BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11167 21. Wahlperiode 08.12.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Gamm (CDU) vom 30.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Kostenexplosion bei Senator Kerstans Konzept für den Umbau der Fernwärme – Kann die Wärme für Hamburg zukünftig noch bezahlbar bleiben? Auf der Sitzung des Energienetzbeirates am 23.11.2017 wurde der aktuelle Sachstand des Fernwärmekonzeptes durch die BUE vorgestellt. Im Vergleich zu dem Stand vom 7. September 2017 haben sich signifikante Änderungen insbesondere bei den Angaben zu den geplanten Kapazitäten der einzelnen Systemelemente sowie bei den daraus folgenden Investitionskosten ergeben . Dies betrifft im besonderen Maße die vom Senat bevorzugte Süd- Variante. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bei den zuvor genannten Änderungen handelt es sich um moderate Anpassungen der Teilprojekte, welche sich aus dem laufenden Planungsprozess ergeben haben. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Weshalb wurde die Kapazität der Anlage „Nacherhitzung Dradenau“ von ursprünglich 140 MW (Stand 7.September 2017 – Energienetzbeirat) auf nunmehr 186 MW (Stand 23.November 2017 – Energienetzbeirat) erhöht? a. Welche klimapolitischen beziehungsweise ökologischen Argumente waren hierbei für die BUE beziehungsweise den Senat ausschlaggebend ? b. Welche wirtschaftlichen Gründe sprechen aus Sicht der BUE beziehungsweise des Senats für diese Kapazitätsaufstockung? c. Welcher Erkenntnisgewinn ist innerhalb des Zeitraums vom 7. September bis zum 23. November auf Seiten der BUE beziehungsweise des Senats erfolgt und führte so zu der Erhöhung der Kapazität um fast 50 MW? Die Erhöhung der thermischen Leistung der „Nacherhitzung Dradenau“ hat ausschließlich technische Gründe. Gegenüber vorherigen Planungen haben veränderte Bedingungen zu einer Reduktion der Teilprojektleistungen geführt. Diese fehlende Leistung muss durch die „Nacherhitzung Dradenau“ ausgeglichen werden. Die Anlage ist als Nacherhitzung für die industrielle Abwärme und die Wärmepumpe sowie als Spitzenlast beziehungsweise Besicherung vorgesehen. Da die Nacherhitzung hauptsächlich durch die Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm geschieht, kommt das Heizwerk nur zu sehr geringen Einsatzzeiten. 2. Wird die Anlage „Nacherhitzung Dradenau“ ausschließlich Wärme erzeugen? Drucksache 21/11167 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. Wenn ja, wie hoch schätzt der Senat den wirtschaftlichen Nachteil diesbezüglich ein, dass eine solche Anlage keine Förderung nach dem KWK-G erhalten wird, und wie wirkt sich das auf die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Gesamtkonzeptes aus? b. Wenn nein, auf welche Höhe lässt sich die Kapazität zur Stromerzeugung beziffern und welchen zusätzlichen Ertrag erwartet die BUE dadurch erzielen zu können? Ja. Bei den sehr geringen Einsatzzeiten der Anlage „Nacherhitzung Dradenau“ ist eine KWK-Anlage, unabhängig von einer Förderung nach KWKG, wirtschaftlich nicht sinnvoll . 3. Wie begründet der Senat, dass er beabsichtigt, unweit des Kraftwerks Moorburg ein neues Gaskraftwerk mit einer Leistungskapazität von fast 200 MW zu bauen und wie ist ein solches Vorhaben in Zeiten von erheblichen Überkapazitäten im Kraftwerksbereich zu vertreten? Der Bau eines neuen Gaskraftwerks ist nicht vorgesehen. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 4. Wie viele Tonnen CO2 würde das geplante Gaskraftwert Dradenau pro Jahr bei Volllast ausstoßen und wie viele Tonnen CO2 würden p.a. endstehen , wenn der gesamte Wärmebedarf durch das Kraftwerk Moorburg und nicht durch das neue Gaskraftwerk gedeckt werden würde? Entfällt, siehe Antwort zu 3. 5. Der Bau der Wärmepumpe und der Gaskraftwerks Dradenau machen mit rund 250 Millionen Euro fast die Hälfte aller Fixkosten aus. Wie werden sich die immensen Investitionskosten kurz-, mittel- und langfristig auf die Preise für Fernwärme in Hamburg auswirken? Aus den Fixkosten lässt sich nicht auf die Investitionskosten schließen. Die Kosten der Wärmelieferungen aus den Teilprojekten werden von den öffentlichen Unternehmen mit einem Fixkostenanteil (Leistungspreis) und einem Anteil an variablen Kosten (Arbeitspreis) angeboten. Investitionskosten sind nur eine Position der Fixkosten. 6. Wie hoch schätzt die BUE beziehungsweise der Senat die Validität seiner derzeitigen kalkulatorischen Investitionskosten ein, das heißt, von welcher Schwankungsbreite ist angesichts der noch bestehenden Unsicherheiten bei der Projektkonkretisierung und -realisierung auszugehen? Bitte die Schwankungsbreiten für die verschiedenen Kostenarten wie zum Beispiel Fix- und Betriebskosten in Prozent angeben. Die beteiligten Unternehmen haben ihre Preise in Form von indikativen Angeboten dem Projekt „Erneuerbare Wärme für Hamburg“ vorgelegt. Unsicherheiten beziehungsweise Risikobewertungen sind in die Angebote mit eingeflossen. 7. Auf welcher Faktenbasis und für welche Zeitspanne hat Senator Kerstan gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ und dem Energienetzbeirat die Aussage getroffen, dass er durch die Realisierung seines Fernwärmekonzeptes mit einer Preissteigerung für die Fernwärmekunden in Hamburg von höchstens 10 Prozent rechnet? Die Auswirkungen der Investitionen auf die Endkundenpreise wurden im Projekt auf Basis öffentlicher Gewinn- und Verlustrechnungsdaten und vertraulicher Informationen von der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH abgeschätzt und vorgestellt. Es handelt sich um einen Betrachtungszeitraum von heute bis zum Jahre 2020. 8. Sind bei der bisherigen Ermittlung der Fixkosten für die verschiedenen Anlagenkomponenten und insbesondere für die Anlage Nacherhitzung Dradenau (siehe „Erneuerbare Wärme für Hamburg, Seite 8, Stand 23.11.2017) auch die jährlichen Kosten für die Wasseraufbereitung, die Druckhaltung und Heizwasserspeicherung sowie Besicherungseinrichtungen enthalten? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11167 3 a. Wenn ja, auf welche Höhe belaufen sich die Kosten für Systemdienstleistungen der Anlage Nacherhitzung Dradenau p.a.? b. Wenn nein, weshalb wurden diese Kosten bisher nicht in die Kostenkalkulation berücksichtigt? Ja, die Kosten wurden berücksichtigt und sind Teil der Position „Systemdienstleistungen “ auf der genannten Seite der Präsentation. Die Höhe der Kosten der Systemdienstleistungen unterliegen den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. 9. Um welchen Betrag könnte das derzeit kalkulierte Investitionsvolumen insbesondere für die Anlagenkomponenten Dradenau gesenkt werden, wenn statt des Aufbaus neuer großer Kapazitäten (Gaskraftwerk) lediglich das Kraftwerk Moorburg an den Hub mittels Leitungsbau angebunden werden würde? Mit dieser Fragestellung hat sich der Senat nicht befasst. 10. Weshalb wurde die Kapazität der Anlage „Wärmepumpe Dradenau“ von ursprünglich 90 MW (Stand 7. September 2017 – Energienetzbeirat) auf 80 MW (Stand 23.November 2017 – Energienetzbeirat) verringert? a. Welche klimapolitischen beziehungsweise ökologischen Argumente waren für die BUE beziehungsweise den Senat ausschlaggebend, um die ursprünglich geplante Kapazität um 10 MW abzusenken? b. Welche wirtschaftlichen Gründe sprechen aus Sicht der BUE beziehungsweise den Senat für diese Kapazitätsreduzierung? c. Welcher Erkenntnisgewinn ist innerhalb des Zeitraums vom 7. September bis zum 23. November aufseiten der BUE beziehungsweise des Senats erfolgt und führte so zu der Verringerung der Kapazität um 10 MW? Im Rahmen der Konkretisierung der Planungen nach der ersten Planungsphase (Stand: 7.September 2017) wurden weitere Gegebenheiten der Kläranlage einbezogen . Aus diesen Informationen, garantierten Herstellerangaben und weiteren Erkenntnissen über Betreibererfahrungen wurden Standardgrößen für die Anlage ausgewählt. Dies hat zu einer Reduzierung der Wärmeleistung der Gesamtanlage auf 80 MW geführt.