BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1134 21. Wahlperiode 31.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Oelschlaeger, Detlef Ehlebracht, Dr. Alexander Wolf, Dirk Nockemann (AfD) vom 24.07.15 und Antwort des Senats Betr.: Nutzungsstilllegungen im Hamburger Wald Auf dem Hamburger Stadtgebiet gibt es ungefähr 4800 ha Wald, von denen circa 77 Prozent der Stadt Hamburg gehören. Wie dem Koalitionsvertrag zu entnehmen ist, besteht die Absicht, 10 Prozent der im Eigentum der Stadt befindlichen Waldflächen aus der Nutzung zu nehmen. Gleichzeitig wird definiert, dass die Hamburger Wälder vornehmlich der Erholung und dem Naturschutz dienen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Forstverwaltung Hamburg führt für ihren Wald alle zehn Jahre eine Inventur durch und legt die Planung für die nächste Periode fest (Forsteinrichtung). Dabei achtet sie vor allem darauf, dass nicht mehr Holz genutzt wird, als nachwächst. So liegt der durchschnittliche Hiebsatz der Hamburger Forstverwaltung in der jetzigen Einrichtungsperiode bei 4,2 Erntefestmeter je Hektar und Jahr, der durchschnittliche Zuwachs dagegen bei 6,8 Erntefestmeter je Hektar und Jahr. In der Forsteinrichtung werden die erforderlichen waldbaulichen Maßnahmen je Einzelbestand festgelegt. Dies umfasst neben Maßnahmen zur Pflege, Erneuerung und Neubegründung von Waldbeständen auch naturschutzfachliche Entscheidungen, wie generellen Nutzungsverzicht oder Verzicht auf Eingriffe in den Altbestand. In besonders sensiblen Bereichen sind die geplanten Maßnahmen mit anderen Fachbehörden abgestimmt worden, zum Beispiel mit der für Naturschutz zuständigen Behörde. Die Stilllegung von Waldflächen, also der umfassende Verzicht forstwirtschaftlicher Eingriffe, soll die natürliche Entwicklung des Waldes beziehungsweise einzelner Waldbestände ermöglichen. Die sich aus der Ökologie ergebenden Abläufe und Störungen (wie Alterung und Zerfall, Sukzession, Baumartendifferenzierung, Windwurf, Schneebruch) sollen ohne menschlichen Eingriff ablaufen können. Für den Umbau von Reinbeständen in Mischbestände ist die Methode in der Regel nicht geeignet. Eine Analyse der derzeit gültigen Forsteinrichtung zeigt, dass schon jetzt mindestens 9,5 Prozent der Waldfläche der Hamburger Wälder aufgrund eines generellen Nutzungsverzichtes de facto die Wirkungen einer Flächenstilllegung erfüllen. Es handelt sich um etwa 80 Einzelflächen zwischen 0,3 und 39,8 Hektar, verteilt über fast alle Revierförstereien. Für diese Flächen sind keine Maßnahmen vorgesehen. Sie sollen gegebenenfalls der natürlichen Sukzession überlassen werden. Dies schließt allerdings im Einzelfall Verkehrssicherungsmaßnahmen am Rand der Fläche ebenso wenig aus wie die Pflege von dem Wald zuzurechnenden Offenlandbiotopen in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden. Drucksache 21/1134 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Flächenstilllegungen mit rechtlicher Bindungswirkung gibt es bisher nicht. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Gibt es bereits ein Konzept, welche Flächen aus der Nutzung genommen werden sollen? Falls ja, bitte kurz erläutern. 2. Sind bereits Flächen stillgelegt worden? Wenn ja, welche? Nein, im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Soll mit der Stilllegung auch ein Betretungsverbot für die betroffenen Waldflächen ausgesprochen werden? Falls ja, für welche? Nein, es gelten die allgemeinen, schon bestehenden rechtlichen Beschränkungen, die sich zum Beispiel aus der Ausweisung von Naturschutzgebieten ergeben. 4. Wenn die Totholzanteile im Wald substanziell erhöht werden sollen, welche Arten von Schädlingsmonitoring, insbesondere für Borkenkäfer, Buchdrucker und Kupferstecher, sind vorgesehen, um die umgebenden Forsten vor Befall zu bewahren? Ziel der Pflege und Bewirtschaftung der Hamburger Wälder sind standort- und funktionsgerechte , in sich gesunde und möglichst naturnahe Waldlebensgemeinschaften, die infolge ihrer Größe, Vielfalt und Altersstruktur gegen äußere Einflüsse und Belastungen möglichst widerstandsfähig sind. Die Menge und Qualität des Alt- und Totholzes ist in den Hamburger Wäldern wesentlich bestimmt durch eine intensive Nutzung im und nach dem 2. Weltkrieg. Die Erhöhung der Alt- und Totholzanteile findet im Wesentlichen unabhängig von der Festlegung von Flächen mit Nutzungsverzicht durch das unbeeinflusste Älterwerden der vorhandenen Bestände statt. Im Übrigen ist aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre, der Baumartenzusammensetzung (geringer werdender Anteil älterer Nadelholzbestände) und des weitgehend abgeschlossenen Umbaus von Reinbeständen in Mischbestände ein besonderes Schädlingsmonitoring nicht erforderlich. Die genannten Forstschädlinge stellen schon seit Jahren keine Bedrohung für den Hamburger Wald mehr dar. Von ihm geht keine Gefahr für benachbarte Baumbestände aus. 5. Mit welchen Hiebsätzen arbeiten die Hamburger Revierförstereien und werden diese als nachhaltig angesehen? 6. Wird mit der Flächenstilllegung auch ein Umbau der Waldgesellschaften angestrebt oder sollen die Flächen der natürlichen Sukzession überlassen werden? Siehe Vorbemerkung. 7. Wird mit der Stilllegung auch die Bejagung auf den entsprechenden Flächen untersagt? Wenn ja, auf welchen Flächen? Nein. 8. Welche Behörden und Organisationen sind an der Auswahl der stillzulegenden Flächen beteiligt? Im Rahmen der fachlichen Zusammenarbeit sind die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation als Fachbehörde und diejenigen Bezirksverwaltungen, in deren Zuständigkeitsbereich sich mindestens eine Revierförsterei befindet, beteiligt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 9. Sofern mit den Stilllegungen Ertragsminderungen der Revierförstereien einhergehen, welche Konsequenzen wird das für die Förstereien haben? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1134 3 Ist für diesen Fall ein Personalabbau vorgesehen oder gibt es eine Beschäftigungsgarantie für die Mitarbeiter? 10. Wie hoch schätzt der Senat die jährlichen Ertragsminderungen ein? Die Pflege und Bewirtschaftung der Hamburger Wälder dient nur nachrangig der Holzproduktion. Der schon jetzt praktizierte Nutzungsverzicht und die noch erforderlichen weiteren Flächenstilllegungen führen zu keinen messbaren Ertragsminderungen.