BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11170 21. Wahlperiode 08.12.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 30.11.17 und Antwort des Senats Betr.: Gefährlich lange Wartezeiten auf den Notarzt Am 25. November 2017 kam es in der Tennishalle des Vereins Sportclub Alstertal Langenhorn e.V. am Beckermannweg 25 in Hamburg Langenhorn zu einem tragischen Vorfall. Gegen 17 Uhr brach ein Tennisspieler auf dem Platz zusammen. Eine zufällig anwesende Krankenschwester vermutete einen Herzinfarkt und rief umgehend die Feuerwehr. Aus der Einsatzzentrale soll es geheißen haben, man müsse sich etwas gedulden, der Rettungswagen sei gerade unterwegs. Die Krankenschwester leitete unter telefonischer Begleitung der Einsatzzentrale Maßnahmen Erster Hilfe (Herzdruckmassage und Luftspende) ein und nutzte nach einiger Zeit den in der Halle befindlichen Defibrillator. Der Zustand des Patienten verschlechterte sich stetig. Er zeigte inzwischen eine blauschwarze Gesichtsfarbe. Erst nach etwa 20 Minuten soll der Rettungswagen eingetroffen sein. Erst nach etwa 35 Minuten soll die Notärztin vor Ort gewesen sein, die die Massage fortsetzte und einen eigenen Defibrillator einsetzte. Der Patient wurde danach ins Krankenhaus transportiert. Es ist bekannt, dass bedauerlicherweise häufig die Hilfsfristen nicht eingehalten werden und die Erfüllungsquote „Eintreffzeit im öffentlichen Rettungsdienst an der Einsatzstelle innerhalb von <= 8 Minuten“ im vergangenen Jahr in Hamburg nur in 66,2 Prozent der Fälle erreicht wurde. Aus diesem Grund ist es dringend erforderlich, die verfügbaren Ressourcen der Hilfsorganisationen in den öffentlichen Rettungsdienst einzubinden. In den Antworten auf die Schriftlichen Kleinen Anfragen Drs. 21/8247 und 21/8801 beteuerte der Senat, dass durch die Rettungsleitstelle der Feuerwehr immer die am dichtesten zum Einsatzort verfügbaren Rettungsmittel alarmiert werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In Hamburg ist die Hilfsfrist nicht gesetzlich geregelt. Die genannte Zeit von acht Minuten stellt eine Planungsgrundlage für die Ausrichtung der öffentlichen Notfallrettung für Rettungswagen (RTW) dar, die in den Kennzahlen für die Bürgerschaft entsprechend aufgeführt wird. Dieser Planungswert liegt unterhalb der gesetzlichen Hilfsfristen anderer Länder, deren Hilfsfristen zwischen zehn und 15 Minuten betragen. Für notarztbesetzte Rettungsmittel beträgt die Hilfsfrist 15 Minuten. Bei der Disposition von Rettungsmitteln berücksichtigt die Rettungsleitstelle auch die verfügbaren Kapazitäten der Hilfsorganisationen im Rahmen der bestehenden vertraglichen Vereinbarungen. Im Rahmen der standardisierten Notrufannahme erfolgt bei bestimmten Notfallsituationen nach der Erfassung der für die Alarmierung der Rettungsmittel relevanten Infor- Drucksache 21/11170 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 mationen eine weitere telefonische Unterstützung und Anleitung des Anrufers bei der Durchführung der Erste-Hilfe-Maßnahmen, zum Beispiel Herzdruckmassage und Atemluftspende. Die zuständige Behörde überprüft und optimiert in einem regelmäßigen Prozess gemeinsam mit den Kostenträgern die Rettungsdienststruktur auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg und passt diese gegebenenfalls an bestimmte Entwicklungen an. Bei dem der Anfrage zugrundeliegenden Fall wurden bei Alarmierung die verfügbaren RTW geprüft. Die in entsprechender Entfernung zum Einsatzort stationierten und innerhalb der Frist von acht Minuten verfügbaren RTW standen dabei nicht zur Verfügung , da sie sich im Einsatz befanden. Das am dichtesten zum Einsatzort verfügbare Rettungsmittel befand sich in der Fuhlsbüttler Straße und wurde eingesetzt. Der Anruferin wurde von dem Mitarbeiter der Rettungsleitstelle während des Notrufgespräches mehrfach mitgeteilt, dass ein Rettungswagen und der Notarzt alarmiert wurden und auf dem Weg sind, die Anfahrt erfolgt von der nächstverfügbaren Wache. Der Notruf ging am 25. November 2017 um 16:49:15 Uhr bei der Rettungsleitstelle der Feuerwehr ein. Der eingesetzte RTW traf um 17:01:39 Uhr, das notarztbesetzte Rettungsmittel um 17:02:57 Uhr am Einsatzort ein. Die dargestellten Eintreffzeiten von 20 Minuten für den RTW und 35 Minuten für das notarztbesetzte Rettungsmittel sind gemäß Einsatzprotokoll der Feuerwehr so nicht nachvollziehbar. Der RTW benötigte von Alarmierung bis zum Eintreffen am Einsatzort zwölf Minuten und 24 Sekunden, das notarztbesetzte Rettungsmittel traf bereits nach einer Zeit von 13 Minuten und 43 Sekunden ein. Die definierte Hilfsfrist wurde im konkreten Fall unterboten und somit eingehalten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wann ging der Notruf am 25. November 2017 aus der Tennishalle des Vereins am Beckermannweg 25 in Hamburg Langenhorn konkret ein? 2. Wo befand sich zum Zeitpunkt des Notrufs das am dichtesten zum Einsatzort verfügbare Rettungsmittel? Wurde dieses eingesetzt? Falls nein, weshalb nicht? 3. Wann genau traf der Rettungswagen in der Tennishalle ein? 4. Wann genau traf die Notärztin in der Tennishalle ein? 5. Ist es richtig, dass der Anruferin mitgeteilt wurde, man müsse sich etwas gedulden, da der Rettungswagen gerade unterwegs sei? 6. Aus welchem Grund dauerte es so lange, bis der Rettungswagen eintraf ? Siehe Vorbemerkung. 7. Wie viele Rettungswagen standen am 25. November 2017 im Bezirk Nord zur Verfügung? 8. Wie viele Notärzte standen am 25. November 2017 im Bezirk Nord zur Verfügung? Die Verfügbarkeit von Rettungswagen und notarztbesetzten Rettungsmitteln orientiert sich nicht an innerstädtischen Verwaltungsgrenzen, sondern an einer bestmöglichen gesamtstädtischen Notfallversorgung. Aktuell stehen am Tag 99 Rettungswagen und 16 notarztbesetzte Rettungsmittel zur Verfügung. 9. Wie stellt sich der Sachverhalt im Einzelnen aus Sicht der Behörden dar? Im vorliegenden Fall wurden die Planungsvorgaben in Bezug auf den RTW aufgrund von Paralleleinsätzen der beiden standortnahen RTW nicht erreicht, hinsichtlich des arztbesetzten Rettungsmittels wurde die Planungsvorgabe erreicht. Die Abdeckung von „Paralleleinsätzen“ in einem bestimmten Bereich wird im Rahmen des Notfallaufkommens in einem regionalen Bereich im Volumen berücksichtigt, kann in der konkre- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11170 3 ten Vorhaltesituation aber nur begrenzt kompensiert werden, wenn, wie in diesem Sachverhalt, beide standortnahen RTW zugleich gebunden sind. Deshalb erfolgte bis zum Eintreffen des RTW die fortlaufende Anleitung hinsichtlich lebensrettender Maßnahmen durch den Disponenten in der Rettungsleitstelle. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.