BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11531 21. Wahlperiode 12.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 05.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Elektronischer Rechtsverkehr – Funktioniert die Umsetzung tatsächlich ? Der Senat hat in seiner Pressemitteilung vom 29.12.2017 bekannt gegeben, dass ab dem 1.Januar 2018 Anwälte, Notare und Behörden ihre Schriftsätze an allen Hamburger Gerichten und der Staatsanwaltschaft einreichen können . Im Jahr 2016 hieß es noch, dass eine vollständige Zulassung des elektronischen Rechtsverkehrs bei allen vom E-Justice-Gesetz erfassten Gerichte bis Ende 2017 erfolgen sollte.1 Die Presse berichtete aber am 27.12.2017, dass Sicherheitslücken im elektronischen Anwaltspostfach aufgetreten sind und die Plattform offline sei.2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs in den vom „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten“ vom 16. Oktober 2013 (sogenanntes E-Justice-Gesetz) erfassten Verfahren der Zivilprozessordnung (ZPO), des Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG), des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Finanzgerichtsordnung (FGO) wurde (zuletzt mit der Zulassung des elektronischen Rechtsverkehrs am Amtsgericht Hamburg-Mitte) bereits am 15. November 2017 abgeschlossen. Zum 1. Januar 2018 wurde darüber hinaus der elektronische Rechtsverkehr in den vom „Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs“ vom 12. Juli 2017 erfassten Verfahren nach der Strafprozessordnung (StPO) und des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften eröffnet. Ab 1. Januar 2018 richtet sich der elektronische Rechtsverkehr in den oben genannten Verfahren nach bundesgesetzlichen Regelungen. Elektronische Einreichungen bei den Gerichten und den Ermittlungsbehörden sind danach bundesweit einheitlich über De-Mail und über das OSCI-basierte „Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach“ (EGVP) möglich. Diese Übermittlungswege erlauben es den Verfahrensbeteiligten, auch mit ihren sogenannten besonderen elektronischen Postfächern (zum Beispiel dem „besonderen elektronischen Anwaltspostfach“ (beA) und dem „besonderen elektronischen Notarpostfach “) am elektronischen Rechtsverkehr teilzunehmen, sofern die hierfür durch die verantwortlichen Kammern (hier: Bundesrechtsanwaltskammer und Bundesnotarkammer ) bereitgestellten Softwareprodukte einsatzfähig sind. Die von der Bundesrechtsanwaltskammer bereitgestellte Software für das „besondere elektronische Anwaltspostfach“ (beA) ist wegen einer Behebung von Sicherheitsmängeln durch die 1 Vergleiche Schriftliche Kleine Anfrage Drs.21/6068 vom 27.09.2016. 2 http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mehr-wirtschaft/wegen-hacker-gefahr-gestopptsicherheitsluecken -im-elektronischen-anwaltspostfach-15360516.html. Drucksache 21/11531 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bundesrechtsanwaltskammer temporär abgeschaltet worden. Hiervon ist die bundesweite Kommunikationsinfrastruktur für den elektronischen Rechtsverkehr jedoch nicht betroffen und für die Gerichte und Staatsanwaltschaften sowie für alle übrigen Verfahrensbeteiligten weiterhin einsatzfähig. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Hat der Senat Kenntnis darüber, dass es eklatante Sicherheitslücken beim elektronischen Anwaltspostfach gibt? a. Wenn ja, seit wann ist dem Senat dies bekannt und von welcher zuständigen Stelle wurde er darüber informiert? b. Wenn ja, warum versendet der Senat trotz der Kenntnis über die Sicherheitslücken im Anwaltspostfach eine Pressemitteilung am 29.12.2017, wonach unter anderem Anwälte ab dem neuen Jahr 2018 digital mit allen Gerichten und der Staatsanwaltschaft kommunizieren könnten? c. Wenn ja, hat der Senat mit dem Hamburger Datenschutzbeauftragten oder anderen Stellen insbesondere der Bundesanwaltskammer Kontakt aufgenommen? d. Wenn ja, welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den elektronischen Rechtsverkehr? e. Wenn der Senat keine Kenntnis von den Sicherheitslücken hat, warum nicht, und dies, obwohl die Presse unter anderem am 27.12.2017 über die Sicherheitslücken im elektronischen Anwaltspostfach die Öffentlichkeit informierte und auch die Rechtsanwälte bereits informiert waren? Am 27. Dezember 2017 wurde die zuständige Behörde sowohl durch die Hanseatische Rechtsanwaltskammer als auch durch die Bundesrechtsanwaltskammer informiert , dass das besondere Anwaltspostfach wegen einer Sicherheitslücke vorübergehend nicht zur Verfügung stehen werde. Die zuständige Behörde steht mit der Bundesrechtsanwaltskammer und der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer im Austausch . Der elektronische Rechtsverkehr steht nicht nur den Anwältinnen und Anwälten, sondern allen Verfahrensbeteiligten (zum Beispiel Notaren, Unternehmen, Behörden, Steuerberatern, Betreuern et cetera) offen. Allen Verfahrensbeteiligten und damit auch den Anwältinnen und Anwälten stehen grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr zur Verfügung (zum Beispiel EGVP mit qualifizierter elektronischer Signatur oder absenderbestätigte De-Mail). Für die elektronische Einreichung bei Gericht ist die Nutzung des „besonderen elektronischen Anwaltspostfachs“ zwar vorteilhaft, jedoch nicht zwingend erforderlich. Die Pressemitteilung vom 29. Dezember 2017 geht zudem darauf ein, dass die Anwaltspostfächer noch nicht bereitstehen („Sobald die besonderen elektronischen Postfächer der Anwälte laufen, (...)“). 2. Plant der Senat nun Gespräche mit der Rechtsanwaltskammer beziehungsweise mit anderen zuständigen Stellen, um zeitnah eine Lösung für die Rechtsanwälte und die elektronische Abwicklung des Schriftverkehrs zu finden? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Die zuständige Behörde bietet schon heute über die oben genannten weiteren zum elektronischen Rechtsverkehr zugelassenen Übermittlungswege eine alternative Lösung zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr an, welche allen Anwältinnen und Anwälten offensteht. Des Weiteren bietet die zuständige Behörde über länderübergreifende Arbeitsgruppen auch der Bundesrechtsanwaltskammer seine Unterstützung bei der Lösung der Probleme an. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11531 3 Darüber hinaus ist die zuständige Behörde im ständigen Austausch mit der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer über den Fortgang der Behebung der Probleme bei der Plattform beA.