BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10880 21. Wahlperiode 14.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Westenberger (CDU) vom 07.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Handelskammer Hamburg verlässt IHK Nord Einem Bericht des „Hamburger Abendblatts“ zufolge hat das Präsidium der Handelskammer Hamburg unter Präses Tobias Bergmann den Entschluss gefasst, Ende 2018 die IHK Nord zu verlassen. Der Meldung zufolge sorgt jedoch nicht allein die Entscheidung für Unmut bei den Hamburger Wirtschaftsvertretern , sondern insbesondere die Art und Weise der Entscheidungsfindung – diese wurde nämlich im Plenum weder diskutiert noch einer Abstimmung zugeführt. Grund für den angekündigten Austritt seien die hohen Mitgliedskosten sowie der geringe Ertrag, den die Mitgliedschaft mit sich brächte. Zudem sei die Handelskammer bereits Mitglied des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), welcher die Vertretung in Brüssel übernähme. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bislang liegt kein verbindlicher Beschluss der Handelskammer Hamburg zu einer Beendigung der Mitgliedschaft im IHK Nord e.V. vor. Zu Äußerungen des Präsidiums der Handelskammer Hamburg sowie zu hypothetischen Fragestellungen nimmt der Senat grundsätzlich nicht Stellung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Handelskammer Hamburg wie folgt: 1. Wie schätzt der Senat die Folgen dieses Beschlusses ein? 2. Verlieren aus Sicht des Senats Angelegenheiten, mit denen sich Hamburger Unternehmen an die lokale Handelskammer wenden, an überregionaler Bedeutung? Wenn nein, weshalb nicht? 3. Das wirtschaftliche Wohlergehen der Freien und Hansestadt Hamburg hängt nicht zuletzt vom wirtschaftlichen Gedeih der anderen norddeutschen Bundesländer ab. Welches Konzept hinsichtlich eines neuen Koordinationsgremiums ist aus Sicht des Senats geeignet, um wirtschaftspolitische Angelegenheiten, die nicht nur die Freie und Hansestadt Hamburg, sondern alle norddeutschen Länder betreffen, zu besprechen? Sofern zum jetzigen Zeitpunkt allein informelle Treffen am Rande von Sitzungen des Bundesrats stattfinden, besteht die Absicht, ein neues Gremium einzurichten, welche die Koordination solcher Anliegen übernehmen würde? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/10880 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Handelt es sich aus Sicht des Senats bei der Mitgliedschaft der Handelskammer bei der DIHK und der IHK Nord um eine „Doppelmitgliedschaft “? Wenn ja, wie fasst der Senat die Rolle der IHK Nord auf, welche durch eine Mitgliedschaft im DIHK scheinbar obsolet wäre? Nein. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) und der IHK Nord e.V. sind Vereine mit unterschiedlichen Satzungszwecken. 5. Welchen Stellenwert nahm die Arbeit der Handelskammer Hamburg in der IHK Nord in den vergangenen vier Jahren ein? Nach Auskunft der Handelskammer Hamburg vertreten der Präses und der Hauptgeschäftsführer die Handelskammer Hamburg in der Vollversammlung des IHK Nord e.V., die zweimal im Jahr tagt. Der Hauptgeschäftsführer vertritt die Handelskammer Hamburg in der Hauptgeschäftsführerkonferenz, die mindestens zweimal im Jahr tagt. Die Arbeitsebene der Handelskammer ist in den fünf ständigen Arbeitskreisen des IHK Nord e.V. zu den Themen Seeverkehr und Häfen, Energie und Industriepolitik, Tourismus , Ernährungswirtschaft sowie Außenwirtschaft vertreten. Der IHK Nord e.V. und das Berliner Büro der Handelskammer Hamburg führen regelmäßig gemeinsame Veranstaltungen zu norddeutschen Themen von bundespolitischer Relevanz in Berlin durch (zum Beispiel das Hafenfrühstück). Der IHK Nord e.V. übernimmt für die Handelskammer Hamburg und die anderen norddeutschen Industrie - und Handelskammern die Abstimmung der inhaltlichen Vorbereitungen für die jährlichen Treffen des Unternehmerkuratoriums Nord mit den norddeutschen Ministerpräsidenten . Im zweiten Halbjahr 2015 und im Jahr 2016 hatte die Handelskammer Hamburg turnusgemäß den Vorsitz im IHK Nord e.V. inne. In diesem Zeitraum hat die Handelskammer Hamburg den IHK Nord e.V. personell bei der Erarbeitung des Projekts „Zukunft Norddeutschland“ unterstützt. 6. Welchen Stellenwert nahm die Arbeit der Handelskammer Hamburg im DIHK in den vergangenen vier Jahren ein? Nach Auskunft der Handelskammer Hamburg vertreten der Präses und einer der Vizepräsides die Handelskammer Hamburg im DIHK-Vorstand, der dreimal im Jahr tagt. Der Präses und der Hauptgeschäftsführer vertreten die Handelskammer Hamburg zweimal im Jahr in der Vollversammlung. Der Hauptgeschäftsführer vertritt die Handelskammer in der Hauptgeschäftsführerkonferenz, die dreimal im Jahr zusammenkommt . Die Handelskammer Hamburg ist in 101 Gremien beim DIHK vertreten sowie Mitglied in 58 Außenhandelskammern. Die Handelskammer wirkt an den Positionierungen des DIHK bei Gesetzesvorhaben auf EU- und Bundesebene mit, darunter bei den jährlichen Wirtschaftspolitischen Positionen und bei Stellungnahmen des DIHK. 7. § 2 der Satzung der IHK Nord sieht das Ziel gegenseitiger Abstimmung der Positionen der IHK-Vertreter Bremens, Hamburgs, Mecklenburg- Vorpommerns, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins im Rahmen der Beschlussgremien des DIHK vor. Wie kann eine weitere Abstimmung gewährleistet sein? 8. Die norddeutschen Länder unterhalten die Konferenz Norddeutschland sowie die Konferenz der Wirtschafts- und Verkehrsminister der norddeutschen Küstenländer. Die IHK Nord hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Interessen dieser Länder gebündelt zu vertreten. Wie wird nach dem erfolgten Austritt der Handelskammer Hamburg für diese Vertretung gesorgt? 9. Es bestehen Konfliktlinien zwischen den lokalen Wirtschaften, welche aufgrund unterschiedlich gelagerter Interessen der an der IHK Nord beteiligten Länder existieren. Beispiele hierfür sind mögliche Konkurrenzen zwischen den Häfen in Hamburg und Wilhelmshaven sowie Infra- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10880 3 strukturprojekte außerhalb der Häfen. Dabei spielen Fördermittel des Bundes eine Rolle. Wie gedenkt der Senat dafür zu sorgen, dass die Freie und Hansestadt Hamburg und die in ihr befindlichen Unternehmen nicht durch den Wegfall einer starken Interessenvertretung ins Hintertreffen geraten? Siehe Vorbemerkung. 10. Die Freie und Hansestadt Hamburg unterhält gemeinsam mit dem Land Schleswig-Holstein das Hanse-Office, eine Landesvertretung nach § 8 EUZBLG in Brüssel. Laut Internetpräsenz des Hanse-Office richtet sich der Service, welcher „Interessen Hamburgs (…) in die Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene einfließen lässt“, auch an „die Wirtschaft unserer Länder, vor allem an kleine und mittelständische Unternehmen , (…) (und) an Kammern“. Das Hanse-Office untersteht als Behörde zumindest teils dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg . Erfolgten Gespräche zwischen Senat und Handelskammer hinsichtlich einer Vertretung von Hamburger Unternehmen gegenüber Institutionen der Europäischen Union durch das Hanse-Office? Wenn nein, warum nicht? Das Hanse-Office vertritt die Freie und Hansestadt Hamburg und das Land Schleswig- Holstein bei der Europäischen Union. In Absprache mit den Behörden und Ministerien wird es tätig, wenn Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg beziehungsweise des Landes Schleswig-Holstein berührt sind. Hamburger und Schleswig-Holsteiner Unternehmen können sich die öffentlich zugänglichen Dienste des Hanse-Offices wie den regelmäßig erscheinenden Informationsrundbrief zunutze machen.