BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10893 21. Wahlperiode 14.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 08.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Ethnische Konflikte an der Berliner Polizeiakademie – Ähnliche Probleme auch in Hamburg? Seit Tagen berichten die Medien über die Zustände an der Berliner Polizeiakademie . Auslöser war ein inzwischen als echt eingestufter Audiomitschnitt, in dem sich ein als Ausbilder an der Akademie tätiger Mann über ethnische Konflikte an der Schule beklagt. Diese äußerten sich in Hass, Lernverweigerung und Gewalt durch Schüler mit Migrationshintergrund. Von diesen würden auch – wie Polizeisprecher Thomas Neuendorf bestätigte – Straftaten begangen. Der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Benjamin Jendro, äußerte, dass sich Beschuldigungen solcher Art immer gegen Menschen mit Migrationshintergrund richteten. „Die Welt“ berichtet in einem Artikel vom 03.11.2017 darüber, dass ihr ein internes Papier aus einer Führungsbesprechung der Berliner Polizeiführung vom August dieses Jahres vorliege, in dem über Probleme geklagt würde, „welche sich im Zuge der Einstellungen von Beamten/innen mit Migrationshintergrund (derzeit 30%) entwickelt haben“. Anwärter könnten teilweise nicht schwimmen, obwohl dies Einstellungsvoraussetzung ist. Zudem würde ein „herablassender Umgang mit weiblichen Angestellten wie Putzfrauen“ festgestellt . Es lägen weiter „Defizite im Berufsethos“ vor. „Die Welt“ schreibt ebenfalls, dass auf Lehrer der Polizeischule, die sich aufgrund der Missstände mit Vertretern von Parteien treffen wollten, Druck ausgeübt worden sei, um dies zu verhindern. In dem Artikel wird der innenpolitische Sprecher der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus zitiert, der angibt, dass von der Polizeiführung die wiederholt geäußerten Probleme immer geleugnet würden. Ebenfalls berichtet „Die Welt“ am 08.11.2017 von dem Bestreben krimineller arabischer Großfamilien, die Polizei durch das Einschleusen von Familienmitgliedern zu unterwandern. Insoweit wird der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Berlin, Bodo Pfalzgraf, mit den Worten zitiert, es gäbe „deutliche Hinweise“ auf einen solchen strategischen Ansatz. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In ständiger Praxis nimmt der Senat zu Presseberichten nicht Stellung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/10893 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele Polizisten gibt es bei der Hamburger Polizei insgesamt und wie viele von ihnen weisen einen Migrationshintergrund auf? Wie viele sind muslimischen Glaubens? Bei der Polizei Hamburg sind 8.768 Vollzugsbeamte beschäftigt (Stand 30. September 2017). Angaben zum Migrationshintergrund von Vollzugsbeamten werden auf freiwilliger Basis im Einstellungsverfahren erhoben, dürfen aber nach geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften nicht in den Personalverwaltungssystemen gespeichert werden . Die erfragten Daten liegen daher nicht vor. 2. Wie viele der Hamburger Polizisten verfügen nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit? Bitte die Staatsangehörigkeiten auflisten und ebenfalls angeben, wenn eine mehrfache Staatsangehörigkeit vorliegt. 32 Polizeivollzugsbeamte (Stand 30. September 2017) mit nachfolgend genannten Staatsangehörigkeiten: afghanisch, dänisch, eritreisch, französisch, griechisch, indonesisch , italienisch, kasachisch, kroatisch, niederländisch, polnisch, portugiesisch, rumänisch, serbisch, slowakisch, spanisch, tschechisch, tunesisch, türkisch und weißrussisch . Mehrfache Staatsangehörigkeiten werden nicht erfasst. 3. Wie viele Personen befinden sich derzeit insgesamt bei der Hamburger Polizei in der Ausbildung und wie viele von ihnen weisen einen Migrationshintergrund auf? Wie viele von ihnen sind muslimischen Glaubens? Zum Stichtag 1. November 2017 befanden sich 984 Nachwuchskräfte in der Ausbildung zum Polizeivollzugsdienst. Die Akademie der Polizei erhebt im Einstellungsverfahren freiwillige Angaben zum Migrationshintergrund der Bewerber; danach hatten von den im Jahr 2017 insgesamt 504 neu eingestellten Bewerbern 78 einen Migrationshintergrund . Im Übrigen siehe Drs. 21/9034 sowie Antwort zu 10. Zur Frage der Religionszugehörigkeit siehe Antwort zu 1. 4. Wie viele der sich gegenwärtig in Ausbildung befindenden Hamburger Polizisten verfügen nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit? Bitte die Staatsangehörigkeiten auflisten und ebenfalls angeben, wenn eine mehrfache Staatsangehörigkeit vorliegt. Neun Auszubildende mit den Staatsangehörigkeiten: dänisch, griechisch, kroatisch, portugiesisch, rumänisch und türkisch; im Übrigen siehe Antwort zu 2. 5. Welche Voraussetzungen muss ein Bewerber für den Polizeidienst erfüllen , der nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügt? Gibt es unterschiedliche Voraussetzungen für EU-Staatsangehörige und sonstige Ausländer? Ist insbesondere das fehlerfreie Beherrschen der deutschen Sprache eine solche Voraussetzung? Zu den Einstellungsvoraussetzungen siehe Drs. 21/8086. Einstellungen in den Polizeivollzugsdienst erfolgen nach Kriterien der Eignung und Befähigung. Im Einstellungsverfahren werden Kenntnisse der deutschen Sprache in mündlicher und schriftlicher Form getestet. Alle Bewerber haben dieselben Anforderungen und Einstellungsvoraussetzungen zu erfüllen. Die Einstellungsvoraussetzungen ergeben sich aus den §§ 9 und 10 der Hamburger Laufbahnverordnung/Polizei sowie § 7 Beamtenstatusgesetz. EU-Staatsangehörige benötigen gemäß § 7 Beamtenstatusgesetz keine Ausnahmegenehmigungen. Sonstige Ausländer benötigen zusätzlich eine Ausnahmegenehmigung. 6. Auf welche Weise wird die Verfassungstreue der Bewerber überprüft? Gab es in den vergangenen Jahren in Hamburg Fälle, in denen im Nachhinein an der Verfassungstreue eines Auszubildenden gezweifelt wurde? Falls ja, wurden Konsequenzen ergriffen? Alle Bewerber werden auf Grundlage des § 28 Absatz 2 Hamburgisches Datenschutzgesetz nach Maßgabe des § 34 Hamburgisches Sicherheitsüberprüfung- und Geheimschutzgesetzes sicherheitsüberprüft. Ungeachtet dessen wird von Bewerbern nach § 7 Beamtenstatusgesetz die Gewähr vorausgesetzt, jederzeit für die freiheitlich Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10893 3 demokratische Grundordnung einzutreten. Begründete schwerwiegende Zweifel an der Verfassungstreue eines Auszubildenden stellen mindestens einen Disziplinarverstoß dar. Derartige Fälle sind den zuständigen Dienststellen der Polizei Hamburg nicht bekannt. 7. Aufgrund welcher Annahmen geht die Hamburger Polizei bei ausländischen beziehungsweise muslimischen Auszubildenden davon aus, dass deren Loyalität im Dienst immer dem Staat sowie Recht und Gesetz gilt und nicht Landsleute oder Religionsangehörige bevorzugt werden? Alle Auszubildenden für den Polizeivollzugsdienst leisten einen Eid auf die Hamburger Verfassung und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland; im Übrigen siehe Antwort zu 6. Ungeachtet dessen und ergänzend zu den umfangreichen verfassungsrechtlichen Lehrinhalten der Ausbildungen zu den Laufbahnabschnitten I und II werden alle Auszubildenden über den mehrjährigen Zeitraum der Ausbildung durch das Lehrpersonal eng begleitet und in ihrer Entwicklung beobachtet. 8. Gab es in Hamburg in den vergangenen Jahren Fälle, in denen Bewerber über Voraussetzungen, von denen sie angaben, dass sie vorlägen, tatsächlich nicht verfügten (zum Beispiel die Fähigkeit, schwimmen zu können)? Falls ja, wurden Konsequenzen ergriffen? Nein. 9. Unter welchen Voraussetzungen kann ein EU-Staatsangehöriger oder ein sonstiger Ausländer, der Polizist ist oder wird, in Hamburg den Beamtenstatus erlangen? Siehe Antwort zu 5. 10. Legt die Polizei Hamburg Wert auf eine bestimmte Anzahl ausländischer Polizeibewerber beziehungsweise von Bewerbern mit Migrationshintergrund ? Wenn ja, welche Überlegungen liegen dem zugrunde? Wird dabei zwischen unterschiedlichen Herkunftsländern/-regionen differenziert? Wie hoch sollte der Anteil ausländischer Auszubildender beziehungsweise Auszubildender mit Migrationshintergrund sein beziehungsweise welche Grenze darf er nicht überschreiten? Der Senat hat als Ziel formuliert, den Anteil von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund in der öffentlichen Verwaltung auf 20 Prozent zu erhöhen. Schon seit Mitte der Neunzigerjahre , noch einmal verstärkt seit 2006, geht auch die Polizei Hamburg in ihrer Mitarbeitergewinnung aktiv auf Menschen mit Migrationshintergrund zu. Die Anteile der Einstellungen von Bewerbern mit Migrationshintergrund schwanken jährlich und lagen in den letzten zehn Jahren jeweils zwischen rund 9 Prozent und rund 17 Prozent . Ober- beziehungsweise Untergrenzen im Sinn der Frage sind nicht festgelegt. Im Übrigen siehe Drs. 18/5530, 20/11661 sowie 21/9034. 11. Welche Auswirkungen hat es für einen Bewerber für den Polizeidienst, wenn er in der Vergangenheit wegen einer Straftat verurteilt worden ist? Inwieweit wird hier differenziert? Grundsätzlich ist ein Bewerber im Falle einer Verurteilung aufgrund einer begangenen Straftat aus dem Verfahren auszuschließen. In diesen Fällen erfolgt im Rahmen der Prüfung der charakterlichen Eignung eine Einzelfallbetrachtung, dabei werden unter anderem Deliktsart und Zeitpunkt der Straftat berücksichtigt. Auch bei eingestellten Strafverfahren wird das vom Bewerber gezeigte Verhalten beurteilt; dies kann ebenfalls zu einem Ausschluss aus dem Bewerbungsverfahren führen. 12. Welche Auswirkungen hat es für einen Auszubildenden im Polizeidienst, wenn er während der Ausbildung wegen einer Straftat verurteilt wird? In den erfragten Fällen erfolgt grundsätzlich die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf. Zu der Einzelfallprüfung siehe Antwort zu 11. Drucksache 21/10893 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 13. Gibt es innerhalb der Hamburger Polizei ethnische Konflikte in der Art, wie sie zuletzt in den Medien hinsichtlich der Berichterstattung über die Berliner Polizeiakademie genannt wurden? Gibt es insbesondere Cliquenbildungen ausländischer oder muslimischer Personen, die untereinander loyal sind, diese Loyalität und Kameradschaft aber nicht anderen Kollegen gegenüber üben? Gibt es Anzeichen dafür, dass Polizisten ausländischer Staatsangehörigkeit oder muslimischer Religionszugehörigkeit sich Frauen gegenüber herablassend verhalten und diese als nicht gleichwertig behandeln? Der Behörde für Inneres und Sport ist ein Fall bekannt, in dem unter anderem das Verhalten gegenüber weiblichen Ausbildern noch im Verlauf der Ausbildung dazu beitrug, dass dem Auszubildenden die Kündigung nahegelegt wurde, die im Weiteren erfolgte. 14. Gab es in den vergangenen Jahren Fälle im Auftreten der Polizei gegenüber Bürgern, in denen Zweifel an der Loyalität ausländischer oder muslimischer Hamburger Polizisten gegenüber Recht und Gesetz aufgekommen sind, beispielsweise weil diese sich ihren Landsleuten oder ihren Religionsangehörigen mehr verpflichtet gefühlt haben als dem Staat? Für die Beantwortung der Frage wurde in der zuständigen Beschwerde- und Disziplinarabteilung der Polizei Hamburg das Fallaufkommen seit dem Jahr 2014 überprüft. Erkenntnisse im Sinn der Frage ergaben sich nicht. 15. Gibt es Beschwerden des Lehrpersonals beziehungsweise der Ausbilder der Polizistenanwärter, dass bestimmte Gruppen von Auszubildenden auffällig seien und zu Fehlverhalten neigten? Wenn ja, welche Gruppen sind das und wie äußern sich diese Auffälligkeiten ? Nein. 16. Gibt es in der Hamburger Polizei Anzeichen dafür, dass Kriminelle beziehungsweise deren Angehörige gezielt versuchen, die Polizei zu unterwandern? Wenn ja, welche Gruppen lassen sich hier ausmachen? Dem Landeskriminalamt sowie dem Dezernat Interne Ermittlungen liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. 17. Falls es derlei Anzeichen gegenwärtig nicht gibt, ist dieses aus Berlin berichtete Phänomen Thema bei den Überlegungen der Hamburger Polizei, worauf bei Neueinstellungen künftig zu achten ist? Über die zuletzt in Drs. 21/8086 genannten formalen Kriterien hinaus sind Aspekte der Personalauswahl sowie der entsprechenden Verfahren in der Polizei Hamburg grundsätzlich Gegenstand eines ständigen Meinungs- und Erfahrungsaustausches.