BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11618 21. Wahlperiode 23.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 15.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Zweite Landstromanlage für Hamburg In 2017 verzeichnete Hamburg insgesamt 197 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen mit über 810.000 Passagieren. Um dem wachsenden Kreuzfahrtmarkt entgegenzukommen, hatte der Senat Mitte September 2017 den Neubau des Kreuzfahrtterminals in der HafenCity beschlossen. Der jetzige Terminal (CC1) soll dabei ersetzt und in den Neubau des Überseequartiers integriert werden. Für die dort anlegenden Schiffe soll hier gleichzeitig die zweite Landstromanlage für Hamburg gebaut werden. Kreuzfahrtschiffe verbringen einen großen Teil ihrer Betriebszeit in Häfen (AIDA beispielsweise 40 Prozent ). Ziel ist es, die Energieversorgung von Kreuzfahrtschiffen während ihrer Liegezeiten umweltfreundlicher und effizienter zu gestalten. Bei 100- prozentiger Versorgung mit stationärem Landstrom fallen die Emissionen bei den Kraftwerken und nicht im Hafen an. Dadurch soll der Schadstoffausstoß während der Liegezeiten im Vergleich zur Eigenstromversorgung durch Generatoren deutlich gesenkt werden. Betrachtet man jedoch die Liegezeiten , die Kreuzfahrtschiffe – wie beispielsweise die AIDA Sol – an der Landstromanlage Altona derzeit verbringen, wird deutlich, dass die Kapazitäten nicht ansatzweise ausgeschöpft werden(vergleiche Drs. 21/9391). Zudem wird unter Angabe der Gesamtliegezeit nicht berücksichtigt, dass die Schiffe vor dem An- und nach dem Ablegen jeweils etwa eine Stunde weiterhin über Eigenstrom laufen. Vor dem Hintergrund dieser unzureichenden Auslastung der ersten Landstromanlage ergibt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit zur Errichtung einer zweiten Anlage in Hamburg. Die Kosten für den Bau in Altona beliefen sich bereits auf 10 Millionen Euro. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Hamburg Port Authority AöR (HPA) fungiert als Betreiberin der Landstromanlage und stellt der HAMBURG ENERGIE GmbH (HAMBURG ENERGIE) die aus dem Betrieb der Anlage resultierenden Kosten in Rechnung. Die wesentlichen Bestandteile der Betriebskosten belaufen sich auf die Wartung, Instandhaltung und Reinigung der Anlage, die Flächenmiete am Cruise Center Altona sowie die Kosten der landseitigen Bedienung während der Versorgung. HAMBURG ENERGIE ergänzt diese Kostenpositionen um die Kosten der Energiebeschaffung und -bereitstellung und rechnet gegenüber dem Endkunden (Reederei) ab. Die Vertragsparteien haben eine transparente, auf tatsächlichen Ist-Kosten basierende Abrechnung vereinbart. Der finale Preis je Kilowattstunde hängt somit unmittelbar von der Anzahl der Schiffsanläufe mit Landstromversorgung beziehungsweise der Nutzungsdauer der Anlage ab und obliegt in der Ermittlung und Abrechnung von HAMBURG ENERGIE. Drucksache 21/11618 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Im Jahr 2017, dem ersten Geschäftsjahr der Landstromanlage Altona, stehen einem betrieblichen Aufwand von rund 107.000 Euro Erlöse aus der Abrechnung gegenüber HAMBURG ENERGIE in Höhe von 52.000 Euro sowie eine Zuwendung der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) an die HPA in der Höhe von 24.000 Euro gegenüber. Im Übrigen siehe Drs. 20/9298. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der HPA und HAMBURG ENERGIE wie folgt: 1. Wie viele und welche Kreuzfahrtschiffe wurden seit der Inbetriebnahme der Landstromanlage am Cruise Center Altona wie lange mit Landstrom versorgt? Bitte konkreten Zeitraum und Anzahl der tatsächlichen Versorgungsstunden angeben. Seit Inbetriebnahme der Landstromanlage wurde die AIDAsol mit Landstrom versorgt. Für ein zweites Schiff ist eine Versorgung derzeit in Vorbereitung. Im Jahr 2017 kam es an neun Tagen zwischen April und August zu einer Versorgung mit Landstrom. Die tatsächliche Versorgungsdauer beträgt in der Regel knapp siebeneinhalb bis acht Stunden. Im Übrigen siehe Drs. 21/9391. 2. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die geringe Auslastung der bestehenden Landstromanlage am Cruise Center Altona? 3. Welches sind die zentralen Gründe dafür? a. Technisch b. Organisatorisch Bei der Landstromanlage am Cruise Center Altona handelt es sich um ein einzigartiges Pilotprojekt, mit dem die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) erste Erfahrungen mit der Errichtung und dem Betrieb eines festen Landstromanschlusses dieser Größenordnung sammelt. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen auch ein in die Planungen für eine Landstromversorgung von Containerschiffen. Die FHH ist damit Vorreiterin einer neuen Technologie und schafft ein Angebot für eine alternative Energieversorgung der Schiffe während der Liegezeit. Dies ist ein wichtiger Impuls für die Verbreitung von Landstromanlagen, da das Vorhandensein eines Landstromanschlusses in möglichst vielen Häfen eine wichtige Voraussetzung ist, damit ein Landstromanschluss an Bord eines Schiffes installiert wird. 4. In den Jahren 2015 und 2016 gab es eine funktionierende Versorgung mit Hafenstrom am Terminal HafenCity durch die Nutzung der „Hummel “, 2017 nachweißlich nicht. Warum nicht und wie wird es mit der „Hummel“ im Hamburger Hafen weitergehen? Die Nutzung unterliegt dem privatwirtschaftlichen Handeln von Unternehmen. Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse vor. 5. Wie wird sich die Nutzung der Landstromanlage in Altona nach Einschätzung des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde in den kommenden Jahren 2018 bis 2020 entwickeln? Bitte Bezug nehmen auf Anzahl der Anläufe, Betriebsstunden des Landanschlusses, Verbrauch in MWh. Im Jahr 2018 wird nach derzeitigen Planungen bei 18 Anläufen am Cruise Center Altona eine Versorgung mit Landstrom stattfinden. Der genaue Verbrauch kann nicht vorhergesagt werden, da dieser unter anderem abhängig von der Belegung des Schiffes ist. Für die Jahre 2019 und 2020 liegen noch keine Anmeldungen vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 6. Wie stellt sich die Wirtschaftlichkeit der Landstromanlage in Altona bezüglich der Deckung der Investitionskosten durch Umsätze /Einnahmen mit Kreuzfahrtschiffen dar? a. Werden die Investitionskosten anteilig den Kreuzfahrern in Rechnung gestellt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11618 3 Nein. b. Wie hoch ist die Anzahl der benötigten operativen Nutzungsstunden pro Jahr zur Erreichung eines positiven Deckungsbeitrags? Es handelt sich um ein Pilotprojekt, um Erkenntnisse für die weitere Verwendung der Landstrom-Technologie zu gewinnen. Eine Refinanzierung der Investitionskosten wird nicht prioritär verfolgt. 7. Wie stellt sich die Wirtschaftlichkeit der Landstromanlage in Altona bezüglich der Deckung der Wartungs- und Instandhaltungskosten durch Umsätze/Einnahmen mit Kreuzfahrtschiffen dar? a. Werden die Wartungs- und Instandhaltungskosten anteilig den Kreuzfahrern in Rechnung gestellt? Ja. b. Wie hoch ist die Anzahl der benötigten operativen Nutzungsstunden pro Jahr zur Erreichung eines positiven Deckungsbeitrags? Siehe Vorbemerkung. 8. Wie stellt sich die Wirtschaftlichkeit der Landstromanlage in Altona bezüglich der Deckung der Strombezugskosten durch Umsätze/Einnahmen mit Kreuzfahrtschiffen dar? a. Sind die Kosten der vorgelagerten Netzentgelte für die Stromlieferung durch die Umsätze/Einnahmen mit Kreuzfahrtschiffen gedeckt? Ja, siehe Vorbemerkung. b. Wie wird die Strommenge eingekauft und kommt es zu einer Quersubventionierung beziehungsweise Verteuerung anderer Strommengen, gemeinsam mit anderem Strombedarf der Stadt Hamburg oder separat als alleiniger Strombedarf? Die Strommenge wird nach Bedarf eingekauft. Eine Quersubventionierung beziehungsweise Verteuerung der im Rahmen der zentralen Vergabe benötigten Strommengen der FHH findet nicht statt. c. Tragen die Kreuzfahrtschiffe alle Kosten, die bei der Nutzung der Altonaer Landstromanlage im Zusammenhang mit der Strombeschaffung und Stromversorgung (Strom, Netzentgelte, Steuern & Umlagen) anfallen? Ja, siehe Vorbemerkung. d. Wie hoch ist die Anzahl der benötigten operativen Nutzungsstunden pro Jahr zur Erreichung eines positiven Deckungsbeitrags? Entfällt. 9. Wie ist die künftige Stromversorgung der Kreuzfahrtschiffe am Cruise Center HafenCity geplant? Bitte unter anderem Bezug nehmen auf Landstromversorgung sowie Hybrid Power Barge. 10. Wie ist der aktuelle Planungsstand bezüglich des Terminals HafenCity? Für wann wird die erste Stromversorgung angestrebt? 11. Wie hoch ist hierfür das Investitionsvolumen der HPA für den Terminal HafenCity? 12. In welcher Höhe befinden sich diesbezüglich die Zuschüsse durch den Bund und/oder die Europäische Union? 13. In welcher Höhe beteiligen sich die Kreuzfahrt-Reedereien finanziell an diesem Projekt? Siehe Drs. 21/10347. Drucksache 21/11618 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 14. Wie ist die künftige Stromversorgung der Kreuzfahrtschiffe am Cruise Center Steinwerder geplant? Bitte unter anderem Bezug nehmen auf Landstromversorgung sowie auf Hybrid Power Barge. 15. Wie ist hierbei der aktuelle Stand der Planung und Umsetzung? Ab wann ist die Inbetriebnahme der Stromversorgung geplant? 16. Wie hoch ist hierfür das Investitionsvolumen der HPA? 17. In welcher Höhe befinden sich diesbezüglich die Zuschüsse durch den Bund und/oder die Europäische Union? 18. In welcher Höhe beteiligen sich die Kreuzfahrt-Reedereien finanziell an diesem Projekt? Die Energieversorgung der Kreuzfahrtschiffe erfolgt derzeit durch eine Flüssigerdgas- Betankung (LNG-Betankung) durch einen Tanklastwagen. Im Übrigen gibt es keine konkreten Planungen für eine landseitige Stromversorgung am Cruise Center Steinwerder .