BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11080 21. Wahlperiode 28.11.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 22.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Verhaltenskodex zur Religionsausübung an der Universität Hamburg (II) In Drs. 21/10764 ist der Senat darum gebeten worden, die Hintergründe näher zu erläutern, die zur Schaffung des Verhaltenskodex zur Religionsausübung an der Universität Hamburg geführt haben. Dessen Vorschriften belegen, dass diesen (wie an anderen Universitäten auch) jeweils konkrete Ereignisse zugrunde gelegen haben müssen. Vor diesem Hintergrund ist verwunderlich, dass die Universität laut Senat keine Informationen darüber haben will, auf welche Vorkommnisse die Entstehung des Verhaltenskodex im Einzelnen zurückzuführen sind. Dazu erklärt der Senat, die Universität könne keinerlei Angaben machen, da generell keine Informationen dokumentiert worden seien. Dies betrifft die folgenden Bestimmungen: 1. Die explizite Aussage, dass Diskriminierungen im Raum der Stille nicht geduldet werden. 2. Das an Einzelpersonen und Gruppen gerichtete Verbot, universitäre Einrichtungen und Ressourcen eigenmächtig zum Zwecke der jeweils eigenen religiösen Ausdrucksform in Anspruch zu nehmen. 3. Das Verbot, rituelle Handlungen durch Gläubige an der Universität zuzulassen , die von anderen Nutzern als eine Form der aufgedrängten Auseinandersetzung mit der Religion anderer empfunden wird. 4. Das Verbot von religiöser Kleidung, die den selbstverständlichen Anforderungen an die wissenschaftliche Kommunikation zuwiderläuft. 5. Die Weigerung, Forderungen von Studenten an die Universität zu akzeptieren , Lehrveranstaltungen beziehungsweise andere Veranstaltungen der Universität an religiösen Geboten, etwa des Tagesablaufs, zu akzeptieren . 6. Die Abwesenheit von Studenten aufgrund der Teilnahme an religiösen Veranstaltungen nicht mehr zu akzeptieren. 7. Verhaltensweisen zu sanktionieren, durch die seitens den Angehörigen einer Glaubensgemeinschaft religiös motivierter Druck auf das Verhalten von Mitgliedern der Universität im Sinne der Nötigung ausgeübt worden ist. 8. Verhalten von Studenten zu sanktionieren, das darauf abzielt, nicht von Angehörigen eines bestimmten Geschlechts unterrichtet oder geprüft zu werden beziehungsweise Zeugnisse und andere Schriftstücke aus deren Hand entgegenzunehmen. Sofern die erstaunliche Aussage des Senats zutrifft, dass die Universität Hamburg keinerlei Informationen über Fälle dokumentiert hat, aufgrund derer Drucksache 21/11080 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 die oben stehenden Punkte formuliert worden sind, ergibt deren Existenz keinen Sinn. Folglich wäre auch die Existenz des Verhaltenskodex ungerechtfertigt . Informationen von Mitgliedern der Universität ergeben allerdings ein anderes Bild: Ähnliche Vorfälle, wie sie zum Beispiel aus der TU Berlin und der Universität Dortmund bekannt geworden sind, hat es offenbar auch in Hamburg gegeben. Im Gespräch mit Angehörigen der Bürgerschaftsfraktionen stellte Herr Yoldas, Vorsitzender der SCHURA, heraus, die Forderung muslimischer Studenten zu unterstützen, die Installation spezieller Sanitäranlagen zum Vollzug der für das Gebet vorgeschriebenen Fußwaschung zu erwirken. Seine Haltung begründete er mit dem Verweis auf die Spannungen, die sich aus der gegenwärtigen Situation ergäben, der zufolge Muslimen nur die Toiletten zu Verfügung stünden, was zu Verstimmungen unter ihnen führe. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Universität Hamburg (UHH) wie folgt: 1. Entsprechen die Antworten des Senats inhaltlich dem, was die Universität zur Beantwortung von Drs. 21/10764 geäußert hat? 2. Hat der Senat bei der Beantwortung von Drs. 21/10764 womöglich bewusst Informationen unterschlagen? Falls ja, welche und warum? 3. Ist es zutreffend, dass der Senat aus politischen Gründen vermeiden will, dass bekannt wird, dass dem Erlass des Verhaltenskodex das Verhalten muslimischer Studenten zugrunde liegt? Zu den Inhalten etwaiger Zulieferungen Dritter zur Vorbereitung seiner Antworten nimmt der Senat zum Schutz des Kernbereichs seiner exekutiven Eigenverantwortung (vergleiche bereits BVerfGE 67, S. 100 ff., zuletzt BVerfG U.v. 07.11.2017, Az.: 2 BvE 2/11, Rdnr. 102) keine Stellung. Sofern kein verfassungsrechtlicher Grund für eine gänzliche oder teilweise Verweigerung der Antwort vorliegt, beantwortet der Senat die ihm gestellten parlamentarischen Fragen unter Verwendung aller ihm vorliegenden Erkenntnisse so vollständig wie möglich. Dies ist auch im vorliegenden Fall geschehen. 4. Wie ist es vor dem Hintergrund der Aussage von Herrn Yoldas möglich, dass die Universität nichts von der Situation muslimischer Studenten gewusst hat, die sich über das Fehlen spezieller Sanitäranlagen beklagen und deren Bereitstellung fordern? Entsprechende Forderungen sind der UHH nicht bekannt. 5. Wie erklärt der Senat die Existenz des Verhaltenskodex unter der Prämisse , dass die Universität im Vorfeld keine Fälle zur Kenntnis genommen hat, zu denen die Punkte des Reglements inhaltlich passen? Hintergrund des Verhaltenskodex ist das Bestreben der UHH, Klarheit darüber zu schaffen, wie Angehörige der UHH im Wissenschaftsbetrieb ihren Glauben leben und ausüben können. Der Senat hat sich hiermit nicht befasst. Im Übrigen siehe Drs. 21/10764.