BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10846 21. Wahlperiode 10.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwaldt (CDU) vom 02.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Am 1. November startete das Winternotprogramm 2017/2018 – Wie steht es mit den Planungen? Mittlerweile hat der Senat mitgeteilt, dass in dem am 1. November gestarteten Winternotprogramm (WNP) 873 Plätze zur Verfügung stehen werden. Allerdings wurde bisher nicht bekannt, ob es infolge der Auswertung des Winternotprogramms 2016/2017 beispielsweise Veränderungen des Beratungsangebotes geben wird. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Standen im Winternotprogramm 2016/2017 für den Standort Schaarsteinweg noch 385 Plätze zur Verfügung, für den Standort Münzstraße (jetzt Friesenstraße) 425 Plätze und bei den Kirchengemeinden 130 Plätze, sind es jetzt nur noch 360, 400 und 113 Plätze. Wieso kommt es jeweils zu der Reduzierung? Ist eine Ausweitung der Platzzahl unter jeweils welcher Voraussetzung möglich? Wenn ja, an welchem Standort? Wenn nein, warum nicht beziehungsweise wie soll eine Kompensation stattfinden? Die zum Start des Winternotprogramms (WNP) vorgehaltene Platzkapazität an den beiden Standorten des städtischen Betreibers f & w fördern und wohnen AöR (f & w) ist mit 760 Plätzen (400 am neuen Standort Friesenstraße; 360 am erneut genutzten Standort Schaarsteinweg) identisch zum anfänglichen Platzangebot des Vorjahres. Im Vorjahr sind kurz nach Beginn des WNP Platzreserven im Umfang von jeweils 25 zusätzlichen Plätzen an beiden Standorten zur Verfügung gestellt worden, vergleiche Drs. 21/6814. Im laufenden WNP liegt die Reservekapazität im Schaarsteinweg unverändert bei 25 Plätzen, am Standort Friesenstraße ließe sich eine Reserve bis zu 60 Plätzen realisieren. Das Angebot in Wohncontainern der Kirchengemeinden und anderen Einrichtungen im Rahmen des WNP unterliegt erfahrungsgemäß jährlichen Schwankungen, die unter anderem mit der Verfügbarkeit entsprechender Aufstellflächen und mit den Einsatzmöglichkeiten ehrenamtlichen Personals zusammenhängen. Eine Ausweitung dieses Platzangebots im laufenden WNP ist aufgrund des bereits durchgeführten Teilnahmeverfahrens mit den Kirchengemeinden sowie der erforderlichen Vorlaufzeiten und Kosten für die Herrichtung neuer Standorte grundsätzlich nicht vorgesehen. 2. Wie sieht das aktuelle Beratungsangebot in Bezug auf die VZÄ und Beratungszeiten von f & w fördern und wohnen AöR und plata/sansa aus? Welche weiteren Beratungsangebote gibt es? Drucksache 21/10846 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 An den Standorten im WNP sind Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im unveränderten Umfang von insgesamt 14 Vollzeitäquivalenten in der Beratung tätig. Die Beratung erfolgt ganztägig nach Vereinbarung. Während der Öffnungszeiten finden Erstgespräche sowie Beratungen in akuten Fällen statt. Zum Beratungsangebot von Plata/Sansa siehe Drs. 21/5420 sowie 21/6426. Darüber hinausgehende Beratungsangebote finden sich im sozialen Hilfesystem für wohnungslose Menschen. Eine aktualisierte Fassung der entsprechenden Broschüre ist rechtzeitig vor Beginn des WNP veröffentlicht worden und abrufbar unter: http://www.hamburg.de/obdachlosigkeit/veroeffentlichungen/116870/hilfesystembrosch /. 3. Welche Veränderungen gegenüber Vorjahr gibt es beim aktuellen WNP? Warum wurden diese vorgenommen? Wenn keine Veränderungen vorgenommen wurden, warum nicht? Das hamburgische WNP weist bereits im Vergleich zu anderen Städten einen sehr hohen Standard auf. Gleichwohl haben die BASFI und der Betreiber f & w erneut die Bedarfslage überprüft und weitere Verbesserungen realisiert, die sowohl den Bedürfnissen der Menschen im WNP als auch den Interessen der Anliegerinnen und Anlieger der Standorte zusätzlich Rechnung tragen. Das laufende WNP wird mit Blick auf die frühen Osterfeiertage diesmal bis zum 2. April bereitgestellt, die letzte Übernachtung findet also in der Nacht auf den 3. April statt. Die Öffnungszeiten sind um eine halbe Stunde erweitert worden, um eine bessere Verzahnung mit Tagesaufenthaltsangeboten sowie eine Entzerrung der Bewegungsströme im morgendlichen Berufs- beziehungsweise Anwohnerverkehr zu erreichen. Das WNP ist geöffnet von 17 – 9:30 Uhr. Am Standort Friesenstraße sind ein barrierefreier Zugang und eine barrierefreie Nutzung von Sanitäranlagen für Menschen mit Rollstuhl möglich. In den Übernachtungsräumen befinden sich abschließbare Schränke, in denen die Menschen auch tagsüber ihr Gepäck verwahren können. Insoweit werden sowohl der Tagesaufenthalt als auch die Einlasssituation für die Menschen deutlich erleichtert. Der Wachdienst wird bereits eine Stunde vor Einlass, also ab 16 Uhr im Außenbereich präsent sein, um die Aufenthalts- und Wartesituation zu begleiten und Konflikten bereits dort vorzubeugen. Die Einsatzzeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von f & w wurden den Bedarfen entsprechend neu abgestimmt. Die Sozialarbeiter stehen am Abend eine Stunde länger bis 22 Uhr zur Verfügung. Das technische Personal ist an beiden Standorten um je zwei Vollzeitäquivalente erhöht worden, um auch zusätzliche Aufgaben zur Sicherstellung von Sauberkeit und Ordnung im unmittelbaren Außengelände zwischen den (ohnehin erhöhten) Reinigungsintervallen der Stadtreinigung übernehmen zu können. 4. Wie viele der im WNP vorgesehenen Plätze werden speziell Frauen wo angeboten? Welche Beratungsangebote speziell für Frauen stehen dort jeweils zur Verfügung? In der Friesenstraße gibt es insgesamt 78 Schlafplätze für Frauen, im Schaarsteinweg sind es 56 Schlafplätze. Sie befinden sich in jeweils abgetrennten Bereichen, deren Zugang ausschließlich durch Mitarbeiterinnen des Sicherheitsdienstes kontrolliert wird. Die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen in den Standorten sind auch für frauenspezifische Themen geschult und auf entsprechende Problematiken vorbereitet. Darüber hinaus stellen die Kirchengemeinden und weiteren Einrichtungen insgesamt 31 Containerplätze ausschließlich für Frauen (davon acht Containerplätze für Transgender -Frauen) zur Verfügung. Ihre Beratung erfolgt im Rahmen der Anbindung an das ganzjährige soziale Hilfesystem für wohnungslose Menschen (siehe auch Drs. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10846 3 21/3892), unter anderem im Tagestreff Kemenate für wohnungslose Frauen (vergleiche Drs. 21/6426). 5. In Drs. 21/7219 steht, dass der Tagesaufenthalt Hinrichsenstraße mit 100 Plätzen im November 2016 nur von durchschnittlich 13 Personen genutzt wurde. a) Wie war die durchschnittliche Nutzung in den vergangenen zwölf Monaten? Bitte nach Monaten aufschlüsseln. Für die Monate Dezember 2016 bis Oktober 2017 ergaben sich für die Tagesaufenthaltsstätte in der Hinrichsenstraße folgende durchschnittliche Nutzungszahlen. Sie geben die durchschnittliche Anzahl von Personen wieder, die das Angebot an den Öffnungstagen (Wochenenden und Feiertage, siehe Drs. 21/6426) genutzt haben. Die Auslastung der zur Verfügung stehenden Plätze im Tagesverlauf wird statistisch nicht erfasst. Monat Personen Dez 16 30 Jan 17 50 Feb 17 73 Mrz 17 72 Apr 17 45 Mai 17 50 Jun 17 51 Jul 17 44 Aug 17 39 Sep 17 45 Okt 17 64 b) Wenn die durchschnittliche Nutzung insgesamt so niedrig ist: Wie erklärt der Senat den Umstand, zumal die Nutzung anderer Tagesaufenthalte deutlich höher liegt? Die Inanspruchnahme von Tagesaufenthaltsangeboten steht neben der Bedarfslage erfahrungsgemäß auch im Zusammenhang mit dem Bekanntheitsgrad beziehungsweise der Verankerung in der Wohnungslosenszene sowie dem Angebotsspektrum der Einrichtungen. Das Tagesaufenthaltsangebot in der Hinrichsenstraße ist erst in der Laufzeit des letzten WNP kurzfristig entstanden, um Angebotsengpässe an Wochenenden und Feiertagen abzufedern. 6. Mit Drs. 21/7003 ist der Senat ersucht worden, eine weitere Tagesaufenthaltsstätte einzurichten, die sieben Tage die Woche durchgehend geöffnet hat. Bis vor Kurzem war der Eindruck entstanden, dass der Senat diesem Ersuchen mit der Öffnung des Standortes Hinrichsenstraße über das WNP hinaus umgesetzt habe, doch dieser ist nur am Wochenende tagsüber geöffnet. Wieso hat der Senat das Ersuchen noch nicht umgesetzt und wann wird er das wo und wie tun? Welche Träger sind in die Umsetzungspläne mit eingebunden? Eine intensivere Prüfung der Erweiterungsmöglichkeiten für das vom städtischen Betreiber f & w eingerichtete Tagesaufenthaltsangebot in der Hinrichsenstraße hat ergeben, dass eine durchgängige Öffnung der Tagesaufenthaltsstätte an sieben Tagen in der Woche nur eingeschränkt mit der unmittelbar angrenzenden Kindertagesstätte zu vereinbaren ist. Die zuständige Behörde hat deshalb die Suche nach einem neuen Standort für eine Tagesaufenthaltsstätte in die Prüfung mit einbezogen. Hieran ist f & w beteiligt. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. 7. Rot-Grün betont stets, wie wichtig die Tagesaufenthaltsstätten in seinem WNP-Konzept seien, zumal vor dem Hintergrund, dass die Übernachtungsstätten tagsüber schließen. Drs. 21/10479 ist aber zu entnehmen, Drucksache 21/10846 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 dass von 859 Plätzen in Tagesaufenthaltsstätten nur 271 auch sonntags geöffnet haben. Wie begründet der Senat diese massive Einschränkung des Platzangebotes? Die im Wochen- und Tagesverlauf zur Verfügung stehenden Tagesaufenthaltskapazitäten richten sich nach den Öffnungszeiten der zumeist in freier Trägerschaft stehenden Einrichtungen. Die Bemühungen der zuständigen Behörde, mit den Trägern dieser Einrichtungen eine Ausweitung der Öffnungszeiten in das Wochenende zu erreichen, haben bisher nicht zu einer dauerhaften Lösung geführt. Die Bereitstellung eigener Aufenthaltsangebote durch den Betreiber f & w (siehe auch Antwort zu 6.) ist ein Ansatz, die bedarfsgerechte Abdeckung dennoch sicherzustellen und weiter auszubauen. 8. Ist die Kostenkalkulation für das gesamte Winternotprogramm 2017/ 2018 zwischenzeitlich abgeschlossen? Mit welchen Kosten rechnet der Senat für das Winternotprogramm? Das zurückliegende WNP 2016/2017 hat Gesamtkosten in Höhe von circa 4,5 Millionen Euro verursacht. Bei einem in den Eckpfeilern vergleichbaren Programmangebot des WNP 2017/2018 ist unter Einbeziehung geringerer Herrichtungskosten einerseits und der andererseits infolge nochmaliger Standardanhebung (siehe Antwort zu Frage 3.) zusätzlich entstehenden Betriebskosten letztlich von einem Gesamtvolumen in ähnlicher Größenordnung auszugehen.