BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11358 21. Wahlperiode 19.12.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 13.12.17 und Antwort des Senats Betr.: Entwicklung der Fluglärmbeschwerden und Verspätungen in Hamburg 2017 (3) Die Belastungen für die Anwohnerinnen und Anwohner in Hamburg durch Fluglärm sind ungebrochen hoch. Mit den Folgen für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger ist nicht zu spaßen. So ist die unzureichende Umsetzung des auf Druck der CDU-Fraktion von der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossenen 16-Punkte-Plans dafür verantwortlich, dass für die Betroffenen noch keine spürbare Verbesserung erzielt worden ist. Dass es auch 2016 und 2017 in großer Regelmäßigkeit und hoher Anzahl An- und Abflüge nach 23 Uhr über den Hamburger Nordosten gab und somit die Bahnbenutzungsregeln laufend missachtet wurden, ist nicht länger hinnehmbar . Aufgrund der Verweigerungshaltung des rot-grünen Senats, wesentliche Punkte des 16-Punkte-Plans gegen Fluglärm umzusetzen, ist eine regelmäßige Kontrolle notwendig. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie hat sich die Zahl der Beschwerden gegen Fluglärm bei den zuständigen Fachbehörden und dem Flughafen in 2017 entwickelt? Bitte nach Monaten aufgeschlüsselt angeben. August Sept Okt Nov 10.148 10.753 9.453 7.757 Für den Zeitraum Januar – Juli siehe Drs. 21/10195. Die Anzahl der Beschwerde führenden Personen in 2017 betrug 1.923. 2. Wie hat sich die Zahl der Starts und Landungen nach 23 Uhr im Jahr 2017 entwickelt? Bitte nach Monaten aufgeschlüsselt angeben. Flüge 23 – 24 Uhr in 2017 Start Landungen August 42 85 September 38 107 Oktober 26 71 November 13 33 Für den Zeitraum Januar – Juli siehe Drs.21/10195. 3. Wie viele An- und Abflüge gab es im Jahr 2017 nach 22 Uhr über den Hamburger Nordosten und aus welchen Gründen jeweils? Bitte nach Monaten aufgeschlüsselt angeben. 4. Wie viele An- und Abflüge gab es im Jahr 2017 zwischen 6 und 7 Uhr über den Hamburger Nordosten und aus welchen Gründen jeweils? Bitte nach Monaten aufgeschlüsselt angeben. Drucksache 21/11358 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Da der Zeitraum bis 23 Uhr zu den geltenden regulären Betriebszeiten zählt, erfolgt die Darstellung der An- und Abflüge nach 22 Uhr unterteilt in die Zeiträume 22 bis 23 sowie 23 bis 24 Uhr. Dabei bedeuten 023 – Anflug aus Richtung Nordosten sowie 05 – Abflug in Richtung Nordosten Landung Start 023 005 Uhr Monat/Jahr 22-23 August 2017 293 0 22-23 September 2017 342 10 22-23 Oktober 2017 393 0 22-23 November 2017 296 0 Landung Start 023 005 Uhr Monat/Jahr 23-24 August 2017 44 0 23-24 September 2017 72 3 23-24 Oktober 2017 49 0 23-24 November 2017 25 0 Landung Start 023 005 Uhr Monat/Jahr 06-07 August 2017 57 0 06-07 September 2017 68 11 06-07 Oktober 2017 47 0 06-07 November 2017 15 0 Für den Zeitraum Januar – Juli siehe Drs.21/10195. 5. Wurde/wird der vorgeschriebene Bahnwechsel (für die Bahn 05/23 Lemsahl-Poppenbüttel-Langenhorn) ab 22 Uhr im Jahr 2017 täglich durchgeführt? An welchen Tagen war dies der Fall und an welchen nicht und warum jeweils? Bitte Daten beifügen. Die Statistik für die Anwendung der Bahnbenutzungsregeln und der notwendigen Abweichungen findet sich im Internet unter: http://www.hamburg.de/contentblob/4549916/40f681620c6bb096390832079ab441c6/ data/d-bahnbenutzungsregel.pdf. Zur Auswahl der Betriebspisten siehe Drs. 21/10195. 6. Ist der Senat mit der Entwicklung der Fluglärmbeschwerden zufrieden? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht und was gedenkt er dagegen zu tun? Der Senat nimmt die Beschwerden ernst und hat daher mit der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) folgende Maßnahmen für den Fluglärmschutz in Hamburg auf den Weg gebracht. Für den Hamburg Airport wurde im Jahr 2017 eine Empfehlung ins Luftfahrthandbuch aufgenommen, nach der auf das sogenannte Flachstartverfahren verzichtet werden soll. Die Piloteninnen und Piloten sollen nicht schon bei 1.000 Fuß (circa 300 m), sondern frühestens bei 1.500 Fuß (circa 450 m) die Triebwerksleistung vom Start- auf Steigschub zurücknehmen (sogenanntes Cutback-Verfahren). Die FHG hat ermittelt, dass schon jetzt, einige Monate nach der Veröffentlichung im Luftfahrthandbuch, viele Fluggesellschaften auf das Flachstartverfahren verzichten. Im Übrigen siehe Drs. 21/7505. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11358 3 Außerdem findet sich im Luftfahrthandbuch seit August des Jahres 2017 die Empfehlung , dass Piloteninnen und Piloten in Hamburg ein lärmminderndes Sinkflugverfahren anwenden sollen, sofern die Rahmenbedingungen (Wetter, Flugaufkommen et cetera) dies zulassen (sogenanntes continuous-descent-approach-Verfahren, CDO-Verfahren ). Der Senat hat darüber hinaus, mit Wirkung zum 14. Juni 2017, eine neue Entgeltordnung für den Flughafen genehmigt, die unter anderem die gewichtsabhängigen Entgeltbestandteile und den Lärmzuschlag erhöht sowie den Einsatz von Flugzeugen mit lärmmindernden Wirbelgeneratoren durch Entgeltrabatte fördert. Die Wirkungen der Entgelterhöhung lassen sich allerdings erst mit Inkrafttreten der nächsten (Sommer-) Flugpläne erkennen und beurteilen. Weitere Maßnahmen, die der Senat und die FHG zum Zwecke des Fluglärmschutzes umsetzen, gehen aus dem sogenannten 16-Punkte-Plan vom 4. Februar 2015 hervor (Drs. 20/14334). Die Fluglärmschutzbeauftragte hat der Bürgerschaft mit Drs. 21/10688 über die Fortschritte berichtet. Der Senat und die FHG setzen außerdem konsequent die Programme zum Ausbau passiven Lärmschutzes um, die durch das Fluglärmgesetz vorgegeben werden. Darüber hinaus investiert die FHG seit Jahren große Summen in freiwillige Programme zum Ausbau des passiven Lärmschutzes. 7. Ist der Senat mit der Entwicklung der Starts und Landungen nach 23 Uhr zufrieden? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht und was gedenkt er dagegen zu tun? Nein. Dies gilt für vermeidbare Verspätungen im Sinne von Ziffer 1.3.2 des Luftfahrthandbuchs Deutschland, AD 2 EDDH 1-9. In Kooperation mit den Systempartnern FHG und Deutsche Flugsicherung setzt der Senat deshalb eine strikte Verfolgung solcher Verspätungen um. Fluggesellschaften, deren Maschinen nach 23 Uhr starten oder landen, obwohl dies bei besserer Planung zu verhindern gewesen wäre, werden im Rahmen von Ordnungswidrigkeitsverfahren zur Verantwortung gezogen und müssen Bußgelder in empfindlicher Höhe zahlen. Zudem zieht die Behörde für Umwelt und Energie im Zuge der Ordnungswidrigkeitsverfahren die sogenannten Taterträge von den Airlines ein. Mit der bei der Antwort zu 6. genannten neuen Entgeltordnung des Flughafens wurde der Zuschlag für Starts und Landungen zwischen 23 und 24 Uhr in fünf Stufen zeitlich gestaffelt und bis zu 700 Prozent angehoben. Das hat zum einen Signalwirkung und zum anderen steuernde Funktion. Es ist damit zu rechnen, dass die Fluggesellschaften die Tagesplanungen ihrer Flugzeuge so ausrichten, dass Starts und Landungen möglichst immer vor 23 Uhr in Hamburg stattfinden können. Auf diese Weise haben Verstöße gegen das Nachtflugverbot bei den Fluggesellschaften nun eine größere „wirtschaftliche“ Komponente. Es wurden sichtbare Anreize geschaffen, die bestehenden Regelungen auch einzuhalten. Die Wirkungen der Entgelterhöhung lassen sich allerdings erst mit Inkrafttreten der nächsten Flugpläne erkennen und beurteilen. Derzeit ist eine angemessene Bewertung der Steuerungseffekte noch nicht möglich. Des Weiteren wurde im April des Jahres 2016 die sogenannte Pünktlichkeitsoffensive gestartet. Sie war der Startschuss für einen langfristigen Prozess. Viele Fluggesellschaften , die den Hamburger Flughafen anfliegen, haben sich verpflichtet, so selten wie möglich von der Verspätungsregelung Gebrauch zu machen. Einige von ihnen haben bereits konkrete Maßnahmen ergriffen. Sie stellen beispielsweise zusätzliche Flugzeuge bereit, um die Anzahl der abendblichen Verspätungen zu reduzieren. Die Pünktlichkeitsoffensive hat zwar bislang noch nicht die angestrebten Ergebnisse erzielt, ist aber – entgegen anderslautenden Behauptungen – auch nicht als gescheitert zu betrachten. Sie wird konsequent in einem eng getaktetem Abstimmungsprozess zwischen Behörden, Fluggesellschaften und FHG stetig vorangetrieben.