BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11581 21. Wahlperiode 19.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider und Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 11.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Speichert die Polizei Hamburg Daten ihrer Twitter-Follower? Im Zuge des G20-Gipfels hat die Polizei Hamburg mehrere Follower ihres Twitter-Accounts „geblockt“, sodass diese nach eigenen Aussagen, die Tweets der Polizei Hamburg nicht mehr angezeigt bekamen. Am 5. Januar „entblockte“ die Polizei Hamburg einen Twitter-Account, nachdem der User öffentlich darauf hingewiesen hatte, dass er die Tweets der Polizei nicht mehr lesen könne. Dabei nannte sie den Grund für das Blockieren am 7. Juli 2018 erneut und bat für die Zukunft um eine gemäßigtere Wortwahl. Laut Twitter führt das Blockieren von Accounts dazu, dass beide Accounts sich gegenseitig nicht mehr folgen und auch ihre Tweets nicht mehr sehen können, wenn sie bei Twitter angemeldet sind (https://help.twitter.com/de/ using-twitter/blocking-and-unblocking-accounts). Behörden sind öffentliche Stellen, die über ihre Social-Media-Accounts öffentliche Mitteilungen verbreiten . Wenn einzelne User/-innen davon ausgeschlossen werden, ist dieser Vorgang nach Ansicht der Fragestellerin mindestens problematisch. Laut Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/9845 arbeitet das Social-Media-Team der Polizei Hamburg nach der ausführlichsten „Netiquette“, also Regeln für die Interaktion mit den Social-Media- Accounts, die von Hamburger Behörden für die Social-Media-Nutzung aufgestellt wurde. Demnach entscheidet das Social-Media-Team der Polizei, ob ein schwerer Verstoß gegen die Netiquette vorliegt und der Account des Users/der Userin blockiert wird (https://www.polizei.hamburg/social-mediateam /). Bei anderen Behörden war es laut Drs. 21/9845 immerhin der/die Leiter /in der Presseabteilung oder es war zu lesen: „Leserechte werden grundsätzlich nicht entzogen“. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die gefühlte Anonymität im Internet führt bei einzelnen Nutzern zu einer geringen Hemmschwelle bezüglich des Verbreitens von Beleidigungen, Diffamierungen, Provokationen , Hassbotschaften, Spam und so weiter. Um Accounts vor einer Schwemme derartiger unerwünschter Inhalte zu schützen, stellt Twitter die Funktion „Blockieren“ bereit. Die Polizei Hamburg macht von dieser Funktion seit Einrichtung eines festen „Social Media Teams“ im Januar 2016 entsprechend der in der „Netiquette“ vorgestellten Richtlinien Gebrauch, da die über Twitter betriebene Öffentlichkeitsarbeit ansonsten gefährdet oder sogar unmöglich wäre. Die von Twitter angebotene Funktion „Stummschalten“ kommt hierfür nicht in Betracht, da Usern transparent aufgezeigt Drucksache 21/11581 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 werden soll, dass Nachrichten im Sinne von Twitter-Erwähnungen an die Polizei Hamburg nicht gelesen werden, was im Falle einer „Stummschaltung“ nicht geschehen würde. Für die Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit in den sozialen Netzwerken nutzt die Polizei seit dem 9. Mai 2016 die Software eines externen Anbieters zum Auswerten und Betreiben der eigenen Accounts. Hierzu wurden je ein Auftragsdatenverarbeitungsvertrag und Software-as-a-Service-Vertrag (SaaS-Vertrag) abgeschlossen. Die Software übermittelt der Polizei den Text (gegebenenfalls inklusive Anlagen) und Zeitstempel einer Twitter-Erwähnung (Tweets, die mittels der Reply-Funktion auf einen Tweet der Polizei Hamburg Bezug nehmen oder @polizeihamburg im Text enthalten) sowie - Twitter-ID („Handle“) und Nutzernamen des Verfassers, - Profilbild des Verfassers, - Profiltext des Verfassers, - Anzahl der Follower des Verfassers, - Anzahl der verfolgten Twitter-Accounts durch den Verfasser, - Hinweis, ob der Twitter-Account des Verfassers der Polizei Hamburg folgt, - Hinweis, ob die Polizei Hamburg diesem Twitter-Account folgt, - Hinweis, ob eine Direktnachricht an den Twitter-Account möglich ist. Diese Daten werden seitens der Software auf den Servern des externen Anbieters durch diesen gespeichert. Die Software ermöglicht zusätzlich den Zugriff auf die ohnehin öffentlich einsehbaren letzten Tweets des Twitter-Accounts und kann die Twitter-Erwähnung in einen Kontext (Diskussionsverlauf) setzen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Warum blockiert die Polizei Hamburg einzelne Twitter-Accounts? Siehe Vorbemerkung und Drs. 21/9845. 2. Laut Drs. 21/9845 werden von der Feuerwehr grundsätzlich keine Leserechte entzogen. Warum handeln die beiden der Innenbehörde unterstellten Behörden (Feuerwehr und Polizei) unterschiedlich? Polizei und Feuerwehr haben jeweils eigenständige Regelungen in Bezug auf ihre Social-Media-Präsenzen getroffen. Die Handlungsanweisung in Bezug auf Social Media der Feuerwehr sieht neben einer Löschung von Kommentaren ausdrücklich auch die Sperrung von Nutzern vor. Die Regelungen von Polizei und Feuerwehr entsprechen einander in diesem Aspekt. Darüber hinaus siehe Drs. 21/9845. 3. Auf welcher Rechtsgrundlage blockiert die Polizei Hamburg einzelne Twitter-Accounts? 4. Wie stellt die Polizei Hamburg sicher, dass die Folge für die betroffenen User/-innen nicht ist, dass sie Tweets der Polizei nicht mehr lesen können ? Ein Twitter-Account wird blockiert, wenn der Nutzer einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Vorgaben der Netiquette begangen hat. Die Polizei blockiert keine Personen, sondern Twitter-Accounts. Jedem Twitter-Nutzer steht es im Einklang mit den Twitter-AGB frei, sich weitere Twitter-Accounts anzulegen , mit denen dann auch wieder ein Folgen des Twitter-Accounts der Polizei Hamburg möglich ist. Im Übrigen sind Tweets (außer Antwort-Tweets) der Polizei auch ohne eigenen Twitter-Account im Internet abrufbar. Das Blockieren bedarf keiner gesonderten Rechtsgrundlage. Darüber hinaus siehe Drs. 21/9845. 5. Existieren neben der „Netiquette“ weitere Dienstanweisungen, Handlungsleitfäden oder Ähnliche der Innenbehörde/Polizei zu Social-Media- Kanälen der Polizei? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11581 3 Wenn ja, bitte anhängen. Ja, das Umsetzungskonzept „Erweiterung der Social Media Aktivitäten der Polizei Hamburg um den Microblogging-Dienst Twitter“. Das Konzept beschreibt im Wesentlichen die Ziele, Möglichkeiten und Organisation der Twitter-Nutzung bei der Polizei. Es enthält unter anderem Informationen über verwendete Softwarelösungen und zur IT- Sicherheit der Polizei und ist ausschließlich für den internen Dienstgebrauch vorgesehen . 6. Seit wann blockiert die Polizei Hamburg einzelne Twitter-Accounts? Bitte auch die Anzahl der blockierten Accounts je Monat seit der ersten Blockade angeben und jeweils, wie viele davon wieder „entblockt“ worden sind. Die Anzahl der blockierten Twitter-Accounts ist erst seit dem 9. Mai 2016 mit Inbetriebnahme der Software eines externen Anbieters recherchierbar. Mit dieser Software war erstmals auch eine manuelle Kategorisierung einzelner Tweets möglich. Eine eigene Statistik außerhalb dieser Software wurde und wird nicht geführt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Monat Anzahl blockierter Twitter-Accounts Mai 2016 1 Juni 2016 0 Juli 2016 0 August 2016 9 September 2016 4 Oktober 2016 7 November 2016 19 Dezember 2016 34 Januar 2017 3 Februar 2017 15 März 2017 17 April 2017 3 Mai 2017 5 Juni 2017 14 Juli 2017 352 August 2017 32 September 2017 16 Oktober 2017 36 November 2017 43 Dezember 2017 31 Januar 2018* 10 * Stand 11. Januar 2018 Die Polizei hat derzeit (Stichtag 12. Januar 2018) 515 Twitter-Accounts blockiert. Darüber hinaus wird eine Statistik im Sinne der Fragestellung bei der Polizei nicht geführt. 7. Wird das Blockieren einzelner Accounts protokolliert? Wenn ja, zu welchem Zweck und auf welche Weise? Die Polizei führt keine Protokollierung im Sinne der Fragestellung durch. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 6. 8. Nach welchem Zeitraum wird die Blockade eines Twitter-Accounts regelmäßig überprüft und nach welchen Kriterien wird eine Blockade aufgehoben oder nicht? Die Polizei blockiert Twitter-Accounts nur bei schweren Verstößen gegen die „Netiquette“ und überprüft daher nicht regelhaft, ob der Grund für das Blockieren einzelner Accounts fortbesteht. Für Nutzer blockierter Accounts besteht jedoch die Möglichkeit , Kontakt zur Polizei Hamburg aufzunehmen und den Grund des Blockierens zu erfragen. Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (PÖA) der Polizei Hamburg überprüft Drucksache 21/11581 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 dann den Grund des Blockierens und prüft, ob dieses nach neuerlicher Bewertung des Sachverhalts aufgehoben werden kann. 9. Speichert die Polizei Hamburg Daten von Twitter-Accounts? Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage und welche Vorgaben gibt es dafür? Die Polizei Hamburg speichert im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung die im Einzelfall zur Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr erforderlichen Daten in den dafür zur Verfügung stehenden Dateien auf Grundlage von § 483 Strafprozessordnung und § 16 Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 10. Welche Daten von Twitter-Accounts, die der Polizei Hamburg folgen, von ihr blockiert werden oder mit Polizeibezug twittern, werden auf welcher Rechtsgrundlage in welcher Datenbank oder Ähnlichen gespeichert? Welche Vorgaben gibt es dabei? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu 9. 11. Werden die jeweiligen Gründe für das Blockieren der Accounts gespeichert , notiert oder Ähnliches? Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage und welche Vorgaben gibt es dabei? Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 12. Von wem und auf welcher Grundlage wurde über die oben erwähnte Netiquette entschieden? Die „Netiquette“ wurde durch PÖA im Rahmen der Einrichtung der eigenen Accounts auf Facebook und Twitter verfasst und wird bei Bedarf aktualisiert. Sie spiegelt teilweise Inhalte der AGB der genutzten sozialen Netzwerke wider und soll transparent machen, nach welchen Kriterien die Accounts der Polizei Hamburg betreut beziehungsweise moderiert werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/9845. 13. Die Netiquette für die Social-Media-Kanäle der Polizei Hamburg wurde zuletzt am 3. Januar 2017 geändert. Warum wurde sie in welcher Weise geändert? Am 3. Januar 2017 wurde keine Änderung der „Netiquette“ durchgeführt. Die letzte Änderung der „Netiquette“ erfolgte am 3. Januar 2018. Ergänzt wurden die Verlinkung auf den Instagram-Account der Polizei Hamburg und die Datumsangabe „Stand 3. Januar 2018“.