BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11381 21. Wahlperiode 22.12.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 14.12.17 und Antwort des Senats Betr.: Geschehnisse bei Protesten in Berlin – Verletzung von Hoheitszeichen ausländischer Staaten nach dem Strafgesetzbuch Am 8. Dezember 2017 wurden bei einer pro-palästinensischen Demonstration am Brandenburger Tor israelische Flaggen verbrannt. Zudem ist am 10.12.2017 am Rande eines Protestzuges erneut eine israelische Flagge in Flammen aufgegangen. Zehn Menschen wurden bisher festgenommen. Ermittlungen wegen der Verletzung von Hoheitszeichen ausländischer Staaten nach Paragraf 104 des Strafgesetzbuches wurden eingeleitet. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass solche Ausschreitungen auch in Hamburg stattfinden können. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie oft kam es von 2011 bis Dezember 2017 zu einer Verletzung nach § 104 StGB und damit zur Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten in Hamburg (bitte nach Jahren darstellen)? 2. Wie häufig kam es von 2011 bis Dezember 2017 zu einer Strafverfolgung nach § 104 a StGB in Hamburg (bitte nach Jahren anführen)? Sowohl im Vorgangsverwaltungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg als auch im Kriminalpolizeilichen Meldedienst politisch motivierte Kriminalität (KPMD- PMK) ist für die Aktenzeichenjahrgänge 2012 bis 2013, 2015 und 2017 kein Verfahren erfasst, das den Vorwurf des § 104 des Strafgesetzbuches (StGB) zum Gegenstand hatte. Für den Aktenzeichenjahrgang 2014 ist, vorbehaltlich der vollständigen und richtigen Auswertung in MESTA, mit Stand vom 14. Dezember 2017 ein Verfahren zu dem Tatvorwurf des § 104 StGB erfasst. Ein Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet und die erforderlichen Ermittlungen wurden durchgeführt. In diesem Verfahren lagen weder ein Strafverlangen einer ausländischen Regierung noch eine Ermächtigung der Bundesregierung gemäß § 104a StGB vor. Für den Aktenzeichenjahrgang 2016 sind im staatsanwaltschaftlichen System zwei Verfahren erfasst, die miteinander verbunden wurden, wobei aber von einer Fehleintragung auszugehen ist, da das Verfahren nicht in der für diese Delikte zuständigen Abteilung 71 geführt wurde und auch eine polizeiliche Erfassung nicht erfolgt ist. Eine Überprüfung sowie weitergehende Angaben hierzu sind derzeit nicht möglich, da die Akte sich im Umlaufverfahren beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek befindet. Die Anklageschrift in diesen Verfahren enthielt jedenfalls keinen entsprechenden Vorwurf. Auskünfte zu Vorgängen aus dem Aktenzeichenjahrgang 2011 können nicht mehr erteilt werden, da diese gemäß der Verordnung über die Aufbewahrung von Schriftgut Drucksache 21/11381 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 der Hamburgischen Justiz (Justizschriftgutaufbewahrungsverordnung) der Vernichtung unterliegen. 3. Welche Maßnahmen hat der Senat durch die in den Fragen 1. und 2. aufgeführten Vorfälle ergriffen beziehungsweise geplant? Welche Sicherheitsvorkehrungen wurden beziehungsweise werden durch die Polizei überprüft beziehungsweise gegebenenfalls für Kundgebungen /Versammlungen verschärft? Die Polizei bewertet parallel fortlaufend die Sicherheitslage in Hamburg. Bei Lageänderungen oder Aktualisierungen der jeweiligen Gefährdungsbeurteilungen reagiert die Polizei mit Anpassungen der jeweils erforderlichen Sicherungs- und Schutzmaßnahmen . Im Weiteren berührt die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei. Daher muss von Auskünften zur konkreten Ausgestaltung von materiellen Sicherungs- und Schutzmaßnahmen gefährdeter Objekte oder Personen abgesehen werden. Im Übrigen siehe Antwort zu 1 und 2. 4. Gab es von 2011 bis Dezember 2017 Probleme bzw. Unstimmigkeiten in Einzelfällen, und zwar konkret zur Auslegung oder Anwendung von § 104 StGB und/oder § 104a StGB in Hamburg? a. Wenn ja, in wie vielen Fällen und welche Auslegung von welcher zuständigen Stelle führte zu welchem Ergebnis, gegebenenfalls zur Strafverfolgung? Im Zusammenhang mit der Verfolgung einer Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten sind in der Praxis weder Probleme bei der Auslegung des Tatbestandes (§ 104 StGB) noch bei der Auslegung der objektiven Bedingung der Strafbarkeit (§ 104a StGB) bekannt geworden. b. Haben Polizei und Innenbehörde klare Vorgaben beziehungsweise Kriterien für die Auslegung und Anwendung der §§ 104, 104a StGB? Wenn ja, welche und warum? Wenn nein, warum nicht? Die Vorgaben und Kriterien für die Auslegung und Anwendung der §§ 104 und 104a Strafgesetzbuch sind durch den Gesetzestext hinreichend definiert. Die Auslegung der genannten Normen obliegt der Staatsanwaltschaft und den Gerichten. 5. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Stelle die Ausschreitungen in Berlin, bei denen israelische Flaggen verbrannt wurden, im Hinblick auf die Auslegung von §§ 104, 104a StGB? Mit welchen Mitteln des Rechtsstaates kann gegen das Verbrennen von Flaggen aus anderen Staaten in Deutschland und damit in Hamburg vorgegangen werden? Die strafrechtliche Bewertung obliegt der örtlich zuständigen Berliner Staatsanwaltschaft und im Anschluss gegebenenfalls den zuständigen Gerichten. Außerdem liegt die Mitteilung von Erkenntnissen, die im Zuständigkeitsbereich anderer Gebietskörperschaften liegen, außerhalb des Verantwortungsbereichs des Senats und der parlamentarischen Kontrolle der Hamburgischen Bürgerschaft. Im Übrigen trifft die Polizei alle im jeweiligen Einzelfall erforderlichen Maßnahmen zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr. 6. Gibt es Ideen oder Planungen für eine Bundesratsinitiative zur Änderung des § 104 StGB? Wenn ja, seit wann und wie? Wenn nein, warum bisher nicht? Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister hat auf Vorschlag Hamburgs und Schleswig-Holsteins bereits im Frühjahr 2016 eine Länderarbeitsgruppe zur Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11381 3 Reform der §§ 102 bis 104a StGB eingerichtet. Nach Vorliegen des Abschlussberichts dieser Arbeitsgruppe wird über etwaige Reformvorschläge beraten und befunden werden .