BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11383 21. Wahlperiode 22.12.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 14.12.17 und Antwort des Senats Betr.: Schluss mit der Methode „Lesen durch Schreiben“ („Reichen- Methode“) – Doch wie sind die Durchdringung und der Erfolg? In der Sitzung des Schulausschusses am 3. Dezember 2013 wurde im Zuge einer Expertenanhörung die Kritik an der Methode „Lesen durch Schreiben“ oder „Schreib, wie du sprichst – der Rest kommt von allein“ („Reichen- Methode“), die ein Jahrzehnt in der Lehrerfortbildung propagiert und dann auch in Hamburg praktiziert wurde, so eindeutig vorgetragen, dass von der zuständigen Behörde eine grundsätzliche Umsteuerung eingeleitet wurde im Sinne der früheren und systematischen Entwicklung der Rechtschreibfähigkeiten aller Schüler. Ihren Ausdruck fand diese allgemein in der Stadt als überfällig empfundene Änderung nach bayrischem Vorbild in der Erarbeitung einer Liste von 850 Wörtern, deren Rechtschreibung am Ende der Grundschulzeit sicher beherrscht werden soll. Zu fragen ist, ob dieser Prozess der Umsteuerung von der zuständigen Behörde mit dem hinreichenden Nachdruck und der notwendigen Breite in den Schulen implementiert wurde und zu dem notwendigen Wandel in der Methodik geführt hat. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie und mit welchen Unterlagen hat die zuständige Behörde wann den Schulen die Notwendigkeit einer Umsteuerung mitgeteilt (Dokument bitte beifügen)? Die Methode „Lesen durch Schreiben“ ist nicht mit dem geltenden Bildungsplan Grundschule von 2011 (vergleiche http://www.hamburg.de/contentblob/2481792/ data/deutsch-gs.pdf) vereinbar. Im Hamburger Bildungsplan ist klar und deutlich vorgegeben , dass Grundschulkinder von Anfang an richtig schreiben lernen sollen. Mit der Einführung der Handreichung „Hinweise und Beispiele für den Rechtschreibunterricht an Hamburger Schulen“ und dem Basiswortschatz im Schuljahr 2014/2015 wurde allen Grundschulen eine einheitliche Grundlage und Orientierungshilfe für die Unterrichtsarbeit zur Verfügung gestellt. Zur Entwicklung der Lesefähigkeit als Teilfähigkeit der Lesekompetenz können aber aus der Methode hervorgegangene und weiterentwickelte Elemente, wie zum Beispiel die Anlauttabelle, von Grundschulen verwendet werden. Am 4. Juni 2014 wurden alle Schulleitungen der allgemeinbildenden Schulen in einem Rundschreiben über die Einführung, die Bedeutung und den Umgang mit dem Basiswortschatz und der Handreichung „Hinweise und Beispiele für den Rechtschreibunterricht an Hamburger Schulen“ informiert, siehe Anlage. Nach den Sommerferien 2014 hat die für Bildung zuständige Behörde in Schulleiterdienstbesprechungen, in Fortbildungsveranstaltungen und Fachleiterforen am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) die Handreichung als Vorgabe und Richtlinie für den Rechtschreibunterricht an Hamburger Grundschulen eingeführt. Mit der Einführung des Drucksache 21/11383 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 digitalen Basiswortschatzes im Frühjahr 2015 wurden dessen Funktionen auf Fachleitertreffen vermittelt. Seit August 2015 ist der Basiswortschatz für alle allgemeinbildenden Grundschulen verbindlich. Um sicherzustellen, dass die beschriebenen Maßnahmen zur Verbesserung des Rechtschreibunterrichts flächendeckend zum Einsatz kommen, hat die für Bildung zuständige Behörde ab dem Schuljahr 2015/2016 im Fach Deutsch Landesfachkonferenzen eingeführt. Die Fachleitungen der staatlichen Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien nehmen zweimal jährlich verbindlich an diesen dreistündigen Dienstbesprechungen teil. Darin werden die Fachleitungen über neue Rahmensetzungen der für Bildung zuständigen Behörde informiert, sie beraten über fachbezogene Unterrichtsentwicklung und ermitteln im Austausch entsprechende Handlungsbedarfe. 2. Wie viele Fortbildungen wurden im LI zu dem Thema in den auf die Entscheidung folgenden Schuljahren abgehalten? Wie viele Teilnehmer gab es insgesamt? 3. Wie viele dezentrale Fortbildungen hat das LI an den einzelnen Schulen oder Schulverbünden mit eigenen Fortbildern besetzt? In den Schuljahren 2014/2015, 2015/2016 und 2016/2017 hat es 61 Fortbildungen am LI gegeben. Im selben Zeitraum wurden weitere 108 schulinterne Fortbildungen durchgeführt. Insgesamt haben 1.925 Lehrerinnen und Lehrer teilgenommen. 4. Wurden für die Vermittlung der neuen Methodik auch neue Fortbilder vom LI berufen? Wenn ja, wie viele? Wenn nein, wie wurden die zuvor im Sinne der „Reichen-Methode“ arbeitenden Fortbilder fortgebildet, um überzeugend den ihnen oft bekannten Lehrkräften die neuen Ansätze zu vermitteln? Nein, denn die Fortbilder haben zuvor auch nicht im Sinne der Reichen-Methode gearbeitet. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 5. Wurden Lehrbücher verändert und neue beschafft? Wurden die Schulen in diesem Sinne beraten? Falls ja, inwiefern? Falls nein, warum nicht? Im Bildungsplan sind die von den Schülerinnen und Schülern zu erwerbenden Kompetenzen und Inhalte festgelegt sowie der organisatorische Rahmen und die Gestaltungsaufgabe der Schule geregelt. Auf Grundlage dieser verbindlichen Regelungen und der darüber hinausgehenden Richtlinien und Vorgaben gestalten die Schulen eigenverantwortlich den Unterricht und wählen die geeigneten Lernmittel aus. Bei Bedarf berät das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung, welche Lernmittel den Vorgaben des Bildungsplans und der Handreichung „Hinweise und Beispiele für den Rechtschreibunterricht an Hamburger Schulen“ (2014) entsprechen. 6. Hat die Schulaufsicht einen Überblick erlangt, an welchen Schulen der Fortbildungsbedarf besonders deutlich war und in diesem Sinne erfolgreich beraten? Falls ja, inwiefern? Falls nein, warum nicht? Der Fortbildungsbedarf von Lehrkräften wird von der Schulaufsicht nicht systematisch erhoben, eine darauf bezogene Beratung der Schulleitungen erfolgte daher nicht. Im Fall des Abschlusses von Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit der Schulaufsicht können auch schulinterne oder andere Fortbildungen Maßnahmen zur Zielerreichung sein. 7. Welche Anhaltspunkte hat die zuständige Behörde, dass diese Umsteuerung erfolgreich war und sich seither die Rechtschreibfähigkeit der Grundschülerinnen und -schüler verbessert hat? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11383 3 Die für Bildung zuständige Behörde hat zurzeit noch keine Informationen über den Erfolg einzelner Maßnahmen zur Verbesserung der Rechtschreibkompetenz an Hamburger Grundschulen. Das Ergebnis des IQB-Bildungstrends 2016 zeigt, dass Hamburg zu den fünf Bundesländern gehört, deren Viertklässlerinnen und -klässler im Jahr 2015 geringere Kompetenzmittelwerte in Orthografie erreichten. In diesem Bereich besteht also noch ein Handlungsbedarf. 8. Wie viele Überprüfungen hat die Schulaufsicht zur Umsetzung der veränderten Systematik des Erlernens der Rechtschreibfähigkeiten durchgeführt und mit welchem Ergebnis? Im Unterricht der Grundschule wird abhängig von der jeweiligen Lerngruppe eine Vielzahl von Aufgaben und Methoden zum Erwerb des richtigen Schreibens verwendet. In den Statusgesprächen der Schulaufsicht sind die Rückmeldungen zu KERMIT 3 und damit auch die Orthografie-Ergebnisse aller Grundschulen regelmäßig verbindlicher Gesprächsgegenstand. Unterscheiden sich die Werte der Schule signifikant von denen der Vergleichsschulen beziehungsweise der Gesamtheit der Grundschulen, werden Handlungsbedarfe für einzelne Jahrgänge oder die Fachschaft abgeleitet. Freie und Hansestadt Hamburg B e hö rd e f ü r Sc h u le un d Be ru f s b i l d un g Amt für Bildung Norbert Rosenboom Landesschulrat Hamburger Str. 31, D-22083 Hamburg Fernsprecher (040) 4 28 63-0 Durchwahl (040) 4 28 63-2393 Telefax (040) 4 28 63-4036 E-Mail:Norbert.Rosenboom@bsb.hamburg.de Hamburg, 4. Juni 2014 Behörde für Schule und Berufsbildung Postfach 76 10 48, D - 22060 Hamburg An die Schulleitungen der allgemeinbildenden Schulen per Mail Cc Schulen in privater Trägerschaft Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Schreiben informieren wir Sie vorab über den Basiswortschatz für die Grundschule, der in dieser Woche in einer Pressekonferenz als eine der geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der Rechtschreibung an Hamburgs Schulen vorgestellt wird. Im Hamburger Bildungsplan Grundschule Deutsch ist klar und deutlich vorgegeben, dass in Hamburg Kinder von Anfang an richtig schreiben lernen sollen. Mit dem Basiswortschatz wird allen Grundschulen eine einheitliche Grundlage und Orientierungshilfe für diese Unterrichtsarbeit zur Verfügung gestellt . Das mit dem Basiswortschatz vorgegebene Wortmaterial eignet sich dafür, bestimmte Rechtschreibregeln besonders gut zu erlernen und sich die richtige Schreibweise von häufig gebrauchten Wörtern anzueignen. Am Ende der vierten Klasse sollen dann alle Schülerinnen und Schüler eine möglichst hohe Rechtschreibsicherheit erlangt haben. Zugleich wird mit dem gemeinsamen Basiswortschatz der Übergang in die weiterführende Schule besser vorbereitet, indem auch die weiterführenden Schulen dafür sensibilisiert werden, worauf die Grundschule hingearbeitet hat und worauf dann in der Sekundarstufe aufgebaut werden kann. Der Basiswortschatz wurde im Referat Unterrichtsentwicklung Deutsch, Künste, Fremdsprachen erarbeitet . Er ist Bestandteil einer Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Rechtschreibung. Weitere Maßnahmen sind die Erstellung einer Handreichung zur Rechtschreibung, die im Sommer 2014 erscheinen wird. In dieser Handreichung werden Sie didaktische Hinweise zum Umgang mit dem Basiswortschatz sowie Anregungen und Beispiele für den Rechtschreibunterricht von Klasse 1 an erhalten . Darüber hinaus sind Fortbildungen und umfassende Informationsveranstaltungen geplant. Im Rahmen dieser Maßnahmen werden BSB und LI mit Ihrer Schule Kontakt aufnehmen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Mit freundlichen Grüßen Norbert Rosenboom Landesschulrat Drucksache 21/11383 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage 11383ska_text 11383ska_Antwort_Anlage1