BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10883 21. Wahlperiode 14.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 07.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Wie verlässlich ist der Schulentwicklungsplan (SEPL) aus dem Jahr 2012? Der Schulentwicklungsplan (SEPL) wurde 2012 aufgestellt, um Verlässlichkeit und Planbarkeit für das Schulwesen in Hamburg zu erreichen. Die durch den Volksentscheid bestätigte Schulstruktur sollte eine verlässliche Perspektive bekommen. Mit dem SEPL ist beabsichtigt – so steht es in der Einleitung – die besonderen Rahmenbedingungen der Hamburger Schulen zu berücksichtigen : wachsende Schülerzahlen, kleinere Klassen, längere Schulbesuchszeiten durch Vorschulklassen und Oberstufen, ein deutlicher Ausbau von Ganztagsschulen und nicht zuletzt die neuen Herausforderungen im Bereich der Inklusion. Gerade bei Letzterem und bei der weiteren Aufgabe der Integration von Flüchtlingen stehen die Schulen vor Herausforderungen, für die sie unter anderem geeignete bauliche Rahmenbedingungen brauchen . Der SEPL wurde unter Beteiligung aller staatlichen Schulen, der Bezirke, der Kreiselternräte und Kreisschülerräte, der Kammern, der Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft und weiteren Akteuren des Hamburger Bildungswesens errichtet. Nun ist es selbstverständlich, dass der SEPL kein starres Korsett darstellen muss. Allerdings gab es in der Vergangenheit immer wieder Eingriffe des Schulsenators nach „Gutsherrenart“. Schulbauprojekte wurden vorgezogen oder zurückgestellt. Die Betroffenen wurden nicht selten vor vollendete Tatsachen gestellt. Dadurch werden Verlässlichkeit und Planungssicherheit nicht erreicht. Jüngste Beispiele sind die geplanten Schulstandorte in der HafenCity, die zusätzlich zu einer Grundschule und einem Gymnasium nun eine Stadtteilschule erhalten soll oder die Geschwister- Scholl-Stadtteilschule am Osdorfer Born, die, anders als noch im SEPL 2012 vorgesehen, nun durch einen Neubau ersetzt werden soll, der sich aber seit Bekanntgabe der Planungen erheblich verzögert. An anderer Stelle wird das Lycée Français in Lokstedt durch einen Neubau einer deutsch-französischen -Schule im Bezirk Altona ersetzt und ein neues dreizügiges Gymnasium ist an eben diesem Standort Struenseestraße zum Schuljahr 2016/2017 bereits eröffnet worden, das im SEPL 2012 noch gar nicht erwähnt wurde. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Schulentwicklungsplan 2012 (SEPL) war eine Maßnahme, um die einschneidende Veränderung der Hamburger Schullandschaft an das veränderte System mit den drei Säulen Grundschule, Stadtteilschule und Gymnasium nachzuvollziehen. Dabei galt unter anderem die Maßgabe, leistungsfähige Schulen mit Mindestzügigkeiten zu sichern, regionale Besonderheiten beispielsweise in ländlichen Außengebieten zu Drucksache 21/10883 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 berücksichtigen und Schulschließungen zu vermeiden. Explizit wird im SEPL auch festgehalten, dass dieser keine Bauplanung für Schulen ist, sondern die Grundlage für die Planung notwendiger Baumaßnahmen, die sich je nach Standort und Entwicklung in den Regionen über mehrere Jahre verteilen. Die Entwicklung des Wohnungsbaus mit zuerst 6.000 Wohnungen und mittlerweile 10.000 Wohnungen pro Jahr verlangt, dass die Schulentwicklungs- und -standortplanung flexibel auf veränderte Bedarfsentwicklungen reagiert. So müssen Standortbedarfe frühzeitig in Planungsprozesse integriert werden, um ausreichend Schulflächen dauerhaft sichern zu können. Eine breite Beteiligung bei diesen Planungen ist Teil der unter anderem gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsprozesse im Rahmen der Planungsverfahren (unter anderem städtebauliche Wettbewerbe, Bebauungsplanverfahren ) für die Neubaugebiete. Ebenfalls kurzfristige Reaktionen verlangen besondere Situationen wie der hohe Flüchtlingszustrom im Verlauf des Schuljahres 2015/2016. Hier mussten innerhalb weniger Wochen und Monate Beschulungsmöglichkeiten für mehrere tausend Kinder und Jugendliche realisiert werden. Die dauerhafte Integration dieser Schülerinnen und Schüler in das schulische Regelsystem erfolgt nun parallel zu den Schülerzahlentwicklungen insgesamt, da diese zu großen Teilen ebenfalls im Rahmen großer Wohnungsbauprojekte berücksichtigt werden, die nicht zuletzt wegen der Vereinbarungen mit der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ auch transparent und mit öffentlicher Beteiligung realisiert werden. Insgesamt ist der Schulentwicklungsplan 2012 weiterhin eine geeignete Planungsgrundlage , mit dessen Hilfe die notwendigen Planungsprozesse in dieser Stadt unter dem Aspekt einer ausgewogenen Schulversorgung begleitet und unterstützt werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. An welchen Schulstandorten ist es seit 2012 abweichend vom SEPL aus welchen Gründen zu Veränderungen oder Verzögerungen gekommen (bitte einzeln nach den Bezirken auflisten)? Die im SEPL genannten Zügigkeiten betrachten einen längeren Zeitraum. Dabei sind im Grundsatz die steigenden Schülerzahlen berücksichtigt, ohne dass sich diese für die einzelnen Regionen verlässlich prognostizieren lassen. Im Rahmen der jährlichen Schulorganisation ergeben sich in jedem Schuljahr Abweichungen bei den einzurichtenden Klassen im Vergleich zu den angenommenen Zügigkeiten im SEPL. Mehr Anmeldungen für eine Schule werden dann berücksichtigt, wenn die Raumsituation an dieser Schule die Einrichtung zusätzlichen Klassen zulässt. Abweichungen gegenüber dem SEPL, die innerhalb der vorhandenen Räumlichkeiten realisiert werden, sind deshalb häufig auch nur vorübergehend und nicht strukturell. In der Anlage werden explizit die Schulen benannt, bei denen es im Rahmen der Planungen zu strukturellen Änderungen kam, die von den Annahmen im SEPL abweichen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 2. Welche Auswirkungen wird der Zustrom an Flüchtlingen und damit die Integration von Flüchtlingen auf den bisherigen SEPL haben – insbesondere bezüglich des Schulbaus? Siehe Vorbemerkung. 3. Welche Auswirkungen werden die Gespräche der Regierungsfraktionen mit den Vertretern der Volksinitiative „Gute Inklusion“ auf den bisherigen SEPL haben – insbesondere bezüglich des Schulbaus? Da diese Gespräche noch nicht abgeschlossen sind, können hierzu keine Aussagen getätigt werden. 4. Gibt es weitere Abweichungen vom SEPL und wenn ja, welche und aus welchen Gründen? Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Anlage. 5. Wo werden welche weiteren zusätzlichen Schulgründungen aktuell geplant, die durch angekurbelten Wohnungsbau notwendig werden und Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10883 3 wie weit sind die jeweiligen Planungen fortgeschritten (Standorte, Einstellung von Haushaltsmitteln, Stand der Verhandlungen, geplante Zügigkeiten)? In allen Bezirken werden derzeit große Bauvorhaben vorangetrieben. Soweit diese gegebenenfalls mit Schulneugründungen verbunden sind, sind diese in der Regel noch nicht soweit fortgeschritten, dass schon konkrete Planungsdaten zu Standort, Größe und Kosten genannt werden können. Diese Fragen sind regelhaft Teil der städtebaulichen Überlegungen und der hochbaulichen Konkretisierung. Das setzt auch immer voraus, dass die Anzahl der zu realisierenden Wohnungen soweit definiert ist, dass sich daraus ein entsprechender Schulbedarf ableiten lässt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 6. Welche Gründe gibt es für die Zurückstellung der Baumaßnahmen an der Geschwister-Scholl-Stadtteilschule am Osdorfer Born? 7. Um welche Bausumme handelt es sich insgesamt, die hier zurückgestellt wurde? 8. Welche Maßnahmen hat der Senat geprüft, um insbesondere bezüglich des Neubaus für die Geschwister-Scholl-Stadtteilschule am Osdorfer Born eine frühere Fertigstellung zu erreichen? Die Baumaßnahmen an der Geschwister-Scholl-Schule wurden nicht zurückgestellt. Vielmehr werden die in einem aufwendigen Prozess entwickelten Pläne für eine inklusive Ganztagsschule mit Oberstufe, einer barrierefreien Dreifeldsporthalle und einem Haus der Jugend am Osdorfer Born weiter vorangebracht. Bei dem Neubau handelt es sich um ein anspruchsvolles Bauvorhaben mit einem umfangreichen baupädagogischen Konzept. Diese Besonderheit bringt unter anderem mit sich, dass es im Prozess zu Änderungen des zeitlichen Ablaufs kommen kann. Dies ist auch bei weniger aufwendigen Projekten der Fall, ohne dass hiermit eine Veränderung von Prioritäten verbunden ist. Die finanziellen Mittel für den Neubau stehen zur Verfügung. Der Haushaltsplan 2017/2018 sowie die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2019/2020 sehen Mittel in Höhe von 1,3 Milliarde Euro für den Neubau und die Sanierung von Schulen vor, siehe auch Drs. 21/9685 und Drs. 21/9687. 9. Wann wurde mit welchen Investitionskosten der Neubau der deutschfranzösischen Schule in die Schulentwicklungsplanungen eingebaut? Die Planung des schulischen Gesamtkomplexes befindet sich derzeit noch in der Wettbewerbsphase. Der hochbauliche Wettbewerbsteil wird gerade durch Schulbau Hamburg vorbereitet. Von daher gibt es noch keine präzisierte Kostenaufstellung, siehe auch Drs. 21/7978. 10. Welche Abweichungen vom SEPL gibt es insbesondere bezüglich der Errichtung beziehungsweise des Erhalts von Stadtteilschulen und Gymnasien ? Siehe Anlage. 11. Laut SEPL sollen keine Schulen geschlossen werden. In der Realität wird dieses Versprechen nicht eingehalten: so wurde in der Vergangenheit bereits die Grundschule Lienaustraße in der Berner Siedlung geschlossen. Welche weiteren Schulschließungen sind abweichend vom SEPL aus welchen Gründen vom Senat vorgesehen? Es sind keine Schulschließungen vorgesehen. Im Übrigen wurde auch die Grundschule Karlshöhe nicht geschlossen, vielmehr wurde eine Zweigstelle der Grundschule an der Lienaustraße unter anderem unter Berücksichtigung der Schülerzahlenprognose aufgegeben, siehe auch Drs. 21/1056, Drs. 21/1845 und Drs. 21/2048. 12. Wie steht der Senat zu der Überlegung, angesichts der vermehrten Alleingänge der Schulbehörde bei Abweichungen vom SEPL eine Lösung zu finden, bei der die Akteure des Schulwesens und der Bildungspolitik wieder mehr in die Entscheidungen einbezogen werden? Drucksache 21/10883 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 13. Gibt es Planungen, den SEPL gemeinsam mit den Akteuren des Schulwesens und der Bildungspolitik zu überarbeiten? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. Bezirk Region Schule Strukturelle Veränderung gegenüber SEPL 2012 Hamburg-Mitte 1 Schulcampus HafenCity' Der Standort (Gym, StS) wird nun 6 -7 zügig geplant 1 (4) Stadtteilschule Am Hafen Der Standort Struenseestraße in Altona wurde aufgegeben. Altona 4 Gymnasium Allee Ausbau zur Fünfzügigkeit 4 Deutsch-Französisches Gymnasium Neugründung und Neubau für drei Züge geplant 4 Ganztagsschule an der Elbe Ausbau zur Vierzügigkeit geplant 4 Schule Rothestraße Ausbau zur Fünfzügigkeit geplant 4 Loki-Schmidt-Schule (ehemals Othmarscher Kirchenweg) Ausbau zur Fünfzügigkeit geplant 4 Mendelssohnstraße Ausbau zur Fünfzügigkeit geplant 5 Geschwister-Scholl-Stadtteilschule Neubau statt Sanierung, s.a. Drs. 21/9687 6 Stadtteilschule Rissen Neugründung als eigenständige dreizügige Stadtteilschule; ursprünglich als Zweigstelle der StS Blankenese geplant 6 Gymnasium Blankenese Ausbau zur Fünfzügigkeit Eimsbüttel 10 Schule Döhrnstraße Ausbau zur Fünfzügigkeit geplant Hamburg-Nord 12 Grundschule St. Nikolai Ausbau zur Vierzügigkeit geplant 12 StS Winterhude Im Zuge der Überplanung wird die Grundschulabteilung 3-zügig ausgebaut. 13 Margaretha-Rothe-Gymnasium Ausbau zur Fünfzügigkeit geplant 13 Gymnasium Lerchenfeld Ausbau zur Fünfzügigkeit geplant 13 Ilse-Löwenstein-Schule Neugründung als eigenständige drei-bis vierzügige Stadtteilschule; ursprünglich als Zweigstelle der Heinrich-Hertz- Schule geplant. 14 Albert-Schweitzer-Gymnasium Ausbau zur Sechszügigkeit geplant Wandsbek 16 Grundschule Karlshöhe Schließung der Zweigstelle Linaustraße, s. a. Drs. 21/1056 Harburg 21 Schule Maretstraße Die Gründung als eigenständige dreizügige Stadtteilschule wurde vollzogen. 21 Schule Marmstorf Die Schule wird dauerhaft vierzügig am Standort Ernst-Bergeest- Weg geführt. 21 Schule am Park Die Grundschule Kerschensteiner Straße wird dauerhaft in das Gebäude der Lessing-StS (Am Soldatenfriedhof) verlagert. 22 Schule An der Haake Die Zusammenführung der Schulen Hausbruch und Lange Striepen ist erfolgt. Die Schule wird zwischenzeitlich am Standort Lange Striepen als vierzügige Grundschule geführt. Quelle: Interne Daten der Behörde für Schule und Berufsbildung, November 2017 Erläuterung: Bei der Mehrzahl der strukturellen Änderungen gegenüber dem SEPL 2012 handelt es sich um Anpassungen des Schulbedarfs an die steigenden Schülerzahlen, die durch den Wohnungsbau begründet sind. Diese Erweiterungen finden und fanden immer in enger Abstimmung mit den Bezirken (Verwaltung und Versammlung bzw. Ausschüsse) statt, da die Ziele einer wachsenden Stadt eine enge Verzahnung von Wohnungsbau und den damit verbundenen Konsequenzen für die soziale Infrastruktur erfordern. Aufgrund des hohen Tempos des Wohnungsbaus in Hamburg sind hier auch kurzfristige und schnelle Reaktionen in der Schulentwicklungs- und Standortplanung notwendig. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10883 5 Anlage 10883ska_text 10883ska_Antwort_Anlage1