BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11213 21. Wahlperiode 12.12.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 05.12.17 und Antwort des Senats Betr.: Krätze in Einrichtungen der Obdachlosenhilfe Obdachlose Menschen sind aufgrund der Lebensbedingungen auf der Straße einem erhöhten Krankheitsrisiko ausgesetzt. Aufgrund der hygienischen Bedingungen sind obdachlose Menschen zudem stärker gefährdet sich mit Parasiten, wie zum Beispiel Krätze, anzustecken. Krätze (Scabies) ist eine parasitäre Hautkrankheit, die durch Krätzemilben hervorgerufen wird. Scabies gehört zwar nicht zu den meldepflichtigen Krankheiten nach Infektionsschutzgesetz , jedoch sind Gemeinschaftseinrichtungen verpflichtet das Gesundheitsamt zu informieren, wenn eine betreuende oder betreute Person erkrankt oder erkrankungsverdächtig ist. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Fälle sind dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde von parasitären Erkrankungen bei Obdachlosen seit dem 1. Januar 2016 bekannt? 2. In wie vielen Fällen handelte es sich hierbei um eine Infektion mit Krätze ? Über die Anzahl parasitärer Erkrankungen wird in Bezug auf das Merkmal der Obdachlosigkeit keine Statistik geführt. Der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz sind seit dem 01.01.2016 zwei Fälle von parasitären Erkrankungen bei Obdachlosen bekannt geworden. In beiden Fällen handelte es sich um Scabies (Krätze). In den Schwerpunktpraxen für wohnungslose Menschen ist seit dem 01.01.2016 in 94 Fällen die Diagnose einer parasitären Erkrankung gestellt worden. In zwölf Fällen handelte es sich um Scabies (Krätze). In der Mobilen Hilfe („Krankenmobil“) des Caritasverbands Hamburg e.V. ist im genannten Zeitraum bei 16 Personen ein Parasitenbefall von Krätzmilben festgestellt worden. Der Anteil obdachloser Menschen ist in den vorgenannten, auf wohnungslose Menschen bezogenen, Angaben nicht ermittelbar. 3. An welche Einrichtungen können sich Betroffene im Fall einer Ansteckung mit Parasiten (Läuse, Krätze und so weiter) wenden? Betroffene können sich an die Gesundheitsaufsicht in den Fachämtern Gesundheit der Bezirke wenden, bei Läusebefall zusätzlich an das Institut für Hygiene und Umwelt (HU). Die Diagnose und Behandlung obliegt grundsätzlich niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie Kliniken im Rahmen der Regelsysteme der Gesundheitsversorgung. In niedrigschwelligen Hilfeangeboten für obdachlose Menschen ist eine ärztliche Versorgung parasitärer Erkrankungen in den Schwerpunktpraxen für wohnungslose Men- Drucksache 21/11213 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 schen sowie im Rahmen ärztlicher Sprechstundenangebote der Tagesaufenthaltsstätten für obdachlose Menschen möglich. Die Krankenstube für obdachlose Menschen ist ein stationäres Hilfeangebot, in dessen Rahmen auch parasitäre Erkrankungen behandelt werden können. In der Übernachtungsstätte Pik As gibt es die Möglichkeit, eine Behandlung mit Unterstützung des dort tätigen Pflegedienstes vorzunehmen. 4. Gibt es eine Einrichtung in der Obdachlosenhilfe, deren Angebote sich insbesondere an Obdachlose richten, die sich mit Parasiten angesteckt haben? Wenn ja, welche? Und wie wird gewährleistet, dass alle Betroffenen Zugang zu diesem Angebot haben? Wenn nein, plant der Senat eine solche Stelle einzurichten? Nein. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 5. Gibt es eine Handlungsanleitung für Einrichtungen der Obdachlosenhilfe zum Umgang mit parasitären Erkrankungen? Wenn ja, bitte anhängen. Die Mitarbeitenden der in staatlicher Trägerschaft stehenden Einrichtungen für Obdachlose bei f & w fördern und wohnen AöR (f & w) sind mit dem Vorgehen bei parasitären Erkrankungen auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes vertraut. Eine gesonderte Handlungsanweisung hierzu ist nicht erforderlich. Eine darüber hinausgehende Abfrage bei allen Einrichtungen der Obdachlosenhilfe (mehr als 80 Einrichtungen) war in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 6. Haben alle Einrichtungen der Obdachlosenhilfe die Möglichkeit eine medikamentöse Behandlung von Krätze durchzuführen? Siehe Antwort zu 3. 7. Haben alle Einrichtungen der Obdachlosenhilfe die Möglichkeit einen Wäschewechsel (saubere Bekleidung, Bettwäsche und so weiter) durchzuführen , um eine Ausbreitung der Krätzeinfektion zu verhindern? In den Übernachtungseinrichtungen für Obdachlose von f & w kann bei Bedarf die Bekleidung gewaschen sowie neue Bekleidung ausgegeben werden. Bettwäsche wird über eine externe Wäscherei gereinigt. Eine Bekleidungswäsche und -ausgabe ist in aller Regel auch in den Tagesaufenthaltsstätten möglich. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. 8. Wie hoch sind die Kosten für eine medikamentöse Behandlung von Krätze? 9. Wie ist die Kostenübernahme der Behandlung von parasitären Erkrankungen in Einrichtungen der Obdachlosenhilfe geregelt? Die Kosten der medikamentösen Behandlung von Krätze richten sich nach der Art der Behandlung (innerliche systemische Anwendung oder äußerliche lokale Anwendung) und der Behandlungsdauer. Hierüber entscheidet die behandelnde Ärztin beziehungsweise der behandelnde Arzt im konkreten Einzelfall. Eine einmalige Behandlung der gesamten Körperoberfläche mit der rezeptpflichtigen Permethrin-Creme würde beispielsweise je nach verordneter Verpackungsgröße zwischen 24,00 Euro bis 68,00 Euro kosten. Die Kosten der medikamentösen Behandlung sind grundsätzlich nicht von den obdachlosen Menschen zu tragen, sondern über die Regelsysteme der Gesundheitsversorgung abzurechnen. Bei Vorlage eines Kassenrezeptes wäre eine Zuzahlung von 5,00 Euro bis 6,88 Euro zu leisten, soweit nicht eine Zuzahlungsbefreiung besteht. Darüber hinaus werden die Leistungen der in der Antwort zu 1. und 2. genannten Einrichtungen, auch soweit sie für Menschen außerhalb der Regelsysteme der Gesundheitsversorgung erbracht werden, sowohl über staatliche Zuwendungen als auch aus Spenden finanziert. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11213 3 10. Existiert in Hamburg eine Regelung, die die Kostenübernahme für die prophylaktische Behandlung von symptomfreien engen Kontaktpersonen regelt? Siehe Drs. 21/8467. 11. Welche Stellen in welchen Behörden sind mit dem Umgang von Parasitenbefall betraut? Die bezirklichen Fachämter Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt sind im Rahmen der Wohnungspflege und die Fachämter Gesundheit sind im Rahmen des Infektionsschutzes mit dem Umgang von Parasitenbefall betraut. Ebenso kann das HU in solchen Fällen beratend tätig werden.