BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10843 21. Wahlperiode 10.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Peter Lorkowski (AfD) vom 02.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Keine Flutschutzwarnung an Betriebe am 28./29.10.2017? Im Verlauf des 28.10. und 29.10.2017 kam es im Hamburger Stadtgebiet zu einer schweren Sturmflut. Normalerweise werden die im betroffenen Gebiet ansässigen Betriebe vor einer erwarteten Sturmflut rechtzeitig, das heißt mindestens sechs Stunden vorher, informiert. In jüngerer Zeit wurde zu diesem Zweck das elektronische Warnsystem KATWARN eingeführt, durch welches Warnmeldungen per SMS möglich sind. Nach uns vorliegenden Beschwerden von ansässigen Unternehmen hat es für den betreffenden Zeitraum jedoch keinerlei Warnungen an die Unternehmen gegeben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die für die Sturmflutabwehr in Hamburg zuständigen Behörden erhalten ihre Informationen aus den Vorhersagen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) sowie vom Sturmflutwarndienst Hamburg (WADI). Die Vorhersagen liegen aufgrund moderner Berechnungsmethoden grundsätzlich ausreichend früh und präzise vor. Extremwetterereignisse können jedoch hoch dynamisch sein und lassen sich nicht immer exakt vorhersagen. Das BSH hat bereits ab dem 28. Oktober 2017 um 20.28 Uhr vor einer schweren Sturmflut gewarnt. Diese Warnungen werden unter anderem im Internet veröffentlicht, an den Norddeutschen Rundfunk und an das Seewetteramt weitergeleitet, welches die regionalen Radiosender informiert. Über die regionalen Radiosender werden dann die Sturmflutwarnungen veröffentlicht. Im Verlauf des Sturmes am 29. Oktober haben DWD, BSH und WADI aufgrund der sich ständig ändernden Wetterlage ihre Vorhersagen entsprechend den aktuellen Entwicklungen angepasst. Dieses vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie ist das Hamburgische Flutwarnsystem organisiert? Die Behörden sind für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständig und treffen die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Warnung der Bevölkerung. Diese haben den Zweck, die Bevölkerung auf drohende Gefahren aufmerksam zu machen und sie zu informieren, damit sie eigene Vorsorgemaßnahmen treffen kann. Dazu erfolgen Warnungen über Rundfunk, Fernsehen, das Internet, den WADI-Funk, über Lausprecherdurchsagen, mittels Böllerschüssen sowie telefonische Einzelwarnungen der Hafenbewohner. Zusätzlich sind die Ansage- und Auskunftsdienste der Hamburg Port Authority (HPA) und des BSH über aktuelle Sturmflutwarnungen und Drucksache 21/10843 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wasserstände geschaltet. Ergänzend besteht die Möglichkeit der Information der Bevölkerung über die Warnsysteme KatWarn (WarnApp und SMS-Warnsystem), Flutwarn (spezielle Version von KatWarn für das Hafengebiet) und NINA (WarnApp). Die Warnung der Bevölkerung vor Sturmflutgefahren erfolgt in Hamburg in einem stufigen Verfahren, das sich an den Wasserstandprognosen des BSH und WADI für den Pegel St. Pauli orientiert. Diese Prognosen erfolgen in der Regel circa 9 bis 12 Stunden vor dem astronomischen Hochwasser. Für Sturmfluten von mehr als 3,63 m über Normalhöhennull (NHN) bis 4,50 m über NHN sind die Vorhersagen und Sturmflutwarnungen des BSH für die Hamburger Behörden maßgeblich. Die Warnungen des BSH werden über Internet, Rundfunk und Fernsehen verbreitet und an die Hamburger Behörden weiter gegeben. Auf der Grundlage dieser Warnungen und Prognosen treffen die für den öffentlichen Sturmflutschutz zuständigen Behörden und Bereiche, wie Behörde für Inneres und Sport (Katastrophenschutz, Polizei und Feuerwehr), Behörde für Umwelt und Energie (BUE), Landesbetrieb für Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), Hamburg Port Authority sowie Bezirksämter vorbereitende Maßnahmen zur Sturmflutabwehr. Bei Wasserstandsprognosen von mehr als 4,50 m NHN sind für Hamburg die Informationen und Warnungen des WADI maßgeblich. Dieser übermittelt seine Erkenntnisse an die oben genannten Behörden. Über die bereits getroffenen Vorkehrungen hinaus warnen die Bezirke Hamburg-Mitte, Harburg und Altona im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit in bestimmten sturmflutgefährdeten Bereichen mit Lautsprecherdurchsagen die Bevölkerung. Der Hafenstab setzt sich zusammen. Von hier erfolgt eine telefonische Einzelwarnung von Hafenbetrieben und Hafenbewohnern. Die Sturmflutwarnungen des WADI werden über das Warnsystem „FlutWarn“ an angeschlossene Nutzer (zum Beispiel Verantwortliche von Hafenbetrieben) und über den WADI-Funk verbreitet. Bei prognostizierten Pegelständen von mehr als 5,00 m über NHN werden die Katastrophendienststäbe der Stadt tätig. Der Zentrale Katastrophendienststab Hamburg der Behörde für Inneres und Sport (BIS) veranlasst über das Modulare Warnsystem (MoWaS) die Warnung der Bevölkerung über Rundfunk, Fernsehen, Internetredaktionen , Presseagenturen und andere Medien mittels vorgefertigter amtlicher Gefahrendurchsagen . Ergänzend besteht die Möglichkeit, mit den Systemen KatWarn und NINA (an MoWaS angebunden) zu warnen. Werden seitens des BSH oder Wadi sehr schwere Sturmfluten prognostiziert, die die Sicherheit der öffentlichen Hochwasserschutzanlagen gefährden oder diese in der Höhe überschreiten könnten, würde der Zentrale Katastrophendienststab (ZKD) die Aktivierung der Sirenen veranlassen, die flächendeckend über das gesamte sturmflutgefährdete Gebiet installiert sind. Die gesamten Maßnahmen zur Abwehr der Gefahren durch eine Sturmflut werden stets lageangepasst unter Berücksichtigung des Einzelfalles getroffen. Die Eigentümer privater Häuser und Eigentümer von Betrieben, die außerhalb der öffentlichen Hochwasserschutzlinie Hamburgs in tidebeeinflussten Gebieten liegen, sind gehalten, sich im Falle einer Sturmflutwarnung umfassend und fortlaufend über die aktuelle Lage zu informieren und rechtzeitig eigene Vorsorgemaßnahmen einzuleiten . Diese Verantwortung für das Eigentum ergibt sich unter anderem aus dem Hamburger Wassergesetz, der Flutschutzverordnung HafenCity oder der Polderverordnung . 2. Auf welche Weise werden in vermutlichen Flutgebieten liegende Betriebe proaktiv über anstehende Flutereignisse informiert? Wie ist dabei sichergestellt, dass diese Warnungen die betreffenden Empfänger erreichen ? Das Ziel einer Behördenwarnung ist stets – bei Beachtung der rechtlichen und faktischen Möglichkeiten – einen möglichst großen Anteil der Bevölkerung zu erreichen. Das individuelle Verhalten, der Aufenthaltsort und die technischen Möglichkeiten des Adressaten bestimmen, ob die Warnungen den Empfänger erreichen. Im Übrigen siehe hierzu die Vorbemerkung und Antwort zu 1. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10843 3 3. Warum sind diese Warnungen im betreffenden Zeitraum nicht erfolgt? Aufgrund der Vorhersagen des BSH und des WADI mit einer zu erwartenden schweren Sturmflut bei einem Hochwasser von 4,60 m (+/– 0,25m) über NHN (Pegel St. Pauli) am 29. Oktober 2017 um 10.08 Uhr sind die Warnungen aus dem Bereich des öffentlichen Hochwasserschutzes angelaufen. Die Polizei hat ab am 28. Oktober 2017 um 18.45 Uhr eine entsprechende Rundfunkdurchsage veranlasst. Am 29. Oktober wurde ab 2 Uhr mittels Böllerschießen gewarnt. Die Bezirksämter haben die Warnung der Bevölkerung mit Lautsprecherfahrzeugen eingeleitet, der Hafenstab hat über FlutWarn die Anlieger gewarnt. Ab 06.41 Uhr wurde das Hochwasser mit 5,10 m (+/– 0,25m) für 09.30 Uhr vorhergesagt . Dementsprechend wurden die Lautsprecherdurchsagen aufgrund der veränderten Prognosen angepasst. Durch die Polizei wurde um 07.24 Uhr eine Gefahrendurchsage über MoWaS an die regionalen Rundfunksender veranlasst. Der ZKD hat in Absprache mit dem WADI um 08.30 Uhr die Warnung über MoWaS ergänzt, dass voraussichtlich bereits um 09.30 Uhr eine Höhe von 5,40 m über NHN erreicht wird. Dieses schließt eine Warnung über NINA ein. Aufgrund der fortgeschritten Zeit und des bestehenden Pegelstandes wurde zu diesem Zeitpunkt auf eine ergänzende Warnung über KatWarn verzichtet. Im Übrigen siehe hierzu die Vorbemerkung und Antwort zu 1. 4. In der Tagespresse wurde auch thematisiert, dass einige Flutschutztore nicht geschlossen wurden. Für welche Flutschutztore trifft dies zu? Es ist zu unterscheiden zwischen Flutschutztoren, die zu den öffentlichen Hochwasserschutzanlagen gehören und Flutschutztoren, die im privaten Eigentum stehen. Die öffentlichen Hochwasserschutztore wurden alle rechtzeitig geschlossen. Zu den privaten Flutschutztoren kann der Senat grundsätzlich keine Auskünfte geben. Anlässlich eines Einsatzes hat die Feuerwehr festgestellt, dass die Flutschutztore am Objekt Am Sandtorkai 62 nicht ordnungsgemäß verschlossen waren. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Wer ist für die Schließung der Flutschutztore zuständig beziehungsweise damit beauftragt? Welche Kosten sind für diese Beauftragung für die Jahre 2015, 2016 und 2017 jeweils angefallen? Für den Betrieb einschließlich der Schließung und Unterhaltung der Hochwasserschutztore ist die BUE zuständig. Diese hat die Aufgabe an den LSBG übertragen, welche die Hamburger Stadtentwässerung AöR und die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) mit der Schließung beauftragt hat. Insgesamt entstehen jährlich Kosten für die Beauftragung Dritter in Höhe von rund 100.000 Euro. Die Schließung privater Flutschutztore ist durch den jeweiligen Eigentümer zu organisieren . Im Übrigen siehe hierzu Vorbemerkung und Antworten zu 1. und zu 4. 6. Welche Maßnahmen wurden oder werden durch die zuständige Behörde eingeleitet, um eine korrekte Schließung der Flutschutztore im Gefahrenfall in Zukunft sicherzustellen? Die öffentlichen Flutschutztore werden nach einem vom LSBG aufgestellten Plan durch dafür vorgesehene Einsatzkräfte geschlossen. Dieser Plan hat sich in der Vergangenheit und bei dem aktuellen Anlass bewährt. Sollte ein Eigentümer versäumt haben, sein privates Flutschutztor zu schließen, wird die zuständige Behörde tätig, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antworten zu 1., zu 4. und zu 5.