BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1098 21. Wahlperiode 28.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 20.07.15 und Antwort des Senats Betr.: Friesenhof (II) – Kommunikationspannen in Hamburger Behörden In der Sitzung des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses vom 16. Juni 2015 musste der Senatsdirektor Uwe Rietz (Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration) einräumen, dass sich fast doppelt so viele junge Frauen, die in Einrichtungen des Friesenhofs untergebracht waren, beschwert hatten, wie ursprünglich in der Antwort des Senats auf die Drs. 21/509 angegeben. Statt der ursprünglich sieben ausgewiesenen Beschwerden waren es tatsächlich insgesamt 13. Die neuen Zahlen wurden erst nach Presseveröffentlichungen über weitere Beschwerden und eine erneute Schriftliche Kleine Anfrage vorgelegt. Das Durcheinander an dieser Stelle ist symptomatisch für das Wirrwarr an Zuständigkeiten, Unklarheiten und mangelnder Kommunikation zwischen einer Vielzahl von Stellen in verschiedenen Bundesländern bei der Jugendhilfe nach SGB VIII. Es stellt sich vor diesem Hintergrund auch die Frage nach der Effektivität der Kommunikation zwischen verschiedenen Hamburger Behörden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie erklärt sich der Senat den Sachverhalt, dass auf gezielte Nachfrage die Zahl der genannten Beschwerdefälle nahezu verdoppelt werden musste? Lagen dem individuelle Fehler, Probleme bei der Datenerfassung beziehungsweise Dokumentation und/oder sonstige Ursachen zugrunde? Die in Drs. 21/509 aufgelisteten Beschwerden basierten auf einer Abfrage der zuständigen Behörde bei den Bezirksämtern und beim Familieninterventionsteam. Zur Beantwortung der betreffenden Frage bedurfte es der persönlichen Fallkenntnis der jeweils fallführenden Fachkräfte, denn in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit war es nicht möglich, alle Fallakten aus mehreren Jahren durchzusehen. Aufgrund von Fluktuation, Urlaub und Krankheit waren der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt der Beantwortung der genannten Anfrage nur die dort aufgeführten Beschwerden übermittelt worden. 2. Wie hoch war die Zahl der Beschwerden im Vergleich zu der Zahl der in den Friesenhof-Einrichtungen untergebrachten Mädchen? Wie hoch ist der Beschwerdequotient bei anderen Einrichtungen? Bitte aufschlüsseln nach Jugendämtern. In den Jahren 2014 und 2015 gab es 19 laufende Fälle im Friesenhof. In 13 Fällen haben sich dort untergebrachte Jugendliche, in einem Fall die sorgeberechtigte Mutter an die zuständigen Hamburger Jugendämter gewendet und sich über Vorkommnisse und/oder Strukturen beschwert. Im Übrigen siehe Drs. 21/509 und Wortprotokoll des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses Nummer 21/2 vom 16. Juni 2015. Drucksache 21/1098 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Ein „Beschwerdequotient“ wird in den Hamburger Jugendämtern nicht errechnet, diesbezügliche Erhebungen finden nicht statt. Eine aktuelle Ermittlung würde eine Auswertung mehrerer Tausend Fallakten erfordern und ist daher in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich . 3. Laut Wortprotokoll der oben genannten Sitzung des Familien-, Kinderund Jugendausschusses gibt es bei den Jugendämtern eine Angebotsassistenz , die Kontakt zu den Einrichtungen hält, in denen die Jugendlichen untergebracht sind. Warum sind diesen Angebotsassistenzen die Missstände in den Friesenhof-Einrichtungen nicht aufgefallen? Beziehungsweise falls die Missstände aufgefallen sind, warum wurde diesen nicht nachgegangen? Nach Auskunft der Bezirksämter wurden die Beschwerden in jedem Einzelfall bearbeitet , allerdings in der Regel nicht von der Angebotsberatung, sondern von den fallführenden Fachkräften. In acht Fällen wurden die Maßnahmen im Friesenhof aufgrund der Beschwerden beendet, in zwei Fällen wurde dem Beschwerdegrund abgeholfen, in einem Fall zog die Jugendliche ihre Beschwerde zurück, in einem Fall entschloss sich die Jugendliche, trotz ihrer Beschwerde in der Einrichtung zu bleiben und ihren Schulabschluss zu machen, in einem Fall erfolgte die Beschwerde erst nach Beendigung der Hilfe. 4. Wie sieht die Kooperation zwischen den Jugendämtern, die die Unterbringungseinrichtung genehmigen, und den Jugendämtern, die die Minderjährigen unterbringen, im Detail aus? Findet diese hamburgweit einheitlich statt? Gibt es Vorgaben der Sozialbehörde hierzu, zum Beispiel zu Art und Umfang der Kooperation? Die örtlichen Jugendämter genehmigen keine Unterbringungseinrichtungen. Dafür sind die jeweiligen Landesjugendämter zuständig (siehe Wortprotokoll des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses Nummer 21/2 vom 16. Juni 2015). Im Übrigen siehe Drs. 21/509, 21/686 und 21/698. 5. Wie wird sichergestellt, dass eine Häufung von Beschwerden auch dann erkannt wird, wenn mehrere Jugendämter nur jeweils wenige Kinder/ Jugendliche in einer Einrichtung untergebracht haben? Es gibt eine regelmäßige Besprechung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Bezirklichen Angebotsservices. Dort werden Auffälligkeiten bei der Belegung von Einrichtungen thematisiert. Darüber hinaus entwickelt die zuständige Behörde derzeit in Abstimmung mit den Bezirksämtern ein geregeltes Informationssystem für besondere Vorkommnisse bei auswärtigen Einrichtungen.