BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10831 21. Wahlperiode 10.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus und Mehmet Yildiz (DIE LINKE) vom 02.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Hinweise auf Kindeswohlgefährdung in Hamburg Nach einer Pressemeldung des Statistikamtes Nord haben die Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen in Hamburg im Jahr 2016 gegenüber dem Jahr 2015 um 23,4 Prozent zugenommen. Nach Auskunft der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) ist die Anzahl der Meldungen von 11.271 (2015) auf 13.910 (2016) um gut 2.600 Fälle angestiegen. Wir fragen den Senat: Sowohl die Anzahl der Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen als auch die Anzahl der Meldungen, in denen sich Hinweise nach Überprüfung bestätigt haben, sind in den Jahren 2012 bis 2016 gestiegen, weisen aber Schwankungen zwischen den einzelnen Jahren auf. Der Senat hat die Kooperation der Jugendämter/ASD mit Regeleinrichtungen wie Kitas und Schulen in den vergangenen Jahren kontinuierlich verstärkt. Die sozialräumlichen Angebote der Jugend- und Familienhilfe wurden weiter ausgebaut. Dabei zeigen sich keine linearen, sondern durchaus gegenläufige Effekte. Eine gestiegene Sensibilität für den Schutz von Kindern, die unter anderem zu einer steigenden Anzahl der Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen führen kann, ist gewollt. Gleichzeitig finden vielfältige und präventiv wirksame Aktivitäten statt, die dazu beitragen, dass Familien frühzeitig Unterstützung finden. In vielen Fällen wird dadurch ein Tätigwerden der Jugendämter nicht mehr erforderlich oder weitere jugendamtliche Maßnahmen werden entbehrlich. Die Zeiten zur Bearbeitung von Hinweisen auf Kindeswohlgefährdungen sind im Personalbemessungssystem für den Hamburger ASD hinterlegt. Sie wurden mit wissenschaftlicher Begleitung eines Instituts ermittelt, das über ein ausgewiesenes Knowhow bezüglich der Entwicklung von Personalbemessungssystemen in kommunalen Diensten verfügt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Anstieg der Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen um 23,4 Prozent nicht gleichgesetzt werden kann mit einem ebensolchen Anstieg der gesamten Arbeitsmengen im ASD. So ist im Zusammenhang mit dem Ausbau der sozialräumlichen Angebote ein Rückgang des Anteils der Leistungsfälle an den insgesamt eingehenden Anliegen zu beobachten. Im Zuge der Einführung des Personalbemessungssystems wurde der Hamburger ASD um rund 75 Stellen verstärkt. Die Anzahl der Leistungsfälle pro Fachkraft, für die im Bundesgebiet eine Obergrenze von 1:35 angenommen wird, lag in Hamburg im Jahr 2016 bei 21,78. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/10831 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie hat sich die Anzahl der Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen von 2011 bis 2016 entwickelt? Bitte tabellarisch für jedes Jahr auflisten. 2. Wie verteilen sich die Meldungen in dem Zeitraum von 2011 bis 2016 auf die verschiedenen Institutionen und Einzelpersonen, die gemeldet haben? 3. Wie viele Meldungen haben sich in dem Zeitraum 2011 bis 2016 nach Überprüfung als zutreffend herausgestellt? Bitte jeweils nach Meldequellen auflisten unter Angabe der absoluten Zahlen und der prozentualen Anteile. 4. Wie verteilen sich die Kindeswohlmeldungen auf die verschiedenen Altersgruppen? Bitte getrennt nach Geschlecht für die Null- – Dreijährigen , die Drei- – Sechsjährigen, die Sechs- – 14-Jährigen und die über 14-Jährigen angeben. Die erfragten Daten sind in der Anlage dargestellt. Durch die Einführung der Software JUS-IT im Mai 2012 können erst ab diesem Zeitpunkt Daten ausgewertet werden. Es ist dabei zu beachten, dass die Daten für 2012 nicht für das gesamte Jahr erfasst wurden und daher ein Vergleich der Daten des Jahres 2012 mit den folgenden Jahren nicht möglich ist. 5. Gibt es bei den jeweiligen Altersgruppen Schwerpunkte bei der jeweiligen Art der Melder? Wenn ja, welche sind das? Für alle Altersklassen ist die Polizei als stärkste Meldergruppe vertreten. Dies wird insbesondere bei den über 14-Jährigen deutlich. Eine weitere große Meldergruppe ist die Schule bei den sechs- bis 14-Jährigen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 6. Wie hoch ist der durchschnittliche Arbeitsaufwand in Stunden pro Meldung , um sie daraufhin zu überprüfen, ob Handlungsbedarf besteht? Der durchschnittliche Arbeitsaufwand für den ASD beträgt circa eine Stunde pro Meldung , um sie daraufhin zu überprüfen, ob Handlungsbedarf besteht. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10831 3 Anlage Entwicklung der Anzahl der Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 Anzahl 7669 10981 12414 11273 13910 Quelle: JUS-IT/Datawarehouse 2012 Datenbestand vom 13.01.2013 2013 Datenbestand vom 12.01.2014 2014 Datenbestand vom 18.01.2015 2015 Datenbestand vom 10.01.2016 2016 Datenbestand vom 15.01.2017 Anzahl der Melder mit Hinweisen auf Kindeswohlgefährdungen Melder 2012 2013 2014 2015 2016 andere Einrichtung/Dienst der Erziehungshilfe 31 53 54 78 Arzt/ Ärztin 20 29 29 21 24 Auswärtiges Jugendamt 8 22 5 7 9 Betroffener/ Selbstmelder 15 22 29 27 53 BSB (Schulzwang) 1 1 Einrichtung offene Kinder- und Jugendhilfe 15 14 14 15 28 Elternteil 40 61 73 77 107 Familiengericht 1 7 11 12 17 Fördern und Wohnen 3 9 11 Gesundheitsamt 3 8 18 4 16 Hebamme 6 8 2 2 Jobcenter team.arbeit.hamburg 34 39 32 12 53 JPPD 1 2 keine Daten 264 458 585 702 1073 Kind 3 6 8 1 12 Kindertagespflegeperson 2 1 2 Kindertagesstätte 19 40 61 34 66 Kommunale Erziehungsberatungsstelle 1 3 5 1 2 Krankenhaus 20 31 40 35 71 Nachbar/in 62 67 71 54 81 Polizei/ Bundespolizei / Zoll 6912 9722 10874 9752 11509 Psychiatrie 8 6 12 8 5 REBUS 5 19 17 21 17 Schule 85 137 184 176 260 Sonstige Institution 67 91 66 76 136 Sonstige Person 54 87 92 79 119 sozialer Dienst/Jugendamt 25 52 36 99 Soziales Dienstleistungszentrum 5 13 10 14 17 Sozialraumprojekt 6 3 10 10 8 Staatsanwaltschaft 3 2 5 12 Verwandte/r 22 28 49 28 20 Summe: 7669 10981 12414 11273 13910 Quelle: JUS-IT/Datawarehouse 2012 Datenbestand vom 13.01.2013 2013 Datenbestand vom 12.01.2014 2014 Datenbestand vom 18.01.2015 2015 Datenbestand vom 10.01.2016 2016 Datenbestand vom 15.01.2017 Drucksache 21/10831 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anzahl bestätigter Meldungen zu Kindeswohlgefährdungen nach Meldern sortiert als absolute Zahlen und prozentual zur Gesamtsumme pro Jahr 2012 Melder Anzahl Anteil in % Sozialer Dienst/Jugendamt 0 0 Beratungsstelleandere 0 0 andere/r Einrichtung/Dienst der Erziehungshilfe 0 0 Einrichtung der Jugendarbeit/Kinder- und Jugendhilfe 0 0 Kindertageseinrichtung/-pflegeperson 1 0,71 Schule 17 12,06 Hebamme/Arzt/Klinik/Gesundheitsamt u.ä. Dienste 5 3,55 Polizei/Gericht/Staatsanwaltschaft 50 35,46 Eltern(-teil), Personensorgeberechtige/r 2 1,42 Minderjährige/r selbst 2 1,42 Verwandte 0 0 Bekannte/Nachbarn 1 0,71 Anonyme/r Melder/in 17 12,06 Sonstige 46 32,62 Summe: 141 Quelle: Statistik der Kinder- und Jugendhilfe 2013 Melder Anzahl Anteil in % Sozialer Dienst/Jugendamt 16 1,84 Beratungsstelleandere 9 1,03 andere/r Einrichtung/Dienst der Erziehungshilfe 16 1,84 Einrichtung der Jugendarbeit/Kinder- und Jugendhilfe 9 1,03 Kindertageseinrichtung/-pflegeperson 14 1,61 Schule 32 3,67 Hebamme/Arzt/Klinik/Gesundheitsamt u.ä. Dienste 21 2,41 Polizei/Gericht/Staatsanwaltschaft 604 69,35 Eltern(-teil), Personensorgeberechtige/r 6 0,69 Minderjährige/r selbst 8 0,92 Verwandte 3 0,34 Bekannte/Nachbarn 3 0,34 Anonyme/r Melder/in 75 8,61 Sonstige 55 6,31 Summe: 871 Quelle: Statistik der Kinder- und Jugendhilfe 2014 Melder Anzahl Anteil in % Sozialer Dienst/Jugendamt 22 2,2 Beratungsstelleandere 6 0,6 andere/r Einrichtung/Dienst der Erziehungshilfe 23 2,3 Einrichtung der Jugendarbeit/Kinder- und Jugendhilfe 9 0,9 Kindertageseinrichtung/-pflegeperson 27 2,69 Schule 51 5,09 Hebamme/Arzt/Klinik/Gesundheitsamt u.ä. Dienste 26 2,59 Polizei/Gericht/Staatsanwaltschaft 648 64,67 Eltern(-teil), Personensorgeberechtige/r 13 1,3 Minderjährige/r selbst 12 1,2 Verwandte 8 0,8 Bekannte/Nachbarn 7 0,7 Anonyme/r Melder/in 98 9,78 Sonstige 52 5,19 Summe: 1002 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10831 5 Quelle: Statistik der Kinder- und Jugendhilfe 2015 Melder Anzahl Anteil in % Sozialer Dienst/Jugendamt 17 1,91 Beratungsstelleandere 6 0,67 andere/r Einrichtung/Dienst der Erziehungshilfe 24 2,7 Einrichtung der Jugendarbeit/Kinder- und Jugendhilfe 3 0,34 Kindertageseinrichtung/-pflegeperson 9 1,01 Schule 51 5,73 Hebamme/Arzt/Klinik/Gesundheitsamt u.ä. Dienste 18 2,02 Polizei/Gericht/Staatsanwaltschaft 498 55,96 Eltern(-teil), Personensorgeberechtige/r 16 1,8 Minderjährige/r selbst 8 0,9 Verwandte 5 0,56 Bekannte/Nachbarn 9 1,01 Anonyme/r Melder/in 166 18,65 Sonstige 60 6,74 Summe: 890 Quelle: Statistik der Kinder- und Jugendhilfe 2016 Melder Anzahl Anteil in % Sozialer Dienst/Jugendamt 30 2,84 Beratungsstelleandere 4 0,38 andere/r Einrichtung/Dienst der Erziehungshilfe 41 3,88 Einrichtung der Jugendarbeit/Kinder- und Jugendhilfe 12 1,14 Kindertageseinrichtung/-pflegeperson 11 1,04 Schule 43 4,07 Hebamme/Arzt/Klinik/Gesundheitsamt u.ä. Dienste 28 2,64 Polizei/Gericht/Staatsanwaltschaft 574 54,31 Eltern(-teil), Personensorgeberechtige/r 17 1,61 Minderjährige/r selbst 22 2,08 Verwandte 5 0,47 Bekannte/Nachbarn 4 0,38 Anonyme/r Melder/in 196 18,54 Sonstige 70 6,62 Summe: 1057 Quelle: Statistik der Kinder- und Jugendhilfe Anzahl der Hinweise zu Kindeswohlgefährdungen nach Altersgruppen Altersgruppe Geschlecht 2012 2013 2014 2015 2016 0 bis u.3 keine Daten 0 3 6 1 4 männlich 349 544 623 657 757 weiblich 329 412 574 581 708 0 bis u.3 Summe: 678 959 1203 1239 1469 3 bis u.6 keine Daten 1 0 0 0 5 männlich 298 423 501 538 667 weiblich 293 411 424 500 582 3 bis u.6 Summe: 592 834 925 1038 1254 6 bis u.14 keine Daten 1 1 1 1 2 männlich 1182 1646 2054 1730 2099 weiblich 753 1009 1297 1201 1420 6 bis u.14 Summe: 1936 2656 3352 2932 3521 Drucksache 21/10831 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Altersgruppe Geschlecht 2012 2013 2014 2015 2016 Über 14 keine Daten 57 47 41 41 49 männlich 3107 4510 4859 4092 5192 weiblich 1299 1975 2034 1931 2425 Über 14 Summe: 4463 6532 6934 6064 7666 Gesamt Summe: 7669 10981 12414 11273 13910 Quelle: JUS-IT/Datawarehouse 2012 Datenbestand vom 13.01.2013 2013 Datenbestand vom 12.01.2014 2014 Datenbestand vom 18.01.2015 2015 Datenbestand vom 10.01.2016 2016 Datenbestand vom 15.01.2017