BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11017 21. Wahlperiode 24.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dietrich Wersich (CDU) vom 16.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Zehn Jahre Enquete-Bericht des Bundes: Werden Bücherhallen und Bibliotheken auch in Hamburg fit gemacht für die Zukunft? Vor zehn Jahren wurde der Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages veröffentlicht. In diesem Bericht wurde empfohlen, die Aufgaben und Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken in Bibliotheksgesetzen zu regeln. Dieser Empfehlung sind bisher nur fünf Bundesländer gefolgt: Thüringen (2008), Sachsen-Anhalt (2010), Hessen (2010/2016), Rheinland-Pfalz (2014) und Schleswig-Holstein (2016). Gleichzeitig ist gerade bei den Bibliotheken und Bücherhallen der Aufbau einer leistungsfähigen Forschungsinfrastruktur eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, um gerade auch im digitalen Zeitalter die zunehmende Menge an digitalen Forschungsdaten für die wissenschaftliche Nachnutzung verfügbar zu machen. Dies erfordert eine Strategie, die neben der Bereitstellung der finanziellen Mittel auch eine Zeitschiene aufzeigt, innerhalb derer die digitale Infrastruktur bereitgestellt wird, wie auch eine gesetzliche Regelung zur nicht kommerziellen Ausleihe von E-Books und zur Nutzung von digitalen wissenschaftlichen Daten, wie sie bereits 2013 von der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ gefordert wurde. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen (HÖB) wie folgt: 1. Wann wird der Senat gemäß der Empfehlung der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ den Entwurf eines Bibliotheksgesetzes für Hamburg vorlegen? Wenn dies nicht geplant ist, warum nicht? 2. Wird dieses Gesetz neben den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen auch die Bibliotheken der Universitäten und Hochschulen umfassen? Wenn nein: warum nicht? Die Empfehlung der Enquete-Kommission, auf Länderebene Bibliotheksgesetze zu verabschieden, wurde seinerzeit auch in Hamburg umfassend durch die zuständigen Behörden geprüft mit dem Ergebnis, dass es in Hamburg keines gesonderten Bibliotheksgesetzes bedarf. In Hamburg wird das öffentliche Bibliothekswesen durch die private Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen (HÖB) gewährleistet, über deren Finanzausstattung die Bürgerschaft mit der Beschlussfassung über den Kulturhaushalt unmittelbar entscheidet. Das wissenschaftliche Bibliothekswesen Hamburgs wird durch § 94 HmbHG (Hamburgisches Hochschulgesetz) gesetzlich geregelt. Ein Bibliotheksgesetz hätte vor diesem Hintergrund vorwiegend deklaratorische Wirkung und ist für die Gewährleistung eines leistungsfähigen Bibliothekswesens eines Stadtstaates wie Hamburg nicht erforderlich. Drucksache 21/11017 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Planen die zuständigen Behörden eine Strategie zum Aus- und Aufbau der leistungsfähigen Infrastruktur der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen und die Bibliotheken der Universitäten, Hochschulen und Forschungsstellen zu erarbeiten? Wenn ja: bis wann? Und was beinhaltet diese Strategie in Bezug auf a) Digitalisierung der Bücherhallen und Bibliotheken, b) die dafür notwendigen finanziellen und personellen Mittel, c) die Klärung urheberrechtlicher Fragen? Bitte differenziert nach Hamburger Öffentlichen Bücherhallen und Bibliotheken von Universitäten darstellen. Wenn nein: warum nicht? 4. Inwieweit planen die zuständigen Behörden – unabhängig von einer Gesamtstrategie – Maßnahmen zur Stärkung der Bibliotheken und Hamburger Öffentlichen Bücherhallen in Bezug auf a) die Digitalisierung der Bücherhallen und Bibliotheken, b) die dafür notwendigen finanziellen und personellen Mittel, c) die Klärung urheberrechtlicher Fragen? Bitte differenziert nach Hamburger Öffentlichen Bücherhallen und Bibliotheken von Universitäten darstellen. Wenn nein: warum nicht? 5. Welche zusätzlichen Mittel aus welchen Haushaltstiteln stehen für die in Fragen 3. und 4. genannten Maßnahmen jeweils pro Jahr zur Verfügung ? Öffentliche Bibliotheken: Die Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen bietet bereits eine leistungsfähige Infrastruktur, in der das Bibliothekssystem und -angebot kontinuierlich weiterentwickelt werden kann. Dieses schließt den medialen Wandel selbstverständlich ein. Das Angebot der HÖB umfasst seit vielen Jahren umfangreiche analoge und digitale Bestände und wird entsprechend der Nachfrage und dem für Bibliotheken lizensierbaren Angebot kontinuierlich aktualisiert. Die sogenannten eMedien stehen den Kunden in der sogenannten eBuecherhalle rund um die Uhr zur Verfügung. Die Digitalisierung physischer Medien gehört hingegen nicht zu den Aufgaben des öffentlichen Bibliothekswesens . Die HÖB verfügt über ein Medienbudget in Höhe von 3,6 Millionen Euro p.a., das aus der institutionellen Zuwendung der zuständigen Behörde finanziert wird. Die zuständige Behörde unterstützt die HÖB bei ihrer Aufgabenwahrnehmung durch Bereitstellung entsprechender Mittel und Vertretung der Belange des öffentlichen Bibliothekswesens auf Landesebene beziehungsweise in Gremien der KMK und des Städtetags. Zusätzliche Haushaltsmittel sind für die genannten Maßnahmen nicht vorgesehen, da es sich um eine Daueraufgabe handelt. Die Gesetzgebungskompetenz für das Urheberrecht liegt beim Bund beziehungsweise der EU. Die zuständige Behörde setzt sich in den Gremien der KMK für eine Anpassung des Urheberrechts zur Gewährleistung adäquater Ausleihbedingungen von eMedien für öffentliche Bibliotheken ein. Wissenschaftliche Bibliotheken: Im Rahmen der Gesamtstrategie Digitale Stadt sind die staatlichen Hamburger Hochschulen , das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (SUB) aufgefordert, eine gemeinsame Open-Access- Infrastruktur aufzubauen. Hieraus leiten sich unterschiedliche Maßnahmen ab. Die wissenschaftlichen Bibliotheken sind in das hochschulübergreifende Programm „Hamburg Open Science (HOS)“ integriert, das in mehreren Programmlinien die Digi- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11017 3 talisierung der Wissenschaft vorantreibt. Es wird eine hochschulübergreifende Infrastruktur nach den Empfehlungen des Rats für Informationsinfrastrukturen (RFII) aufgebaut (vergleiche http://www.rfii.de/de/category/dokumente/). Der SUB obliegt dabei – in enger Abstimmung mit den Programmlinien Forschungsinformationssysteme , Forschungsdatenmanagement und Kulturwandel – die Federführung über die zwei Programmlinien „Aggregator/Discovery“ sowie „Open Access- Publizieren“. Die übrigen Hochschulbibliotheken werden als Kooperationspartner einbezogen . Für Personal- und Sachkosten werden zentrale Mittel zur Verfügung gestellt. Die Digitalisierung der analogen Bestände wissenschaftlicher Bibliotheken in Hamburg führt die SUB seit Jahren konzeptionell und organisatorisch durch. Vertreterinnen und Vertreter der Bibliotheken sind als Sachverständige in urheberrechtlichen Debatten – zum Beispiel zum Urheber-Wissens-gesellschafts-Gesetz (UrhWissG) - beteiligt. Für das Jahr 2018 werden im Rahmen des Programms „Hamburg Open Science (HOS)“ Mittel in Höhe von 2,9 Millionen Euro eingeworben (siehe Drs. 21/10485).