BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11343 21. Wahlperiode 19.12.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus und Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 12.12.17 und Antwort des Senats Betr.: Präventionsprogramme gegen religiös motivierte Radikalisierung an Schulen Schulen werden als besondere Bereiche der Früherkennung von Gesinnungs - und Verhaltensauffälligkeiten bei Schülern/-innen, die Tendenzen zu Radikalisierungen nahelegen, angesehen. Das gilt einerseits für Radikalisierungen allgemein, aber im Speziellen für religiös motivierte Radikalisierungen . Gerade in dieser hochsensiblen Thematik ist nicht nur die Professionalität bei der Wahrnehmung derartiger Entwicklungsanzeichen von maßgeblicher Bedeutung, sondern insbesondere auch der pädagogische, psychologische und soziale Zugang zu den betreffenden Schülern/-innen sowie zu deren direktem Umfeld, sowohl schulisch wie auch außerschulisch, durch Fachkräfte. Insgesamt verlangt ein wirkungsvoller Ansatz diesbezüglich aber auch nach ganzheitlichen möglichst niederschwelligen Präventionsstrategien, etwa mittels Beratung, Aufklärung und dem Dialog auf Augenhöhe. Im Fall von beginnender religiöser Radikalisierung sind dann zudem beispielsweise alternative Interpretationsangebote im Glaubenskontext, die korrekte Einordnung und die Vermittlung toleranter und humanistischer Werte sowie gegebenenfalls eine weiterführende Begleitung oder/und Gespräche mit den Familien sinnvolle Schritte, die dabei helfen sollen, Ursachen für und Auswege aus fundamental geprägten Ansichten im jeweiligen Einzelfall zu finden. Dabei sind selbstverständlich nicht allein schulische, sondern auch außerschulische Akteure notwendig, die im Zusammenspiel von Vorsorge, Hilfe und Nachsorge für die Betroffenen kooperieren. All das sollte und muss im Lern- und Lebenskosmos Schule mittels entsprechender Projekte/Programme zur Verfügung gestellt werden beziehungsweise möglich sein. Ein Blick auf die vorhandenen Ansätze, Umsetzungen und Entwicklungen in diesem Bereich ist deshalb sinnvoll. Wir fragen den Senat: Der allgemeine Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule beinhaltet, dass die Erziehung der Schülerinnen und Schüler nach den Grundsätzen der Achtung und Toleranz, der Gerechtigkeit und Solidarität sowie der Gleichberechtigung der Geschlechter mit dem Ziel der Verantwortungsübernahme auszurichten ist, siehe § 2 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG). Die Beratung und Unterstützung von Schülerinnen und Schülern ist daher grundsätzliche Querschnittsaufgabe von Schule. Drucksache 21/11343 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) bietet im Bereich der Radikalisierung darüber hinaus spezifische Präventions- und Unterstützungsangebote an (Beratungen, Fortbildungen (schulintern und zentral), Vermittlung von präventiven Schülerworkshops). Ergänzend sind im Rahmen des Programms „Demokratie leben!“ und der Drs. 21/5039 „Effektive Maßnahmen gegen gewaltbereiten Salafismus und religiösen Extremismus auch in Zukunft fortsetzen“ Modellprojekte zur primären Prävention von Radikalisierung durch zivilgesellschaftliche Träger entwickelt worden, von denen zwei im Bereich Schule angeboten werden. Alle weiteren präventiven Angebote für die Schulen werden durch das LI angeboten und/oder vermittelt. Die durch das LI angebotenen und vermittelten präventiven Schülerworkshops und -projekte sind primär-präventiv ausgerichtet und werden daher mit der ganzen Lerngruppe durchgeführt. Die Angebote werden den Schulen auf Anfrage vermittelt. Die Workshops dienen dabei nicht der Deradikalisierung einzelner Jugendlicher. Ziel des allgemein-präventiven Ansatzes ist es vielmehr, Jugendlichen Signale von Anerkennung und Zugehörigkeit zu vermitteln sowie demokratische Werte, Partizipation und Selbstwirksamkeitserfahrungen zu stärken. Das LI empfiehlt, die Workshops in Verbindung mit einer Fortbildung für das Kollegium durchzuführen. Fragen, die bei den Jugendlichen nachwirken, können so von den Lehrkräften aufgegriffen und bearbeitet werden. Die Schülerworkshops werden den Schulen seit September 2017 angeboten und befinden sich noch in der Erprobungsphase. Die Anfragen der einzelnen Schulen sowie die fallbezogenen Beratungen sind vertraulich . Der Senat sieht in ständiger Praxis von der öffentlichen Benennung von Schulnamen oder weiteren Informationen zu Beratungs- und Vermittlungsanfragen ab, um eine Stigmatisierung einzelner Schulen zu verhindern, die Vertraulichkeit der fallbezogenen Beratungsarbeit zu wahren und eine Identifizierung einzelner Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte zu verhindern. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele und welche Projekte/Programme zur Prävention von religiös motivierter Radikalisierung von Schülern/-innen existierten/existieren gegenwärtig (Stand November 2017) an den staatlichen Schulen in Hamburg? (Bitte in absoluten Zahlen in einer Excel-Tabelle angeben.) a. An welchen Schulen sind diese Projekte/Programme seit wann genau an gesiedelt? (Bitte mit Standort, Schulform, Sozialindex, Bezirk und Startdatum in der Tabelle zu 1. angeben.) b. Von wem genau (Einrichtung, Behördenstruktur, Einzelakteure et cetera) werden diese Projekte/Programme betrieben? (Bitte mit Nennung in der Tabelle zu 1. angeben.) c. Wie viele und welche dieser Projekte/Programme sind Teil des schulischen Vor- wie viele und welche Teil des schulischen Nachmittags ? (Bitte entsprechend in der Tabelle zu 1. angeben.) 2. Wie viele Schüler/-innen wurden/werden in den unter 1. genannten Projekten /Programmen bisher (Stand November 2017) je Standort betreut und welchen Jahrgangsstufen gehören diese an? (Bitte je Standort und Programm in absoluten Zahlen und in Prozent in einer Excel-Tabelle angeben.) a. Wie viele dieser Schüler/-innen sind jeweils weiblich? (Bitte entsprechend in absoluten Zahlen und in Prozent in der Tabelle zu 2. angeben .) 3. Welche konkrete Ausrichtung samt Arbeitsansatz besitzen die unter 1. genannten Projekte/Programme dabei? (Bitte jeweils pro Projekt/Programm erklären und Ansatz erläutern.) Primäres Ziel der den Schulen vermittelten präventiven Angebote durch das LI ist es, Jugendlichen, die gefährdet sein könnten, sich religiös oder politisch zu radikalisieren, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11343 3 frühzeitig ein Angebot zur Verfügung zu stellen, in dem ein vom schulischen Alltag losgelöster Dialog mit unterschiedlichen Perspektiven auf Kultur und Religion geführt werden kann. Damit wird die Auseinandersetzung mit den altersgemäß auftretenden Fragen über Religionen, Demokratie, aktuelle politische Entwicklungen und Menschenrechte ermöglicht. Ziel einer solchen Präventionsarbeit ist es, die Wirksamkeitserfahrungen von Jugendlichen zu stärken sowie ihre Teilhabe und demzufolge ihr Demokratieverständnis (Pluralismus/Diversität), aber auch ein Bewusstsein für die freiheitlich demokratische Grundordnung zu fördern. Zu den an Schulen vermittelten und angebotenen primär-präventiven Schülerworkshops sowie zu Teilnahmezahlen siehe Anlage 1. Die Anfragen der einzelnen Schulen sowie die fallbezogenen Beratungen sind vertraulich. Aus Datenschutzgründen sieht der Senat von der öffentlichen Benennung von Schulnamen oder weiteren Informationen zu Beratungs- und Vermittlungsanfragen ab. Das Geschlecht der Schülerinnen und Schüler wird in diesem Zusammenhang nicht erhoben, da ganze Lerngruppen an den Workshops teilnehmen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie genau werden geeignete Projekte/Programme zur Prävention gegen religiös motivierte Radikalisierungen an Schulen seitens des Senats beziehungsweise der zuständigen Fachbehörde für Schule und Berufsbildung (BSB) ausgewählt und begleitet? (Bitte zu erfüllende Kriterien, Prüfungsverfahren sowie Art und Umsetzung der Begleitung beziehungsweise Unterstützung solcher Projekte/Programme erläutern und an einem konkreten Beispiel der unter 1. genannten Projekte/Programme darstellen.) a. Welche Rolle kommt dabei den Schulen selbst zu? (Bitte erläutern.) b. Gibt es ein offizielles Antragsverfahren für Schulen zur Realisierung solcher Projekte/Programme beim Senat beziehungsweise der BSB? Wenn ja, welcher Art ist es, welche Kriterien müssen dabei erfüllt werden, wie viele und welche Schulen haben einen solchen Antrag im Schuljahr 2016/2017 bisher gestellt und wie wurden diese beschieden? (Bitte Verfahren samt Kriterien erläutern, Schulen mit Schulform, Sozialindex samt Bezirk darstellen und Bescheidung beziehungsweise gegenwärtigen Status angeben.) c. Gibt es ein offizielles Bewerbungsverfahren seitens der Initiatoren beziehungsweise Anbieter solcher Projekte/Programme bei der BSB? Wenn ja, welcher Art ist es, welche Kriterien werden dabei gestellt, wie viele Bewerbungen welcher Träger mit welchen Projekten gab es bisher und wie wurden sie beschieden? (Bitte Verfahren samt Kriterien erläutern, Träger und Projekt in 2016/2017 darstellen und Bescheidung beziehungsweise gegenwärtigen Status angeben.) Handlungsschwerpunkte, Zielgruppen und Ziele der Projekte müssen dem „Konzept zur Vorbeugung und Bekämpfung von religiös motiviertem Extremismus und antimuslimischer Diskriminierung“ von 2015 beziehungsweise dem weiterentwickelten Konzept von 2016 entsprechen. Siehe hierzu Drs. 20/13460 sowie Drs. 21/5039. Die Begleitung der Projekte erfolgt durch regelmäßige Fachgespräche. Im Rahmen der Projektsteuerung werden Ziele, Zwecke und Aufgaben festgelegt und bei Bedarf weiterentwickelt und angepasst. Die durch die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) geförderten Projekte haben das Erreichen der Zuwendungszwecke im Rahmen eines Verwendungsnachweises zu belegen, zu dem auch ein aussagekräftiger Sachbericht gehört. Der Erfolg bemisst sich an der Zweckerreichung. Nach gegenwärtigem Stand hat es bisher keine Beanstandungen gegeben, die die Zweckerreichung der Projekte infrage stellten. Für die Angebote des LI wurden Träger ausgewählt, die im Rahmen des behördenübergreifenden Netzwerks für Prävention und Deradikalisierung bekannt sind beziehungsweise mit denen positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit vorliegen. Im Drucksache 21/11343 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Rahmen von Abstimmungs- und Beratungsprozessen der Netzwerkarbeit wurden Träger identifiziert, mit denen das LI das Angebotsportfolio für die Schulen gestaltet hat. Das LI vermittelt die Angebote auf Honorarbasis an die Schulen. Die Schulen richten ihre Anfragen seit September 2017 an das LI, das die Federführung der Organisation und der Kommunikation mit den Schulen, Lehrkräften und Trägern übernimmt. Der Vermittlungsprozess von Schülerangeboten beinhaltet eine Bestandsaufnahme der Schulsituation, der Lerngruppe, eine Beratung der Lehrkräfte und die Einbettung des Angebots in den Unterricht (Vorbereitung und Nachbereitung), die Evaluation der durchgeführten Workshops sowie mögliche Anschlussmaßnahmen und Verankerungen in der Schule. Die Entscheidung darüber, welche Projekte und Angebote an der Schule stattfinden, trifft die Schulleitung im Rahmen der selbstverantworteten Schule. 5. Welche finanzielle Unterstützung wurde/wird seitens des Senats beziehungsweise der zuständigen Fachbehörde für Projekte/Programme der in 1. genannten Ausprägung im Haushalt 2015/2016 beziehungsweise 2017/2018 bereitgestellt und unter welchem Haushaltstitel genau fand/ findet sie sich? (Bitte für jedes Haushaltsjahr einzeln mit Angabe von Einzelplan, Aufgabenbereich und Produktgruppe in absoluten Eurobeträgen in einer Excel Tabelle angeben.) a. Um wie viele Programme handelte/handelt es sich dabei im Einzelnen zu welchen Beträgen? (Bitte entsprechend mit Projekt-/Programm und absoluten Euro-Beträgen in der Tabelle zu 5. angeben.) b. Nach welchen Kriterien wurden/werden dabei Mittel in welcher jeweiligen Höhe an die unter 1. genannten Projekte/Programme im Schuljahr 2016/2017 vergeben? (Bitte Kriterien je Projekt angeben.) c. Werden/wurden den Schulen für derartige Präventionsprojekte/ -programme auch zusätzliche Wochenarbeitsstunden (WAZ) beziehungsweise gegebenenfalls Vollzeitäquivalente (VZÄ) für Lehrer/ -innen zur Verfügung gestellt, um diese zu begleiten beziehungsweise zu verwirklichen? Wenn ja, in welchem Umfang und unter welchen Haushaltspositionen ? (Bitte in WAZ und VZÄ mit Nennung von Einzelplan, Aufgabenbereich und Produktgruppe in absoluten Zahlen in der Tabelle zu 5. angeben.) Für die über Honorarmittel finanzierten Projekte, die durch das LI vermittelt werden, hat die für Bildung zuständige Behörde im laufenden Kalenderjahr einen Betrag von 100.000 Euro kalkuliert, um die Schülerangebote zu finanzieren. Dieser Betrag wird aus den laufenden Haushaltsmitteln finanziert. Siehe Dr. 21/5039, für das Projekt SelbstSicherSein auch Drs. 21/7939. Das Projekt SelbstSicherSein wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert . Die entsprechende Förderleitlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sieht eine maximale Fördersumme von 130.000 Euro seitens des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) vor. Das Land Hamburg muss mindestens 20 Prozent dieses Betrages zur Kofinanzierung bereitstellen. 6. In der Presse war von einem offenbar sehr erfolgreichen Projekt namens „Oase“ zur Prävention von Radikalisierung (gerade auch im Sinne islamistisch-fundamentalistischer beziehungsweise salafistischer Ausprägung ) an einer Schule in Billstedt zu lesen, das von einer Religionslehrerin sowie drei Präventionsfachkräften betreut wird und ein Umfeld des Vertrauens, der Kommunikation und Beratung für alle Schüler/-innen bietet (vergleiche unter anderem http://www.ndr.de/nachrichten/ hamburg/Eine-Oase-als-Schutzraum-vor-Radikalisierung,oase100.html). Wie genau bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Fachbehörde die Arbeit des Projekts „Oase“? (Bitte sachlich und fachlich erläutern.) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11343 5 a. Besteht eine Kooperation der zuständigen Fachbehörde zum Projekt und wenn ja, wie genau sieht diese aus? 7. Das Projekt „Oase“ benötigt für seine Tätigkeit, laut Pressebericht, einen eigenen Raum mit bestimmter aufgabenbezogener Ausstattung. Wie wird seitens des Senats beziehungsweise der zuständigen Fachbehörde bei der Umsetzung solcher Präventionsmaßnahmen gewährleistet, dass die notwendigen Räumlichkeiten und deren Ausstattung entsprechend an den Schulen bereitgestellt werden können? (Bitte bisherige Maßnahmen und Finanzierung für diese Voraussetzungen in 2016/2017 und 2017/2018 (Stand November 2017) darstellen.) Zum Projekt „Oase“ siehe Drs. 21/9440. Das Projekt wurde auf der Grundlage von Bedarfen der Schülerinnen und Schüler sowie Ideen und Kompetenzen der Schulleitung und Lehrkräfte entwickelt. Das Oase- Team setzt sich aus einer Religionslehrkraft und weiteren pädagogischen Fachkräften zusammen (zum Beispiel Studierende der Islamwissenschaften, Teach-First-Fellows), und steht in einem engen Austausch mit der Fachkraft für interkulturelle Koordination der Schule. Die Finanzierung der personellen Ressourcen für das Projekt erfolgt aus Eigenmitteln der Schule. Die für Bildung zuständige Behörde war über den Beratungs- und Entstehungsprozess des Projekts „Oase“ informiert. Aus Sicht der Behörde ist das Projekt positiv zu bewerten, da die Schule standort- und bedarfsbezogen ein sinnvolles und für Schülerinnen und Schüler attraktives Angebot entwickelt hat. 8. Ist der Senat beziehungsweise die zuständige Fachbehörde an der Konzeptentwicklung , Beratung, Begleitung und/oder Finanzierung von Präventionsprojekten an Schulen mit entsprechendem Bedarf beteiligt? Wenn ja, in welcher Weise genau und mit Beteiligung welcher behördlichen Fachabteilungen? (Bitte Beteiligung erläutern und Akteure mit Zugehörigkeit nennen.) a. Wenn nein, weshalb erfolgt eine solche explizit Unterstützung nicht? (Bitte fachlich und sachlich begründen.) Sollten Schulen eine Beratung zum Beispiel zur Konzeptentwicklung benötigen, können sie sich an die zuständige Schulaufsicht und das LI wenden. 9. Hält der Senat beziehungsweise die zuständige Fachbehörde „Oase“ für ein geeignetes Modell zur Umsetzung an anderen Schulen und wenn ja, welche konkreten Pläne bestehen dahingehend gegenwärtig (Stand November 2017) und wo sollen diese realisiert werden? a. Wenn nein, warum nicht? (Bitte fachlich und sachlich begründen.) Siehe Drs. 21/9440. 10. Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) besitzt zur Aufklärung und Prävention gegen Radikalisierungstendenzen (speziell antidemokratischer, sozialer und religiös motivierter Art) ein eigenes Beratungsteam „Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit“, das schulinterne wie -externe Beratungen und Fortbildungen für Lehrer/ -innen, Sozialpädagogen/-innen und Schulleitungen anbietet. Wie viele und welche Schulen beriet/berät das Team bisher und wie viele und welche Fortbildungen führte/führt es im Schuljahr 2016/2017 und 2017/2018 bisher (Stand November 2017) durch? (Bitte mit Nennung der Schulen samt Schulform, Sozialindex und Bezirk sowie den Fortbildungen samt Teilnehmer-/-innenanzahl in absoluten Zahlen und in Prozent in einer Excel-Tabelle angeben.) a. Aus wie vielen Mitarbeitern/-innen setzt sich das Team gegenwärtig (Stand November 2017) zusammen und welche spezifischen Aufgaben sind ihnen in der täglichen Arbeit zugedacht? Drucksache 21/11343 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 b. Erachtet der Senat die gegenwärtige Ausstattung des Teams, gemessen an der zu leistenden Arbeit an den Schulen, für ausreichend oder ist gegebenenfalls zusätzliche Personalverstärkung vorgesehen ? Wenn ja in welchem Umfang und Zeitraum? 11. Wie genau ist das Beratungsteam „Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit “ operativ strukturiert und arbeitstechnisch unter folgenden Aspekten in der Beratung und Weiterbildung von Schulen beziehungsweise Lehrern/-innen angelegt? Bitte jeweils erläutern: a. Kurzzeitliche Unterstützungsperspektiven b. Langfristige Unterstützungsperspektiven c. Perspektivisches Anliegen/Ziel d. Anfrageverfahren Seitens der Schulen e. Kommunikation f. Begleitung und Evaluation der Prävention g. Fokus und Strategien bezüglich speziell religiös motivierter Deradikalisierung h. Ressourcenausstattung i. Arbeitszeit der Mitarbeiter/-innen Zu den Unterstützungsleistungen und Fortbildungsveranstaltungen des LI bis Juli 2016 siehe Drs. 21/1706, Drs. 21/5039, Drs. 21/5331, Drs. 21/5711, Drs. 21/8162 und Drs. 21/10592. Zu den Fortbildungsveranstaltungen im Schuljahr 2016/2017 sowie dem laufenden Schuljahr 2017/2018 siehe Anlage 2. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Das Beratungsteam setzt sich aus vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen, die mit einer Gesamtressource von 1,5 Stellen ausgestattet sind. Die Aufgabenverteilung wird nachfrage- und anlassbezogen in regelmäßigen Teamsitzungen geklärt. Die Teammitglieder haben unterschiedliche Rollen und Schwerpunkte in den Bereichen Beratung von Schulen, politische Bildung, demokratische Schulentwicklung, Religion sowie Projektbegleitung. Aufgabe des Teams ist es, Schulen und Lehrkräfte anliegenorientiert bezüglich Anfragen im Bereich Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit zu beraten, Fortbildungsveranstaltungen anzubieten sowie Schülerworkshops zu entwickeln oder zu vermitteln. Innerhalb des LI ergeben sich durch die enge Kooperation mit den Bereichen Interkulturelle Erziehung, Religion, politische Bildung, Sozial- und Rechtserziehung sowie Demokratiepädagogik hohe Synergieeffekte. Für die Intervention sind die Beratungsstelle Gewaltprävention (allgemeinbildende Schulen ) und das Beratungs- und Unterstützungszentrum berufliche Schulen (BZBS) zuständig, die Fachstelle Legato wie auch weitere Partner werden dabei fallbezogen eingebunden. Das Team hat eine zentrale E-Mail-Adresse, stellt eine telefonische Erreichbarkeit sicher und kann durch eine hohe Flexibilität ein zeitnahes Eingehen auf die Anfragen der Schulen ermöglichen. Die zuständige Behörde hält die derzeitige Ausstattung des Teams für ausreichend, da der Bedarf der Schulen gedeckt werden kann. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11343 7 Anlage 1 Primär-präventive Projekte und Workshops an Schulen (Stand: November 2017) Projekt „Wie wollen wir leben?“ (Träger: ufuq.de): Unter der Leitfrage „Wie wollen wir leben?“ sprechen junge Teamleiterinnen und -leiter mit Jugendlichen im Alter von 10-18 Jahren über Religion, Identität, Zugehörigkeit, Geschlechterrollen oder radikale Prediger im Internet. Außerdem geht es um Diskriminierungserfahrungen von Jugendlichen und wie sie damit umgehen können, ohne sich macht- und hilflos zu fühlen. Die Workshops werden von jungen Teamleiterinnen und -leiter (18-30 Jahre alt, z.T. mit muslimischem Hintergrund) durchgeführt. Ein Workshopmodul umfasst je drei Termine á 90 Minuten oder einen Projekttag. Im Vorfeld wird abgesprochen, welche Fragen in der Lerngruppe aktuell sind. Die Teamleiterinnen und -leiter arbeiten mit Filmen und Methoden, die von ufuq.de in Kooperation mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg (HAW) entwickelt und bundesweit in einer Vielzahl von Workshops erprobt wurden. Die Themen sind: Glauben, Islam und Ich. Über die Vielfalt von Islam und muslimischem Leben in Deutschland. Woran glaubst Du, was ist Dir wichtig? (ab Klasse 5), Männerbilder, Frauenbilder und Islam. Über Geschlechterrollen, Normkonstruktionen und was das mit dem Islam zu tun hat (ab Klasse 8), Was bedeutet eigentlich Scharia? Über religiöse Quellen, ihre Auslegung im Alltag und die Vereinbarkeit mit Grundrechten (ab Klasse 8), Diskriminierung und Empowerment. Über Erfahrungen, die Jugendliche mit Muslimfeindlichkeit machen - und was man dagegen tun kann (ab Klasse 8), Blinder Gehorsam? Über den Wahrheitsanspruch radikaler Prediger und salafistischer Propaganda (ab Klasse 9), Gottes Gesetze? Über Islam, Demokratie und Islamismus (ab Klasse 10), „Alle Muslime sind…“ Über Stereotypen, Diskriminierung und die Rolle von Medien (ab Klasse 8 Gymnasium, ansonsten ab Klasse 9), My Jihad. Über Krieg, den Begriff des Jihad und den Kampf um Gerechtigkeit (ab Klasse 10) Feindbild „Islam“ + Feindbild „Westen“? Wie islamfeindliche und islamistische Propaganda funktioniert (ab Klasse 9). Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die teilgenommen haben: 230 Projekt bildmachen – Politische Bildung und Medienpädagogik zur Prävention religiös -extremistischer Ansprachen in Sozialen Medien“ (in Vorbereitung, im Angebot ab 2018) Das Projekt wendet sich an Jugendliche im Alter von 14 bis 21 Jahren in schulischen und außerschulischen Einrichtungen und fördert die aktive Nutzung von Online- Medien in der Begegnung mit religiös-extremistischen Ansprachen. Es fördert das Interesse von Jugendlichen, eigene Online-Inhalte zu gestalten und dabei Bezüge zu persönlich relevanten Themen und lokalen Zusammenhängen herzustellen. Das Projekt beschränkt sich damit nicht auf Online-Diskurse, sondern sensibilisiert und stärkt Jugendliche in ihrem alltäglichen Handeln. Als Pilotprojekt dient das Projekt der Erprobung von Ansätzen der Online-Präventionsarbeit, die wissenschaftlich evaluiert und für eine bundesweite Nutzung durch pädagogische Fachkräfte ausgewertet und dokumentiert werden. Das Projekt startet im Februar 2018, daher haben noch keine Schülerinnen und Schüler teilgenommen. Projekt Demokratie und Zivilcourage – Politische Jugendbildung (Träger: Arbeit und Leben): Drucksache 21/11343 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 Ziel der Bildungsangebote von Arbeit und Leben ist es, gemeinsam mit jungen Menschen politische, soziale und kulturelle Themen in ihrem Alltag zu betrachten und sie zur gesellschaftlichen Partizipation zu motivieren und zu ermutigen. Die Themen sind: Islam, Islamismus, antimuslimischer Rassismus, Kolonialismus und Rassismus, Ausgrenzungen und Gegenengagement, Geschlechterverhältnisse, Antisemitismus. Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die teilgenommen haben: 317 Projekt Verantwortung übernehmen im Internet (Träger: Think Social Now 2.0) Das Projekt „Verantwortung übernehmen im Internet“ entwickelt ein Modell, wie radikalisierungsfördernden und menschenverachtenden Internetangeboten wirksam begegnet werden kann. Im Rahmen des Projektes werden Kompetenzen im Umgang mit dem Internet und Sozialen Medien vermittelt und Argumente für ein demokratisches Miteinander im Internet gestärkt (Erstellung alternativer Online-Angebote mit Videos, Bildern, Zitaten etc.). Themen: Hateblocker – kein Platz für Hass im Netz (Klassen 8-13 / 2-4 Stunden), Kurzfilmprojekt „Hate Speech? Nein, danke!“ (Klassen 8-13 / 3- 5 Tage), Extremistische Internetpropaganda – Schwelle zwischen Extremismus und Gesellschaftskritik, (Klassen 8-13 / 2-4 Stunden), Fake News – Fake oder Fakt? Erkennen und Handeln. Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die teilgenommen haben: 73 Projekt: Hör mir zu! - Für Demokratie und Vielfalt - gegen Islam- und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in der beruflichen Bildung (Träger DEVI e.V.) Dieses Angebot spricht gezielt berufliche Schulen an, die sich in einem geführten Auditprozess mit ihrer Schulkultur und dem demokratischen Miteinander auseinandersetzen wollen. Zentrale Methode ist ein Audit für Vielfalt und Gleichwertigkeit, mit dem in den beteiligten Berufsschulen ein ein- bis zweijähriger Prozess gesteuert und moderiert wird, in dessen Rahmen eine Arbeitsgruppe bestehend aus Schülerinnen und Schülern, Auszubildenden, Lehrkräfte, Sozialpädagogen, Ausbilder und der Schulleitung Leitziele und Kriterien definiert, durch die eine vorurteilsfreie und anerkennende Schulkultur gekennzeichnet ist. Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die teilgenommen haben: 173 Projekt „Dialog Macht Schule“ (Träger: Dialog macht Schule) Ziel ist es Schülerinnen und Schüler an Schulen in sozial schwieriger Lage für gesellschaftliche Teilhabe zu begeistern. Dafür bildet „Dialog macht Schule“ Studierende aus, die über einen Zeitraum von zwei Jahren Schülerinnen und Schüler ab Klasse 7 für zwei Schulstunden pro Woche begleiten. Im Team gehen die Studierenden mit Schülerinnen und Schülern in den demokratischen Dialog über Identität, Zugehörigkeit , Vielfalt, Gerechtigkeit, Medien und zu schul- und tagespolitischen Themen. Ausgehend von solchen und anderen Alltagsthemen werden diese mit Hintergrundwissen angereichert und im zweiten Schuljahr in Projekten zur Stärkung der Selbstwirksamkeit handlungsorientiert abgeschlossen. Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die teilgenommen haben: 40 Projekt „SelbstSicherSein“ (Träger: Basis und Woge e.V.) Das Projekt „SelbstSicherSein“ ist ein Modellprojekt im Rahmen des Förderprogramms Demokratie Leben! und ist bei der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration angebunden. Das Projekt verfolgt einen primärpräventiven Ansatz. Kinder Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11343 9 und Jugendliche werden in ihrem Selbstbewusstsein und in ihrer Verbundenheit zum Stadtteil gestärkt. Die Kinder und Jugendlichen sollen Resilienz entwickeln, um nicht ansprechbar zu sein für extremistisches Gedankengut. Mit Einzelgesprächen, Gruppenangeboten und Workshops werden gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen Themen, Gedanken und Fragen, die auf dem Weg zum Erwachsenwerden aufkommen , behandelt. Auch mit den Erziehungsberechtigten werden diese Themen in Einzelgesprächen besprochen. Siehe hierzu auch Drs. 21/5039. Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die teilgenommen haben: 32 Weitere Projekte zur Prävention: Projekt: Wir kommen als Gast in Ihre Klasse! Präventiv über Islamismus und Rechtsradikalität reden (Träger: LI) Dieses Format des Teams Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit am LI richtet sich an Stadtteilschulen und Gymnasien ab Klasse 7. Passend zu den Bedürfnissen der Klasse wird gemeinsam eine Doppelstunde aus dem Bereich der „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ geplant. Projekt „Islam im Gespräch“ (Träger: Fachrat Islamische Studien) Auf Abruf können Schulen einen Dialog zum Themenbereich Islam gestalten. Hierzu vermittelt das LI in Kooperation mit dem Fachrat Islamische Studien islamische Theologen . Im gemeinsamen Gespräch können Aspekte des Islams, islamischen Lebens und der Lebenswelten muslimischer Jugendlicher erkundet werden. Die genauen Themen und Fragestellungen werden vorher gemeinsam abgesprochen. Das Gespräch kann in verschiedenen Settings geführt werden: unter Lehrkräften, in einer Schülergruppe oder einer gemischten Schüler-Lehrergruppe. Sc hu lin te rn e Fo rt bi ld un ge n de s L I / M en sc he nr ec ht s- u nd D em ok ra tie fe in dl ic hk ei t Sc hu lja hr 2 01 6/ 17 Ti te l TN -Z ah le n An za hl D ur ch fü hr un ge n Sc hu la rt en Ic h ko nn te d as g er ad e no ch d ec ke ln 32 4 Gy m M et ho de nt ra in in g ge ge n Gr up pe nb ez og en e M en sc he nf ei nd lic hk ei t 14 1 BS Re lig io n( en ) a n de r S ch ul e 30 2 St S, G y U m ga ng m it re lig iö s b eg rü nd et er R ad ik al isi er un g 50 4 Gy , R eB BZ , S TS Ha te sp ee ch 20 1 St S Ra di ka lis ie ru ng : U rs ac he n un d Le hr er ha nd el n 25 2 St S, G y Sc hu lja hr 2 01 7/ 18 Ti te l TN -Z ah le n An za hl D ur ch fü hr un ge n Sc hu la rt en Re lig io n( en ) a n de r S ch ul e 12 1 Gy Ze nt ra le F or tb ild un ge n de s L I / M en sc he nr ec ht s- u nd D em ok ra tie fe in dl ic hk ei t Sc hu lja hr 2 01 6/ 17 Ti te l TN -Z ah le n An za hl D ur ch fü hr un ge n H er au sf or de ru ng M en sc he nr ec ht s- u nd D em ok ra tie fe in dl ic hk ei t / Is la m is m us u nd Is la m fe in dl ic hk ei t 12 0 1 G es ic ht z ei ge n- a be r w ie ? 16 1 U m ga ng m it Is la m is m us in d er S ch ul e 24 2 "Ic h ko nn te d as g er ad e no ch d ec ke ln !" 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