BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11196 21. Wahlperiode 12.12.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 04.12.17 und Antwort des Senats Betr.: Verfahren gegen Polizeibedienstete im Rahmen des G20-Gipfels und der Gipfelproteste Im Anschluss an meine Schriftliche Kleine Anfrage vom 11.8.17 („Wie wird dem Ermittlungsaufwand des DIE nach G20 Rechnung getragen“, Drs. 21/10015) frage ich den Senat: Die Sichtung, Sicherung und Bewertung von Videos, Bildern und Berichten aus öffentlich zugänglichen Quellen sowie der Abgleich mit bereits beim Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) anhängigen Ermittlungsverfahren dauern – genauso wie die Ermittlungsführung in entsprechenden Verfahren – noch an. Im Übrigen siehe Drs. 21/10015. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Ermittlungsverfahren gegen Polizeibedienstete im Rahmen des G20-Gipfels und der Gipfelproteste, denen strafrechtliche Vorwürfe gegen Polizeibedienstete zugrunde liegen, gibt es mit Stand 30.11.17 insgesamt? a. Wie viele wurden von Amts wegen, wie viele aufgrund von Anzeigen von Hinweisgebern, die sich direkt an das DIE wenden, wie viele durch Hinweise der SoKo „Schwarzer Block“, wie viele aufgrund von Anzeigen von Polizeibediensteten, wie viele aufgrund von Selbstanzeigen eingeleitet? Bitte entsprechend der beiden Tabellen in Drs. 21/10015 – DIE sowie eingegangene Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft Hamburg – mit der sich aus a. ergebenden Erweiterung auflisten. Dem DIE liegen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel für den Zeitraum vom 22. Juni 2017 bis 9. Juli 2017 (mit Stand vom 30. November 2017) insgesamt 115 Ermittlungsverfahren vor, denen strafrechtliche Vorwürfe gegen Polizeibedienstete zugrunde liegen. Von den 115 Ermittlungsverfahren wurden 46 Verfahren von Amts wegen eingeleitet, davon 42 durch das DIE beziehungsweise die Staatsanwaltschaft Hamburg und vier Ermittlungsverfahren durch Polizeibedienstete, wobei davon drei Ermittlungsverfahren von der SoKo Schwarzer Block stammen. Dem DIE liegt keine Strafanzeige vor, in denen ein Polizeibediensteter eigenes strafbares Verhalten anzeigte. Neben den 46 von Amts wegen eingeleiteten Ermittlungsverfahren haben insgesamt 27 weitere Ermittlungsverfahren ihren Verfahrensursprung in Hinweisen Dritter. Dazu zählen Personen, die nicht selbst geschädigt aber Zeugen des Tatgeschehens sind und Personen, die nicht selbst geschädigt und nicht Zeugen des Tatgeschehens sind. Eine statistische Differenzierung zwischen Hinweisen Dritter, die direkt oder indirekt beim DIE eingingen, erfolgt nicht. Drucksache 21/11196 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 42 Ermittlungsverfahren haben ihren Verfahrensursprung in Strafanzeigen von Geschädigten. Im Übrigen siehe nachstehende Tabelle. Ermittlungsverfahren Anzahl Verfahrensursprung davon von Amts wegen davon von Hinweisgebern davon anzeigende Geschädigte Gesamt 115 46 27 42 Körperverletzung im Amt gem. §340 StGB 92 37 21 34 Freiheitsberaubung gem. §239 StGB 2 1 1 --- Bedrohung gem. §241 StGB 1 --- 1 --- Nötigung gem. §240 StGB 7 5 --- 2 Verletzung des Dienstgeheimnisses gem. §353b StGB 4 3 1 --- Strafvereitelung im Amt gem. §258a StGB 2 --- 2 --- Beleidigung gem. §185 StGB 3 --- --- 3 Sexuelle Belästigung gem. §184i StGB 1 --- --- 1 Hausfriedensbruch gem. § 123 StGB 1 --- --- 1 Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat gem. § 357 StGB 1 --- 1 --- Diebstahl gemäß § 242 StGB 1 --- --- 1 Bei der Staatsanwaltschaft Hamburg wurde für Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen Straftatvorwürfen anlässlich des G20-Gipfels ein Sonderregister eingerichtet (7320 Js), das am 30. November 2017 insgesamt 113 Ermittlungsverfahren umfasste. Hinzu kommen weitere zwei Ermittlungsverfahren die nicht in das neue 7320 Js-Register überführt wurden. Aus dem Vorgangsverwaltungs- und -bearbeitungssystem der Staatsanwaltschaft MESTA ist nicht eindeutig zu erkennen, ob die Verfahren von Amts wegen eingeleitet wurden. Es kann auch nicht ausgewertet werden, ob in einem gegebenenfalls von Amts wegen eingeleiteten Verfahren gegebenenfalls der Geschädigte auch als Anzeigender erfasst wird, nachdem er zum Beispiel bei seiner Vernehmung sein Verfolgungsinteresse bekundet (und Anzeige erstattet) hat. In MESTA wird auch nicht der Beruf des Anzeigenden gespeichert, sodass nicht festgestellt werden kann, ob Polizeibeamte unter den Anzeigenden sind. Die 16 Verfahren, die in der Drs. 21/10015 benannt wurden, konnten zum damaligen Zeitpunkt von der Staatsanwaltschaft ausgewertet werden, weil es sich zumeist um Strafanzeigen handelte, die dort eingegangen waren und die Akten somit vorlagen. Bei der Gesamtzahl aller 115 Verfahren verhält es sich anders. Die große Mehrzahl der Verfahren aus dem Sonderregister 7320 Js befindet sich zur Bearbeitung beim DIE. 2. Wie viele Opfer von vermutlicher Körperverletzung im Amt konnten bisher nicht identifiziert werden? Im Rahmen der Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt geht das DIE derzeit von 110 Geschädigten aus. Mit Stand 30. November 2017 ist die Identität von 45 Geschädigten noch zu ermitteln. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11196 3 3. Wie viele der vom DIE beziehungsweise der Staatsanwaltschaft gegen Polizeibedienstete geführten Ermittlungsverfahren wurden bis zum 30.11.17 aus welchen Gründen eingestellt? 4. Wie viele Strafverfahren gegen Polizeibedienstete wegen Strafvorwürfen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel und den Gipfelprotesten wurden bis zum 30.11.17 mit welchen Verfahrensausgängen geführt? Von diesen insgesamt 115 Verfahren wurden bislang vier gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt. Ansonsten erfolgten keine Erledigungen. 5. Wurden aufgrund von Vorwürfen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel und den Gipfelprotesten gegen Polizeibedienstete Disziplinarverfahren eingeleitet? Wenn ja, wie viele und wie ist der Verfahrensstand beziehungsweise Ausgang der Verfahren mit Stand 30.11.17? Eine dienstrechtliche Betrachtung von Dienstverstößen Hamburger Polizeibeamter durch die zuständige Beschwerde- und Disziplinarabteilung der Personalabteilung der Polizei findet regelhaft erst nach rechtskräftigem Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren statt. Die Staatsanwaltschaft informiert nach Maßgabe der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) Nummer 15 (§ 49 BeamtStG) die zuständigen Dienstvorgesetzten oder deren Vertretung im Amt über entsprechende abgeschlossene Strafverfahren. Bis zum Stichtag 5. Dezember 2017 sind bei der Personalabteilung der Polizei keine dienstrechtlich relevanten Verfahrensausgänge eingegangen , sodass keine Disziplinarverfahren im Sinne der Frage eingeleitet wurden.