaftigkeit der Kaimauern darstellen, die keinen unmittelbaren Handlungsbedarf auslösen, sondern mittelfristig (3 – 5 J., N.H.) bis langfristig (10 – 15 Jahre, N.H.) beseitigt werden können.“ Die Gutachter konnten damals erhöhte Verformungen der Kaimauern feststellen . Deren wahrscheinlichste Ursache sei der seit dem letzten Jahrhundert veränderte Tidenhub der Elbe. In den letzten Jahrzehnten habe sich der Tidehub im Hamburger Hafen konstant erhöht. „Dies hat die Absenkung des Drucksache 21/10826 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 mittleren Tideniedrigwassers (MTnW) bis auf die Holzpfahlgründung der Speicher zur Folge. Daher fallen die Holzpfahlköpfe zweimal täglich für mehrere Stunden trocken.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wegen der sich aus dem erhöhten Tidenhub ergebenden höheren Wasserüberdruckbelastungen auf die Kaimauern empfahlen Gutachter (siehe oben), die Kaimauern mit schräglaufenden „Micropfählen“ rückzuverankern . Sind solcherart Baumaßnahmen mittlerweile durchgeführt oder begonnen worden? Wenn nein, warum nicht? Eine Rückverankerung mit Schrägankern wurde in Teilbereichen durchgeführt. Bei der Wahl der Sanierungsvariante müssen nicht nur der erhöhte Tidenhub, sondern auch die Höhe der Fleetsohle und die Schwächung der Holzpfähle berücksichtigt werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/10548. 2. Die in Drs. 20/4388 genannten, vorliegenden Gutachten kämen teilweise zu unterschiedlichen Einschätzungen. Vor diesem Hintergrund wollte der Senat weitere Untersuchungen zu den Sanierungsbedarfen einholen und ein „auch denkmalpflegerische Gesichtspunkte berücksichtigendes Sanierungskonzept abstimmen“. Ist dies mittlerweile geschehen? Wenn nein, ist die Aussage des Senates in seiner Presseaussendung aus dem letzten Monat, dass eine Gesamtsanierung der Kaimauern und anderer Teile der Speicherstadt ab 2019 geplant sei gleichbedeutend mit diesem oder geht auf ein solches zurück? 3. Berücksichtigen, und wenn ja, wie, die derzeitigen Senatspläne die von den damaligen Gutachtern gemachten Vorschläge, Bereiche mittlerer Schädigung mittelfristig (drei bis fünf Jahre) und die Bereiche geringerer Schädigung langfristig (zehn bis 15 Jahre) instand zu setzen? 4. Sind auch die Sanierung der Kellersohle, des Mauerwerks sowie die Verhinderung eines weiteren Ausspülens des Sandes hinter den Kaimauern berücksichtigt, so wie es in den damaligen Gutachten als nötig erachtet wurde? Die Untersuchungen, Prüfungen, Bewertungen und Planungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen siehe Drs. 21/10548. 5. In Drs. 20/4388 gibt der Senat die Kosten für die erforderliche Kaimauersanierung , die Erschließungsmaßnahmen sowie den Niedrigwasserschutz mit rund 52 Millionen Euro an. Sie sollten aus dem Sondervermögen Grundstock für Grunderwerb finanziert werden, der mit dem Haushaltsplan -Entwurf 2013/2014 weiterentwickelt werden sollte. Hat dies – wie es sich in Drs. 21/10548 implizit lesen ließe – so stattgefunden und sind die Mittel im genannten Haushalt bereitgestellt worden? Wenn ja, wie ist mit ihnen infolge umgegangen worden? Bitte für die einzelnen Doppelhaushalte angeben. Die Mittel des Grundstocks für Grunderwerb wurden teilweise als Eigenkapital in den Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) eingebracht (siehe Drs. 20/5318). In den Wirtschaftsplänen des LIG wurden für das Jahr 2013 Ausgaben von 5 Millionen Euro und für die darauffolgenden Jahre jeweils weitere 10 Millionen Euro pro Jahr für Kaimauersanierungen, Erschließungsmaßnahmen sowie Niedrigwasserschutz vorgesehen. Hiervon wurden bisher rund 8 Millionen Euro verwendet. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. bis 4. 6. Der Senat wollte für das Sondervermögen „Grundstock für Grunderwerb“ § 64 der Landeshaushaltsordnung anpassen lassen. Ist dies, wie damals vorgesehen, zusammen mit dem Haushaltsplan-Entwurf 2013/2014 in Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10826 3 die Bürgerschaft eingebracht worden und von der Bürgerschaft verabschiedet worden? Ja. Siehe Drs. 20/5318. 7. Der Grundstock sollte laut Drs. 20/4388 als werthaltige Basis die Grundstücke des Allgemeinen Grundvermögens erhalten, zu denen auch „die Speicherstadt-Grundstücke gehören“. Es sollte „ein klar abgegrenzter Rechnungskreislauf“ entstehen, „der vom Immobilienmanagement der Finanzbehörde bewirtschaftet“ werden sollte. Ist dies so zu verstehen, dass die oben genannten 52 Millionen Euro seit dieser Zeit – vorausgesetzt , sie wurden haushalterisch bereitgestellt – dort verwaltet wurden beziehungsweise werden? Ja. 8. Wie verhält sich die Aussage des Senates auf meine Frage in Drs. 21/10548 zum über die in Angriff genommene Kaimauersanierung und Fahrbahn- sowie Gehwegertüchtigung hinausgehenden Handlungsbedarf in der Speicherstadt, hier könnten möglicherweise bestehende zusätzliche Sanierungsbedarfe erst nach Abschluss der eingehenden Überprüfung des Bauwerkzustandes erfolgen, mit den in der Drs. 20/4388 gemachten Aussagen in Bezug auf die damaligen Gutachten? Siehe Antwort zu 2. bis 4. 9. Ist die in der interessierten Öffentlichkeit zu hörende Folgerung, zwischen 2012 und den jetzt vorgenommenen beziehungsweise geplanten Maßnahmen in der Speicherstadt seien rund fünf Jahre mit wenig Aktivitäten seitens des Senates beziehungsweise beauftragter Stellen zu konstatieren , richtig? Nein. 10. Welche Beziehung hat nach Wissen des Senates der von den damaligen Gutachtern für die letzten Jahrzehnte festgestellte sich konstant erhöhende Tidehub im Hamburger Hafen mit seiner Absenkung des mittleren Tideniedrigwassers (MTnW) bis auf die Holzpfahlgründung der Speicher und dem Trockenfallen der Holzpfahlköpfe zweimal täglich für mehrere Stunden zu den sogenannten Elbvertiefungen vor allem der in den Neunzigerjahren? 11. Nach „Hamburger-Abendblatt“-Informationen sahen sich Experten der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) und des Bezirks Altona am Donnerstag, 26.10.17 die oben benannten Schäden der Elbuferpromenade an. Hat die Begehung Hinweise auf die vermuteten Unterspülungen gegeben? Siehe Antwort zu 2. bis 4. 12. Welche Sicherungsmaßnahmen beziehungsweise Reparaturvorhaben sind infolge der Auswertung der Begehung durch wen und wann vorgenommen worden beziehungsweise geplant? 13. Ab wann wird der vorsorglich gesperrte Elberad- und Spazierweg voraussichtlich wieder durchgängig zu benutzen sein? Durch das Bezirksamt Altona wurden Absperrungen und Umleitungsstrecken für den Rad- und Fußgängerverkehr eingerichtet. Im Übrigen sind die Planungen noch nicht abgeschlossen.