BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/11619 21. Wahlperiode 23.01.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 15.01.18 und Antwort des Senats Betr.: Die Verwahrlosung der Stadt (4): Beschmierte Bahnen Während sich die Hamburger an beschmierte und beklebte Lärmschutzwände , Brückenpfeiler, Papierkörbe, Parkbänke, Schaltkästen, Fahrkartenautomaten , Verkehrszeichen, Laternen, Hausfassaden, Stromschienen und so weiter inzwischen leidlich gewöhnt haben und es offensichtlich keine Mittel dagegen zu geben scheint, greift die Verwahrlosung weiter um sich. Inzwischen fahren auch die Züge der verschiedenen Bahnunternehmen mit immer weiter ausufernden Graffitis fahrplanmäßig durch die Stadt. Neben der visuellen Umweltverschmutzung haben die Fahrgäste auch deutliche Nachteile in Kauf zu nehmen, wenn sie zum Beispiel nicht mehr aus dem Fenster sehen können. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: Der Senat unternimmt große Anstrengungen die Erscheinung des Hamburger Stadtbildes weiter zu verbessern (vergleiche HmbGVBl. Nummer 37, S. 361 – Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Wegegesetzes, des Hamburgischen Abfallwirtschaftsgesetzes und des Stadtreinigungsgesetzes vom 28. November 2017). Saubere und unbeschmierte Fahrzeuge haben auch für die Verkehrsunternehmen einen hohen Stellenwert zur Förderung der Kundenzufriedenheit. Die Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) erhebt daher regelmäßig im Rahmen seines Qualitätssteuerungsverfahren (QSV) die Kundenzufriedenheit zu verschiedenen Merkmalen. Die Zufriedenheit der Fahrgäste bezüglich des Merkmals „Sauberkeit der Fahrzeuge“ hat sich seit dem Jahr 2010 bei den U- und S-Bahnen kontinuierlich verbessert. Auf einer Skala von 1 bis 5 (1 = bester Wert) stieg die Zufriedenheit bei der U-Bahn von 2,36 im Jahr 2010 auf 2,06 im Jahr 2016 und bei der S-Bahn von 2,39 im Jahr 2010 auf 2,23 im Jahr 2016. Eine Auswertung für das Jahr 2017 liegt noch nicht vor. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der AKN Eisenbahn AG (AKN), der Deutschen Bahn AG (DB AG), der DB Regio AG (DB Regio), der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN), der NBE nordbahn Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG (NBE) und des HVV wie folgt: 1. Verfügt der Senat über Erkenntnisse, welches Ausmaß das Beschmieren und Besprühen der Bahnen inzwischen angenommen hat? Wenn ja, bitte für die einzelnen in Hamburg anzutreffenden Verkehrsunternehmen (S-Bahn Hamburg GmbH, DB Regio AG, DB Fernverkehr AG, NBE nordbahn Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG, metronom Eisenbahngesellschaft mbH und so weiter) im Einzelnen aufführen, wie viele Vorfälle welchen Umfangs es jeweils gegeben hat. Wenn nein, warum nicht? Drucksache 21/11619 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Beschmierungen werden von den Verkehrsunternehmen nicht einheitlich dokumentiert . Die S-Bahn stellte im Jahr 2017 folgende Beschmierungen fest: Monat Anzahl der Beschmierungen Januar 104 Februar 126 März 156 April 91 Mai 145 Juni 179 Juli 160 August 147 September 152 Oktober 170 November 137 Dezember 139 Die HOCHBAHN stellte im Jahr 2017 insgesamt 317 Beschmierungen fest. Der DB Regio ist es nicht möglich, die Daten in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit auszuwerten. Die DB AG stellt vereinzelt Beschmierungen in den Abstellanlagen des ICE-Werkes fest. Eine detailliertere Auswertung liegt nicht vor. Die AKN stellte im Jahr 2017 elf Beschmierungen an Außenflächen der Fahrzeuge fest. Die NBE gibt circa 45 bis 50 Zwischenfälle pro Jahr an. Der NBE ist es nicht möglich die Daten in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit detailliert auszuwerten. 2. Wie ist es den kriminellen Sprayern überhaupt möglich, die Züge teilweise derart umfassend zu beschmieren? So ist zu vermuten, dass die flächendeckende illegale „Lackierung“ eines Bahnwaggons doch mehrere Stunden in Anspruch nehmen müsste. Wie kann das unbemerkt möglich sein? Warum erfolgt keine Überwachung der Abstellplätze der Fahrzeuge ? Die Verkehrsunternehmen gewährleisten eine Überwachung der Abstellplätze personell und beziehungsweise oder technisch, soweit entsprechende Vorgaben bestehen beziehungsweise dies wirtschaftlich vertretbar ist. Die Maßnahmen reichen von Videound Alarmüberwachungen über Bestreifungen bis zu Observationen und zivilen Einsatzgruppen . Aus Sicherheitsgründen sieht der Senat davon ab, nähere Auskünfte zu möglichen Tathergängen zu erteilen. 3. Sind dem Senat beziehungsweise den Verkehrsunternehmen auch Fälle bekannt, in denen die Züge während des laufenden Betriebs beschmiert worden sind, zum Beispiel bei einem Halt an einem weniger frequentierten Bahnsteig? Ja. 4. Wird vor der Inbetriebnahme am frühen Morgen regelmäßig eine Sichtkontrolle der Züge vorgenommen, um festzustellen, ob diese äußerlich unversehrt sind, und kann erforderlichenfalls sofort reagiert werden? Ja. Eine Reinigung wird dann unmittelbar veranlasst und schnellstmöglich durchgeführt . 5. Welche Strategie verfolgen die Eisenbahnverkehrsunternehmen bei der Beseitigung der Schäden? Bitte für die verschiedenen Unternehmen in einzelnen aufführen. Interessant wäre dabei vor allem der Umgang mit Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/11619 3 der gesicherten Erkenntnis, dass jeder zusätzliche Tag des Fortbestehens der Graffitis für die Verursacher den Erfolg steigert. Die Verkehrsunternehmen verfügen über eigene personelle und technische Kapazitäten , um schnell und umfassend die Beseitigung der Beschmierungen durchführen zu können. Im Übrigen siehe Antworten zu 8. bis 10. 6. Stehen den Fahrgästen Fahrpreisminderungsansprüche zu, wenn sie gezwungen sind, mit beschmierten Bahnen zu fahren, bei denen zum Beispiel die Fenster mit mehr durchsichtig sind? Nein. 7. Wie beurteilt der Senat die Auswirkungen der Fahrgastbeförderung in beschmierten Fahrzeugen im Hinblick auf die Kundenzufriedenheit? Siehe Vorbemerkung. 8. Verfügen die Bahnunternehmen über genügend Reservefahrzeuge, sodass die Schäden unverzüglich beseitigt werden können? Bitte den jeweils betrieblich notwendigen Fahrzeugbestand und den Reservebestand der einzelnen Unternehmen angeben. Die unverzügliche Beseitigung der Schäden ist unter anderem von der Größe des Schadens, der betrieblichen Verfügbarkeit beziehungsweise Verzichtbarkeit der Fahrzeuge sowie von den Kapazitäten zur Reinigung der Fahrzeuge abhängig. Reservefahrzeuge müssen nicht nur in den Fällen von der Entfernung von Beschmierungen, sondern auch in anderen Fällen, bereitgestellt werden. Daher ist eine pauschale Antwort hierzu nicht möglich. Auch bei aller Anstrengung lässt es sich nicht immer verhindern , dass auch beschmierte Fahrzeuge im Einsatz sind. Bei der AKN ist von insgesamt 14 Triebwagen vom Typ Lint 54 ein Triebwagen als Reserve vorgesehen. Von insgesamt 18 Triebwagen vom Typ VTA sind drei Triebwagen als Reserve vorgesehen. Der Fuhrpark der S-Bahn Hamburg besteht aus insgesamt 164 Fahrzeugen. Davon werden bis zu 149 Fahrzeuge für den regulären Betrieb benötigt. Die DB AG sowie die DB Regio haben keine Auskunft zur Anzahl der Reservefahrzeuge gegeben. Die HOCHBAHN benötigt für den fahrplanmäßigen Einsatz in der Hauptverkehrszeit täglich 701 U-Bahn-Wagen. Zusätzlich sind 108 Wagen für geplante und ungeplante Instandhaltungsmaßnahmen, zu denen auch die Beschmierungsbeseitigung zählt, reserviert, sodass grundsätzlich eine ausreichende Anzahl zur fahrzeugseitigen Abdeckung der Beschmierungsfälle vorhanden ist. Der NBE steht für den Zugverkehr von und nach Hamburg ein Bestand von 15 Fahrzeugen zur Verfügung, davon steht ein Fahrzeug als Betriebsreserve zur Verfügung. 9. Gibt es bei den Unternehmen eigene personelle und technische Kapazitäten , um schnell und umfassend die Beseitigung der Graffitis durchführen zu können? Wenn ja, in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? 10. Wie lange dauert es bei den verschiedenen Bahnunternehmen, bis die betroffenen Fahrzeuge zur Schadensbeseitigung aus dem Verkehr gezogen werden, von den Graffitis gereinigt sind und wieder dem Betrieb zur Verfügung stehen? Die AKN verfügt über eine Außenwaschanlage. Sollte diese Reinigung nicht zum Erfolg führen, wird die Beschmierung per Handreinigung entfernt. Bei der S-Bahn Hamburg können anfallende Beschmierungen seitens der Fahrzeugreinigung umgehend beseitigt werden. Für diese Zwecke steht Personal rund um die Uhr zur Verfügung. Drucksache 21/11619 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Die DB AG und DB Regio lassen das Entfernen der Beschmierungen in der eigenen Werkstatt durch einen Dienstleister durchführen. Die NBE hat mit mehreren Firmen, die sich auf die Beseitigung von Beschmierungen spezialisiert haben, Rahmenvereinbarungen zur Entfernung dieser getroffen. Der HOCHBAHN steht, im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung mit einer für die Reinigung der HOCHBAHN-Betriebsanlagen und -Fahrzeuge beauftragten Tochtergesellschaft , kurzfristig ausreichend Personal für die unvorhersehbare Entfernung von Beschmierungen zur Verfügung. Die Arbeiten werden in einer separaten Halle auf dem Gelände der Betriebswerkstatt Farmsen durchgeführt. Im Übrigen siehe Antwort zu 8. 11. Welche Vorgaben zur unverzüglichen Schadenbeseitigung ergeben sich aufgrund der rechtsgültigen Verkehrsverträge für die Eisenbahnverkehrsunternehmen hinsichtlich der Beseitigung von Graffitis? Falls sich keine Vorgaben bestehen: warum nicht? In den Verkehrsverträgen mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen sind Regelungen zur Sauberkeit der Fahrzeuge enthalten. So sind regelmäßig etwa Art und Häufigkeit der Reinigung so einzurichten, dass die Fahrgäste die Fahrzeuge in einem sauberen Zustand vorfinden. Sehr starke Verunreinigungen sind schnellstmöglich zu beseitigen. Zu einem sauberen Zustand gehört dabei auch, dass die Außenflächen der Fahrzeuge nicht mit Beschmierungen verunreinigt sind. Die S-Bahn Hamburg und die HOCHBAHN sind dabei in das QSV des HVV integriert. Das QSV des HVV sieht ein Bonus-/Malus-System vor, bei dem die Verkehrsunternehmen bei Nichterreichung bestimmter Zielwerte Zahlungen zu leisten haben. Ähnliche Qualitätsmanagementsysteme sind in den Verkehrsverträgen mit der AKN, der DB Regio, der metronom und der NBE verankert und stehen in der Verantwortung der benachbarten jeweils federführenden Aufgabenträger (Bremen, Mecklenburg- Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein). 12. Welche Bedeutung misst der Senat der Notwendigkeit, graffitifreie Verkehrsmittel einzusetzen, bei? Siehe Vorbemerkung. 13. Welche Maßnahmen hat der Senat in den vergangenen drei Jahren der ausufernden Schmierereien unternommen, um diesem Tun nachhaltig Einhalt zu gebieten? Es obliegt den Verkehrsunternehmen, Beschmierungen an Fahrzeugen entgegenzuwirken . Die Verkehrsunternehmen bringen die Taten zur Anzeige. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 14. Da nach der alltäglichen Wahrnehmung die Beseitigung der Graffitis offensichtlich nicht ausreichend schnell funktioniert: Welche kurz- beziehungsweise mittelfristigen Möglichkeiten werden seitens des Senats gesehen, die Situation jetzt zu verbessern? Aus Sicht der zuständigen Behörde sind die Prozesse der Verkehrsunternehmen zur Beseitigung von Beschmierungen schnell und effizient. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 8.