BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11467 21. Wahlperiode 02.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Carola Ensslen (DIE LINKE) vom 27.12.17 und Antwort des Senats Betr.: Gebührenanpassung in öffentlich-rechtlicher Unterbringung Der Senat bezieht sich auf eine Aufforderung des Landesrechnungshofes, den sogenannten Kostendeckungsgrad in der öffentlichen Unterbringung deutlich zu erhöhen. Ab 1. Januar 2018 beträgt die Regelgebühr für Selbstzahlerinnen und Selbstzahler laut aktueller Gebührenordnung für öffentlich veranlasste Unterbringung daher 587 Euro pro Person, statt wie bisher 141 Euro. Auch wenn in dieser Summe Strom, Wasser, Heizung und Möblierung enthalten sind, so wird diese Summe für die Unterbringung in einem Mehrbettzimmer oder Container von nur wenigen Quadratmetern fällig und sprengt somit deutlich den auf dem freien Wohnungsmarkt üblichen Mietzins. Die neue Regelung wurde erst kurz vor Weihnachten öffentlich, einer Zeit, in der das Personal öffentlich-rechtlicher Unterbringung üblicherweise nur sehr reduziert für Fragen und Beratungen verfügbar ist. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Rechnungshof hat den Senat seit 2011 aufgefordert, den Kostendeckungsgrad in der öffentlichen Unterbringung deutlich zu erhöhen. Der Kostendeckungsgrad wird von gegenwärtig 21 Prozent auf 88 Prozent erhöht. Für den ganz überwiegenden Teil der Bewohnerinnen und Bewohner, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II – Arbeitslosengeld II, Hartz IV) oder Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII – Grundsicherungsleistungen) erhalten, werden die Gebühren als Kosten der Unterkunft (KdU) übernommen. Das geschieht in den Fällen der öffentlichen Unterbringung in der Regel durch eine Direktüberweisung, sodass die Betroffenen von der Gebührenerhöhung keinerlei Nachteile haben. Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass es in der öffentlichen Unterbringung nur wenige Personen gibt, die über ein so hohes Einkommen verfügen, dass sie die ermäßigte Gebühr zahlen müssen oder gar ein so hohes Einkommen haben, dass die volle Gebühr zu zahlen wäre. Da der Bund sich an den KdU anteilig beteiligt, führen höhere Gebühren indirekt auch zu einer Steigerung der Bundeserstattungen. Der Bund beteiligt sich durch die Anpassung der Gebühren also stärker an den Kosten, die in Hamburg für die Unterbringung in einer Unterkunft, insbesondere für die gestiegenen Kosten zur Unterbringung von Geflüchteten, entstehen. Die zuständigen Behörden erwarten eine Steigerung der Bundeserstattungen bis zu 48,5 Millionen Euro in 2018. Im Übrigen siehe hierzu auch die Informationen im Internet unter: http://www.hamburg.de/fluechtlinge-unterbringung/10014330/gebuehrenanpassung/ ;jsessionid=25CC6BD5859E35FE9974D9616FF8132E.liveWorker2. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/11467 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wann hat der Landesrechnungshof den Senat hinsichtlich des Kostendeckungsgrades zur Nachbesserung aufgefordert und wo wurde dies veröffentlicht? Der Rechnungshof hat im Oktober 2011 im internen Prüfbericht der Prüfung „Öffentlich -rechtliche Unterbringung wohnungsloser Haushalte“ dazu aufgefordert, „dass sämtliche für die Unterbringung anfallenden Kosten in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden und der Gebührensatz näherungsweise die tatsächlich für eine Person in öffentlich-rechtlicher Unterbringung anfallenden Unterkunftskosten abbildet“. Die Aufforderung wurde im öffentlichen Jahresbericht 2012 wiederholt (Drs. 20/3054, Tz. 469). 2. Wie viele Personen sind von der Gebührenanpassung betroffen? Bitte aufgliedern nach dem vollen und nach dem ermäßigten Gebührensatz. Die Gebührenanpassung betrifft grundsätzlich alle Personen, für die als Wohnungslose oder im Rahmen der Folgeunterbringung als Flüchtling die öffentlich-rechtliche Unterbringung veranlasst wurde. Dazu gehören auch Personen, die nach Ablauf der Residenzpflicht noch in einer Erstaufnahme untergebracht sind. Es handelt sich zum 30.11. um insgesamt rund 31.800 Personen, von denen rund 2.800 Personen in einer Erstaufnahme untergebracht waren (Flüchtlinge nach Ablauf der Residenzpflicht von sechs Monaten – ohne Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern – und anerkannte Flüchtlinge vor Ablauf von sechs Monaten). Bis zu 10 Prozent der Personen in der öffentlichen Unterbringung sind Selbstzahler, die die Gebühr über das eigene Konto überweisen. Dazu gehören Einkommensbezieher , aber auch Transferleistungsbezieher, denen die Leistung ausnahmsweise vollständig oder in Höhe des nicht gedeckten Bedarfs (Teilselbstzahler) auf das Konto überwiesen wird. Es wird deshalb davon ausgegangen, dass der Teil der untergebrachten Personen, die künftig eine höhere Gebühr tatsächlich selbst zahlen müssen, deutlich unter 10 Prozent liegen wird. Wie viele untergebrachte Personen die ermäßigte Gebühr tatsächlich zu zahlen haben, kann gegenwärtig nicht berechnet werden. Die Anzahl kann nur nachträglich durch die Auszählung aller Gebührenbescheide ermittelt werden, bei denen unter Berücksichtigung eines Einkommensnachweises die ermäßigte Gebühr erhoben wurde . 3. Mit welchem Vorlauf wurden die Bewohnerinnen und Bewohner öffentlich -rechtlicher Unterbringung über die Anhebung der Gebühren informiert ? Ergänzend zu der allgemeinen öffentlichen Informationen über www.hamburg.de durch die zuständige Behörde wurden an die Bewohner der Unterkünfte seit dem 20.12.2017 schriftliche Informationen über die Gebührenerhöhung verteilt. Des Weiteren wurde und wird die neue Gebührenordnung den Bewohnern in den Sprechstunden erläutert. a. Sofern Geflüchtete betroffen sind: In welchen Sprachen wurden die Bewohnerinnen und Bewohner und informiert? Die Bewohner wurden in Schriftform in den Sprachen Albanisch, Arabisch, Englisch, Farsi, Französisch, Kroatisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Serbisch, Tigrinja und Türkisch informiert. Bei Bedarf kann die Information mündlich in weitere Sprachen übersetzt werden. 4. Welche Übergangsfristen sieht der Senat vor, um die durch die Feiertage und den Jahreswechsel zu erwartenden Beratungsrückstände des Sozialmanagements auszugleichen? Eine Übergangsfrist ist nicht vorgesehen, da die Vollzahler ohne Einkommen oder mit einem Einkommen unterhalb der Einkommensgrenze durch die Gebührenerhöhung wirtschaftlich nicht belastet werden. Für die Selbstzahler mit einem Einkommen zwischen den Einkommensgrenzen wurde mit der ermäßigten Gebühr dauerhaft eine Entlastung geschaffen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 2. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11467 3 5. Wie wird mit etwaigen Zahlungsrückständen, die durch ein Informationsdefizit entstehen können, umgegangen? Zahlungsrückstände werden nicht erwartet. Die Gebührenordnung sieht vor, dass die ermäßigte Gebühr auch bei Vorlage im Laufe des Monats noch für den laufenden Monat ermäßigt wird. Bei Vorlage des Einkommensnachweises und einem Einkommen zwischen den Einkommensgrenzen wird der ergangene Gebührenbescheid zurückgenommen und durch einen neuen Gebührenbescheid mit der ermäßigten Gebühr ersetzt, sodass der Gebührenpflichtige keine Nachteile zu erwarten hat. 6. Wird von den Jobcentern der volle Gebührensatz von 587 Euro für eine Einzelperson übernommen? a. Wenn ja, inwieweit werden hier die Voraussetzungen der Fachanweisung zu § 22 SGB II, die für Kosten der Unterkunft gilt, erfüllt? Falls sie nicht erfüllt sind, inwieweit rechtfertigt sich eine Unterscheidung zu normalen Mietverhältnissen? b. Wenn der Gebührensatz nicht übernommen wird, von wem wird der Differenzbetrag getragen? Die Übernahme der Kosten der öffentlichen Unterbringung für Leistungsberechtigte nach dem SGB II als Kosten der Unterkunft in Höhe der Gebühren aus der Gebührenordnung für öffentlich veranlasste Unterbringungen ergibt sich aus Nummer 2.3 der Fachanweisung zu § 22 SGB II. Im Übrigen: entfällt.