BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/10924 21. Wahlperiode 17.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 09.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Kürzungen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in Hamburg Seit 1993 existiert mit dem AsylbLG ein Sondergesetz zur Versorgung von Asylsuchenden in der Bundesrepublik. Die Leistungen, die Asylsuchenden zuerkannt werden, lagen lange Zeit deutlich unter dem Hartz-IV-Satz. Im Jahr 2012 kam es dann zu einem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts . Die Sätze nach dem AsylbLG wurden als zu niedrig und in ihrer Höhe nicht ausreichend begründet bezeichnet. Die Menschenwürde sei migrationspolitisch nicht zu relativieren, so das Bundesverfassungsgericht. Seit der Neuordnung des AsylbLG im Jahr 2015 sind die Leistungssätze aber keineswegs auf dem Niveau anderer Sozialleistungen; auch die Anwendung von Anspruchseinschränkungen wurde ausgeweitet. Aus den Antworten auf meine Schriftlichen Kleinen Anfragen ist ersichtlich, dass die Zahl derjenigen Flüchtlinge, die von Sanktionen betroffen sind, seit Monaten leicht steigt. In meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/10647 gibt der Senat an, dass im 3. Quartal 2017 insgesamt 587 Menschen die Leistungen nach dem AsylbLG gekürzt wurden. Minderjährige sind seit dem 3. Quartal 2016 nicht mehr betroffen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie vielen Menschen sind derzeit von Anspruchseinschränkungen des AsylbLG betroffen? Welche Gruppen gibt es beziehungsweise a. wie viele davon, weil angenommen wird, dass sie zur Leistungserlangung eingereist sind (Absatz 1)? b. wie viele davon, weil ihr Ausreisetermin bereits verstrichen ist? c. wie viele davon, weil ihre Abschiebung aus Gründen, die sie zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden konnte? d. wie viele davon, weil ihrer Umsiedelung/relocation (abweichend von Dublin III) zugestimmt wurde? e. wie viele davon, weil sie Familienangehörige von Geduldeten oder vollziehbar Ausreisepflichtigen sind, bei denen, aus ihnen selbst zu vertretenden Gründen, keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen durchgeführt werden können? Im September 2017 unterlagen 601 Personen einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG. Drucksache 21/10924 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Welcher Absatz der Anspruchseinschränkung im Einzelfall zugrunde liegt wird statistisch nicht erhoben und ist aufgrund der hohen Fallzahl in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu ermitteln. 2. In welchen Fällen werden die Asylbewerberleistungen jeweils in welcher Höhe gekürzt? Bei einer Anspruchseinschränkung nach § 1a Absatz 1 AsylbLG wird der notwendige persönliche Bedarf der Personengruppen nach § 3 Absatz 1, Nummern 1 bis 4 AsylbLG monatlich um 40,90 Euro gekürzt. Bei einer Anspruchseinschränkung nach § 1a Absatz 2-5 AsylbLG werden gemäß § 1a Abs 2 Satz 2 AsylbLG nur noch Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung , Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Die Leistungsberechtigten erhalten im Einzelnen: Personengruppe nach § 3 Abs. 1 AsylbLG Nr. 1 Nr. 2 Nr. 3 Nr. 4 Notwendiger Bedarf 151,11 € 135,24 € 121,44 € 141,56 € Notwendiger persönlicher Bedarf 14,74 € 13,31 € 11,58 € 7,32 € Summe 165,85 € 148,55 € 133,02 € 148,88 € ungekürzter Regelsatz 354,- € 318,- € 284,- € 276,- € Kürzung in % 53,1 % 53,3 % 53,2 % 46,1 % Da dieser Personenkreis in der Regel in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 AsylG oder anderen öffentlichen Unterkunft untergebracht ist, wird der Bedarf an Unterkunft und Heizung in der Regel als Sachleistung gedeckt. a. Wie hoch ist die maximale Kürzung der Asylbewerberleistungen, die in Hamburg (theoretisch) vorgenommen werden kann? Siehe Antwort zu 2. b. Welche Leistungen werden unter keinen Umständen gekürzt und in welcher Form (Geld-, Sachleistungen oder Gutscheine) werden diese Leistungen gewährt? Bitte jeweils angeben nach „Notwendiger persönlicher Bedarf“ und „Notwendiger Bedarf“ nach AsylbLG. Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege werden nicht eingeschränkt. Abhängig von der Art der Unterbringung werden diese als Geld- oder Sachleistung erbracht. Leistungsberechtigte nach § 1a AsylbLG erhalten darüber hinaus Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 AsylbLG und werden gemäß § 264 Absatz 1 SGB V von der AOK Bremen/Bremerhaven betreut. Bei Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 AsylG erhalten sie außerdem eine HVV-Mobilitätskarte. 3. Inwiefern wird den Betroffenen vor der Anspruchseinschränkung regelhaft die Möglichkeit zu Stellungnahme gegeben oder werden sie angehört ? Wenn nein, warum nicht? Bevor eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG erlassen wird, erfolgt gemäß § 28 HmbVwVfG eine Anhörung des Betroffenen. 4. Inwiefern sind Leistungen, die zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten sind (zum Beispiel zur Aufrechterhaltung des Schulbesuchs von schulpflichtigen Kindern), regelhaft ausgenommen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/10924 3 Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres unterliegen grundsätzlich keiner Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG, sodass der Anspruch auf Leistungen zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern gemäß § 6 Absatz 1 AsylbLG regelhaft besteht. Bei Jugendlichen vom Beginn des 15. Lebensjahres bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres erfolgt eine Anspruchseinschränkung nur im Ausnahmefall. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. 5. Welche Regelungen bestehen, wenn eine Leistungseinschränkung über einen längeren Zeitraum besteht und zum Beispiel Winterkleidung beschafft werden muss? Gemäß § 1a Absatz 2 Satz 3 AsylbLG können Leistungsberechtigten im Einzelfall andere Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts gewährt werden.