BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11329 21. Wahlperiode 19.12.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 11.12.17 und Antwort des Senats Betr.: GPS-Sender zum Schutze von Demenzkranken? In Hamburg leben zurzeit rund 26.000 Menschen mit schwerer und mittelschwerer Demenz, etwa zwei Drittel davon zuhause. Bis 2025 wird von einem Anstieg auf 31.000 Demenzkranke ausgegangen. Immer wieder wird die Polizei zu Einsätzen gerufen, weil ältere Personen als vermisst gemeldet werden. Häufig handelt es sich um Menschen, die beispielsweise aufgrund einer Demenz-Erkrankung orientierungslos herumlaufen und nicht mehr zurückfinden. Dies kann zu einer ernsthaften Gefahr für die Betroffenen werden. Um dem Bewegungsdrang von Demenzkranken nachzukommen und gleichzeitig eine Eigengefährdung auszuschließen, gibt es in manchen Einrichtungen verschiedene Methoden, wie beispielsweise die Errichtung von Scheinbushaltestellen oder fiktiven Postfilialen auf dem Gelände. Dabei könnte man sich den technischen Fortschritt zunutze machen und Personen, die unter Störungen in ihrer Orientierungsfähigkeit leiden, anbieten , einen GPS-Sender im Uhrenformat zu tragen, über den sie durch die Polizei im Notfall geortet werden können. Dies würde für die Betroffenen nicht nur zu einer schnelleren Hilfe führen, sondern auch der Polizei die Arbeit erleichtern. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie hat sich die Situation der stationären Pflegeeinrichtungen, die besonders auf Menschen mit Demenz spezialisiert sind, in Hamburg seit 2014 jährlich entwickelt? Dementielle Erkrankungen sind eine der Hauptursachen von Hilfe- und Pflegebedürftigkeit und des Umzugs in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung. 53 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner weisen eine eingeschränkte Alltagskompetenz auf (vergleiche Rahmenplanung der pflegerischen Versorgungsstruktur bis 2020). Die Versorgung von Menschen mit dementiellen Erkrankungen stellt somit nicht erst mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zum 01. Januar 2017 eine Regelversorgung in den vollstationären Pflegeeinrichtungen dar. Seit 1999 gibt es in Hamburg die Besondere stationäre Betreuung von dementiell erkrankten Menschen mit herausfordernden Verhaltensweisen. Das Programm richtet sich an Nutzer mit mittelschweren bis schwersten dementiellen Erkrankungen, die wegen starker herausfordernder Verhaltensweisen im stationären Regelangebot nicht adäquat versorgt werden können. Drucksache 21/11329 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In der stationären Pflege von Menschen mit Demenz hat es seit 2014 die folgenden wichtigen Entwicklungen gegeben: Von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz wurden im Projekt „Weiterentwicklung stationärer Angebote für Menschen mit Demenz“ von 2014 bis 2017 Pflegeeinrichtungen dabei unterstützt, ihr fachliches Know-how im Umgang von Menschen mit Demenz weiterzuentwickeln. Sie erhielten Begleitung und Beratung sowohl in der Konzeptentwicklung als auch in der anschließenden Umsetzung. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten setzen die Einrichtungen kleinere und größere Entwicklungen unter anderem in den Bereichen Dienstplangestaltung, Arbeitsorganisation, individualisierte Betreuungsplanung sowie allgemein der Qualität der Betreuung von Menschen mit Demenz in Gang. Vor diesem Hintergrund sind die Besonderen stationären Betreuungen von 904 Plätzen in 37 Einrichtungen im Jahre 2014 auf 806 Plätze in 29 Einrichtungen im Jahre 2017 zurückgegangen. Mit dem Pflegestärkungsgesetz II und der Neuregelung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs werden die Folgen von Demenz (eingeschränkte Alltagskompetenz) besser bei der Feststellung des Pflegegrades berücksichtigt. Gleichzeitig haben die Rahmenvertragspartner in Hamburg zum 01. Januar 2017 die Personalschlüssel für stationäre Pflegeeinrichtungen erhöht. Einige stationäre Pflegeeinrichtungen erbringen ihre Leistungen für die Zielgruppe seitdem im Rahmen der normalen stationären Pflege statt im Rahmen des oben genannten Programms. 2. Wie hat sich die Anzahl der Polizei-Einsätze zur Suche von Personen mit Demenz, die vermisst gemeldet wurden, seit dem Jahre 2014 jährlich entwickelt? 3. Wo wohnten die vermisst gemeldeten Personen jeweils? In speziellen Einrichtungen für Demenzkranke, anderen Einrichtungen oder zuhause? Die Polizei führt keine Statistik im Sinne der Fragestellung. Alle Polizeieinsätze, die über die zentrale Notrufnummer 110 oder über das örtlich zuständige Polizeikommissariat an die Polizeieinsatzzentrale (PEZ) gemeldet werden, sind im Hamburger Einsatzleitsystem (HELS) gespeichert. Recherchierbar ist die Einsatzanlassart „PVERM“, vermisste Person, nicht jedoch der Begriff „Demenz“. Unter der Anlassart „PVERM“ werden alle Einsätze im Zusammenhang mit vermissten Personen subsumiert, so zum Beispiel auch Einsätze, bei denen Kinder und suizidgefährdete Personen vermisst werden. Der Grund der Vermisstenmeldung wird nicht automatisiert erhoben. Für die Beantwortung dieser Frage wäre eine händische Auswertung von 19.746 in HELS gespeicherten Einsätze und Einsatzberichte erforderlich (Stand 10. Dezember 2017). Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Eine Einzelauswertung im Jahr 2015 über 40 Tage zu abgängigen Senioren als vermisste Personen ergab für diesen Zeitraum insgesamt 176 polizeiliche Einsätze, davon in 126 Fällen als Vermisstenmeldungen aus Pflegeheimen. 4. Welche Maßnahmen werden aktuell zum Schutz von demenzkranken Personen ergriffen? Welche Ausweitungen sind hier geplant? Das Hamburgische Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz und das Betreuungsrecht sehen zahlreiche Regelungen vor, die besonders auch Menschen mit Demenz schützen . Die Überprüfung der Pflegequalität in den vollstationären Pflegeeinrichtungen erfolgt durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen im Abstand von höchstens einem Jahr gemäß §§ 114 fortfolgende SGB XI. Empfohlen wird, dass Einrichtungen sich zur Vermeidung von freiheitsentziehenden und -beschränkenden Maßnahmen präventiv beraten lassen und Fach- und Führungskräfte gegebenenfalls eine Fortbildung zum Verfahrenspfleger absolvieren (vergleiche Rahmenplanung der pflegerischen Versorgungsstruktur bis 2020, BGV 2015). 5. Wie beurteilt die zuständige Behörde die Möglichkeit, demenzkranke Personen mit GPS-Sendern auszustatten, um sie im Notfall durch die Polizei orten lassen zu können? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11329 3 Jedes schnellere Auffinden von vermissten Menschen mindert die Gefahr für deren Leib und Leben und verringert den polizeilich erforderlichen Aufwand erheblich. Es ist auch aus Sicht der für Pflege zuständigen Behörde zu begrüßen. Allerdings ist das Nutzen von Trackingsystemen für die Ortung von Personen in der Verantwortung der Polizei nicht vorgesehen. Der Einsatz solcher Technik unter Berücksichtigung bestehender rechtlicher Bestimmungen durch Angehörige demenzkranker Menschen oder durch Berechtigte in Pflegeeinrichtungen wird jedoch ausdrücklich befürwortet.