BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10889 21. Wahlperiode 05.12.17 Große Anfrage der Abgeordneten Wolfhard Ploog, Franziska Grunwaldt, Dennis Thering, Dennis Gladiator, Carsten Ovens (CDU) und Fraktion vom 08.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Schnellbahnanbindung des Hamburger Westens – Nur Gerede und Wortbruch? Seit den 1970er-Jahren wurde den Bürgern in Lurup und Osdorf von der SPD eine Schnellbahnanbindung versprochen. Zuletzt wurde dieses Versprechen nach nunmehr vier Jahrzehnten im Bürgerschaftswahlkampf 2015 wiederholt und von Rot-Grün unter anderem im Koalitionsvertrag verankert: „Die neue U-Bahnlinie U5 soll im Osten von Bramfeld über Steilshoop voraussichtlich über Sengelmannstraße und Borgweg in die Innenstadt und von dort aus über Lurup zum Osdorfer Born führen. Der Senat wird die Vorplanungen hierfür aufnehmen. Der Bau beginnt dann im nächsten Jahrzehnt. Der Senat setzt sich das Ziel, in spätestens 15 Jahren die wichtigsten Streckenabschnitte fertig gestellt zu haben. Um einen zügigen Ausbau zu gewährleisten, werden wir sowohl im Osten als auch im Westen der Stadt mit den Planungen und in der Folge mit den Bauarbeiten möglichst parallel beginnen.“ Zweieinhalb Jahre nach Beginn und somit zur Halbzeit der laufenden Legislaturperiode ist es an der Zeit für eine Bestandsaufnahme, damit die Bürger den aktuellen Planungsstand kennen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) sowie die Metropolregion Hamburg bieten gute Perspektiven für eine überdurchschnittliche ökonomische Entwicklung. Gleichzeitig ist von einer starken Zunahme der Wohnbevölkerung bis in die Dreißigerjahre dieses Jahrhunderts auszugehen. Hieraus erwächst die Notwendigkeit zum Ausbau der Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in der Stadt und in der Metropolregion , um die mit der Bevölkerung und der Wirtschaft wachsende Verkehrsnachfrage auch künftig angemessen bewältigen zu können. Der ÖPNV stellt dabei ein klimaschonendes , flächeneffizientes und umweltverträgliches Transportsystem zur Befriedigung der großstädtischen Mobilitätsbedürfnisse dar. Erklärtes Ziel der FHH ist es, dabei insbesondere den schienengebundenen ÖPNV in Hamburg durch umfangreiche Erweiterungen der bestehenden Schnellbahnnetze auszubauen. Neben dem Ausbau des S-Bahn-Netzes für die Verkehre aus dem und in das Umland ist auch der Schnellbahnverkehr innerhalb Hamburgs künftig im Wesentlichen durch eine Erweiterung des bestehenden U-Bahn-Netzes auszubauen. Hiermit werden die verkehrlichen Erfordernisse in neu zu erschließenden Räumen am besten abgedeckt. Darüber hinaus können optimale Verknüpfungen zu bestehenden ÖPNV-Angeboten hergestellt und auch bei langfristig weiter wachsender Fahrgastnachfrage ausreichende Kapazitäten geschaffen werden. Drucksache 21/10889 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) sowie in Abstimmung mit der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) und der S-Bahn Hamburg GmbH (S-Bahn Hamburg) wie folgt: 1. Welche Streckenvarianten für die Schienenanbindung des Hamburger Westens wurden im Rahmen der Planung der U5 untersucht und wie stellen sich diese genau dar? Bitte textlich und zeichnerisch unterirdisch /oberirdisch darstellen. Im Rahmen der im Jahr 2014 durch die HOCHBAHN erstellten Konzeptstudie, die die grundsätzlichen Möglichkeiten des U-Bahn-Netzausbaus in Hamburg beleuchtet hat, wurden mehrere Trassenkorridore zur Anbindung des Hamburger Westens an das U-Bahn-Netz untersucht. Diese konzeptionellen Überlegungen wurden im Ergebnisbericht der Konzeptstudie veröffentlicht. Es handelt sich um die in der folgenden Grafik dargestellten Korridore, von denen die in Rot und Gelb dargestellten, südlichen Varianten aufgrund von Nachteilen hinsichtlich verkehrlicher Wirkung und Baugrund frühzeitig verworfen wurden: Da für eine Anbindung des Hamburger Westens wegen der räumlichen Nähe zum bestehenden S-Bahn-Netz auch mehrere Varianten einer S-Bahn-Ausfädelung infrage kommen, ist für diesen Bereich ebenfalls eine Konzeptstudie der S-Bahn Hamburg durchgeführt worden. Beide Konzeptstudien wurden im Rahmen eines durch den HVV angestellten, umfangreichen Variantenvergleichs weiter vertieft. Dabei wurden insgesamt folgende sieben Varianten untersucht: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10889 3 Alle hier dargestellten Planungen beziehen sich auf Varianten mit unterirdisch geführten Trassen. Ausnahmen bilden, aufgrund der bestehenden Trassenlagen, die direkten oberirdischen Ausfädelungsbereiche der S-Bahn-Varianten. Im Rahmen der anstehenden weiteren Planungsschritte werden auch Möglichkeiten abschnittsweise oberirdisch verlaufender Trassenführungen geprüft. 2. Welche der untersuchten Strecken favorisiert der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde und welche Gründe sind dafür ausschlaggebend ? Auf Basis der oben genannten Untersuchung des HVV und der Drs. 21/7570 wurde im Verkehrsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft am 17. Februar 2017 durch den Senat berichtet, dass zwei dieser sieben Varianten in einer Machbarkeitsuntersuchung planerisch weiter vertieft werden sollen: U5 Nord: (Siemersplatz* –) Stellingen – Volkspark-Arenen – Lurup – Osdorfer Born und S32 Süd: Altona-Nord (neuer Fernbahnhof) – Bahrenfeld – Lurup – Osdorfer Born. * Der Abschnitt Siemersplatz – Stellingen wird wegen möglicher technischer und baulicher Zusammenhänge bereits mit dem Streckenabschnitt U5 Mitte (City Nord – Innenstadt – Siemersplatz) in der Machbarkeitsuntersuchung zu diesem Abschnitt betrachtet. Die Empfehlung fiel zugunsten dieser beiden Varianten aus, da sie in den untersuchten Kategorien „Stadtentwicklung“ und „Wirtschaftlichkeit“ insgesamt am vorteilhaftesten abschnitten. 3. Welche ursprünglich mit untersuchten Streckenvarianten wurden zwischenzeitlich aus welchen Gründen jeweils verworfen? Siehe Antworten zu 1. und zu 2. 4. Wie stellen sich die geschätzten Kosten für die untersuchten Varianten für Hamburg dar? Drucksache 21/10889 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Die gemeinsame Machbarkeitsuntersuchung der beiden Varianten „U5 Nord“ und „S32 Süd“ befindet sich in der Startphase und wird voraussichtlich im Frühjahr des Jahres 2019 abgeschlossen. Danach kann auf Basis einer vergleichenden, noch groben Kostenbetrachtung eine Gegenüberstellung der beiden Varianten vorgenommen werden. 5. Welche Fördertöpfe des Bundes gibt es für Schnellbahnanbindungen, welche Kriterien sind dafür erforderlich und in welcher Höhe werden sie bereitgestellt? Die Voraussetzungen und Fördergrenzen sind in § 3 beziehungsweise § 4 des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – GVFG) geregelt. Der Bund fördert den Bau und Ausbau von Verkehrswegen kommunaler ÖPNV-Vorhaben in Deutschland mit zuwendungsfähigen Kosten über 50 Millionen Euro („GVFG- Förderung“). Dafür stellt der Bund seit dem Jahr 1997 ein unverändertes Investitionsvolumen von 332,56 Millionen Euro pro Jahr bereit. Zwingende Voraussetzung für eine Förderung ist ein Nutzen-Kosten-Faktor größer als 1, der im Rahmen der sogenannten Standardisierten Bewertung ermittelt wird. Die Höhe der möglichen Förderungen der Vorhaben ist auf maximal 60 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten begrenzt. 6. Fallen die aktuell noch untersuchten Streckenvarianten unter die Förderbestimmungen des Bundes und wenn ja, unter welche und in welcher Höhe? Wenn nein, warum nicht? Die Frage lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten. Der jeweilige Nutzen-Kosten-Faktor wird im Prozess der Fördermittelbeantragung und -bewilligung im Rahmen der Standardisierten Bewertung ermittelt. Dies wird erst nach Festlegung auf eine der vorhandenen Varianten möglich sein. 7. Hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde bei den Streckenvarianten im Westen eine Durchbindung über die Landesgrenze nach Schenefeld in Schleswig-Holstein mit untersucht und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Auf Basis der Drs. 21/7570 haben die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein die Vereinbarung getroffen, die Möglichkeiten einer Anbindung der Stadt Schenefeld an das Hamburger Schnellbahnnetz im Rahmen einer Konzeptstudie zu untersuchen. Die Bearbeitung der Konzeptstudie hat im Sommer des Jahres 2017 begonnen. Der Abschluss ist im Frühjahr des Jahres 2018 vorgesehen. 8. Hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diesbezüglich Gespräche zur Abstimmung mit Schleswig-Holstein geführt? Wenn ja, wann, mit wem und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Ja. Im April des Jahres 2017 hat ein Termin mit Vertreterinnen und Vertretern der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI), des Ministeriums für Wirtschaft , Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein (MWAVT), der SVG Südwestholstein ÖPNV-Verwaltungsgemeinschaft der Kreise Dithmarschen, Pinneberg und Segeberg, der Stadt Schenefeld, des Nahverkehrsverbundes Schleswig-Holstein GmbH (NAH.SH), des HVV, der S-Bahn Hamburg und der HOCHBAHN stattgefunden, bei dem Ziele, Vorgehensweise und Randbedingungen der oben genannten Konzeptstudie abgestimmt wurden. Im Folgenden hat es weitere Termine zur Feinabstimmung der Inhalte der Konzeptstudie gegeben. 9. Würde eine Streckenführung über die Landesgrenze hinaus nach Schleswig-Holstein die Aussicht auf Fördergelder des Bundes vergrößern und wenn ja, in welcher Größenordnung? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10889 5 Dies kann in der derzeitigen, sehr frühen Planungsphase noch nicht beantwortet werden . Siehe auch Antworten zu 5. und 6. 10. Im Koalitionsvertrag wurde zur schnelleren Realisierung bei der Variante U5 der Baubeginn parallel im Osten und Westen in Aussicht gestellt. a) Ist dies nach wie vor die Absicht des Senats und welche Mehrkosten würden dabei entstehen? Wenn nein, warum hat sich die Meinung des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde diesbezüglich geändert? Der Bau einer Schnellbahn bedarf vorab weitreichender, tiefgehender Planungen und Variantenbetrachtungen, um die beste Lösung für die jeweiligen Stadtteile umzusetzen . Für den Abschnitt der U5 Ost sind diese Planungen am weitesten fortgeschritten, die übrigen Abschnitte der U5 werden ebenfalls zügig weiter geplant. Da sich der Bau der U5 über mehrere Jahre erstrecken wird, werden voraussichtlich verschiedene Abschnitte zeitlich überlappend und damit auch parallel gebaut werden können. Ob und inwiefern Mehrkosten entstehen, kann erst ermittelt werden, wenn die Ausführungsplanungen der verschiedenen Abschnitte vorliegen und abgeschätzt werden kann, ob die Synergien oder aber die Mehraufwendungen einer parallelen Bauausführung überwiegen. Sollte im Ergebnis der Machbarkeitsstudie für den Hamburger Westen die S-Bahn- Variante weiter verfolgt werden, so könnte auch diese zeitlich parallel zur Realisierung der U5 errichtet werden. b) Trifft die Absicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde diesbezüglich auf alle untersuchten Varianten zu? Wenn nein, warum nicht? Ja. 11. Wann rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde mit dem Abschluss der Vorplanungen? Der aktuelle Zeitplan zum Schnellbahnanschluss des Hamburger Westens sieht vor, die Machbarkeitsuntersuchung im Frühjahr des Jahres 2019 abzuschließen. Danach soll entschieden werden, welche der untersuchten Varianten im Rahmen einer Vorplanung bearbeitet werden soll. Daher können zur Vorplanung noch keine konkreten Angaben gemacht werden. 12. Wann beabsichtigt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde in die Umsetzungsplanung zu gehen, welches Zeitfenster ist dafür vorgesehen ? 13. Wann kann mit dem Baubeginn und wann mit der Fertigstellung gerechnet werden? Vor Abschluss einer Machbarkeitsuntersuchung können hierzu noch keine Angaben gemacht werden. 14. Hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde Zwischenlösungen in Planung oder bereits entwickelt, um insbesondere die Verkehrsanbindungen im Hamburger Westen zu verbessern? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Im Rahmen des Busbeschleunigungsprogramms des Senats werden derzeit die MetroBus-Linien 2 und 3 ertüchtigt, um mit größerer Kapazität und Zuverlässigkeit verkehren zu können. Im Rahmen des Maßnahmenpakets B soll ab dem Jahr 2019 auch die MetroBus-Linie 21 – sofern nicht in Abschnitten bereits geschehen – betrachtet werden. Darüber hinaus erfolgt eine stetige Anpassung des Busangebots an die Bedarfe.