BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10848 21. Wahlperiode 10.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein und Jennyfer Dutschke (FDP) vom 02.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Verschwundene ausreisepflichtige Asylbewerber Nach aktuellen Berichten sind derzeit 30.000 Asylbewerber nicht aufzufinden . Die Ämter wissen nichts über den Aufenthaltsort dieser ausreisepflichtigen Asylbewerber. Es ist nicht auszuschließen, dass viele dieser Ausreisepflichtigen bereits untergetaucht sind. Dies erklärte das Bundesinnenministerium . Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Eine Ausreisepflicht für ausländische Staatsangehörige kann sich aus unterschiedlichen Umständen ergeben, zum Beispiel aus der Ausreiseaufforderung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach Ablehnung eines Schutzantrages aus dem Status der Aufenthaltsgestattung heraus oder aus dem Ablauf eines zeitlich befristeten Aufenthaltstitels. Darüber hinaus besteht rechtsförmlich eine andauernde Ausreisepflicht bei Personen, die sich im Status einer Duldung befinden, hier können aber rechtliche oder tatsächliche Gründe einer Umsetzung dieser Ausreisepflicht entgegenstehen , wie zum Beispiel die gemeinsame Sorge für ein Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit oder fehlende Reisedokumente. Ausreisepflichtige Personen erhalten, soweit sie erklären, ihrer Ausreisepflicht entsprechen zu wollen, eine Grenzübertrittsbescheinigung zum Nachweis ihrer Ausreise aus dem Schengen-Raum. Ausreisepflichtige Personen können die Bundesrepublik Deutschland tatsächlich aber auch ohne eine solche Bescheinigung verlassen und sich innerhalb des Schengen-Raumes bewegen sowie den Schengen-Raum verlassen , ohne dass sie sich bei der zuständigen Ausländerbehörde abmelden oder diese Kenntnis von der Ausreise erhält. Ein Grenzregime, das solche Ausreisen aus dem Schengen-Raum regelhaft erfasst, dokumentiert und an die betreffenden Ausländerbehörden meldet, ist bisher durch die Mitgliedsstaaten nicht eingerichtet worden. Grundsätzlich sehen das Ausländerrecht und das Melderecht in solchen Fällen vor, dass die ins Ausland ziehenden Personen sowohl der Melde- als auch der Ausländerbehörde ihren Wegzug melden. Tatsächlich ist aber, nicht nur bei ausreisepflichtigen Ausländern, festzustellen, dass diese Abmelderegelung durch die Betroffenen bei Fortzügen in das Ausland häufig nicht berücksichtigt wird. Soweit die betroffenen ausländischen ausreisepflichtigen Staatsangehörigen in ihre Herkunftsstaaten zurückkehren , sehen sie auch nicht durchgehend die Notwendigkeit, dies der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, wenn sie deren Unterstützung bei der Rückreise nicht benötigen. Die zuständige Ausländerbehörde stellt in solchen Fällen dann fest, dass die betreffenden Personen keinen Antrag auf Verlängerung des jeweiligen Aufenthaltstitels beziehungsweise der jeweiligen Bescheinigung stellen, und lädt sie vor. Kommen die Vorgeladenen der Vorladung nicht nach und sind sie in einer öffentlichen Unterkunft (Erstaufnahme- oder Folgeeinrichtung) gemeldet, wird Kontakt zu der dor- Drucksache 21/10848 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 tigen Unterkunftsleitung zur Klärung des Aufenthaltes aufgenommen. Führen diese Maßnahmen nicht zu einer Feststellung der Person innerhalb von sechs Wochen nach Ablauf der Befristung, wird im ausländerbehördlichen Fachverfahren der Eintrag „ohne festen Wohnsitz“ eingetragen. Eine Anmeldung an einem anderen Wohnsitz löst eine Mitteilung an die Ausländerbehörde aus, die die entsprechenden Schritte einzuleiten hat. Mit dem Ablauf der entsprechenden Aufenthaltstitel beziehungsweise Bescheinigungen können die betreffenden Personen unabhängig davon keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder dem SGB mehr erhalten. Soweit die Person sich trotz der bestehenden Ausreisepflicht und des Ablaufens entsprechender Aufenthaltstitel oder Bescheinigungen weiter im Bundesgebiet aufhält, stellt die Polizei bei einem Antreffen dieser Person einen illegalen Aufenthalt fest und nimmt eine entsprechende Mitteilung an die zuständige Ausländerbehörde vor. Die weiteren Maßnahmen werden dann abhängig vom Einzelfall durch die zuständige Ausländerbehörde veranlasst. Dazu gehört auch die unmittelbare Beantragung von Abschiebehaft. Stellt die Ausländerbehörde im Rahmen von Maßnahmen zur Vollstreckung einer Abschiebung fest, dass eine Person an der bei der Ausländerbehörde eingetragenen Anschrift tatsächlich nicht aufhältlich ist, erfolgt umgehend die ausländer- und melderechtliche Abmeldung. Darüber hinaus wird die Person zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben . Sofern zum Zeitpunkt eines möglichen Antreffens der Person Haftgründe nach § 62 Aufenthaltsgesetz bestehen, wird die betroffene Person zusätzlich zur Festnahme ausgeschrieben. Inwieweit Personen tatsächlich in der Bundesrepublik Deutschland und in Hamburg verbleiben, kann vor dem Hintergrund der geschilderten Situation nicht valide beurteilt werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele ausreisepflichtige Asylbewerber sind in Hamburg erfasst beziehungsweise sind nach dem Ausländerzentralregister als ausreisepflichtig gemeldet? Asylbewerbern ist für die Dauer ihres Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 55 Asylgesetz gestattet, sie sind demnach nicht ausreisepflichtig. Bezüglich der Zahlen der für Hamburg im Ausländerzentralregister (AZR) erfassten ausreisepflichtigen Ausländer siehe Drs. 21/10677. Der Anteil der abgelehnten Asylbewerber an der Gesamtzahl der Ausreisepflichtigen ist der AZR-Statistik nicht zu entnehmen. 2. Wie viele in Hamburg registrierte ausreisepflichtige Asylbewerber beziehungsweise Asylbewerber aus Hamburg sind unter den derzeit verschwundenen Asylbewerbern in Deutschland? a. Wie viele der verschwundenen Asylbewerber aus Hamburg wurden seit wann als „Gefährder“ eingestuft? b. Seit wann hat die zuständige Behörde beziehungsweise der Senat von den verschwundenen Asylbewerbern Kenntnis erlangt? c. Warum hatte die zuständige Behörde keine Kenntnis von den verschwundenen ausreisepflichtigen Asylbewerbern? d. Welche Maßnahmen werden nun vonseiten der Freien und Hansestadt Hamburg beziehungsweise in Kooperation mit dem Bund getroffen, um diese ausreisepflichtigen Asylbewerber zu finden? 3. Wie viele in Hamburg registrierte ausreisepflichtige Asylbewerber beziehungsweise Asylbewerber aus Hamburg sind in den Jahren 2010 bis 2017 verschwunden? Unter den in Hamburg als Gefährder geführten Personen befindet sich kein „verschwundener “ Asylbewerber. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10848 3 Die zuständige Behörde erfasst im Rahmen der internen Rückführungsstatistik auch die monatlich erfolgten Meldungen von ausreisepflichtigen Personen als „ohne festen Wohnsitz“, um damit einen gegebenenfalls vorläufigen Verfahrensabschluss zu dokumentieren. Demnach erfolgten im gefragten Zeitraum insgesamt 2.316 Meldungen . Nicht erfasst wird dabei, wie viele der ausreisepflichtigen Personen ehemalige Asylbewerber sind. Auch sagt diese Zahl sagt nicht aus, wie viele Personen tatsächlich dauerhaft „verschwunden“ sind, da ausreisepflichtige Personen, die später wieder auftauchen, zwar erneut in die ausländerbehördliche Sachbearbeitung aufgenommen werden, darüber aber keine Statistik geführt wird. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.