BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11387 21. Wahlperiode 22.12.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 14.12.17 und Antwort des Senats Betr.: „Spreehafenviertel“, ein schöner Name. Aber: kein Wohnen am Hafen, Plattmachen des Pionierwalds mit Auwaldvegetation und hohe Lärmbelastung sind keine schöne Zukunftsvision Nicht am Spreehafen, sondern auf der anderen Seite des Deichs und hinter der sehr stark befahrenen Harburger Chaussee soll ein neues Wohngebiet entstehen. Der ursprüngliche, noch idyllischere Name „Spreeterrassen" für dieses Gebiet musste mittlerweile dem Begriff „Spreehafenviertel" weichen. Auf 20 Hektar sind hier „bis zu 1.000 Wohneinheiten" geplant (vergleiche http://www.iba-hamburg.de/iba-hamburg-gmbh/projekte/spreehafenviertel. html). Im Stadtteil hat sich mittlerweile eine Initiative „Waldretter“ gegründet, die sich vor allem um den Erhalt des rund 3 Hektar großen Pionierwaldes bemüht, der sich seit der großen Sturmflut 1962 nahezu unberührt von Menschen entwickelt. Naturschutzverbände weisen nicht nur auf die besondere Funktion des Waldes in dem lärmbelasteten und von schmutziger Luft geplagten Stadtteil hin. Vielmehr geht es hier auch um ein teilweise gesetzlich geschütztes Biotop mit einer wichtigen Rolle im Biotopverbund. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Bedeutung misst der Senat dem Pionierwald zu? 2. Stimmt es, dass der Pionierwald oder Teile davon ein gesetzlich geschütztes Biotop oder geschützter Biotoptyp ist/sind? Falls ja, welche Bereiche und welche Restriktionen für eine andere Nutzung , zum Beispiel für eine Bebauung, ergeben sich daraus? Falls nein: Welchen (anderen) Status mit welcher Wertigkeit hat der Pionierwald ? Der Pionierwald hat laut Biotopkataster keinen gesetzlichen Schutz gemäß § 30 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Das Biotop hat die Wertstufe 6 (wertvoll). 3. Welche Bedeutung hat der Pionierwald für den lokalen Biotop-Verbund? Die östlich der Georg-Wilhelm-Straße gelegene Waldfläche wird in der Fachgrundlage als Kernfläche des Biotopverbunds der Waldlebensräume dargestellt, die zwischen Gehölzbeständen am Spreehafen und Waldflächen östlich der Bahnlinie liegt und mit diesen über losere Biotopverbundbeziehungen verknüpft ist. Die Fläche weist zudem lockere Verbundbeziehungen im Biotopverbund der Feuchtlebensräume auf. Insofern haben die fraglichen Flächen eine Bedeutung für den lokalen Biotopverbund, der nach Nordwesten allerdings im Hafenbereich ein Ende findet. Drucksache 21/11387 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. In den Materialien zum Landschaftsprogramm (Lapro), hier: „Versorgungsanalyse für wohnungsnahe, siedlungsnahe und übergeordnete Freiräume“, herausgegeben von der Stadtentwicklungsbehörde im August 1997, ist auf Seite 14 zu lesen: „Zu den Gebieten, in denen eine sehr hohe bzw. hohe Dringlichkeit für die Verbesserung der Freiraumversorgung (H.S.: kursiv im Original) besteht, gehören : ... im Süden: Veddel, Teile von Wilhelmsburg ... .“ Bei der Erstellung des Lapro vor 20 Jahren waren weder die Planungen für das „Spreehafenviertel“ noch für die anderen Neubaugebiete in Wilhelmsburg mit mehreren 1.000 Wohnungen bekannt. a. Welche Dringlichkeit für die Verbesserung der Freiraumversorgung besteht aus heutiger Sicht für Wilhelmsburg und insbesondere für das Reiherstiegviertel und das geplante Spreehafenviertel? b. Inwieweit kann die Beseitigung des Pionierwalds zur Verbesserung der Freiraumversorgung beitragen? Im Jahr 2012 wurde eine Freiraumanalyse erstellt, die die in der Frage angesprochene Versorgungsanalyse für das Landschaftsprogramm ersetzt. Daraus ist zu entnehmen , dass das Reiherstieg- und das Spreehafenviertel keinen erhöhten Freiflächenbedarf haben. Mit der Herstellung eines Grünzuges entlang dem Ernst-August-Kanal wird eine Lücke im Freiraumverbund der für die Elbinseln bedeutsamen Dove-Elbe- Landschaftsachse geschlossen. Dieser Lückenschluss bedeutet auch eine Verbesserung der Freiraumsituation für die an das Spreehafenviertel angrenzenden Gebiete. Der Pionierwald besitzt zurzeit nur eingeschränkte Funktionen für die Freiraumnutzung . Im Kontext mit der Entwicklung des Spreehafenviertels als neues gemischtes Quartier können die landschaftlichen Qualitäten und Potenziale des Gebietes aufgegriffen werden und zu barrierefrei und inklusiv nutzbaren öffentlichen Freiräumen mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten weiter entwickelt werden. In diesem Sinne greift der aus dem dreimonatigen Planungs- und Beteiligungsverfahren für das Spreehafenviertel hervorgegangene Siegerentwurf den Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach Erhalt eines Teils der Waldfläche auf und sieht einen 30 Meter breiten grüngeprägten Freiraum entlang dem Ernst-August-Kanal vor, in den alter Baumbestand integriert werden kann. 5. Was ist im Flächennutzungsplan a. 1997 für den Bereich des Spreehafenviertels dargestellt? b. aktuell für diesen Bereich dargestellt? c. nach der geplanten Bebauung darzustellen? Der Flächennutzungsplan von 1997 entspricht dem aktuellen Stand und stellt gewerbliche Bauflächen und für die vorhandenen Sportanlagen an der Hafenrandstraße Grünflächen dar. Der Flächennutzungsplan wird zukünftig voraussichtlich Wohnbauflächen, Grünflächen und gegebenenfalls einen Anteil gemischte Bauflächen darstellen. 6. Welche Lärmwerte enthalten die fortgeschriebenen Lärmkarten 2017 für die Harburger Chaussee und für den Bereich des geplanten Spreehafenviertels ? Bitte differenzieren nach dem durchschnittlichen 24-Stunden -Umgebungslärm (LDEN) und Nachtwerten (LNIGHT). Die Ergebnisse der Strategischen Lärmkartierung für das Hamburger Straßennetz sind im Internet auf der Seite http://www.geoportal-hamburg.de/Geoportal/geo-online/ unter Themen – Fachdaten – Umwelt und Klima – Lärmkarten Hamburg zu finden. Sie sind getrennt für den gewichteten 24h-Dauerschallpegel Tag/Abend/Nacht (Lden) und für den 8h-Dauerschallpegel Nacht (Lnight) dargestellt. Entlang der Harburger Chaussee im Bereich des zukünftigen Spreeviertels treten in der Ist-Situation tagsüber folgende Lärmpegel auf: Lden >70dB(A) am Fahrbahnrand, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11387 3 Lden ≈65dB (A) bei circa 60 m Abstand von der Straßenmitte. Im zentralen Bereich des Spreeviertels bis hin zum Südrand am Ernst-August-Kanal liegen die Lärmpegel niedriger, Lden zwischen 60 – 65 dB(A). Nachts treten Lärmpegel von Lnight >65dB(A) am Fahrbahnrand, Lnight ≈60dB (A) bei circa 35 m Abstand von der Straßenmitte auf. Im zentralen Bereich des Spreeviertels treten nachts Lärmpegel von Lnight ≈ 55dB(A) auf, am Südrand am Ernst-August- Kanal liegen die Lärmpegel niedriger, Lden zwischen 50 – 55 dB(A). Die Fläche ist derzeit unbebaut, sodass sich der Straßenverkehrslärm in der beschriebenen Ist-Situation frei ausbreiten kann. Bei einer zukünftigen Bebauung des Gebiets ist zu berücksichtigen, dass im Lärmschatten der abschirmenden Gebäude deutlich niedrigere Lärmpegel zu erwarten sind.