BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1127 21. Wahlperiode 31.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 23.07.15 und Antwort des Senats Betr.: Massenunterkünfte für Flüchtlinge Medienberichten zufolge plant der Senat die Unterbringung von Flüchtlingen auf Großflächen an fünf bis sieben Standorten in Hamburg. Als Flächen sollen vorgehaltene Industrie- und Gewerbeflächen genutzt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie ist der derzeitige Planungsstand? a. Welche Behörden/welche Stellen sind mit der Standortsuche beauftragt ? b. Inwiefern wird die BWVI in die Flächensuche einbezogen? c. Welche Bezirke verfügen über adäquate vorgehaltene Gewerbeflächen in jeweils welcher Größe? (Bitte einzeln aufschlüsseln.) d. Inwiefern werden die Bezirke in die Flächenauswahl einbezogen? e. Welche konkreten Gewerbe- und Industrieflächen wurden bereits geprüft? Welche davon eignen sich nicht? Welche eignen sich? (Bitte einzeln aufschlüsseln.) f. Wann sind die Prüfungen (nach jetzigem Planungsstand) abgeschlossen ? In Hamburg steigt die Zahl eintreffender Flüchtlinge seit 2012 stetig weiter an. Seit dem Juni 2015 hat sich die Zahl eintreffender Flüchtlinge noch einmal deutlich gesteigert . Hamburg ist wie alle Länder nach § 44 Absatz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) verpflichtet, die für die Unterbringung von Flüchtlingen erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und entsprechend der Aufnahmequote die im Hinblick auf den monatlichen Zugang Asylsuchender notwendige Zahl von Unterbringungsplätzen bereitzustellen. Die Flüchtlinge sind nach § 47 Absatz 1 AsylVfG verpflichtet, in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Die derzeitige Situation macht es erforderlich, die vorhandenen Unterbringungen für Flüchtlinge in Hamburg ständig und dabei auch sehr kurzfristig zu erweitern, um eine Obdachlosigkeit ankommender Flüchtlinge zu verhindern. Das erfordert die konsequente Prüfung aller für eine Unterbringung von Flüchtlingen infrage kommenden Flächen und Objekte. Als geeignet werden dabei alle Flächen und Objekte bewertet, die für eine wohnähnliche Nutzung/gewerbliche Nutzung eingerichtet werden können. Dies setzt die Möglichkeit des Herstellens von Versorgungsanschlüssen in einem überschaubaren Zeitraum, eine entsprechende Bodenbeschaffenheit oder die Möglichkeit , diese zeitnah herzustellen sowie entsprechende räumliche Aufstellmöglichkeiten für Wohneinheiten voraus. Drucksache 21/1127 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die notwendige Fläche ist lage- und nutzungsabhängig zu entscheiden. Für weitere Standorte auch der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) wird derzeit auch die Möglichkeit einer Nutzung größerer zusammenhängender Flächen geprüft, um dort Unterkünfte zu errichten. Damit wird auf den hohen personellen und technischen Aufwand reagiert, der bei einer Fortdauer der Zugangszahlen eine Bündelung der Ressourcen erfordert, um ausreichende Unterkunftskapazitäten weiterhin hinreichend schnell aufbauen und hierbei auch die derzeitige Unterbringung in Zelten zurückführen zu können. Die Belegungskapazitäten von Unterkünften ergeben sich aus den jeweiligen örtlichen Umständen. Entsprechend den an die Stadt gestellten Herausforderungen wird diese Aufgabe unter Einbindung aller Kompetenzen der Verwaltung vorgenommen. Entsprechend beteiligen sich die Bezirksämter, die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI), die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW), die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) und die Finanzbehörde mit der Behörde für Arbeit, Soziales , Familie und Integration (BASFI) und der Behörde für Inneres und Sport (BIS) an der Prüfung entsprechender Flächen. Die BASFI und die BIS entscheiden abschließend über die technische Eignung von Flächen/Objekten und stimmen untereinander und unter Einbindung des betroffenen Bezirksamtes die Nutzung von geeigneten Flächen für die Einrichtung einer ZEA oder für eine öffentlich-rechtliche Unterbringung ab. Aufgrund der derzeitigen Ankunftszahlen von Flüchtlingen in Hamburg und der bisherigen Prognosen, die von weiterhin hohen Ankunftszahlen ausgehen, ist eine beständige Identifizierung weiterer Unterbringungsmöglichkeiten und deren auch kurzfristige Realisierung unabdingbare Voraussetzung zur Abwendung von Obdachlosigkeit für diese Flüchtlinge. Wie lange diese Situation andauern wird, ist derzeit nicht verlässlich einzuschätzen. Die zuständigen Behörden stellen sich darauf ein, die Kapazitäten zur Flüchtlingsunterbringung auch im nächsten Jahr in erheblichem Umfang weiter ausbauen zu müssen. Aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation war eine Berücksichtigung des zusätzlichen Kapazitätsaufbaus in der Drs. 21/999 nicht möglich . Eine weitere Beurteilung der Kosten wird fortlaufend erarbeitet, eine Befassung der Bürgerschaft wird erfolgen, wenn die dafür notwendigen Bewertungen erfolgen konnten. Im Übrigen siehe Drs. 21/1110. g. Wann liegen die ersten Kostenschätzungen vor? h. Wann wird die Öffentlichkeit informiert? i. Nach welcher Rechtsgrundlage erfolgt die Unterbringung? j. Wann sollen die Unterkünfte fertiggestellt sein? k. Welche Nutzungsdauer ist für die Standorte vorgesehen? l. Werden die Flächen nach Ablauf der Nutzungsdauer wieder den vorgehaltenen Flächen für Gewerbe- und Industrieansiedlung zugeführt ? (Überlegungen des Senats bitte konkretisieren.) Zum einen sind die Länder nach § 44 Absatz 1 AsylVfG verpflichtet, die für die Unterbringung Asylbegehrender erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und entsprechend ihrer Aufnahmequote die im Hinblick auf den monatlichen Zugang Asylbegehrender notwendige Zahl von Unterbringungsplätzen bereitzustellen; zum anderen sind die Asylbegehrenden nach § 47 Absatz 1 AsylVfG verpflichtet, in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Angaben zu Kostenschätzungen , zu den Zeitpunkten der Fertigstellung, zur Nutzungsdauer und zur Anschlussnutzung sind derzeit noch nicht möglich, weil die Planungen noch nicht den dafür erforderlichen Konkretisierungsgrad erreicht haben. 2. Nach welchen Kriterien erfolgt die Flächensuche? a. Ab welcher Flächengröße kommt ein Standort infrage? b. Welche Bedingungen muss der Standort erfüllen? (Zum Beispiel Wasser-, Abwasser- und Stromanschluss et cetera.) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1127 3 c. Fallen Flächen in die Prüfung, für die eine Gewerbeansiedlung bereits geplant ist/war? Wenn ja, welche Flächen sind betroffen? d. Wie erfolgt die Abwägung zwischen wirtschaftlichen Interessen der Stadt durch Gewerbeansiedlungen auf der einen und Flüchtlingsunterbringung auf der anderen Seite bei der Auswahl von Gewerbeflächen ? 3. Um welche Art der Unterbringung handelt es sich? 4. Wie viele Flüchtlinge sollen an einem Standort untergebracht werden? (Bitte Mindest- und Maximalzahl benennen.) Siehe Antwort zu 1.a. bis 1.f. 5. Werden aufgrund der Massenunterkünfte andere Standorte aufgegeben ? a. Wenn ja, welche? b. Wenn nein, wird die Unterbringung in Zelten im Winter beibehalten? Die derzeitige Situation lässt eine Aussage zur Entwicklung vorhandener Standorte nicht zu. Die Aufgabe vorhandener Standorte kommt nur in Betracht, wenn der Aufbau ausreichender Kapazitäten an anderer Stelle erfolgt ist. Hierbei ist das Ziel zu berücksichtigen , die Unterbringung in Zelten im Winter zu vermeiden. 6. Sind die Überlegungen in dieser Angelegenheit bereits in Drs.21/999 berücksichtigt? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht und wann erfolgt eine Unterrichtung der Bürgerschaft ? Siehe Antwort zu 1.a. bis 1.f. 7. Wie bewertet der Senat a. das Risiko der Ghettoisierung durch Massenunterkünfte? b. das Risiko drohender Konflikte durch die Konzentration vieler Menschen auf kleinstem Raum? c. das Risiko drohender Konflikte durch größere Flüchtlingsgruppen unterschiedlicher Herkunftsländer und unterschiedlicher Glaubensrichtungen in Massenunterkünften? 8. Welches Konzept verfolgt der Senat, um innerhalb der Hamburger Bevölkerung für die Akzeptanz von Massenunterkünften zu werben und Sicherheitsbedenken zu entkräften? Falls sich der Senat hiermit nicht befasst hat, ist eine Beschäftigung mit dieser Thematik vorgesehen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Die Ankunftszahlen von Flüchtlingen und die Verpflichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg erfordern geeignete Maßnahmen, um für diese ankommenden Menschen Unterkünfte bereitzustellen. Die Maßnahmen sind dabei der Situation entsprechend weiterzuentwickeln. Bei einer Einrichtung größerer Unterkünfte als bisher, wird auf die Erfahrungen aus vorhandenen Einrichtungen zurückgegriffen. Vorrangige Zielsetzung bleibt es, eine Obdachlosigkeit von Flüchtlingen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die betroffenen Menschen zu vermeiden. Es wird davon ausgegangen , dass diese vorrangige Zielsetzung von allen gesellschaftlichen Kräften geteilt und unterstützt wird. Bei der Einrichtung von Unterkünften wird weiterhin die Information und Beteiligung der betroffenen Bevölkerung angestrebt. Die konkrete Ausgestaltung wird aber auch künftig in Einzelfällen abhängig von den tatsächlichen, vor allem zeitlichen Bedingungen zu beurteilen sein.