BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1116 21. Wahlperiode 28.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Birgit Stöver (CDU) vom 22.07.15 und Antwort des Senats Betr.: Gesundheitsuntersuchungen von Flüchtlingen Immer wieder müssen in Deutschland Flüchtlingsunterkünfte geschlossen werden, weil Krankheiten unerwartet ausgebrochen sind. Nach § 62 AsylVfG ist vorgesehen, dass für Flüchtlinge eine verpflichtende Eingangsuntersuchung erfolgt. In Hamburg findet sie inklusive einer Blutabnahme und Impfstatusabfrage zeitnah nach der Verteilung auf Hamburg statt. Dabei wird auch nach Allergien, Schwangerschaften und chronischen Krankheiten gefragt. Ziel des Senats ist es, die Untersuchung innerhalb der ersten drei Tage nach Aufnahme in der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) durchzuführen.1 Zu der Untersuchung zählt laut § 62 AsylVfG auch eine Röntgenuntersuchung der Atmungsorgane. Laut Sozialbehörde2 wird bei dieser Untersuchung aber nur auf die Notwendigkeit einer Röntgenuntersuchung hingewiesen , mit der zum Beispiel eine Tuberkulose-Erkrankung festgestellt werden kann. Diese Vorgehensweise wäre fahrlässig gegenüber der Bevölkerung und würde gegen das Gesetz verstoßen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass von 1,5 mit der Flüchtlings-Nachtragsdrucksache Mitte 2014 bei der Bürgerschaft beantragten Stellen zur Tuberkulosebekämpfung Ende Mai 2015 noch keine Stelle besetzt war.3 Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. „Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle bestimmt den Umfang der Untersuchung und den Arzt, der die Untersuchung durchführt.“ (§ 62, Absatz 1, Satz 2 AsylVfG.) a. Wo findet die Eingangsuntersuchung der Flüchtlinge derzeit statt? Wie viel Personal ist damit beschäftigt? Die Eingangsuntersuchung findet grundsätzlich in der Anlaufstelle der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) in der Harburger Poststraße 1 statt. Aufgrund der hohen Zugangszahlen müssen Flüchtlinge derzeit noch ohne ärztliche Untersuchung in andere Standorte verlegt werden. Daher erfolgt die ärztliche Untersuchung gegenwärtig teilweise auch unmittelbar in den einzelnen Standorten. Der Dienstleister hat bisher mit bis zu vier Ärzteteams gearbeitet. Die Röntgenuntersuchung erfolgt in der Tuberkulosebekämpfungsstelle im Gesundheitsamt Hamburg-Mitte. An den Röntgenuntersuchungen sind unmittelbar Röntgen- 1 Siehe Drs. 20/11112 und http://www.hamburg.de/fluechtlinge-fragen-antworten/#anker_6. 2 http://www.hamburg.de/fluechtlinge-fragen-antworten/#anker_6. 3 Siehe Drs. 21/836, Frage 19. Drucksache 21/1116 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Assistentinnen (MTAR) und Ärztinnen beteiligt. Die MTAR erstellen die Röntgenaufnahmen , die Ärztinnen führen die Befundungen durch. Es handelt sich um sieben Stellen, aktuell besetzt mit 5,5 VZÄ: - MTAR: 4,0 Stellen, besetzt mit 3,0 VZÄ (inklusive 0,5 VZÄ Altersteilzeit), voraussichtlich ab 1. September 2015 zusätzlich 0,5 VZÄ, - Ärzte: 3,0 Stellen, besetzt mit 2,5 VZÄ. Ab 1. August 2015 zusätzlich 0,5 VZÄ; siehe Drs. 20/12697. Im Übrigen siehe Drs. 21/973 und 20/11112. b. Welchen Umfang hat die Untersuchung in Hamburg? Wonach wird gefragt? Was wird untersucht? Hat es in den letzten Monaten Änderungen am Umfang der Untersuchung gegeben und wenn ja, welche und warum? Da die Flüchtlinge derzeit mehrere Tage auf ihre Verteilungsentscheidung warten müssen, hat die Behörde für Inneres und Sport am 22. Juli 2015 zusammen mit der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz und den Gesundheitsämtern beschlossen, alle ankommenden Personen, und zwar unabhängig davon, ob sie in Hamburg verbleiben, sofort nach Ankunft und vor Verlegung in einen anderen Standort zu untersuchen. Dieses Verfahren wird gegenwärtig implementiert. Im Übrigen siehe Drs. 21/973. c. Findet eine verpflichtende Röntgenuntersuchung der Atmungsorgane statt? Wenn nein, warum nicht? Ja, im Übrigen siehe Drs. 21/973. 2. Gab es bisher in Hamburger Flüchtlingsunterkünften Fälle von Tuberkulose oder anderen meldepflichtigen Krankheiten? Wenn ja, wie viele jeweils und wann? Die Fallzahlen meldepflichtiger Erkrankungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen: 01.01.2014 – 30.06.2015 Erkrankungen nach §§ 6/7 IfSG Anzahl betroffener Personen Hamburg-Mitte TBC Rotavirus Q-Fieber Masern Varizellen Norovirus Adenovirus Giardiasis 31 3 1 1 4 3 1 3 Altona Mumps 1 Eimsbüttel Windpocken 1 Hamburg-Nord Windpocken Masern 7 1 Wandsbek Masern Malaria 6 1 Bergedorf Meningokokken Rotaviren Masern Varizellen Noroviren Giarda Iamblia 1 2 4 2 1 4 Harburg Windpocken Hepatitis B 3 38 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1116 3 Darüber hinausgehende Auswertungen sind im Rahmen der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Sind die 1,5 zur Tuberkulosebekämpfung beantragten Stellen aus der Nachtragsdrucksache 2014 mittlerweile besetzt? Wenn nein, warum nicht und wann wird dies der Fall sein? Von den 1,5 Stellen - ist 0,5 VZÄ bereits besetzt; - für 1,0 VZÄ (0,5 VZÄ Arzt und 0,5 VZÄ Sachbearbeitung) ist das Auswahlverfahren abgeschlossen, die Einstellung erfolgt zum 1. August 2015. Ursächlich für die teilweise langwierige Personalgewinnung waren insbesondere die Ausschreibungsmodalitäten, Kündigungsfristen und die persönliche Situation von Bewerberinnen und Bewerbern. 4. Wie lange dauert es aktuell in Hamburg durchschnittlich, bis die Flüchtlinge die unter 1. b. erfragte Eingangsuntersuchung absolviert haben? 5. Wie viele Flüchtlinge wurden im Juni und Juli in Hamburg aufgenommen ? Bei wie vielen von ihnen wurde das „3-Tage-Ziel“ verfehlt? Im Juni 2015 haben sich 3.404 Personen bei der ZEA gemeldet, von denen 1.673 Personen im asylverfahrensrechtlichen Verteilungsverfahren Hamburg zugewiesen wurden. Vom 1. bis 22. Juli 2015 haben sich 3.821 Personen gemeldet. Wie viele Personen Hamburg zugewiesen wurden, wird erst zum Monatsende statistisch ausgewertet . Es handelt sich dabei um eine Statistik, die nicht automatisiert erstellt werden kann, sondern auf einer manuellen Auswertung beruht. Um in der aktuellen Situation die Aufnahme und Versorgung aller ankommenden Flüchtlinge gewährleisten zu können, werden alle zur Verfügung stehenden Personalressourcen in den betroffenen Aufgabenbereichen eingebunden. Derzeit müssten händische Auswertungen zur Beantwortung einzelner Fragestellungen durch Zurückstellen von Aufgaben zur Flüchtlingsunterbringung und -versorgung vorgenommen werden. Daher können derzeit Angaben einer durchschnittlichen Dauer bis zur erfolgten Eingangsuntersuchung und der Zahl der Personen, die nicht innerhalb von drei Tagen einer Eingangsuntersuchung unterzogen werden konnten, nicht erarbeitet werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/973. 6. Wie wird sich die Lage nach Einschätzung des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde im Hinblick auf das „3-Tage-Ziel“ entwickeln? Der damit beauftragte Dienstleister ist gehalten, die Untersuchung der Hamburg zugewiesenen Personen innerhalb von drei Tagen nach Aufnahme durchzuführen und wird entsprechend Untersuchungszeiten ausweiten und/oder mehr Ärzte beschäftigen. Aufgrund der derzeitigen Zugangssituation und des Umstandes, dass die Neuzugänge bisher auch dezentral – also auch an anderen Standorten der ZEA – untergebracht werden müssen, kann diese Zielvorgabe momentan nicht durchgängig erreicht werden . Im Übrigen siehe Antwort zu 1. b.